Landtagswahlen, Atomdebatte, Euro-Rettungsfonds, Portugal & Arabische Welt

Im Zentrum aller Turbulenzen Volker Kauder war in der Union die treibende Kraft für eine drastische Verlängerung der Atomlaufzeiten. Jetzt könnte ausgerechnet Kauders politische Heimat, Baden-Württenberg, aufgrund der Atomdebatte in sich zusammenbrechen. Süddeutsche Zeitung

Kanzlerin Merkel ist von Problemen umzingelt Angela Merkel muss die Euro-Rettung rechtfertigen, den Libyen-Kurs verteidigen – und dann ist da noch der Atom-Störfall Rainer Brüderle. Die Welt

Partei der Enttäuschung Die FDP ist der Klotz am Bein der Bundesregierung. Sie ist zur Partei der Enttäuschung geworden und wird deshalb bei den Landtagswahlen verlieren. Süddeutsche Zeitung

Nach den Wahlen wird gezofft Berlin Viele Wähler in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sind derzeit noch unentschlossen. Der Wahlkampf bleibt spannend bis zuletzt. Ein Ergebnis aber steht schon fest: Die beiden Urnengänge am Sonntag werden in Berlin enorme Konsequenzen haben, egal wie sie ausgehen. Denn zu viel hat sich dort angestaut. Entscheidend ist Baden-Württemberg. Lausitzer Rundschau

Becks Bilanz Wo Kurt Beck ist, ist die Mitte. Als eine Art unideologischer Sachverwalter des gesunden Menschenverstandes regiert der Sozialdemokrat schon seit sechzehn Jahren in Rheinland-Pfalz – länger als jeder andere Ministerpräsident. FAZ

Alles außer Machtwechsel? Zwei Landtagswahlen werden dieses politische Wochenende prägen. Die eine bei den Pfälzern scheint eher ein Fall für die Statistiker zu werden – Kurt Beck wird aller Voraussicht nach weiter das tun, was er am liebsten macht, im nächsten Karneval wieder von Amts wegen die Prinzessinnen küssen dürfen und zwischendurch die Weinköniginnen. Lausitzer Rundschau

Es riecht nach Sensation Irgendwann geht jede Serie einmal zu Ende. Am Sonntag könnten es in Baden-Württemberg gleich mehrere sein. Erstmals seit fast 60 Jahren CDU-Herrschaft stehen die Zeichen auf Politikwechsel im Ländle. Westfalen-Blatt

Mappus wird für die CDU zum Restrisiko Nach der Atomwende steht in Baden-Württemberg vor allem die Glaubwürdigkeit des Ministerpräsidenten zur Abstimmung. Die Abstimmung wird auch zur Schicksalswahl für die Bundesregierung. Wirtschaftswoche

Atomdebatte

Das Märchen von den sieben Atomumfallern Den schwarz-gelben Schwenk in der Atompolitik hat sowieso niemand geglaubt. So blöd ist das Volk nämlich nicht. Trotzdem können wir froh sein, dass jetzt enthüllt wurde, was auf der Hand lag: Hinter dem Ausstieg vom Ausstieg aus dem Ausstieg steckt Wahlkampftaktik. Financial Times Deutschland

„Weg zur Erfüllung der Klimaziele neu diskutieren“ Michael Vassiliadis ist von der Bundeskanzlerin in die Ethik-Kommission zu Atomfragen berufen worden, um dort die Gewerkschaften zu vertreten. Er hält die Atomkraft „für nicht verantwortbar“. Die Regierung hat es in seinen Augen versäumt, einen Weg ins Zeitalter der erneuerbaren Energien aufzuzeigen. FAZ

Warum wir die Kern-Energie (noch) brauchen Helmut Kohl über die Atom-Krise: Das Unglück, das vor wenigen Tagen in Japan passiert ist, macht uns alle fassungslos. Es kann uns nicht unberührt lassen, ja, es muss uns alle menschlich erschüttern. Es kann die Welt verändern. Es darf uns aber nicht lähmen, es darf uns nicht den Blick für die Wirklichkeit verstellen. Bild

Brüderles Plaudereien In die kleine, exquisite Runde der Industriebosse passt Brüderles Hinweis auf Wahlkampf-Hysterien einfach zu gut, als dass die Mär vom Missverständnis verfangen könnte. Frankfurter Rundschau

Verschweigen und verplappern Der BDI beteuert, der Protokollant müsse Brüderle falsch verstanden haben. So verzweifelt kann Schadensbegrenzung klingen. taz

