Duisburg, CSU, Grüne, Reformpolitik & Weltkulturerbe

Anders trauern Der ökumenische Gedenkgottesdienst in Duisburg hat der Trauer und Fassungslosigkeit um den Tod von 21 Menschen bei der Loveparade Raum gegeben, eine bundesweite Solidarität mit den Angehörigen gestiftet und in der aufgeregten Debatte um die Schuldfrage einen Akzent der Ruhe und Besinnlichkeit gesetzt. Das ist gut so. Hannoversche Allgemeine

Mit Trauer zurück ins Leben Die befürchteten Krawalle hat es nicht gegeben in Duisburg, keinen Wutausbruch eine Woche nach der Loveparade-Tragödie. Es scheint, als hätten Stadt und Land in der Trauerfeier die Fassung zurück gewonnen. Kölner Stadt-Anzeiger

Mitgefühlt Zum Glück war da Hannelore Kraft. Zum Glück sprach am Samstag sie als einzige Politikerin bei der Trauerfeier am Samstag für die Toten von Duisburg. Lausitzer Rundschau

Kraft den Tränen nah Hannelore Kraft hat auf der Trauerfeier für die 21 Toten der Loveparade eine bewegende Rede gehalten. Die komplette Staatsspitze war am Samstag nach Duisburg gekommen. Aber nur die NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft ergriff das Wort. WAZ

Wulff nimmt Duisburgs OB in die Pflicht Der Druck wächst: Bundespräsident Wulff hat Duisburgs Oberbürgermeister den Rücktritt nahe gelegt. Dieser trage Verantwortung – selbst wenn die Schuldfrage ungeklärt sei. ZEIT

Erdrückende Bürde in Duisburg Verantwortung kann Ruhm und Ehre bedeuten, sie kann aber auch zu einer schweren Bürde werden. Ein Oberbürgermeister, der nicht auf der Trauerfeier für die Opfer des größten Unglücks erscheinen kann, kann seine Pflichten nicht mehr erfüllen. FAZ

Ohne Netz und Euro-Polster Adolf Sauerland in Duisburg. Er wird fallen – so oder so. Sollte Sauerland also seine Abwahl provozieren wollen, weil sie ihm die höchstmöglichen Ruhebezüge sichert? Frankfurter Rundschau

Unfriede per Gesetz Nach dem Desaster der Loveparade sollte Duisburgs OB Sauerland gehen – doch er sträubt sich. Wer sich nun empört, möge sich selber testen: Wäre man bereit, einen schlimmen Fehler freiwillig mit dem Verlust der materiellen Existenz zu büßen? Süddeutsche Zeitung

CSU

Faules Ei fliegt zurück Anstandsregeln gelten auch für die Attacke. Das hat sich der CSU-Generalsekretär bei seinem Angriff auf Hannelore Kraft nicht zu Herzen genommen. Frankfurter Rundschau

Seehofers Sommer-Solo Der CSU-Chef feilt an seinem konservativen Profil – mit Angriffen gen FDP. Die Welt

Grüne

Grüner Anstrich für das Rote RathausRenate Künast eröffnet sich in Berlin eine historische Chance: Sie könnte die erste grüne Regierungschefin werden. In den Umfragen hat sie Bürgermeister Klaus Wowereit schon hinter sich gelassen. Die Welt

Koch und Kellner Einst hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder klargestellt, dass seine SPD in der Regierung Koch sei und die Grünen nur der Kellner. Nun vertauschen sich scheinbar die Rollen. Lausitzer Rundschau

So wird Künast die erste grüne Ministerpräsidentin Die Mitte wird grün: Statt Angela Merkel schart Renate Künast die neue bürgerliche Mitte Berlins hinter sich. Die Welt

Reformpolitik

Zu Wohltaten getrieben Den Mut, den die Politiker nicht aufbringen, hat das Bundesverfassungsgericht und wirkt mit seinen Urteilen als Reformmotor. Frankfurter Rundschau

Coupons für ein besseres LebenArme Kinder bekommen in Zukunft mehr. Dass dies angemessen ist, darüber sollte es keinen Streit geben. Eine Debatte ist aber nicht nur über die Höhe, sondern auch über die Berechnung des Regelsatzes zu erwarten. Kölner Stadt-Anzeiger

