Lena, Haushalt, Euro-Krise, Tschechien & US-Öl-Pest

Danke, Lena! Europa ist mehr als Eurokrisen und Eurokraten. Ausgerechnet ein Teenager führt uns das deutlich vor Augen. Und dass der Kontinent musikalisch erheblich weiter ist als politisch. Financial Times Deutschland

Das Oslo-Gefühl. Weit über hundert Millionen Europäer haben den Eurovision Song Contest im Fernsehen verfolgt und mitbestimmt. Ob ihre so klare Entscheidung für Lena Meyer-Landrut auch eine Antwort auf die ökonomische Krise gibt? Das Votum für Lena ist vor allem eines für Nachbarschaft, für Nähe. Schön, wenn dieses Oslo-Gefühl für die nächsten zwei, drei Gipfel reichen könnte. Tagesspiegel

Verzauberten diese Augen ganz Europa? Bild

Europa mag uns. Womit haben wir das verdient? Der Eurovision Song Contest ist grell, bunt und laut. Ein kitschiger und gnadenloser Kampf um Aufmerksamkeit. Da fällt am meisten auf, wer sich dem Glamour entzieht – so wie Lena Meyer-Landrut. Ihr schlichter Auftritt führte zum Sieg. Aber natürlich ist auch diese Schlichtheit nur Show Die Welt

Eine Sängerin, wichtiger als jeder Präsident. Die ARD, sonst knifflig und ehrpusselig in ihrer Nachrichtenpräsentation, bringt die Nachricht von ihrer Rückkehr als Spitzenmeldung der Tagesschau. Das Öffentlich-Rechtliche und das Private schalten sich gleich, und ein Ministerpräsident eilt zur Gangway. So ist das, wenn Lena Meyer-Landrut einen Schlagerwettbewerb gewinnt Süddeutsche Zeitung

Mädchen aus dem Volk. Sondersendungen im Fernsehen, Empfang mit dem Ministerpräsidenten auf dem Flughafen, Autokorsos im ganzen Land, Glückwünsche von der Kanzlerin – sind wir schon Weltmeister? Nein, Deutschland liegt im Lena-Rausch. WAZ

Du bist Deutschland. Lena hat es allen gezeigt: Nach 28 Jahren führt sie unser Land zum langersehnten Ziel und gewinnt mit großem Vorsprung den 55. Eurovision Song Contest in Oslo. Und auch beim Heimspiel in Deutschland könnte sie wieder dabei sein. FAZ

Lena, die Erlöserin. Die Schmach ist getilgt: Lena hat die geschundene Seele der Eurovisions-Fans geheilt und die ewigen Kritiker der Veranstaltung zum Schweigen gebracht. Freu dich Deutschland, du bist jetzt Grand Prix Stern

Sieg des Pop über die Biederkeit. Lenas Erfolg in Oslo ist das Ergebnis einer überfälligen Reinigung: Der einst angestaubte „Grand Prix“ wurde Ende der 1990er ironisiert, dann mit Brachialkitsch zugekleistert. Nun gelang die Rückkehr zur Qualität. Auch Deutschland tut der Sieg gut – weil man endlich von der Hypothek „Ein bisschen Frieden“ erlöst ist. Kölner Stadt-Anzeiger

Das neue deutsche Wunderfräulein. Ein Sieg der Bodenständigkeit über Testosteron und tiefe Dekolletes taz

Willkommen in Lena-Land, Triumphzug in Hannover Spiegel

Und das ist gut so. Haben Sie Lena auch gesehen? Ein „Ja” auf diese Frage muss einem nicht mehr peinlich sein. Da würde man schon eher verwundert angeschaut, wenn man NICHT dem Song-Contest-Fieber verfallen ist. Fast so, als würde man nicht die WM-Spiele der deutschen Mannschaft anschauen – egal ob mit netten Freunden vor dem Fernseher, in der Kneipe oder beim Public Viewing. Die Bilder zumindest ähneln sich. WAZ