Denkfehler So ist das eben auch im politischen Leben: Erst hast Du kein Glück, dann kommt auch noch das Pech hinzu. Die FDP hat nun einmal einen schweren Stand. Bonner General-Anzeiger

Brüderle, das Protokoll & die Naivlinge Da sagt der Mann einmal, was er wirklich denkt, und was passiert? Als es rauskommt, dass er nur gesagt hat, was er wirklich denkt, sagt der Mann selbst, dass das nicht wahr sei. Berliner Zeitung

Brüderles Patzer und die Wahrheit in der Politik „Ist Politik Theater? Antwort: Ja, Politik ist Theater.“ Saarlands Ministerpräsident Peter Müller (CDU) sagte dies am 24. März 2002 in einer Rede im Staatstheater von Saarbrücken. Lausitzer Rundschau

Die Opposition spottet über Brüderles Patzer Wirtschaftsminister Brüderle hat das Atom-Moratorium zum Wahlkampfmanöver erklärt – und dann dementiert. Nun lästert die Opposition, auch aus der Union kommt Kritik. Zeit

Steilvorlage für Rot-Grün Für flotte Sprüche ist Rainer Brüderle immer gut. „Erst grübeln, dann dübeln“, lautet ein Merksatz des Pfälzers. Den hätte er sich vielleicht vor seinem Plauder-Stündchen bei der Wirtschaft zu Herzen nehmen sollen. Märkische Allgemeine

Brüderles Atom-Äußerungen bringen Schwarz-Gelb in Not Kurz vor dem Wahlsonntag erlebt Schwarz-Gelb ein Desaster. Der Wirtschaftsminister soll eingeräumt haben, dass das Atom-Moratorium nur Wahlkalkül sei. Für die Opposition ist klar: Die Regierung hat die Katze aus dem Sack gelassen. Financial Times Deutschland

Keine Linie, kein Kreuz Der Bundeswirtschaftsminister hält den Atomkurs der Regierungsspitze für gaga. Rainer Brüderles Fauxpas in Sachen Atompolitik verunsichert alle – auch die eigenen Wähler. Tagesspiegel

Brüderle bestreitet Atom-Äußerungen Hat der Wirtschaftsminister einen Plan verraten oder war es nur ein fehlerhaftes Protokoll? Brüderle soll das AKW-Moratorium als Wahltaktik bezeichnet haben. Im Bundestag weist der FDP-Politiker die ihm unterstellten Äußerungen zurück. Financial Times Deutschland

Das dementierte Brüderle-Atom-Geständnis im Wortlaut Der Wirtschaftsminister soll eingeräumt haben, die schwarz-gelbe Wende in der Energiepolitik sei dem Wahlkampfdruck geschuldet. Er nennt den Vorwurf „absurd“ und fühlt sich falsch zitiert. Was in dem Protokoll steht. Financial Times Deutschland

Euro-Rettungsfonds

Steinbrück veralbert Merkel Bei seiner ersten Rede als Bundestagsabgeordneter glänzt Peer Steinbrück mit einem wortgewaltigen Auftritt. Im Rededuell mit der Kanzlerin verulkt der Ex-Bundesfinanzminister deren Vorschläge zum Euro-Paket als kabarettistische Beiträge. Financial Times Deutschland

SPD-Redner Steinbrück lässt Merkel nicht im Stich Vor der wichtigsten Landtagswahl dieses Jahres hat Angela Merkel Hilfe von Peer Steinbrück erhalten. Dafür gibt es mehrere Motive. Die Welt

EU verständigt sich auf permanenten Rettungsschirm Das Paket zur Euro-Rettung steht: Die Mitgliedstaaten wollen einen permanenten Krisenfonds für klamme Euro-Länder einrichten. Das vereinbarten die Staats- und Regierungschefs bei ihrem Treffen in Brüssel. Deutschland konnte sich bei der umstrittenen Finanzierungsfrage durchsetzen. Süddeutsche Zeitung

Durchbruch mit Schwächen Die größte Reform der Europäischen Währungsunion steht. Die 27 EU-Staaten einigten sich am Donnerstag um 21 Uhr auf ein Gesamtpaket zur Stabilisierung der Euro-Zone mit weitreichenden Folgen. Die Starken erweitern ihre bisherigen Bürgschaften für die Schwachen im Euro-Raum um ein Vielfaches. Die Schwachen sichern weitere Reformen und Sparprogramme zu. Rheinische Post

