Die Koalition ist sich einig, angeblich. Immerhin, der Fahrplan steht. Union und FDP wollen in der kommenden Woche die Verhandlungen abschließen. Offene Fragen gibt es aber noch zuhauf. Die Zeit
Beichtstuhl, Klippen, Gipfelkreuz – Metaphern gab es reichlich am Wochenende der Koalitionsverhandlungen. Nur der sonst oft bemühte Durchbruch fehlte noch. Doch klar scheint: Die Union kommt der FDP bei der Entlastung entgegen. Die teure Taktik hilft den Liberalen, nicht als Versprechensbrecher da zu stehen. FAZ
Sachliche Romanze. Über die Verhandlungen zwischen Union und FDP erfährt man nur wenig Konkretes. Das sah vor vier Jahren in der Geburtsstunde der Großen Koalition anders aus. Die Welt
Die Rückkehr der Klientelpolitik. Die FDP bleibt in den Verhandlungen das, was sie immer war: eine Klientelpartei. Statt sich der bisher erzielten Erfolge zu rühmen, macht FDP-Chef Westerwelle das Zustandekommen der Koalition allein davon abhängig, dass ein monströses Steuersenkungsprogramm umgesetzt wird. Süddeutsche Zeitung
Erbschaftsteuer braucht kompletten Neuanfang. Nachbesserungen reichen nicht aus, das Gesetzeswerk muss komplett auf den Prüfstand Handelsblatt
Finanzfragen bleiben die Stolpersteine in den angespannten Koalitionsverhandlungen zwischen Union und FDP. Schon jetzt ist absehbar, dass die angepeilten Lösungen niemanden völlig zufrieden- stellen werden. Kölner Stadt-Anzeiger
Wenn CDU-Weichlinge wie Christian Wulff sich in letzter Minute mit einer für die Medien und die Kanzlerin inszenierten Warnung vor einem ‚finanzpolitischen Blindflug‘ kurz vor Ultimo aus dem Obligo nehmen wollen, dann kommt das bewusstem Falschspiel recht nahe. Nichts weniger als der große Wurf ist fällig. Auf den Punkt gebracht heißt das: mehr Westerwelle, mehr Guttenberg und weniger Merkel. Aber schon bei der Chefin beginnt das Dilemma. Sie müsste sich wieder rückbesinnen auf ihre Leipziger Parteitagspolitik. Leipziger Volkszeitung (Print)
Von wegen Traumpaar, nicht nur bei den Finanzen fällt Union und FDP eine Einigung schwer. FAZ
Westerwelle bockt, die CDU höhnt. Wulff fetzt sich mit Westerwelle. Von der Leyen muss nachgeben. Die FDP fürchtet die Basis. Warum Schwarz-Gelb nicht in die Puschen kommt. Die Zeit
Inszenierte Empörung. Wie die Unterhändler von Schwarz-Gelb versuchen, ihre Lügen aus dem Wahlkampf gesichtswahrend zu entsorgen. taz
Weniger Steuern trotz Krise? Der Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung (Ifo), Hans-Werner Sinn, fordert Steuer-Senkungen auf Pump BILD
Rechenkünstler bei der FDP. Man kann nur spekulieren, warum manche Menschen nicht verstehen, wie man verschiedene Prozentzahlen miteinander vergleichen muss. Schlecht ist das immer dann, wenn versucht wird, mit solch falscher Prozentrechnung Politik zu machen. Handelsblatt
Macht euch ehrlich! Die Zielkonflikte von Union und FDP NRZ
Ein wenig verwunderlich ist es schon, wie sehr sich die Öffentlichkeit derzeit darum sorgt, ob die Pläne der neuen schwarz-gelben Koalition auch solide gegenfinanziert sind: Seit mehr als dreißig Jahren verschuldet sich dieses Land (übrigens beiderseits der ehemaligen Grenze) mit jedem neuen Haushalt immer weiter, ganz gleich, ob die Konjunktur nun gerade brummt oder einbricht. Märkische Allgemeine
Vier Jahre, zwei Welten. Darüber, was kurzfristig zu tun ist, herrscht also viel Einigkeit. In der Endphase der Gespräche sollte es daher um die Frage gehen, was nach dem Krisenjahr 2010 geschehen muss. Handelsblatt
Was will Merkel eigentlich?, lautete vier Jahre lang die Frage. Sie hat sie für sich und ihre Partei beantwortet: Mehrheiten für die CDU möglich machen. Um fast jeden Preis. Die Partei sollte das schätzen lernen. Berliner Zeitung
