Nach der Berlin-Wahl, Westerwelle, Gül in Deutschland, Italien, Palästina, Bahn & U-Bahn-Schläger

Wer Berlin regieren soll Am Tag drei nach der Wahl geht alles seinen geordneten parlamentarischen Gang. Der Sieger Klaus Wowereit tut, was er vor der Wahl angekündigt hat. Berliner Zeitung

Schwarz-rote Kugel Union und SPD könnte es zweckmäßig erscheinen, sich weit vor der Wahl zu Schwarz-Rot zusammenzutun, um die Herausforderungen der Euro-Krise zu meistern. Deutschland ist den eigenen Bürgern wie der EU eine starke Regierung schuldig. FAZ

Ab durch den Arbeitsspeicher Die Wahl ist vorbei, die Nachwehen halten an. Bei Abgeordnetenwatch.de empfahl man mir, die Kandidatin der Piratenpartei zu wählen. Zwei Wochen davor hatte mir der Wahlomat vorgeschlagen, es mit der PSG zu versuchen. Davor hatte ich mich durch ein interaktives Wahlspiel geklickt, um bei der CDU zu landen. Ich wusste nicht mehr weiter. Berliner Zeitung

Piraten sind mehr als naive Netznerds Der Wahlerfolg der Internetpartei offenbart die Defizite etablierter Politiker. Viele von ihnen reden über das Internet wie über das Tiefseetauchen – es wimmelt von Abgründen. Financial Times Deutschland

Rot-Grün ist noch nicht durch Es ist noch lange nicht ausgemacht, dass es in Berlin zu einer rot-grünen Koalition kommt. Mit der CDU dagegen wären Themen wie A 100 oder Großflughafen kein Problem für die SPD. Tagesspiegel

Der Stamm der Abgehängten Mit fast 40 Prozent sind die Nichtwähler die mit Abstand stärkste Partei in Berlin geworden. taz

Westerwelle

Mächtig im Abseits Fernab von den Problemen seiner Partei kümmert sich Guido Westerwelle dieser Tage um die Geschicke der Welt. Auf der UN-Versammlung in New York wirkt er erleichtert – nach den Wahlschlappen und der Euro-Debatte steigt sein Ansehen in der geschwächten FDP wieder. Süddeutsche Zeitung

Westerwelle, das diplomatische Leichtgewicht Zum Thema Libyen oder der Lösung der Palästinenserfrage könnte Deutschland viel beitragen. Der Außenminister müsste dafür endlich liefern, ZEIT

Wackeln als Chance Die Liberalen werden der Unsicherheitsfaktor in der Regierung bleiben. Sie haben ihren Chef demontiert und eine neue Führung installiert. Genutzt hat das alles nichts. Sogar jetzt fordert niemand in der Partei den Rücktritt von Westerwelle als Minister. Westerwelle taugt nicht mal mehr als Schuldcontainer. So finster sieht es aus. taz

Deutschlandbesuch des türkischen Präsidenten

Die Türkei gehört in die EU Es gibt sie noch, die Bewunderer der Europäischen Union, allen aktuellen Problemen und aller Skepsis zum Trotz. Der türkische Staatspräsident Abdullah Gül gehört dazu, wie er bei seinem Besuch in Berlin auf ebenso verbindliche wie selbstbewusste Weise deutlich machte. Frankfurter Rundschau

Krise und Wahrheit Die Doppelstrategie der EU im Hinblick auf eine Vollmitgliedschaft der Türkei – Versprechen und Hinhalten – ruft in Ankara nur Enttäuschung hervor. Doch eine Vertiefung der europäischen Einigung und eine Erweiterung der EU um die Türkei sind nicht zu vereinbaren. FAZ

Geben und Nehmen Der türkische Staatspräsident Abdullah Gül ist in schwieriger Zeit in Deutschland. Der Euro kriselt und mit ihm die schwarz-gelbe Koalition. Den Gastgeber plagen also einige Sorgen. Bonner General-Anzeiger

Ein nationalistischer Torpedo Der türkische Präsident Gül hat bei seinem Staatsbesuch mit plumpen Phrasen den Nationalismus seiner in Deutschland lebenden Landsleute geschürt. Damit zermalmt er das sensible Gerüst der Integration. Kölner Stadt-Anzeiger