Neinsager Der bescheidene Euro-Kompromiss: Weiche Regeln, wenig Haftung! Zeit

Club der Egoisten Diese Euro-Reform ist kein Werk der Ja-, sondern der Nein-Sager. Der oft geforderte große Wurf war keinen Augenblick wirklich realistisch, weil man die Webfehler dieser Währungsunion hätte ausmerzen müssen. Bonner General-Anzeiger

Die Konstruktionsfehler bleiben Das neue Regelwerk für den Euro steht und wird beim Gipfel in Brüssel nun von den EU-Staats- und Regierungschefs beschlossen. Es verändert die Währungsunion. Die Krisenherde sind damit auf Dauer aber nicht eingedämmt. FAZ

Merkel sieht Deutschland als Profiteur des Euro Deutschland soll in den neuen EU-Krisenfonds 22 Milliarden Euro in bar einzahlen. Die Haftung sei nach oben begrenzt, sagt Kanzlerin Merkel im Bundestag. Sie erklärt 2011 zu einem „Jahr des Vertrauens“ für den Euro. Steinbrück warnt vor einem EU-Zerfall. FAZ

Deutsche Handschrift? Nein, die deutsche Kanzlerin kommt nicht mit leeren Händen vom Euro-Gipfel zurück. Ohne Merkels Widerstand wäre der Preis, den Deutschland für die Rettung des Euro zahlen muss, noch höher ausgefallen Augsburger Allgemeine

Deutscher Kahlschlag gescheitert Das „Gesamtpaket“ zur Eurorettung ist Makulatur. Portugals Krise ist Merkels Krise. taz

Der Geburtsfehler des Euro Als wäre die Portugal-Krise pünktlich zum Euro-Gipfel bestellt worden, offenbart sie, wie dringend die Reform des Stabilitätspaktes und die Verbreiterung des Euro-Rettungsschirms waren. Nein, es führt kein Weg vorbei an einer Aufstockung des Euro-Rettungsfonds. Märkische Allgemeine

Brutalstmöglich Europa hat ersichtlich zu wenig Probleme. Zum Beispiel mit seinen maroden Banken. Da muss sich doch eine Lösung finden lassen. Etwa indem man noch die eine oder andere bisher kerngesunde und krisenresistente Bank durch Aufsichtswillkür in die Bredouille bringt. Die Institute können ja dann mit dem im Überfluss vorhandenen Geld der Steuerzahler gestützt werden. Börsen-Zeitung

Portugal

Kalkulierte Arroganz Der Rücktritt von Premier José Sócrates hilft Portugal nicht aus der Finanznot. Der Sozialist kann nun aber anderen die Schuld zuschieben, wenn er in Europa um Hilfe bittet. Frankfurter Rundschau

Eine offene Rechnung Portugals Premierminister Sócrates hinterlässt ein Vakuum, das für die ganze Eurozone fatale Folgen haben könnte. Deutschland wird auch weiter klammen Staaten helfen – um den Euro zu retten. Tagesspiegel

Sócrates am Ende Vor sechs Jahren begleiteten große Hoffnungen den überraschend deutlichen Wahlsieg des sozialistischen Ministerpräsidenten José Sócrates. In letzter Zeit ging es für ihn in der Politik jedoch steil bergab. Zwar versuchte er sich an Reformen, griff aber immer wieder zu kurz. FAZ

Arabische Welt

Deutsch-libyscher Scherbenhaufen Gibt es im politischen Alltag eigentlich eine größere Schmach, als von einem Diktator mit dem „Charme“ eines Gaddafis gelobt zu werden? Berliner Zeitung

Sarkozy in Höchstform Als Armeechef und Kriegsherr schafft Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, was ihm als Staatsoberhaupt bislang nur selten gelang: als einigender Landesvater aufzutreten. Auf die deutsche Haltung in der Libyen-Krise aber war er nicht vorbereitet. FAZ

Revolution, Krieg – und dann? Die internationale Allianz meldet in Libyen Erfolge – und verstärkt den Druck auf Machthaber Gaddafi. Was aber kommt danach? Die Intervention wirft viele Fragen auf – mehr Respekt gegenüber den Skeptikern wäre angebracht. Süddeutsche Zeitung

„Eine Teilung Libyens wird immer wahrscheinlicher“ Die Flugverbotszone ist durchgesetzt, die Koalition hat damit ihr Ziel erreicht, sagt Libyen-Experte Hanspeter Mattes. Ein militärischer Sieg über Gaddafi sei unwahrscheinlich. Die Welt