Opel
Bei Opel hohes Risiko für den Staat. Der Fall Opel zeigt: Der Staat ist ein schlechter Kaufmann. Jetzt kann Berlin nur zuschauen, wie andere – im unglücklichsten Fall – die Steuermilliarden verjubeln. Handelsblatt
Vertrag voller Vorbehalte. Egal wann General Motors, Magna, die russische Sberbank und die deutsche Treuhand ihre Unterschrfit unter den Kaufvertrag setzen werden – das Gezerre wird weitergehen. Die Fragezeichen hinter dem Verkauf von Opel sind nicht weniger geworden. Kölner Stadt-Anzeiger
Es gibt gute Gründe dafür anzunehmen, dass die deutsche Hilfe gegen europäisches Recht verstößt. Die EU-Kommission hat ihren Job erledigt. Ob sie ihren Worten Taten folgen lässt, steht auf einem anderen Blatt. Kroes entscheidet über den Fall nicht allein. Für Kommissionschef José Manuel Barroso wird der Fall zur Nagelprobe: Er muss entscheiden, ob er wieder einmal dem Konflikt mit einem großen Mitgliedstaat aus dem Weg geht. FAZ (Print)
Selbst wenn Kroes dem Opel-Verkauf skeptisch gegenübersteht, am Ende dürfte sich ihr Chef durchsetzen. Und deshalb ist der Brief der Wettbewerbskommissarin eher als freundschaftliches Warnsignal zu werten. Die Kommission gibt der Bundesregierung noch einmal ganz klar die Möglichkeit, frühzeitig alle Bedenken zu beseitigen, damit Brüssel später nicht doch noch lange und gründlich prüfen muss. Denn eröffnet die Kommission erst einmal ein Beihilfeverfahren, dauert das Monate. Süddeutsche Zeitung (Print)
Gut, dass es eine EU-Wettbewerbsaufsicht gibt. Sonst würden Europas Regierungen ungehemmt jede Menge wirtschaftlich völlig unsinniger Sanierungsprogramme fördern und Firmen bei der Standortwahl erpressen. So weit, so gut. Kölnische Rundschau
Schweinegrippe
Die Schweinegrippe-Impfung ist geplant als größte Immunisierung in der Geschichte der Bundesrepublik: 50 Millionen Impfdosen haben die Bundesländer geordert. Heute beginnt die Auslieferung des Serums. Berliner Zeitung
Vorzugsbehandlung für Bundesminister, verträglicher als für die Bundesbürger: Im Kampf gegen die Schweinegrippe soll das Kabinett mit einem besonders verträglichen Serum geimpft werden. Süddeutsche Zeitung
Das Signal ist verheerend: Gibt es eine Zwei-Klassen-Medizin? Die Welt
Das Krisenmanagement der Behörden ist eine einzige Katastrophe, die neuesten Nachrichten rund um die Impfung gegen die Schweinegrippe empört die Menschen. Nürnberger Nachrichten
Verheerend ist die Bestellung der 200 000 Extra-Dosen des verträglicheren Impfstoffs für die Impffreude der Deutschen. Schon zuvor hatte nur etwa ein Viertel der Deutschen vor, sich impfen zu lassen. Jetzt lautet die Botschaft: So unbedenklich ist der „normale“ Impfstoff nicht, deshalb sollen wichtige Entscheidungsträger einen harmloseren bekommen. Berliner Morgenpost
Die Pharma-Branche kassiert. Die Allgemeinheit zahlt. Und die Verunsicherung wächst weiter. Drei Nebenwirkungen stehen jedoch auch ohne weitere Tests schon fest Ostsee-Zeitung (Print)
Tschechien und EU-Reformvertrag
Klaus deutet Ja zu Lissabon an Der EU-Reformvertrag steht offenbar vor der Überwindung der letzten Hürde. Tschechiens Staatspräsident Vaclav Klaus, ein entschiedener Kritiker des Reformwerks von Lissabon, hat erstmals angedeutet, dass er seinen Widerstand aufgeben und den Vertrag Handelsblatt
Eitler Provinzkaiser Klaus. Die EU darf auf die neuen Forderungen des tschechischen Präsidenten zum Lissabon-Vertrag nicht eingehen. Mit den Eskapaden von Vaclav Klaus müssen die Politiker in Prag selbst fertig werden Financial Times Deutschland