Raabs Triumph. Lena hat in Oslo gewonnen. Aber Stefan Raab ist der wahre Sieger. Er hat der ARD, der Schlagerwelt und sich selbst bewiesen, wie nötig Erneuerung war. Die Zeit

Herkules oder Die Marke Raab. Jetzt müssen wir ihn ernst nehmen: Ohne Stefan Raab hätte Lena Meyer-Landrut den Eurovision Song Contest nicht gewonnen. Der Macht des Entertainers beugt sich sogar sein Sender Pro Sieben. FAZ

Eurovision Crowns a German Pop Idol Time

Germany wins Eurovision Song Contest as UK comes last BBC

Germany’s Lena Wins 2010 Eurovision Song Contest Huffington Post

German singer wins Europe’s biggest song competition CNN

Cheers as Germany’s Eurovision winner Lena returns Taiwan News

Germany drags Eurovision into the 21st Century BBC

Toward an understanding of the Eurovision Song Contest: A brief survey of the extant literature Foreign Policy

Haushaltssanierung

Folterinstrumente zur Ansicht. Eine weitere Woche der Misshelligkeiten wird anbrechen: Die Diskussion über die Haushaltssanierung lässt die Koalition nicht zur Ruhe kommen. Überall gärt es – zwischen den Parteien, innerhalb der Union, noch stärker in der FDP. FAZ

Steuererhöhungen wären konsequent. Der deutsche Staat braucht dringend Geld. Deshalb sind auch Steuererhöhungen ein Thema. Angst vor den Bürgern muss die Politik dabei nicht haben: Die ahnen längst, dass staatliche Wohltaten nur noch über Kreditaufnahmen möglich sind. Hilfe könnte Schäuble ausgerechnet bei der SPD bekommen. Die Welt

Koalition streicht Subventionen. Steuersenkungen waren versprochen, jetzt wollen Finanzminister Schäuble und der bayerische Ministerpräsident Seehofer Vergünstigungen streichen, um die Staatsfinanzen zu sanieren. Schon wird vor Sparmaßnahmen zu Lasten der „kleinen Leute“ gewarnt. Süddeutsche Zeitung

Steuerstreit wird zur Belastungsprobe für Bundesregierung. Nach der Absage an die versprochenen Steuersenkungen zeichnet sich in der schwarz-gelben Koalition nun ein Streit um Steuererhöhungen zur Sanierung des Haushalts ab. Während Finanzminister Schäuble eine Anhebung nicht ausschloss, gingen führende FDP- und CSU-Politiker auf Konfrontationskurs. Für Unmut sorgen Berichte über Pläne von Gesundheitsminister Rösler, gutverdienende Kassenpatienten deutlich stärker zur Kasse zu bitten. Handelsblatt

„Jetzt ist Sparen angesagt“ Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle lehnt Steuererhöhungen ab und will den Bundeshaushalt durch die Begrenzung der Ausgaben sanieren. Die Kritik an seiner Person versucht er zu ignorieren. Schließlich werde keine einzige Regierung „von großen Beifallsstürmen getragen“, Interview in der Welt

Euro-Schuldenkrise

Wackeln jetzt Europas Regierungen? Griechen-Krise, dramatische Euro-Krise, gigantische Haushaltsdefizite in vielen Staaten Europas. Wackeln wegen der Krise die Regierungen? Bild

Fitch erntet Kritik für Herabstufung Spaniens. Spanien will es nicht so weit kommen lassen wie die Griechen und seine Staatsfinanzen sanieren. Kaum hat die Regierung in Madrid erste Schritte eingeleitet, erhält sie von der Ratingagentur Fitch die Quittung: Weil die um das Wirtschaftswachstum fürchtet, hat sie die Kreditwürdigkeit des Landes heruntergestuft. Der Berliner Wirtschaftsökonom Michael Burda hält das für kontraproduktiv. Handelsblatt

„Das Timing könnte nicht schlechter sein“ Die Ratingagentur Fitch hat die Kreditwürdigkeit Spaniens herabgestuft. Die Kritik am Timing der Kreditwächter wächst: Die Sanierung des Staatshaushalts werde dadurch erschwert. Der Ruf nach einer europäischen Ratingagentur wird lauter. manager magazin

