Kundus-Affäre, Steuerstreit, Klima & Türkei

Willkommen in der Realität. Karl-Theodor hat Fehler gemacht und sich politisch verheddert. Doch in einer Sache hat er Recht: Bundesregierung und Bundestag müssen das Afghanistan-Mandat endlich den Erfordernissen anpassen. Financial Times Deutschland

Betrug an der Öffentlichkeit. Aus Angst vor unangenehmen Diskussionen haben alte und neue Bundesregierungen den Afghanistan-Einsatz zu lange verniedlicht. Eine politische Verfehlung, die nun auf Kanzlerin Merkel zurückfällt. Süddeutsche Zeitung

Guttenberg schließt Rücktritt aus. In der Debatte über die Bombenabwürfe bei Kundus in Afghanistan am 4. September haben Politiker der Opposition Verteidigungsminister Guttenberg (CSU) vorgeworfen, die Öffentlichkeit zu täuschen. Von der Kanzlerin fordern sie eine Regierungserklärung. FAZ

Was berichteten Schneiderhan und Wichert wirklich? FAZ

Aussage gegen Aussage. Staatssekretär Wichert und Generalinspekteur Schneiderhan wurden wegen der Kundus-Affäre entlassen. Nun widersprechen sie Verteidigungsminister Guttenbergs Darstellung. Süddeutsche Zeitung

Was wird da vertuscht? Verteidigungsminister zu Guttenberg warnt in der Kundus-Affäre vor Hysterie. Dabei ist eher die Informationspolitik des Verteidigungsministeriums und der Bundesregierung hysterisch. Tagesspiegel

Es geht um Leben und Tod. Die Regierung muss den Bürgern sagen, dass sie Krieg führt und wie sie ihn führt. Die Zeit der Halbwahrheiten ist vorbei. Handelsblatt

Wie hältst Du’s mit dem Krieg? Die Kundus-Affäre erzeugt immer neue Fragen: Längst geht es nicht mehr nur um den Politstar zu Guttenberg, sondern um das Selbstverständnis der Republik – und die Rolle des Parlaments Stern

Von wegen Aufklärung. Die Kundus-Affäre entwickelt sich langsam zum politischen Super-Gau für die Bundesregierung. Stück für Stück kommen neue Details des verheerenden Tanklasterangriffs ans Tageslicht. Lausitzer Rundschau

Ins Visier der Opposition gerät inzwischen aber auch Angela Merkel, denn das Kanzleramt habe die verschärften Einsatzregeln der Bundeswehr gutgeheißen. Allerdings könnte das Nachhaken in diesem Punkt auch für die SPD ungemütlich werden. Denn im Außenamt saß damals noch Frank-Walter Steinmeier. Nürnberger Zeitung

Angela Merkel hat im Bundestag Aufklärung versprochen. Aber ihr Interesse daran ist nicht erkennbar. Sie ließ Jung machen, sie lässt Guttenberg machen. Das mag man politisch geschickt nennen. Oder feige. Berliner Zeitung

Vom Himmel in den Orkus. Verteidigungsminister Guttenberg erlebt dies am eigenen Leib. Dabei hat er den Luftschlag in Kundus überhaupt nicht zu verantworten. Höchstens dessen vorschnelle Beurteilung. Immerhin war er der erste Minister, der offen von Krieg sprach. Die Welt

Guttenbergs Desaster. Auch wenn der smarte junge Bundesverteidigungsminister es weit von sich weist: Die Affäre um die Bombardierung von Tankwagen in Kundus hat eine Schwelle erreicht, an der es auch um seinen Sessel geht. Kölnische Rundschau

Guttenberg, Liebling der schwarz-gelben Wählerschaft, ist schneller in schwere See geraten, als er selbst vermutet hätte. Der Mann, der bisher für einen neuen und frischen Politikstil stand, muss sich jetzt fragen lassen, ob er handwerklich sauber gearbeitet hat. Hannoversche Allgemeine

