Abstimmung zum Euro-Rettungsschirm, Schuldenkrise, Berlin, Sarkozy, Putin & Organspende

Merkels wackelige Mehrheiten An der Entscheidung über Europa hängt die Zukunft der schwarz-gelben Koalition. Am Donnerstag stimmt der Bundestag über die Erweiterung des Euro-Rettungsschirms EFSF ab. Die Opposition hat ihre Zustimmung bereits zugesichert. Die Kanzlerin weiß aus Erfahrung, dass ihr das nicht leichter macht, die erwünschte Regierungsmehrheit zu erzielen. Süddeutsche Zeitung

Merkels Euro-Abstimmung wird zum Marktrisiko Ein „Ja“ des Bundestags zur Stärkung des Euro-Schirms gilt als sicher. Doch schafft es Merkel das Gesetz auch ohne die Opposition durchzubringen? Ökonomen warnen bereits vor den Folgen einer fehlenden Kanzlermehrheit. Handelsblatt

Deutschlands Bonität steht auf dem Spiel Die Ausweitung des Euro-Rettungsfonds bedrohe die Kreditwürdigkeit Deutschlands, warnt die Ratingagentur Standard & Poor’s. Finanzminister Schäuble lässt dementieren, dass der EFSF noch mehr Risiken übernehmen soll, als bisher vorgesehen. FAZ

Die Mahnungen der Ratingagenturen sind berechtigt Es gibt verständiche Kritik an den Ratingagenturen, aber ihre jetzigen Mahnungen sind richtig. Denn auch die Retter können sich übernehmen. Die Welt

Rösler wirbt für den Rettungsschirm Wirtschaftsminister Philipp Rösler hat viel und laut über eine Insolvenz Griechenlands nachgedacht. Nun wirbt er für den Rettungsschirm. Liegt es am Besuch aus Athen, der heute nach Berlin kommt? stern

Das Unbehagen an der Politik Die Wähler bemerken, dass die wichtigen politischen Entscheidungen nicht mehr in den nationalen Parlamenten fallen. Daraus erwächst Parteienskepsis. Frankfurter Rundschau

Deutsche halten nichts vom Binnenmarkt Nach einer Umfrage der EU glauben die meisten Deutschen nicht, dass der europäische Binnenmarkt ihnen Vorteile bietet: Viele sehen die wirtschaftliche Zusammenarbeit als Gefahr. Ein Viertel der Befragten wusste gar nichts über den Binnenmarkt. FAZ

Ritt auf der Rasierklinge Sie sei „gut beschäftigt“, hat Angela Merkel am Sonntagabend im Fernsehen gesagt. Da hat die Bundeskanzlerin doch ziemlich untertrieben. Lausitzer Rundschau

Chance auf den Neustart Alles spricht dafür, dass Angela Merkel am Donnerstag bei der Abstimmung über den Euro-Rettungsschirm im Bundestag die gewünschte schwarz-gelbe Mehrheit erhalten wird. Die Zahl der Euro-Rebellen in CDU/CSU und FDP ist überschaubar und hat in den vergangenen Wochen eher ab- als zugenommen. Märkische Allgemeine

Zerreißprobe Griechenland muss weiter zittern. Noch immer herrscht keine Gewissheit über die Auszahlung der nächsten Rate der Milliardenhilfe. Vorsichtiges Aufatmen dagegen bei der Kanzlerin und ihrer Koalition. Auch wenn es am Ende für die absolute Mehrheit, die Kanzlermehrheit nicht reichen sollte, die einfache scheint gesichert zu sein. Nordkurier

Schuldenkrise

Transatlantischer Kindergarten Die Amerikaner verweisen darauf, dass die Unruhe an den Märkten direkte Folge der Schuldenkrise im Euroraum sei. Die empörten Europäer entgegnen, dass die Amerikaner ein ebenso großes Schuldenproblem hätten. Die Finanzmärkte haben jedenfalls den Euroraum ins Visier genommen – und das zu Recht. FAZ

„Europas Krise macht der Welt Angst“ Zu langsam, zu spät: US-Präsident Barack Obama wirft den Verantwortlichen in der Euro-Zone Versäumnisse bei der Bekämpfung der Schuldenkrise vor. Diese habe sich inzwischen auf Übersee ausgeweitet und bedrohe auch die amerikanische Wirtschaft. Nur: In den Vereinigten Staaten ist der Finanzkollaps gerade wieder einmal um Haaresbreite abgewendet worden – vorerst. Süddeutsche Zeitung

Barack Merkel Barack Obama machte Hoffnung und versprach Wandel. Was ist von seinen Worten an die Welt geblieben? Dass wir etwas verändern müssen, dass wir anders leben, haushalten müssen, das sind alles gefühlte Erkenntnisse. Doch wo und wie soll der Wandel einsetzen? Frankfurter Rundschau

