Agrarpolitik, Staatshilfen, 68er & Nordkorea

300 Millionen sind in diesen Zeiten eine läppische Summe, um Aktionismus publikumswirksam in Szene zu setzen. Kein Wunder also, dass Politiker diese Chance ergriffen haben. Die Welt

Die Steuererleichterung auf Agrardiesel gibt es für alle Landwirte – den größten Vorteil aber haben die Großbetriebe, die jede Menge Diesel verfahren. Süddeutsche Zeitung

Die Opposition wird brav nicken, denn nicht einmal die FDP will es sich mit den Bauern verderben. FAZ

EU-Länder, einschließlich Deutschlands, haben sich längst darauf verständigt, die Milchquoten schrittweise bis 2015 abzuschaffen. Spätestens dann kann jeder so viel Milch produzieren, wie er will. Die Kehrseite der Medaille ist auch schon greifbar: Vor allem kleinere Landwirtschaftsbetriebe in Deutschland werden diesen Strukturwandel nicht überstehen. Diese bittere Wahrheit sucht die Bundesregierung mit einem Steuergeschenk zu kaschieren. Lausitzer Rundschau

Opels Retter konzentrieren sich zu sehr auf Jobs und Geld. Und übersehen dabei, wie sehr sie Industriepolitik betreiben. Milliardenschwere Bürgschaften verzerren den Wettbewerb. Wer Opel erhält, vernichtet bei anderen Autobauern Arbeitsplätze. Die Branche leidet nicht erst seit gestern an Überkapazitäten von zwanzig und mehr Prozent. Handelsblatt (Print)

Wirtschaftsminister Guttenberg hält eine Abwicklung Opels für denkbar – weiß aber, dass sie politisch nicht vermittelbar sein würde. Süddeutsche Zeitung

Es zeigt sich die ganze Problematik von staatlichen Rettungsmaßnahmen. Hilft der Staat nämlich dem einen, benachteiligt er automatisch den anderen. Dieses grundsätzliche ordnungspolitische Problem wird auch nicht durch die Einrichtung eines hochkarätig besetzten Lenkungsausschusses gelöst, der jeden einzelnen Antrag auf Staatshilfe prüft und schließlich den Daumen hebt oder senkt. Berliner Zeitung

Privatwirtschaftliche Alternativen gebe es keine, suggeriert der Arcandor-Chef. Und damit führt er die Öffentlichkeit und die Politiker, die ihm die Staatshilfe in dreistelliger Millionenhöhe bewilligen sollen, bewusst in die Irre. Arcandor müsste sich nur von seiner milliardenschweren Beteiligung am Tourismuskonzern Thomas Cook trennen, schon wären die Finanzierungsschwierigkeiten rund um Karstadt gelöst. FAZ (Print)

Der Gründungsmythos der 68er wackelt: Der Berliner Polizist Karl-Heinz Kurras, der den Studenten Benno Ohnesorg erschossen hat, war Kommunist. Süddeutsche Zeitung

Benno Ohnesorgs Tod hat modernisierende Kräfte freigesetzt. Über eine „Ironie der Geschichte“ schreibt Rudi Dutschkes Sohn Marek Dutschke im Tagesspiegel

Das Bild der BRD als Polizeistaat voller Altnazis wurde von der DDR erzeugt. Eine Propaganda-Waffe im Kalten Krieg. Die Welt

Es wundert, dass nun Vermutungen laut werden, wonach Tausende Westdeutsche wie Kurras in verantwortlicher Position für das MfS wirkten. Nach ihnen wurde nie gesucht, der Vorwurf der IM-Tätigkeit richtete sich nur an eine Seite. Damit war man das unliebsame Thema los. Thüringer Allgemeine

Mit dem Atombombentest provoziert Nordkoreas Diktator Kim Jong-il nicht nur seinen Erzfeind USA. Auch China, der letzte Verbündete Pjöngjangs, muss sich brüskiert fühlen. Financial Times Deutschland

Harte finanzielle Sanktionen, die auf die Führungselite zielen, haben nach dem ersten Test vor zweieinhalb Jahren ihre Wirkung nicht verfehlt. Dazu mindestens müssen jetzt auch Russland und China bereit sein, wenn Verhandlungen nicht von vornherein zu einer Farce werden sollen. FAZ

Kim Jong II ist kein Politiker, er ist ein Sektenchef. Sektenchefs haben eine selbstmörderische Ader, meint Franz Josef Wagner in seiner Post in der BILD

Nordkoreas zweiter Atomwaffentest und Irans Ausbau seiner Nukleartechnologie stellen die Diplomatie der USA auf eine entscheidende Probe. Beiden Staaten hat US-Präsident Barack Obama Gesprächbereitschaft signalisiert, keiner von beiden geht darauf ein. Handelsblatt

North Korea’s nuclear test. Here we go again Economist

Wie Hobby-Spione Nordkoreas Staatsgeheimnisse enttarnenSpiegel

Leitartikel

Viele Frauen könnten gerettet werden, würde Brustkrebs früh genug erkannt. Aber die gesetzlichen Krankenkassen verhindern das zum Teil. Sie zahlen die Vorsorgeuntersuchungen nur zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr – obwohl heute schon 25-Jährige an Brustkrebs erkranken. Und obwohl ab 70 das ­Risiko noch einmal dramatisch steigt. Sparen also die Kassen viele Frauen zu ­Tode? BILD

Bei den Feiern für das 60 Jahre alte Grundgesetz, war viel vom Sozialstaat die Rede, den der Artikel 20 gebietet. Es war auch viel von Arbeit und Bildung die Rede. Die Pflege alter Menschen aber spielte keine Rolle. Sie ist kein Thema das Politik und Bürger umtreibt. Staat und Gesellschaft vernachlässigen die Sorge um hilflose Menschen, auch weil das viel Geld kostet, das anderswo gebraucht wird. Süddeutsche Zeitung (Print)

Industriepolitik muss ungerecht sein. Aber der Staat sollte nur Unternehmen beistehen, die Forschungskompetenz haben und nachhaltige Produkte für die Märkte der Zukunft herstellen. Frankfurter Rundschau

Hilmar Kopper als Aufsichtsratschef der HSH ist ein erfrischender Ausreißer nach oben in einer Serie von Peinlichkeiten. Wenn es überhaupt jemanden gibt, der das Institut noch aus dem Sumpf ziehen kann, ist es der ehemalige Chef der Deutschen Bank. Financial Times Deutschland

Obama setzt auf die konservativen Regime der arabischen Welt, die den Iran fürchten, den Palästina-Konflikt ruhigstellen und die radikalen Fraktionen zähmen wollen. Gelingt es Benjamin Netanjahu, diese Gesamtstrategie zu nutzen, hat Frieden eine Chance. Die Welt

Iran stößt in die Mitte der arabischen Welt vor. Erst konsolidierte die Islamische Republik ihren Einfluss im Irak und im Libanon, dann baute sie ihn unter den Palästinensern aus. Von dort stößt sie nach Ägypten und Marokko vor. FAZ (Print)

Countries that have recent memories of real turbulence and hardship are better able to shrug off the consequences of a sudden economic setback. There would be a huge public outcry if the UK or US were to attempt Hungarian or Estonian style cuts. Financial Times

‚Support our troops‘ rings hollow when it comes to post-traumatic stress disorder. Los Angeles Times