Ein Blick ins Gesetzblatt erleichtert die Rechtsfindung. Man wird in der Affäre um den Vorfall in Kundus mitunter an den alten Juristen-Spruch erinnert, so faktenarm und meinungsstark äußern sich selbst hochrangige Parlamentarier, die es eigentlich besser wissen müssten. Märkische Allgemeine

Der heimliche Kriegsbeginn. Der Skandal sind nicht die Tötungen, sondern die gezielte Täuschung der Öffentlichkeit durch Bundeswehr und Regierung. taz

Fahrlässiger Ritterschlag. Bei seinem Besuch in Afghanistan hat Verteidigungsminister zu Guttenberg Oberst Klein erneut verteidigt. Der Minister lernt nicht aus seinen Fehlern Die Zeit

Geheime Bundeswehr-Dokumente zur Tanklaster-Bombardierung sind öffentlich, auf der Webseite Wikileaks

Steuerstreit

Abschwung im Etat. Der Haushaltsentwurf von Bundesfinanzminister Schäuble liest sich, als stecke die Wirtschaft weiterhin tief in der Rezession. Das Schwarzmalen hat Methode. Die schwarz-gelbe Koalition braucht das Krisenszenario als Rechtfertigung für einen beispiellosen Ausgabenrausch und nie gekannte Neuverschuldung. FAZ

Kein Ärger mehr mit Peter Harry. Wäre ja noch schöner, wenn ein Landesfürst nur mal richtig laut zu werden bräuchte, und schon gäbe die Bundesregierung ihm einen aus. Peter Harry Carstensen geht in der ersten Pokerrunde um Steuern leer aus, doch die zweite kommt bald. Frankfurter Rundschau

Wulff erwartet Einigung in der Steuer-Reform. Im Steuer- und Finanzstreit zwischen Bund und Ländern rechnet Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff mit einer Einigung noch in dieser Woche Bild

Nur Verlierer beim Finanzpoker. Es ist letztlich ganz egal, wie der Steuerdeal ausgeht: Der Finanzpoker zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem Kieler Regierungschef Peter Harry Carstensen kennt am Ende doch nur Verlierer. Kölner Stadt-Anzeiger

Welche Art der Kompensation angedacht ist – denkbar wäre ein höherer Umsatzsteueranteil der Länder für Bildung – wird bald klar sein. Doch Ruhe kehrt damit längst nicht ein. Wie auch. Die knappe schwarz-gelbe Mehrheit in der Länderkammer macht selbstbewusst – selbst Schleswig-Holstein kann plötzlich Brüllen wie ein bayerischer Löwe Thüringer Allgemeine

Kredit-Junkies. Hundert Milliarden Euro Netto-Neuverschuldung. Eine Eins mit elf Nullen. Ein so unfassbar hoher Betrag, dass man ihn sich nur vorstellen kann, wenn man ihn auf alle Einwohner Deutschlands umlegt. Für jeden macht das 1200 Euro. Kölnische Rundschau

Noch ist Carstensen der Preis zu niedrig. Bundeskabinett und die Kieler Landesregierung nähern sich im Steuerstreit aber an Nürnberger Nachrichten

Wo geht’s lang, Frau Merkel? Am Sonntag will die Kanzlerin den widerspenstigen Parteifreund Carstensen im Steuerstreit zähmen. Der Start ihrer zweiten Regierung ist ohnehin verhagelt. Eine Bilanz schwarz-gelben Irrlichterns. Stern

Einigung zwischen Merkel und Carstensen absehbar. Nach dem Treffen zwischen der Bundeskanzlerin und dem Kieler Ministerpräsidenten könnte der Steuerstreit bis zur Abstimmung am kommenden Freitag beigelegt werden. Die Zeit

Klimagipfel

Grundlage der richtigen Entscheidungen. Die erste Verhandlungswoche in Kopenhagen: Nach einem Hilferuf aus Tuvalu haben die UN einen vielversprechenden Klimavertrag entworfen. Die Zeit

Das bisschen Klima. Bislang hat die größte aller Klimakonferenzen nicht viel mehr ergeben als die größte Klimabelastung aller Klimakonferenzen. Das zu beklagen, wie es die bei solchen Gelegenheiten üblichen Demonstrationen tun, setzt voraus, dass es in Kopenhagen tatsächlich um die Abwendung der Erderwärmung geht. FAZ

