Wahlrecht, Koalition, Pflegereform, Kinderbetreuung, Schuldenkrise & US-Drohnen-Angriffe

Karlsruhe muss das Leiden der deutschen Demokratie beenden Viermal hat das Bundesverfassungsgericht in der Geschichte der Bundesrepublik bereits Kriterien für ein faires Wahlrecht genannt. Viermal ist nichts oder fast nichts passiert. Das darf sich nicht wiederholen, denn es geht um die Festigkeit des Kerns der parlamentarischen Demokratie. Süddeutsche Zeitung

Verständliches Wahlrecht nötig Ist es denn zu viel verlangt? Das Wahlrecht sollte jeder verstehen. So wie das Mehrheitswahlrecht: Wer die meisten Stimmen bekommt, setzt sich durch. Oder wie das Verhältniswahlrecht: Keine Stimme geht verloren, jede Partei erlangt Mandate nach ihrem Ergebnis. Unser Wahlrecht ist ein Mischling WAZ

Mehr Abgeordnete, weniger Wähler In Karlsruhe wird am Dienstag über das Wahlrecht verhandelt. Opposition und Tausende Bürger haben geklagt – und das Verfassungsgericht hat etwas gutzumachen. taz

Karlsruhe diktiert Für eine miserable Gesetzgebung genügt es nicht, das Bundesverfassungsgericht zu brüskieren und die Oppositionsparteien vor den Kopf zu stoßen. Das Urteil, miserabel zu sein, hat sich die Gesetzgebung erst verdient, wenn das von ihr produzierte Gesetz seine Verfassungswidrigkeit auf der Stirn trägt. Mitteldeutsche Zeitung

Koalition

Der Lohn für Merkels machtbewusste Geduld Trotz einiger Streitthemen möchte die Kanzlerin die schwarz-gelbe Regierung bei der Bundestagswahl 2013 bestätigen lassen. Langsam, aber sicher bringt sie dafür auch ihre Koalitionspartner auf Kurs. Die Welt

Schwarz-Gelb, letzter Versuch Die Koalition unternimmt einen letzten Anlauf, um in ruhigeres Fahrwasser zu gelangen. Die Liste der Probleme und der Hang zum Streit lassen es unwahrscheinlich erscheinen. Augsburger Allgemeine

Gibst du mir, geb ich dir Vorwahlzeiten sind teure Zeiten. Die Regierenden versuchen dann gerne das Wahlvolk mit Geschenken wohlgesonnen zu stimmen. Zudem werden Blockaden innerhalb der Regierung mit Paketlösungen überwunden. Gibst Du mir meinen Pflege-Bahr, gebe ich Dir dein Betreuungsgeld. Badische Zeitung

Pflegereform

Ärzte brauchen vor allem mehr Zeit für Patienten Der Arztberuf ist mit hohen Belastungen verbunden, der Kontakt zwischen Arzt und Patient bleibt dabei oft auf der Strecke. Doch Verbände und Funktionäre zögern, dieses Problem in Angriff zu nehmen. Die Welt

Fünf Euro für die Falschen Schwarz-Gelb gibt den netten Onkel: Fünf Euro im Monat soll es geben, wenn man sich privat gegen das Risiko versichert, zum Pflegefall zu werden. Doch das hilft den Falschen. Gerade die besonders Betroffenen werden sich nicht zusätzlich absichern können – und die Pläne könnten zudem die gesetzliche Pflegeversicherung gefährden. Süddeutsche Zeitung

Fünf Euro fürs Pflege-Risiko Berlin Opposition und Verbände laufen Sturm gegen die geplante Förderung einer freiwilligen privaten Pflege-Zusatzversicherung. Derweil dürfte die Versicherungswirtschaft ein Geschäft wittern. Soviel steht bereits fest: Die individuellen Kosten hängen stark vom Alter der Versicherten ab. Lausitzer Rundschau