Ein Querkopf weniger. Vaclav Klaus beugt sich dem Druck der EU und wird den Vertrag von Lissabon doch ratifizieren. Aber mit seiner Hinhaltetaktik hat er dem eigenen Land geschadet. Süddeutsche Zeitung
Václav Klaus will mit seiner Unterschrift unter den EU-Reformvertrag nicht bis zu den Wahlen in Großbritannien und ein mögliches Referendum warten. „Der Zug ist nicht mehr aufzuhalten“, sagte er in einem Interview FAZ
Reformvertrag von Lissabon im Original, als Gesetzentwurf der Bundesregierung und weitere Analysen und Hintergründe
US-Gesundheitsreform
Obamas Reform ist zum Greifen nahe. Barack Obama ist dem Umbau des amerikanischen Gesundheitswesens schon sehr nahe gekommen. In den kommenden Wochen entscheidet sich, ob der Präsident das Reformgesetz wie gewünscht vor Jahresende unterzeichnen kann. FAZ
Passing a bill is just a start for healthcare. One thing this bill will not do if passed is end the controversy over US healthcare. The argument over paying for it would become more intense: while the bill conforms to Obama’s demand that it be ‘deficit-neutral’, for the most part it only pretends to deal with the costs. Financial Times
Obama Attacks Insurance Industry. After harsh comments in his weekly address, it’s clear the President no longer wants to make nice with health insurers. Businessweek
The Public Plan. While an inclusion of a government-run insurance plan in health care legislation makes the most sense, there are some basic issues to consider. New York Times
… one more thing!
In fremder Haut. Ein Jahr lang war Günter Wallraff immer wieder als Schwarzer unterwegs: bei einem Fussballspiel in Cottbus, auf Wohnungssuche in Köln, in einer Rosenheimer Kneipe und bei einer Behörde in Berlin-Marzahn Die Zeit
Leitartikel
Da gibt es keine 08/15-Lösungen. Deshalb kann es nicht schaden, wenn die Koalitionspartner nichts übers Knie brechen. Lieber ein paar Tage länger verhandeln als schnell faule Kompromisse eingehen. Das Land braucht eine Agenda 2020. BILD
Fehlstart für die Freiheit. Über ihre wirtschaftsliberalen Wünsche wird die FDP noch ein wenig streiten mit CDU und CSU. Beim zweiten großen Thema des Liberalismus, den Bürgerrechten, hat sie schon versagt. Frankfurter Rundschau
Es scheint in Berlin noch nicht angekommen zu sein, dass eine schwarz-gelbe Koalition von den Wählern das Mandat für einen entschiedenen Kurs hin zu marktwirtschaftlichen Reformen erhalten hat. Die FDP wurde nicht „aus Versehen“ gewählt, das waren auch keine „Leihstimmen“, die eigentlich der Union gehörten. Und die schwarz-gelbe Mehrheit ist nicht deshalb zustande gekommen, weil „knapp zwei Millionen SPD-Wähler zu Hause“ geblieben sind – es waren entschiedene Wahlakte selbstbestimmter, mündiger und bewusster Bürger. Wirtschaftswoche
Auf dem Boden der Verfassung. Einer verbreiteten Darstellung zufolge sabotiert der tschechische Präsident Václav Klaus den Lissabon-Vertrag, indem er ihm seine Unterschrift verweigert. Seine Absicht sei es, dessen Inkrafttreten, wenn er es schon nicht verhindern könne, wenigstens so lange wie möglich hinauszuschieben. FAZ
Brüssels kluger Einspruch. Es ist der dritte Akt in der Tragikomödie namens „Warten auf Opel“. Die EU-Kommission hat Bedenken gegen den Kaufvertrag. Brüssel hat recht und kann nicht anders handeln. Financial Times Deutschland
Karsai behindert den Aufbau Afghanistans, Wahlmanipulationen und eine neue Nato-Strategie Die Welt
Liebe Erstsemester, keine deutsche Stadt ist für Studenten teurer. AZ München
Obama’s Bad Influence. Just because the United States is trying to be a global team player again doesn’t mean the game gets better rules, schreibt Naomi Klein in The Nation
To surge or not to surge. The war inside the Democratic Party Economist