Weniger ist selten mehr. Die Vorstellung, die Wirtschaft könne wegen endlicher Ressourcen nicht dauerhaft wachsen, ist naiv. Es ist in erster Linie nicht der Ressourcenverbrauch, der das Wachstum bestimmt, sondern der technische Fortschritt. Und der hat unerschöpfliches Potenzial. Financial Times Deutschland

Tuvalu oder der Untergang. Der Klimagipfel in Kopenhagen gleicht bisher seinen Vorgängern aufs Ärgerlichste: gigantische Aufgabe, riesiger Aufwand, minimaler Output. Die Chefeinheizer USA und China müssen sich endlich bewegen Frankfurter Rundschau

Bescheidene Fortschritte in Kopenhagen. Die EU hat sich auf die Schwellenländer zubewegt. Aber sie hat keine Strategie, die USA und China einzubinden. Handelsblatt

Fair und vernünftig könnte ein Klimafinanzausgleich sein, der die Völker nach ihrem Anteil am globalen Bruttosozialprodukt belastet. Dann würden Länder wie Bangladesch Geld erhalten, mittel entwickelte Länder müssten ihren Anteil aus eigener Kraft aufbringen und die Industrienationen, welche die Hauptverantwortung für den von Menschen verursachten Teil der Erderwärmung tragen, müssten bezahlen. Märkische Oder-Zeitung

„Klimawandel ist eine Gerechtigskeitsfrage“ Die Klimaschutz-Bewegung ist überwiegend jung und demonstriert entschlossen: Sie will den Politikwechsel. Dabei gehen auch ein paar Scheiben zu Bruch. Die Zeit

Umweltminister Röttgen will der Solarbranche an den Kragen. Bundesumweltminister Norbert Röttgen will die Subventionen für die Fotovoltaikbranche kräftig kürzen. Manche sprechen von einem fatalen Signal, das auf Kosten der Klimarettung geht. Doch das stimmt nicht. Wirtschaftswoche

Türkei

Parteienfriedhof Türkei. Seit das türkische Verfassungsgericht die kurdische DTP verboten hat, ist es mit dem Frieden im Land vorbei. Ein schöneres Weihnachtsgeschenk kann es für die Radikalen aller Couleur kaum geben. Frankfurter Rundschau

Die Türkei, das Kurdenurteil und Europa. In der Türkei wurde die größte Kurdenpartei verboten. Eine Zeichen der Furcht vor dem Staatszerfall. Aber auch ein Rückschritt für die Beitrittsbemühungen in Richtung EU. Europa blickt noch skeptischer auf Ankara. Die Welt

Das Verbot der Partei DTP fegt den einzigen legalen prokurdischen Akteur, der eine echte Basis hat, hinweg. Wie sollen die Kurden jetzt noch an den Erfolg politischer Bemühungen und demokratischer Prozesse glauben? Doch vielleicht liegt im Verbot der DTP eine Chance. Berliner Zeitung

Viele Beobachter in der Türkei hatten ein Verbot der Kurdenpartei DTP durch das Verfassungsgericht des Landes erwartet. Doch dass die Richter ausgerechnet den als gemäßigt geltenden Parteivorsitzenden Ahmet Türk mit einem Politikverbot belegten, obwohl sie so manchen Hardliner unangetastet ließen, stieß vielerorts auf Kritik. Tagesspiegel

Gescheiterter Friedensprozess. In wenigen Monaten haben die Hardliner auf beiden Seiten die Fronten zwischen PKK und der türkischen Regierung wieder zementiert.Das DTP-Verbot setzt nur den Schlusspunkt. taz

Die Türkei hat es schwer mit sich selbst, und noch schwerer mit der Außenwelt. Das Verfassungsgericht in Ankara hat die größte Kurdenpartei verboten. „Verbindung mit dem Terror“ und „unzureichende Distanzierung von der Gewalt“, so lauten die Hauptpunkte des Verdikts Berliner Morgenpost

… one more thing!!