Eine Chance verdient FDP-Gesundheitsminister Daniel Bahr würde wohl selbst nicht behaupten, dass sein Modell einer privaten Zusatz-Pflegeversicherung ein großer Wurf geworden ist. Die langfristigen Finanzierungsprobleme der Pflegekassen lassen sich damit nicht lösen. Märkische Allgemeine

Der „Pflege-Bahr“ ist nur ein Feigenblatt Mit der Förderung privater Pflegeversicherungen lenkt die Regierung von ihrer Reformunfähigkeit ab. Minimale Subventionen stellen das Sorgenkind des Sozialsystems nicht auf gesunde Füße. Die Welt

Die FDP sponsort die Versicherungen Beim Kuhhandel im Kanzleramt wurde auch die Förderung der privaten Pflegezusatzversicherung vereinbart. Was bringt sie? Nichts. Außer einem weiteren staatlichen Ausgabenposten. stern

Gleich viel für alle ist nicht gerecht Bei der neuen Pflegeversicherung erhalten alle den gleichen Zuschuss. Vor allem Menschen mit geringem Einkommen hilft das wenig ZEIT

Minister ohne Mut Walter Riester hat sich mit der gleichnamigen Rente ein kleines Denkmal gesetzt. Daniel Bahr wird das mit dem Pflege-Bahr kaum gelingen. Augsburger Allgemeine

Kinderbetreuung

Antibürgerlich und sozialistisch Die Kampagne gegen das Betreuungsgeld ist nicht gerecht. Denn es markiert den Unterschied zwischen sozialem und sozialistischem Staatsverständnis. Die Debatte enthält seit langem verräterische sowie verführerische Aussagen. FAZ

Das Betreuungsgeld-Risiko Heute will das Bundeskabinett das umstrittene Betreuungsgeld beschließen. Ungewiss ist, ob die Koalition auch im Bundestag mitzieht und mit Ja stimmt. Das Lieblingsprojekt der CSU birgt allerdings noch mehr Risiken. Handelsblatt

Kita-Garantie plus Zuerst wollte Hessen aus Rentnern neue Lehrer machen, jetzt sollen Arbeitslose in der Kita aushelfen. Aber hat wirklich jeder von ihnen noch ein Kinderlied auf den Lippen? FAZ

SPD will Betreuungsgeld noch stoppen Das Betreuungsgeld soll heute vom Bundeskabinett verabschiedet werden. Noch vor der Sommerpause will die Koalition es durch den Bundestag bringen. Rheinische Post

Schuldenkrise

Steht Spanien wie Irland vor dem Offenbarungseid? Der Internationale Bankenverband schätzt den Vorsorgebedarf spanischer Banken auf bis zu 260 Milliarden Euro. Die Risiken aus der geplatzten Immobilienblase könnten das Land erdrücken. Vieles erinnert an die Entwicklung in Irland. FAZ

Euro-Länder wollen Spanien helfen Spaniens marode Banken brauchen dringend Geld – doch Kredite am freien Markt sind zu teuer. Ein neuer Vorschlag sieht nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ deshalb vor, die Milliardenhilfen direkt an den spanischen Bankenrettungsfonds zu zahlen. Derzeit wird geprüft, ob diese Lösung rechtlich zulässig ist. Süddeutsche Zeitung

Und nun Spanien Spaniens Finanzminister beklagt sich über die hohen Zinsen, die sein Land zahlen muss. Doch das ist kein Grund, die faulen Hauskredite beim Rettungsfonds abzuladen. FAZ

Schreckgespenst Spanien Im schlimmsten Falle kann die Rettung des Patienten Spanien, viertgrößte Wirtschaft der Euro-Zone, mehr kosten als jene Griechenlands, Irlands und Portugals zusammen. Augsburger Allgemeine

Schulterschluss Es ist der Tag, an dem die spanische Regierung einräumen musste, dass sie sich kaum noch Geld auf dem freien Finanzmarkt beschaffen kann. Bonner General-Anzeiger

