Eurokrise, Großbritannien, Islamkonferenz & ökumenischer Kirchentag

Europas Zwangsvertiefung Als Konsequenz aus der Krise will die EU-Kommission den Stabilitätspakt weiterentwickeln – inklusive Überwachung und Bestrafung. Das könnte eine Chance sein, würde die Handlungsspielräume der EU-Staaten aber auch weiter reduzieren und das Gefühl von Fremdbestimmung verstärken. FAZ

Eine europäische Wirtschaftsregierung?: Undenkbares wird denkbar
Muss der, der A sagt, immer auch B sagen? Keine 72 Stunden nach der Euro-Rettungsaktion zieht die EU-Kommission Konsequenzen und dringt auf eine Haushaltskontrolle über die nationalen Etats. Bonner General-Anzeiger

Finanzkontrolle ist gut, Demokratie besser Notbremse gegen Schulden-Exzesse: Brüssel will die Staaten schärfer kontrollieren. Dabei darf es die EU jedoch nicht übertreiben. Süddeutsche Zeitung

Das Milliardenspiel Schnell geschnürte Rettungspakete helfen weder den Griechen noch dem Euro. Gewinner sind dreiste Banker – und einzelne Milliardärsfamilien in Griechenland. Frankfurter Rundschau

Zurück auf Anfang Die Gefahren des Euro waren immer klar, doch seine Erfolge werden nicht anerkannt. Dabei ist die Währungsunion noch immer ein Garant für mehr Wohlstand. Süddeutsche Zeitung

Kontrolle, die nicht wehtut Die Botschaft aus Brüssel: Wir wollen den Mitgliedstaaten auf die Finger schauen. Aber was dann? EU-Kommissar Olli Rehn und sein Chef José Manuel Barroso haben kalte Füße bekommen. Frankfurter Rundschau

Eine Frage des Vertrauens Als nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers im Herbst 2008 ein gigantischer Rettungsschirm für in Turbulenzen geratene Banken gespannt wurde, gelobten die Regierungen zugleich Besserung. Den außer Kontrolle geratenen Finanzmärkten sollten Grenzen gesetzt, ein weltweiter Crash dauerhaft ausgeschlossen werden. Märkische Oderzeitung

Großbritannien

Britische Selbstzweifel Wie einst Thatcher steht Cameron vor gewaltigen Aufgaben. Schlimmer als die Finanzprobleme erscheint die Identitätskrise. Frankfurter Rundschau

Britische Identitätskrise Fast dreißig Jahre ist es her, dass Margaret Thatcher vor der Tür in der Downing Street poetisch wurde. „Wo Streit ist, lass uns Einigkeit bringen. Wo Irrtum herrscht, lass uns Wahrheit bringen. Wo Zweifel ist, lass uns Glauben bringen“, sprach die frisch ernannte konservative Premierministerin in die Mikrofone. Dann schritt sie über die Schwelle und begann, in Großbritannien aufzuräumen. Berliner Zeitung

Heikles Bündnis
Premier David Cameron wird sich keine Illusionen über die Last des Wahlsieges machen: Raum zum Regieren bleibt ihm angesichts der britischen Wirtschaftskrise wenig. Bonner General-Anzeiger

Sollbruchstelle An ihre neue Regierung müssen die Briten sich erst gewöhnen. Ein doppelköpfiges Wesen wie diese Koalition aus Konservativen und Liberaldemokraten hat Großbritannien seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr erlebt. Nun muss man umdenken, sich mit einer anderen Art von Politik vertraut machen, neue Regeln lernen. Das gilt für die Wähler ebenso wie für die Gewählten. Hannoversche Allgemeine

Blut, Schweiß und Tränen
Nüchternheit, Härte, ja ein gerüttelt Maß an Kälte wird die neue Regierung von David Cameron und Nick Clegg brauchen, wenn sie die Probleme des Landes bewältigen will. Vor allem der kollektive Entzug von der Schuldensucht, der den Briten in den nächsten Jahren bevorsteht, verlangt vom neuen Spitzenpersonal solche Eigenschaften. Märkische Allgemeine

Reformbündnis auf der Probe David Camerons konservativ-liberale Koalition ist für Großbritannien vermutlich die beste Lösung für das Chaos, das die britischen Wähler bei den Parlamentswahlen am 6. Mai angerichtet haben. Das Chaos war nicht geplant, entsprach aber der Stimmungslage der Bevölkerung, die gegenüber der politischen Klasse extrem misstrauisch geworden ist. taz

Islamkonferenz


Ins Abseits manövriert
Sie hätten ihre Kritik an Ort und Stelle vorbringen können. Doch stattdessen sagt der Zentralrat der Muslime seine Teilnahme an der Islamkonferenz ab – weil das Innenministerium angeblich nicht auf seine Wünsche eingegangen sei und keine konkreten Ziele formuliert habe. Das mag stimmen – oder auch nicht. taz

Ausgefranst an den Rändern Fehlstart, Herr de Maizière! Gleich zwei Schwergewichte unter den Islamverbänden kehren dem ehrgeizigen Dialogforum den Rücken. Der Anspruch der Deutschen Islamkonferenz ist so futsch. Frankfurter Rundschau