Zweifel an Spaniens Zahlungsfähigkeit wachsen. Die Ratingagentur Fitch senkte die Bonitätseinschätzung Spaniens von der Höchstnote um eine Stufe. Die Finanzmärkte schätzen die Bonität längst schlechter ein. Zudem verschärfte sich die Lage, da die Arbeitsmarktreform ins Stocken geraten ist. FAZ

„Wir stecken in einer neuen kritischen Phase“ EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark fordert einen neuen Stabilitätspakt mit drastischen Strafen gegen Schuldenmacher. Die Inflation glaubt er unter Kontrolle. Wirtschaftswoche

In der Krise kämpfen Ameisen gegen Heuschrecken. Das erinnert an die Geschichte des antiken Dichter Äsop. Leider ist in der Neuzeit alles noch etwas komplizierter geworden. Financial Times Deutschland

The Word on IMF’s Task in Greece: Herculean Wall Street Journal

Wahl in Tschechien

Die Tschechen haben weise gewählt. Tschechiens Politik ist immer für eine Überraschung gut. Während es in den vergangenen Jahren meist jedoch negative Meldungen gegeben hat, kommen jetzt gute Nachrichten aus Prag. Handelsblatt

Tschechen wählen Fürsten zum Königsmacher. Er ist der Star der tschechischen Parlamentswahl: Karl zu Schwarzenberg holte mit seiner neu gegründeten Partei aus dem Stand den dritten Platz und macht die bürgerliche Mehrheit perfekt. Besonders Jungwähler hatten sich in den mit Abstand ältesten Spitzenkandidaten regelrecht verguckt. Die Welt

Der „Fürst“ eigentlicher Sieger in Prag. Karel Schwarzenbergs Partei Top 09 wird bei der tschechischen Wahl knapp hinter den zwei schwachen Großparteien sensationell Dritter. Kurier

Der Parteiensturz von Prag. Den tschechischen Wählern ist der Kragen geplatzt. Ihr Signal an die etablierte Politik: Wir nehmen die Skandale nicht mehr einfach so hin. Frankfurter Rundschau

Schwarzenbergs Comeback. Die Wahlen in Tschechien brachten eine Überraschung, die Großparteien wurden abgestraft. Wird der frühere Außenminister Karl Fürst Schwarzenberg das Zünglein an der Waage bei der Regierungsneubildung? Die Presse

Chef der Sozialdemokraten tritt zurück. Erst gewann er die Parlamentswahlen, dann trat er zurück: Tschechiens sozialdemokratischer Parteichef Jiri Paroubek sorgte mit seinem unerwarteten Schritt erneut für einen Paukenschlag. Stern

Zu wünschen ist, dass in Prag endlich Inhalte wie überfällige Reformen wegen der Wirtschaftskrise dominieren und nicht mehr persönliche Animositäten. Sicher ist das in Tschechien aber auch diesmal nicht. Märkische Oderzeitung

US-Öl-Pest

BP kapituliert vor seiner Ölquelle im Golf von Mexiko. Desaster für Natur, BP und Obama: Die sprudelnde Ölquelle per Schlammbeschuss zu schließen, ist endgültig gescheitert. Das Öl sprudelt weiter in den Golf von Mexiko. Es ist jetzt schon die größte Ölpest und eine der größten Umweltkatastrophen in der US-Geschichte – und sie hat gerade erst begonnen. Die Liste der Vorwürfe gegen BP wird immer länger. Handelsblatt

Obamas Ohnmacht. Die Ölpest wird so zäh an Obamas Schuhen kleben wie das Missmanagement nach dem Hurrikan Katrina an seinem Vorgänger Bush. Denn so „herzzerreißend“ ist schon lange kein amerikanischer Präsident mehr widerlegt worden. FAZ