Der schwierige Weg zu einer Bankenunion Eine Bankenunion könnte eine weitere Vergemeinschaftung von Risiken und Haftung bedeuten. Die EU diskutiert über einen tiefgreifenden Umbau. Derweil drohen neue Rettungsaktionen. FAZ

Nur Deutschland kann den Euro retten Es bahnt sich eine historische Vertragsreform an, bei der endlich eine Fiskalunion durchgesetzt werden kann. Nur bei gemeinsamer politischer Verantwortung, sind auch Euro-Bonds und Banken-Union möglich. Handelsblatt

Gefährliche Geldhüter Der niedrige Leitzins in Europa trägt kaum dazu bei, die Konjunktur anzukurbeln. Stattdessen gewinnen nur die Banken – und es droht schon der nächste Crash. taz

Merkels Dilemma zwischen eiserner und eiernder Lady Die Kanzlerin steckt in der Zwickmühle. Ihr harter Sparkurs kommt beim Vok gut an, die Mehrheit der Deutschen verlangt ein „Weiter so“. Zahlreiche Euro-Partner fordern: Schluss damit! stern

Mit aller Macht gegen Merkel Er ist angetreten, um das „europapolitische Erbe“ seines Großvaters zu retten. Der Enkel Konrad Adenauers, Stephan Werhahn, ist aus der CDU ausgestiegen und startet politisch gleich neu: Mit den freien Wählern will er den Europa-Kurs der Kanzlerin auf Bundesebene bekämpfen. Süddeutsche Zeitung

Die Mauern in Europa endgültig schleifen Die Vision eines „gemeinsamen Hauses für alle Europäer“ schließt eine Union aus, die sich wie eine Festung gibt. Eine Einheit aus West-, Mittel- und Osteuropa könnte über eine wirtschaftliche Integration gelingen. Handelsblatt

So viel kostet uns die Angst Anleger stecken ihr Geld lieber in Staatsanleihen mit Minuszinsen statt in renditeträchtige Aktien. Eine Geldvernichtung, die Staat und Finanzmärkte gleichermaßen verschuldet haben. Financial Times Deutschland

Im Mittelstand geht die Angst um Immer mehr Experten rechnen mit dem Euro-Austritt Griechenlands. Die Folgen für die deutsche Wirtschaft scheinen überschaubar. Doch die Angst, dass das griechische Virus den wichtigen Handelspartner Spanien erwischt, wächst. Wie sich deutsche Firmen wappnen. manager magazin

Europas Drama Griechenland zu achten, nicht zu ächten – auch ohne den Euro – ist das Gebot der Stunde. Denn die Griechen haben Europa erfunden. Tagesspiegel

Die irrsinnige Option von der Rückkehr zur D-Mark Im In- und Ausland werden Stimmen laut, Deutschland sollte die Euro-Zone verlassen. Statt unrealistische Lösungen zu diskutieren, müssen wir uns auf die naheliegenden Schritte besinnen. Die Welt

Die Zentralbank als vorläufiger Retter Die Europäische Union steckt tief in der Krise. Doch politischen Entscheidungen und Maßnahmen brauchen oft zu viel Zeit. Deshalb braucht es gerade jetzt die Europäische Zentralbank. Handelsblatt

The Triumph of Politics in Europe Economics, particularly economic theories, always yield in the end to political imperatives. Indeed, Europe’s fast-changing political landscape, reshaped by electoral insurrections in France and Greece against German-backed fiscal austerity, is bound to affect Europe’s economic policies as well. Project Syndicate

Shards of Europe What would follow the disintegration of the eurozone and – almost certainly with it – that of the EU? The best place to consider that question would not be Brussels, but Tiraspol, the capital of the entity that calls itself the Pridnestrovian Moldavian Republic, or Trans-Dniestr. Project Syndicate

US-Drohnen-Angriffe

„Nummer zwei“ ist tot Dem amerikanischen Militär ist mutmaßlich ein bedeutender Schlag gegen Al Qaida gelungen. Die „Nummer zwei“ des Terrornetzes, Abu Yahya al Libi, sei bei einem Drohnenangriff getötet worden, bestätigte ein Sprecher der Weißen Hauses. FAZ

