Überhangmandate, Union & Quelle

Bei der letzten Bundestagswahl profitierte die SPD von den Überhangmandaten. In diesem Jahr könnte diese Regelung die CDU begünstigen und somit Schwarz-gelb möglich machen, nimmt die BILD an.

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass die deutsche Sozialdemokratie der Bundestagswahl im Herbst mit wachsender Panik entgegensieht, dann ist er durch den kurzen, aber heftigen Streit über die Wahlrechtsreform erbracht worden, urteilt der Tagesspiegel.

Die SPD will das Wahlrecht doch erst nach der Wahl ändern? Richtig so – denn Modifikationen vor der Wahl wären wegen der damit verbundenen Parteiinteressen problematisch, findet die Tageszeitung.

„Respice finem!“, mahnte der Geschichtssschreiber Herodot: Was immer du tust, bedenke die Folgen! Bei der SPD scheint in Sachen Überhangmandate der Spruch in Vergessenheit geraten zu sein, meint die Frankfurter Rundschau.

Wenn dieWahl im September so ausgeht, wie es jetzt absehbar ist, dann werden Union und FDP im Bundestag eine stärkere Mehrheit bekommen, als sie ihnen rechnerisch zustünde. Mit Recht läuft daher das linke Lager Sturm gegen die sogenannten Überhangmandate, so die AZ München.

Diese Mandate bescheren einer Partei zusätzliche Parlamentssitze. Es gibt viele gute Gründe diese Praxis zu ändern. Aber es gibt ebenso viele Gründe, nichts übers Knie zu brechen, meint Die Welt.

So wird der Wahl ein Hauch von Verfassungswidrigkeit anhängen. Man stelle sich nur vor, eine bürgerliche Mehrheit käme nicht durch ihren höheren Anteil an Zweitstimmen zustande – der ja eigentlich über die Zusammensetzung des Bundestags entscheiden soll -, sondern durch Überhangmandate. Der Wählerwille wäre verfälscht, befürchten die Nürnberger Nachrichten.

Union

Auf Lyrik statt Prosa haben CDU und CSU sich in ihrem Wahlprogramm geeinigt. Feierlich ist es am Montag beschlossen worden, besiegelt mit dem Deutschlandlied. „Wir haben die Kraft“ heißt das Werk geradezu autosuggestiv. Die Vorsitzenden Merkel und Seehofer wissen, dass sich darin vieles nicht reimt. Doch wer das in den eigenen Reihen laut sagt, gilt als Abweichler, so die Frankfurter Allgemeine Zeitung.

Das Wahlprogramm der CDU wedelt mit Steuersenkungen vor der Nase des Wählers. Doch trotz aller Dementi und trotz Merkels Machtworten beschädigen Oettingers Gedanken zur kalten „Mehrwertsteuer-Progression“ die Steuerglaubwürdigkeit der CDU. Die Welt

Quelle

Die Bundesregierung ringt sich zu einem Massekredit für Quelle durch – es wurde ja auch Zeit. Aber: Mit der Entscheidung ist nur Zeit gewonnen. Die Existenz des Unternehmens ist damit keineswegs gesichert, befürchtet die Frankfurter Rundschau.

Die 8000 Beschäftigten des Fürther Unternehmens können vorerst aufatmen. Der rettende Massekredit für Quelle wurde vereinbart. Bayern und Sachsen übernehmen zusammen 25 Millionen Euro. Die anderen 25 Millionen Euro kommen vom Bund, so die Frankfurter Allgemeine Zeitung.

Mit Krediten allein ist Quelle nicht geholfen. Der Versandhändler steckt in einer misslichen Lage – und die ist zum Teil auch hausgemacht. So hielt Quelle viel zu lange an einem überholten Geschäftsmodell aus der Zeit des Wirtschaftswunders fest. Dabei sind die Tage der Universalversender gezählt, glaubt zuzmindest das Handelsblatt.

Leitartikel

In der Wirtschaftskrise ist die Akzeptanz der Sozialen Marktwirtschaft gestiegen. Die Menschen glauben weiterhin an die Politik – und daran, dass der Staat in der Krise stärker in die Wirtschaft eingreifen soll. Doch werden dabei bleiben, wenn erst der Arbeitsmarkt von der Krise betroffen ist? Frankfurter Allgemeine Zeitung

Wer soll die Kosten der Finanzkrise tragen? Merkel, Steinmeier und die anderen verweigern vor der Wahl die Auskunft. Das lassen wir ihnen nicht durchgehen. Frankfurter Rundschau

Der Steuerzahler wird’s richten. Denn der trägt einen zunehmenden Teil der Pensionskosten. […] Mag ja sein, dass die privatisierten Staatsunternehmen sparen wollen – aber bitte nicht auf unser aller Kosten! BILD

Nun also Schweden: Die Gründungsväter der Europäischen Union haben es so gewollt: Alle sechs Monate wechselt in Brüssel der Vorsitz über die 27 Mitgliedsländer. Viele, wie Deutschland oder Irland, nutzten die Chance, um die Zügel in die Hand zu nehmen und das Leben von 500 Millionen Europäern maßgeblich mitzubestimmen. Die Welt

Nach der Niederlage bei der Parlamentswahl wankt die Dynastie der Kirchners in Argentinien. Zum Verhängnis geworden ist ihnen das, was sie groß gemacht hat: ihre Arroganz. Süddeutsche Zeitung

Madoff bleibt bei uns. Das harte Gerichtsurteil gegen den Wall-Street-Betrüger war richtig und wichtig. Es wäre aber eine Illusion zu glauben, dass ähnliche Fälle in Zukunft verhindert werden könnten. Obamas Reform der Finanzregulierung greift an dieser Stelle nicht. Financial Times Deutschland

Getting a second opinion on healthcare reform besides the AMA. Lawmakers should understand that the group represents an increasingly narrow segment of the medical profession and that other organizations are more in touch with the public. Los Angeles Times

A categorical imperative to twitter. When I told a friend I was thinking of writing a book, he said: ‘It won’t work unless you can summarise the argument in a sentence that fits on Twitter,’ writes FT’s Gideon Rachman. How stupid, I thought. But I was wrong – most great works of political philosophy can be summarised in this way. Financial Times