„Zerschlagt die Megabanken“ Um die nächste Finanzkrise zu verhindern, müssen alle Staaten die Regulierung ihrer Banken verschärfen. Doch das allein reicht nicht: Sehr große Institute müssen aufgespalten werden, schreibr Wirtschafts-Nobelpreisträger Joseph Stiglitz in der Financial Times Deutschland

Leitartikel

Wahrheiten des Krieges. Jenseits des Erschreckens vermitteln Kundus und die schleppende Aufklärung etwas Beruhigendes. Sie künden vom Ende der schicken Bilder und smarten Erklärungsversuche. Frankfurter Rundschau

Die Ethik im Auslandseinsatz. Was genau macht die Bundeswehr in Afghanistan? Seit der Bombardierung der Tanklastwagen bei Kundus ahnt die deutsche Öffentlichkeit, dass die Auskunft des damaligen Verteidigungsministers Struck aus dem Jahre 2002, Deutschlands Sicherheit werde auch am Hindukusch verteidigt, alles offenließ. FAZ (Print)

Aufstieg und Fall. Aufsteiger und Talent: So einen sehen manche gerne fallen AZ München

Es ist deprimierend, wie in Deutschland ein Mensch nieder­geschrieben wird. Zack – und Du bist ein Idiot. Wir erleben gerade alle den Aufstieg eines Politikers, und er wird sofort niedergemacht. Unser Land ist übersät von Wadenbeißern, Kläffern. Dauernörglern. Bild

Im Schatten der Minarette, Muslime konfrontieren Deutsche mit deren eigenen Schwächen Die Welt

Politik versteht Sozialstaat nicht mehr. Zwar erhöht die Regierung das Kindergeld. Doch Hartz-IV-Empfänger haben nichts davon. Denn die Leistungen werden verrechnet. Offenbar durchschaut die Politik die von ihr geschaffenen Regeln des Sozialstaates nicht mehr. Kölner Stadt-Anzeiger

Egal ob Klimaschutz als Chance oder als Bedrohung verstanden wird. Tatsache ist, dass wir alle – Industriestaaten und Entwicklungsländer – allerbeste Chancen haben, gemeinsam abzusaufen, wenn es in Kopenhagen nicht gelingt, das Steuer herumzureißen. Tagesspiegel

Peking braucht Zeit. Barack Obama setzt aufs falsche Pferd. Sein Drängen, die chinesische Führung möge eine flexiblere Wechselkurspolitik betreiben, führt in die Irre. Besser wäre es, westliche Politiker legten den Schwerpunkt ihrer Chinapolitik auf den Dialog darüber, wie im Reich der Mitte die Voraussetzungen für langfristiges Wachstum jenseits des Exports gelegt werden können. Börsenzeitung

Nullrunde für EU-Beamte. Formaljuristisch haben die EU-Beamten recht, wenn sie auf höheren Gehältern bestehen. Die Berechnung erfolgt anhand einer komplizierten Formel, die sich auf die Entwicklung der Beamtensaläre in acht alten Mitgliedsstaaten im vergangenen Jahr bezieht. Financial Times Deutschland

Wir lieben Griechenland als Wiege der europäischen Kultur – aber müssen wir deshalb Athens ungeheuerliche Schlamper-Schulden bezahlen? Wie lange ertragen wir Trittbrettfahrer, die allerdings nicht draußen am Zug hängen, sondern im Führerstand fummeln. Wirtschaftswoche

Der Entzauberte – Karl-Theodor zu Guttenberg, Verteidigungsminister in der Kunduz-Falle. Titelgeschichte Spiegel

Scheidungskinder: Wie sie (weniger) leiden, Was Psychologen raten Titelgeschichte Focus

Tiger Woods and the Animation of News Wall Street Journal

Memo to Danes: You Can’t Control Climate Summit. The Danes have invested a huge amount of money co-branding their capitol city with a summit that will supposedly save the world. But this summit is not on track to save the world schreibt Naomi Klein in The Nation

Lessons from “The Leopard”. Is Europe becoming too accustomed to genteel decline? Economist