Vom Gegenteil überzeugt Das Treffen der Finanzelite beim Internationalen Währungsfonds in Washington brachte keine Lösung, sondern manifestierte die globale Uneinigkeit. Besonders Deutsche und Amerikaner haben stark unterschiedliche Vorstellungen davon, wie die Schuldenkrise in Staaten wie Griechenland gelöst werden soll. Und trotzdem: Auf ihre Art haben beide Seiten recht. Süddeutsche Zeitung

Unruhe vor dem Sturm Wenn Finanzpolitiker tatsächlich darauf zielen, Menschen und Märkte zu beruhigen, dann gelingt ihnen das derzeit denkbar schlecht. Denn als wären die Probleme in Zeiten steigender Schuldenquoten und sinkender Wachstumsraten nicht bereits groß genug, sorgen die Regierungen für stetig neue Irrungen und Wirrungen. Aktuelles Beispiel ist der Fahrplan für die Euro-Rettungsschirme. Börsen-Zeitung

Zweifel am Glück Dem Unmut der Griechen über neue Spardiktate steht der Unwille in den Geberstaaten gegenüber, Geld in ein Fass ohne Boden zu kippen – auch in Deutschland, wo die Vorteile des Binnenmarkts immer stärker angezweifelt werden. FAZ

Merkel avanciert zum griechischen Schimpfwort Das Verhältnis zwischen Griechenland und Deutschland könnte vor dem Besuch Papandreous schlechter kaum sein. Vor allem auf Merkel sind die Griechen schlecht zu sprechen. ZEIT

Wo „Merkel“ ein Schimpfwort ist Die Finanzkrise belastet das Verhältnis von Deutschland und Griechenland. Angela Merkel ist für viele Griechen inzwischen ein Schimpfwort. Stuttgarter Zeitung

The IMF must stop playing second fiddle in Europe The world has to recognise that the eurozone’s problems are now too big for the eurozone alone to deal with. Financial Times

Berlin nach der Wahl

Zu dumm für die FDP Auf 1,8 Prozent ist die FDP in Berlin abgestürzt. Das kann nicht allein die Schuld der Partei sein, finden zumindest die Liberalen. Ein nicht ganz unbekannter FDP-Politiker liefert nun seine eigene Erklärung: Die Masse der Wähler sei zu ungebildet. Süddeutsche Zeitung

SPD bietet Grünen Koalitionsgespräche an Die Berliner SPD will mit den Grünen Koalitionsverhandlungen führen. Die Grünen hatten schon zuvor ihre Zustimmung signalisiert. Beim wesentlichen Knackpunkt – Weiterbau der Stadtautobahn A100 -, habe es einen Kompromiss gegeben. FAZ

Wowereit entscheidet sich für die Grünen Berlins Regierender Bürgermeister Wowereit erteilt der CDU eine Absage – und will zügig Koalitionsverhandlungen mit den Grünen aufnehmen. Man habe sich in den Sondierungsgesprächen in entscheidenden Punkten geeinigt, beim Thema Stadtautobahn habe man einen Kompromiss gefunden. Doch der könnte noch für Ärger sorgen. Süddeutsche Zeitung

Viel Spaß beim Regieren! SPD und Grüne humpeln vom Start der koalitionspolitischen Annäherungsversuche weg über eine Stolperstrecke, die es in sich hat: Die Stadtautobahn A100, für die jetzt ein Scheinkompromiss gefunden wurde. Tagesspiegel

Sarkozy

Alarmsignal für Sarkozy Das Ergebnis der französischen Senatswahl lässt sich nicht einfach auf die Präsidentenwahl übertragen. Aber Sarkozy hat nun einen Beweis seiner Unpopularität vor Augen. Die politische Rechte stürzt ab, die linken Parteien sind im Aufwind. FAZ

Schallende Ohrfeige für Sarkozys Selbstherrlichkeit Die linke Mehrheit im Pariser Senat ist das Aus für die Schuldenbremse. Die Verdrossenheit gegen die Reformen des Präsidenten nimmt zu. Die Welt

Dauerverlierer Sarkozy In gewöhnlichen Zeiten wäre alles halb so schlimm. Frankreichs Staatschef kann auf die Rückendeckung des am Sonntag überraschend von den Sozialisten eroberten Senats getrost verzichten. Berliner Zeitung

Jetzt rächt sich Sarkozys Selbstherrlichkeit Der Verlust der Mehrheit im Pariser Senat ist ein herber Rückschlag für Sarkozy. Das stellt die Schuldenbremse und seine Präsidentschaft in Frage. Die Welt

Sarkozys Stern sinkt sichtbar Nur gut, dass Carla Bruni schwanger ist. So darf Nicolas Sarkozy wenigstens Vaterfreuden entgegensehen. Badische Zeitung

Putin

Wie sich Merkel von Putin veräppeln ließ Putins lang geplanter Griff nach der Macht dürfte Kanzlerin Merkel genauso überrascht haben wie das russische Volk. Noch bis vor kurzem hat die Kanzlerin den Noch-Präsidenten Medwedjew hofiert – in der Hoffnung, dass er einige seiner Versprechen von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie einlösen möge. Der Putin-Deal offenbart die große Schwäche der deutschen Russland-Politik. Süddeutsche Zeitung