Hama, Ort der Grabesstille Die Schüsse der syrischen Staatsgewalt auf Demonstranten in Deraa wecken die Erinnerung an ein Massaker von 1982. Damals ließ der Vater von Baschar al-Assad in Hama Zehntausende hinschlachten. Nach wie vor ist das: tabu. Süddeutsche Zeitung

Auch Assad wird gehen müssen Der arabische Frühling hat nicht an den Grenzen Syriens haltgemacht. Das Regime hat seine Legitimation eingebüßt, weil Baschar al-Assad den Wandel verpasst und nichts aus dem Scheitern seiner Diktatorenkollegen gelernt hat. Die herrschende Baath-Partei mit ihrer säkularen panarabischen Ideologie ist zu einer parasitären, korrupten Clique geworden, die der Jugend die Zukunft raubt und dem Alter die Würde. taz

Der neue Nahe Osten Einige Monate hat die arabische Revolution die Schlagzeilen aus dem Nahen Osten beherrscht. Jetzt kommt der alte Konflikt, der die Jahrzehnte davor geprägt hat, wieder zum Vorschein. Augsburger Allgemeine

Keeping Up with the Qaddafis The family that fights together, stays together. But was Libya’s ruling clan always this crazy? Foreign Policy

Hope and Revolution in 2011 The boiling point of water is straightforward, but the boiling point of societies is mysterious. Mother Jones

Questions for Mr. Obama How does the U.S. military mission support his desired Libyan end state? Sound strategic planning mandates that military actions are used to support clearly delineated objectives. Washington Post

… one more thing!

Vom Zwang befreit Schwarz-Gelb beendet faktisch Wehrpflicht und Zivildienst. Offenbar interessiert sich aber kaum jemand dafür. Das freundliche Desinteresse an den neuen freiwilligen Diensten dagegen birgt Gefahren. Frankfurter Rundschau

Leitartikel

Fukushimas Preisschild Atomstrom galt als billig. In Japan zeigt sich, wie teuer er sein kann. Verseuchte Böden, belastete Gewässer und die Angst vor Strahlenschäden – die Kosten der Kernkraft sind immens. Frankfurter Rundschau

Japans Katastrophe ist materiell beherrschbar Erdbeben und Tsunami haben in Nippon gewütet – mit grauenhaften Folgen. Die ökonomische Bilanz des Schreckens fällt allerdings deutlich nüchterner aus. Financial Times Deutschland

Endspiel in Libyen Im besten Fall gibt es einen Regimewechsel ins Ungewisse, im schlechtesten stürzt sich der Westen in ein Abenteuer ohne Ausgang. In Libyen gibt es nur die Wahl zwischen Pest und Cholera. Die Welt

Transferunion Spezial Der dauerhafte Rettungsfonds für Schuldenstaaten öffnet das Tor zu Transfers in unbekannter Höhe. Als Solidarität von Starken für Schwache wird das bisweilen verkauft. Aber was ist daran solidarisch, wenn ein armes Land wie Slowenien, das sich an die Regeln gehalten hat, für ein reiches Land wie Irland zahlen muss, das die Regeln gebrochen hat? FAZ

Herumwursteln in der Krise Die EU-Politik hat sich in der Vergangenheit ernsthaft bemüht, den Defizitländern zu helfen. Doch der bevorstehende Euro-Gipfel krankt an echter Einigkeit der Mitgliedsländer, man wurstelt sich weiter durch die Krise. Kölner Stadt-Anzeiger

Es gilt das gebrochene Wort! Am Anfang des Euro stand ein heiliger Schwur der Politiker: Der deutsche Steuerzahler werde nie und nimmer für die Schulden anderer Länder einstehen müssen. Punkt! Es war ein Versprechen – und es ist gebrochen worden. Bild

Wir und das Restrisiko Manchmal hilft es, die Dinge vom Ende her zu denken. Atom-Moratorium hin, Brüderle her, es ist ziemlich klar, wie es ausgeht: Deutschland nimmt die alten Meiler vom Netz, erhöht die Auflagen für die übrigen und bekräftigt den endgültigen Ausstieg. Der Westen

Wahl-Lügen Über Brüderles unfreiwillige Wahrheiten AZ München

The Austerity Delusion These days, you’re not considered serious in Washington unless you profess allegiance to the same doctrine that’s failing so dismally in Europe. New York Times

Where will it end? The Americans, the Europeans and the Arabs must all hold their nerve Economist

Is FEMA Freaking Over a Fake Quake? A rogue seismologist says we’re spending millions to prepare for an imaginary natural disaster. Should we listen? Mother Jones