Amerika klatscht, Europa schweigt Immer öfter befiehlt US-Präsident Obama den Einsatz von Drohnen gegen mutmaßliche Terroristen. In den USA ist die Zustimmung zu den ferngesteuerten Tötungen groß. Europa schweigt dagegen unbehaglich – und macht sich durch sein Schweigen mitschuldig. Frankfurter Rundschau

Tödliche Klicks Präsident Obama hat die Kriegsführung der USA auf spektakuläre Weise modernisiert. Obwohl er vielfach bereit ist, Gewalt anwenden zu lassen, gilt er nicht als Falke. Frankfurter Rundschau

So viel Macht sollte niemand haben Barack Obama entscheidet am Schreibtisch über Leben und Tod anderer – und das ohne Gerichtsverhandlung. Kein Mensch sollte soviel Macht haben, auch ein US-Päsident nicht. taz

The Obama Paradox A conversation with David Sanger, author of a new book on Obama’s secret wars. Foreign Policy

…one more thing!

Menschenverachtende Abschottung Europa will festlegen, wie Asylsuchende künftig noch leichter abgewehrt werden können. Dabei gäbe es Alternativen Frankfurter Rundschau

Leitartikel

Ungereimtes Die deutsche Demokratie ist mit ihrem Wahlrecht bisher insgesamt gut ausgekommen. Was nun an Änderungen erwogen wird, macht die Sache womöglich komplizierter, sicherlich aber nicht besser. Denn kein Wahlrecht ist völlig frei von Ungereimtheiten. FAZ

An den Familien vorbei Das Betreuungsgeld ist nur eine von 150 familienpolitischen Leistungen. In dem machtpolitischen Geschacher schert sich aber niemand um das Wohl der Kinder. Frankfurter Rundschau

Spanien ist von falschem Stolz geblendet Premier Mariano Rajoy geht es nur noch um Gesichtswahrung. Denn vor den Wahlen hat er versprochen, dass Spanien keine Rettungsmilliarden braucht. Das jetzt durchzuziehen ist Kamikazepolitik. Financial Times Deutschland

Der tragische Präsident Alles, was Barack Obama tut, wird ihm zu seinen Ungunsten ausgelegt: von den republikanischen Gegnern ebenso wie von seinen Anhängern. Sein Glanz scheint verblasst, die Haare sind ergraut. Die Welt

Die Berliner Schulreform ist noch nicht vollendet Die Schulreform zeigt erste Wirkungen. Der Ansturm auf die Sekundarschulen macht aber vor allem deutlich, wie weit Reformtheorie und Schulwirklichkeit auseinander klaffen. Tagesspiegel

Schlecker-Misswirtschaft Heruntergekommene Filialen, die keine Kunden mehr anzogen. Mitarbeiter, die oft unter unwürdigen Bedingungen arbeiten mussten. Am Ende strafte der Kunde dieses Geschäftsgebaren ab. Doch das letzte Kapitel setzt dem allem noch die Krone auf. Nun wollen sich die Kinder des Unternehmers Schlecker aus der Konkursmasse des eigenen Vaters bedienen – und fordern 176 Millionen Euro. Geld, das zum Beispiel auch für Sozialpläne eingesetzt werden könnte. BILD

Bange Blicke auf EZB-Chef Draghi Spanien erhält keine Kredite mehr und die Konjunktur im Euroraum bricht immer stärker ein. Jetzt ruhen viele Hoffnungen auf der Europäischen Zentralbank – und einer weiteren Senkung des Leitzinses. Der Druck ist groß. Handelsblatt

What the Locusts Ate Europe, the United States, China and the Arab world have all squandered huge dividends, and digging out of their respective holes won’t be easy. New York Times

Wisconsin recall vote vs. November Tuesday’s election is not a harbinger of November. Look at it for what it was. USA Today