Putin im Mantel des Premiers, bis die Naht platzte „Einmal Tschekist immer Tschekist“: Die Machtrochade in Moskau hat niemanden überrascht. Ob Putin oder Medwedjew, Russlands Probleme sind da, um zu bleiben. Die Welt

Putin und seine deutschen Komplizen Was hat der deutsche Atomausstieg mit Putins politischer Stärke zu tun? Nichts? Doch, sagt Malte Lehming. Unser Atomausstieg bedeutet für Russlands Wirtschaft Stärkung in schwierigen Zeiten. Tagesspiegel

Russia takes a step backwards The ease with which Dmitry Medvedev has been eased aside will strengthen the view that he was a puppet for Vladimir Putin Financial Times

Organspende

Aufklärung verbessern Gesundheitsminister Daniel Bahr und SPD-Fraktionschef Walter Steinmeier, der vor einem Jahr seiner Frau eine Niere spendete, wollen die Organspende populär machen. Bonner General-Anzeiger

Gigantische Werbeaktion Es werden zu wenig Organe gespendet. Das ist bitter für alle Kranken, die dringend ein Spenderorgan benötigen. Trotzdem muss jeder selbst entscheiden dürfen, ob er dazu bereit ist. Augsburger Allgemeine

Verspätete Vernunft Zwischen Wort und Tat liegen oftmals Welten. Umfragen zufolge wären drei Viertel der Deutschen bereit zu einer Organspende. Lausitzer Rundschau

Vorstoß fürs Leben Auch Benedikt XVI. hatte einen Spendenausweis, der laut Vatikan mit der Papstwahl allerdings ungültig geworden ist. Seit Jahren fordern Politiker aller Parteien, Ärzte und Prominente Bürger dazu auf, ihre Organe nach dem Tod zur Entnahme freizugeben. Der Erfolg hält sich allerdings in Grenzen. Nordwest Zeitung

Auf Betreuung kommt es an Etwa acht Millionen Deutsche haben es getan. Etwa acht Millionen Bundesbürger haben sich in freier Entscheidung entschlossen, dass ihnen nach ihrem Tod Organe entnommen werden dürfen, um damit Kranken ein lebensrettendes Geschenk zu machen. Badische Zeitung

…one more thing!

Die zwei Großen von der Tankstelle Gibt es echten Wettbewerb zwischen den Tankstellenketten? Die Spritpreise bewegen sich auffällig parallel. Shell oder Aral sind die Preisführer. Das funktioniert auch ohne illegale Preisabsprache. FAZ

Leitartikel

Abstimmung über das Gestern Als die Kanzlerin im Frühjahr 2010 die Pleite Griechenlands als Option zuließ, klang es wie das Märchen vom bösen Wolf. Hätte sie den Satz, dass Griechenland pleitegehen könne, nur nie gesagt. Die Eurokrise wäre der Weltwirtschaft und den Europäern erspart geblieben. Frankfurter Rundschau

Erklären Sie den EFSF, Herr Schäuble Es ist gut, dass wir manches nie erfahren werden: zum Beispiel, wie viele der 620 Abgeordneten im Deutschen Bundestag tatsächlich überhaupt verstehen, über was sie am Donnerstag abstimmen sollen, wenn sie für oder gegen die Ausweitung des Euro-Rettungsschirms EFSF votieren. Financial Times Deutschland

Sarkozy und die Kammer des Schreckens Den konservativen Senat in Frankreich gibt es nicht mehr: Sozialisten, Kommunisten, Grüne und andere Linke haben mit dem Oberhaus der Republik eine konservative Bastion eingenommen. Der Wahlausgang ist mehr als eine Palastrevolution: Präsident Sarkozy und seine gaullistische UMP-Partei haben das ländliche Frankreich verloren. Süddeutsche Zeitung

Arroganz der Macht Die angekündigte „Rochade im Tandem“ von Putin und Medwedjew spricht für Ruhe in Russland, nicht für Reformen. Die künftige Präsidentschaft wurde in einem persönlichen Deal ausbaldowert. Parteien, Parlament und das russische Volk sind Staffage. FAZ

Wohin treibt Russland? Die Machtrochade in Moskau hat niemanden überrascht. Putin hat den Mantel des Minister- präsidenten gefüllt, bis die Nähte platzten – und die Wähler werden keine Spielverderber sein. Das macht die Probleme des Riesenreiches aber nicht kleiner Die Welt

‘I told you so’ is not enough to save a left in crisis Ed Miliband is missing a model for modern social democracy that fits its aspirations to the new economic realities Financial Times

A bear of a problem for Obama Obama has angered America’s silent majority, and his base is not happy with him either. Los Angeles Times

Roger’s Reality Show First, Ailes dialed back the Tea Party talk. Now he’s turning the GOP race into a political X-Factor—and steering the election agenda one more time. Newsweek