BP gehen im Kampf gegen das Öl die Lösungen aus. Mit der Operation „Top Kill“ sollte das Öl-Leck im Golf von Mexiko gestopft werden. Sie ist gescheitert. Nun werden die Optionen rar. Bis zu drei Millionen Liter Rohöl strömen täglich aus der Quelle. Mit neuen Methoden wollen Ingenieure jetzt das Ölleck schließen. Doch Experten sind kritisch. Die Welt

BP überging Sicherheitsbedenken seiner Ingenieure. Der Versuch, das Öl-Loch zu schließen, ist gescheitert. BP sorgte sich internen Dokumenten zufolge schon länger um die Sicherheit. Man umging dabei Firmenrichtlinien. Die Zeit

Documents Show Early Worries About Safety of Rig New York Times

Once More, With Feeling. President Obama is still learning to emote, five weeks into the heartbreak in the Gulf of Mexico. New York Times

Who’s to Blame for the Gulf Oil Spill? Time

BP: ‚No Certainty‘ New Oil-Spill Effort Will Work Wall Street Journal

Black Water Rising. As the oil continues to flow, the political and environmental fallout is just getting started. Newsweek

The Tort Lawyer and the BP Oil Disaster. Louisiana’s Daniel Becnel has sued drugmakers, carmakers, and Big Tobacco. The BP oil spill, on his home turf, may be his biggest payday yet Businessweek

…one more thing!!!

Obama’s Nationale Sicherheitsstategie. Der Unterschied zwischen Obama und Bush. Als liberaler Politiker kann sich Barack Obama militärische Einsätze leisten, die bei seinem Amtsvorgänger George W. Bush zu empörten Friedensdemonstrationen geführt hätten. Allerdings unterscheidet er sich von Bush, indem er auf brachiale „Wer-nicht-mit-uns-ist-ist-gegen-uns“-Ultimaten verzichtet. Die Welt
Original der National Security Strategy (pdf)

Leitartikel

Danke, Lena! Ein Mädchen verzaubert Europa. Eine Deutsche. Es ist Blödsinn, wenn wir Deutsche denken: Keiner mag uns … Wir müssen nur den richtigen Ton treffen! BILD

Professionell, abgezockt, zum Knuddeln. Eine 19-jährige Schülerin verzückt grenzüberschreitend mit der Leichtigkeit ihres Seins, und selbst Medienmuffel werden einsehen müssen, dass es noch eine Weile so weitergeht Frankfurter Rundschau

Unser Mädchen. War wenigstens das Koketterie – als sie hinterher sagte, sie sei nicht stark genug, die Trophäe zu tragen? Der Sieg Lena Meyer-Landruts beim Eurovision Song Contest in Oslo ist schon insofern historisch, als er der erste deutsche seit achtundzwanzig Jahren ist. FAZ (Print)

Sparen! Sparen! Sparen? In den Zeiten der Großkrise geht es […] darum, den Haushalt zu sanieren und das Gemeinwesen zu stabilisieren – und dabei den kräftigen Beitrag er Zahlungskräftigen zu nutzen. Der staatliche Zugriff auf Kapitalien ist kein linkes Abenteuer, sondern Ausdruck rechtschaffenen Wirtschaftens, also Pflicht. Süddeutsche Zeitung (Print)

Der hilflose Präsident. Der Abfall der Ökos ist bedrohlicher als jeder Taliban AZ München

Europa entwickelt sich weiter Dazu leben wir in einem Übergang in eine neue Welt Sorgen sind durchaus berechtigt Wirtschaftswoche

Geht’s auch etwas kleiner? – Wie die Republik sich gesund sparen kann. Titelgeschichte Spiegel (Print)

Die Ärzteliste 2010. Deutschlands härtester Mediziner-Check. Teil 1: Spezialisten für Herz- und Gefäßerkrankungen Titelgeschichte Focus (Print)

Obama’s New Security Strategy: Real or Just Rhetoric? Emphasizing the importance of a strong economy, education and innovation at home, Obama still maintains that America is „at war“ with an amorphous network of terrorists. The Nation

Those damned sceptical Germans. Europe faces a new variant on an old conundrum: a German problem Economist