Deutschlands ungeliebte MachtDie Euro-Krise hat die Bundesrepublik in eine Schlüsselrolle innerhalb der Europäischen Union katapultiert. Doch die politische Führung ist darauf völlig unvorbereitet. Financial Times Deutschland

Ein anderes Griechenland Ministerpräsident Papandreou stellt Griechenland auf den Kopf. Mit dem Land, in dem allzu lange selbstgefälliger, auf Pump finanzierter Stillstand herrschte, hat das Griechenland des Jahres 2010 schon jetzt nur noch wenig zu tun. FAZ

Weltkulturerbe

„Oberharzer Wasserregal“ ist Weltkulturerbe Eines der größten vorindustriellen Energieversorgungssysteme ist Deutschlands 33. Welterbe: Das 500 Kilometer lange „Oberharzer Wasserregal“ sorgte dafür, dass trotz wechselhaften Wasserzulaufs der Erzabbau im Harz gesichtert war. FAZ

Pension Gisela Die Dome von Speyer, Köln, Aachen und Hildesheim, die Würzburger Residenz, das Lübecker Holstentor, die Völklinger Hütte, die Museumsinsel in Berlin, die Wartburg bei Eisenach und die Schlösser und Gärten von Potsdam und Berlin sind es schon lange: deutsche Beiträge zum Weltkulturerbe. Hannoversche Allgemeine

…one more thing!

Ein öffentliches Geschäft Der Fall Kachelmann ist ein mediales Rennen um Vorfreisprüche und Vorverurteilung. Was richtet Journalismus an, was richtet er aus? Süddeutsche Zeitung

Leitartikel

Laptop ohne Lederhose Die CSU hofft, mit dem Krawallkurs gegen Berlin bei den Wahlen in Bayern 2013 die absolute Mehrheit zurückzugewinnen. Die Art, wie auch Prestigeprojekte wie die Olympia-Bewerbung 2018 an der Seele ihrer ehemaligen Stammwähler vorbei vermanagt werden, lässt derlei Hoffnungen mutig erscheinen. Herbert Achternbusch sagte einst, in Bayern seien 60 Prozent Anarchisten, und die wählen alle CSU. Letzteres gilt nicht mehr. Die Welt

Aus Hartz IV wird Leyen I Hartz IV hat dieses Land verändert wie wohl kaum eine andere Sozialreform. Die Arbeitsministerin will einige Konstruktionsfehler des Gesetzes beheben – sie müsste aber in erster Linie die Stellenvermittlung verbessern. Financial Times Deutschland

Mehr Hartz-IV-Empfänger? Sozial ist, den Schwachen zu helfen. Arbeitende zu Hartz IV zu locken, ist aber das Gegenteil davon – unsozial und unbezahlbar. BILD

Aufgehen in der Masse Menschen suchen große Massen wie die Loveparade in Duisburg nicht, um sozial zu interagieren, sondern um sich vom allgegenwärtigen Interaktionszwang zu befreien. Dahinter steht die Sehnsucht, in einem großen Ganzen aufzugehen, sich ihm auszuliefern, sich zu verlieren. FAZ

Land der begrenzten Träume Fast elf Millionen Menschen leben illegal in den USA. Um ihr Bleiberecht geht es. Dass aber die Einwanderungsdebatte so hysterisch geführt wird, liegt auch an Entfremdungen der politischen Lager. Frankfurter Rundschau

Täter oder Opfer?Beide haben gelogen – aber wer lügt in der Kernfrage? Über den Fall Kachelmann. AZ

Gier ohne Grenze Roland Tichy über die Gier der vielen staatlichen Abkassierer Wirtschaftswoche

Arizona, rogue state It is a bit too easy to bash Arizona on immigration. National and local politicians are both to blame Economist

Deflation, Not Deficit, Is the Real Threat Members of the Fed have started warning that full-blown monetary deflation may be coming. That, not the deficit, could really put the US economy in ruin. The Nation

Die amtlich genehmigte Katastrophe – Protokoll eines tödlichen Versagens SPIEGEL

Kachelmann exklusiv Die Akte, alle Gutachten, was die Ex-Geliebten sagen, das Tagebuch des angeblichen Opfers FOCUS