Keine Entkrampfung Ein runder Tisch zum Staat-Kirche-Verhältnis ohne die Kirchen? Kaum vorstellbar. Eine Islamkonferenz ohne muslimische Organisationen dagegen – das geht. Tagesspiegel

Ökumenischer Kirchentag

Die Kirchen haben nur gemeinsam eine Zukunft Ökumene ist heutzutage eine Bewegung des religiösen Aufbruchs. Diesen Aufbruch dürfen die Kirchen gerade dann nicht gefährden, wenn sie ansonsten auf so vielen Feldern in die Defensive geraten. Indem die Amtskirchen die Verschwisterung blockieren, schwächen sie die Ausstrahlungskraft des Glaubens. Die Welt

„Damit ihr Hoffnung habt.“ Sollte ursprünglich die Hoffnung der Christen auf die Überwindung ihrer jahrhundertealten Spaltung und das gemeinsame Eintreten für ethische und gesellschaftliche Themen im Mittelpunkt stehen, so wird es nun in erster Linie um die aktuellen Probleme und den dadurch bedingten Vertrauensverlust der beiden Volkskirchen gehen. Und um einen neuen Aufbruch. Bonner General-Anzeiger

Die beiden Igel Ohne Ökumene sei die Zukunft des Christentums nicht denkbar, hat gestern Kirchentagspräsident Eckhard Nagel in München erklärt. Zugleich aber haben der Protestant Nagel und sein katholisches Gegenüber Alois Glück die 125.0000 Teilnehmer des Ökumenischen Kirchentages zu gegenseitiger Rücksichtnahme aufgefordert: Bloß nicht die Gegenseite überfordern, etwa mit gemeinsamen Abendmahlsfeiern. Hannoversche Allgemeine

„Damit Ihr Hoffnung habt“, heißt Dein Leitwort. Hoffnung als Licht. Was für ein gutes Wort in der Finsternis. Kaum Engel, nur Dämonen, Spekulanten, gefallene Priester, Heuchler. Stopp, ein gefallener Engel trat beim Kirchentag auf und wurde bejubelt wie ein Popstar. BILD

…one more thing!

Der Traum von Europa lebte immer in uns Polens Ministerpräsident Donald Tusk ist der diesjährige Preisträger des Karlspreises. In einer bewegenden Dankesrede appellierte er an die Völker Europas, die Werte und Regeln nicht zu vergessen. Allerdings befänden wir uns heute in dem Europa eines großen gesellschaftlichen und politischen Experiments. Die Welt

Leitartikel

Experiment mit Rot Am Umgang mit dem guten Ergebnis aus NRW kann sich entscheiden, ob die SPD auch im Bund wieder zur Anführerin einer regierungsfähigen Mehrheit werden kann, zur Kanzlerpartei. Frankfurter Rundschau

Westerwelles Fehler beim Verhindern der Ampel Aus wahlstrategischen Gründen verweigert Westerwelle seiner Partei in NRW das Plazet für eine Ampelkoalition. Ein Lagerwahlkampf gegen Rot-Rot und Grüne steht bevor. Will die FDP langfristig nicht auf eine Partei der Steuerrebellen reduziert werden, sollte sie sich aber öffnen. Die Welt

Warum Jamaika nicht auch am Rhein? Politik ohne Scheuklappen ginge etwa so: Die CDU opfert Wahlverlierer Jürgen Rüttgers; die FDP überwindet ihre Grünen-Allergie; die Grünen, längst eine bürgerliche Partei, legen auch in Düsseldorf ideologische Fesseln ab. Die deutsche Politik braucht dringend frischen Wind. Nicht nur an der Saar, auch am Rhein! BILD

Euro-Krise: Danke, Konjunktur! Ein starker Aufschwung könnte das Misstrauen an den Märkten abbauen. Denn er ist die Voraussetzung dafür, dass die Sparziele erreicht werden können. Es gibt erste Hoffnungsschimmer. Financial Times Deutschland

Sparen reicht nicht! Die Politik: Kreativ beim Geldausgeben – fantasielos beim Kürzen: Georg Thanscheidt, Vize-Chefredakteur der AZ, über die Kürzungs-Pläne der Politiker. AZ

Eine britische Revolution Die Glorreiche Revolution riss vor 300 Jahren Türen und Fenster auf. Sie machte England toleranter, weltoffener und wohlhabender. Clegg und Cameron haben einen ähnlichen Wandel versprochen. Er kommt keinen Tag zu früh. Süddeutsche Zeitung (Print)

Cameron & Clegg Innere Schwäche und unsichere politische Mehrheiten haben in Großbritannien ein politisches Bündnis erzwungen, das den Briten eigentlich gegen die politische Natur geht. Die Koalitionsregierung wird die britische Politik nach dem Vorbild des Kontinents verändern. FAZ

Britain’s accidental revolution
David Cameron’s new coalition government is a gamble. But it could yet prove a surprisingly successful one Economist

We’re Not Greece The United States may currently be running deficits of comparable size to Greece’s, but its economic position and fiscal outlook is vastly better. New York Times