Türkische Muskelspiele Den Berliner Auftritt des türkischen Präsidenten Gül als selbstbewusst zu bezeichnen, wäre eine glatte Untertreibung. Seine Rede an der Humboldt-Universität war eine Demonstration der Stärke. Motto: Wenn ihr uns in der EU nicht wollt – auch egal. Der Westen

Selbstbewusste Türkei Das Land am Bosporus ist kein Bittsteller mehr. In den vergangenen Jahren hat es einen rasanten Aufstieg erlebt. Besonders bemerkenswert sind die wirtschaftlichen Erfolge. Augsburger Allgemeine

Erfolgreiche Reformen Geht die Türkei auf ihrem bisherigen Weg weiter, könnte sie irgendwann EU-reif sein Badische Zeitung

Absurde Vorwürfe Tödlicher Bombenterror in Ankara, Drohungen in Berlin – der Besuch des türkischen Staatspräsidenten Abdullah Gül in Deutschland wird davon überschattet. Alles deutet auf einen terroristischen Angriff hin, auch wenn die Ermittlungen noch laufen. Die kurdischen Extremisten der PKK haben sich in jüngster Zeit wieder zurückgemeldet. Ihr gewalttätiger Kampf gegen die Unterdrückung der kurdischen Minderheit – nur eines von mehreren fundamentalen Problemen der Türkei. Nordwestkurier

Erst Berlin, dann Provinz Einladung in die niedersächsische Tiefebene: Der türkische Staatspräsident Abdullah Gül hat die Heimat von Bundespräsident Christian Wulff besucht. In Osnabrück wurde er gefeiert wie ein Popstar. stern

Italien

Druck von außen Kein Politiker will wahrhaben, dass es die prekäre Lage Italiens ist, die aus einer Krise kleiner Staaten an der Peripherie eine Vertrauenskrise ganz Europas hat entstehen lassen. Ohne Druck von außen kommt das Land nicht voran. FAZ

Berlusconi ist das Irrlicht an der Spitze Italiens Die Finanzmärkte setzen Italien unter Druck. Doch der Premierminister bleibt lieber bei Altherrenwitzen, anstatt sich um Reformen zu kümmern. Die Welt

Weckruf Silvio Berlusconi hat aus seiner Sicht Recht: die überraschende Herabstufung der Bonität Italiens war als eine Provokation gemeint. Man wird in Rom reagieren müssen. Aber nicht durch wüste Medienbeschimpfung oder vor von Selbstgerechtigkeit triefende Verteidigungsreden des Patriarchen, wie er sie am Dienstag wieder schwang. Bonner General-Anzeiger

Herabgestuft wurde nur Berlusconi Die US-Ratingsagentur Standard & Poor’s hat Italiens Bonität herabgestuft. Dieser Schritt lässt sich als Weckruf an den halbseidenen Weiberhelden Silvio Berlusconi deuten, endlich sein Land verantwortungsvoll zu regieren. Kölner Stadt-Anzeiger

Sicherheitsrisiko Berlusconi Man mag den immer größer werdenden Einfluss der Rating-Agenturen beklagen und kritisieren, doch hat ausgerechnet eine dieser Agenturen konzise aufgezeigt, wo Italiens Probleme liegen: mangelnde Handlungsfähigkeit der Regierung, kaum Wachstum, verkrustete Strukturen – und das alles bei enormer Staatsverschuldung. Berliner Zeitung

Der Bunga-Premier verdient die Prügel Standard & Poor’s hat Italiens Bonitätsnote gesenkt. Die Ratingagentur begründet ihre Entscheidung relativ unverhohlen mit politischen Motiven. Recht so. Financial Times Deutschland

Duce Berlusconi Hinter dem „Imperator“ aufzuräumen wird lange dauern taz

Palästina

Netanjahus Starre Palästinenserpräsident Abbas wird die Mitgliedschaft in den UN beantragen – es sei denn, es geschähe ein Wunder. Israels Regierungschef Netanjahu, der Gespräche anbietet, hat bisher nur Raunen vernehmen lassen. FAZ

Obama will Abbas von Palästina-Plänen abbringen In New York beginnt heute die Generaldebatte der Vereinten Nationen. Die Palästinenser beharren auf ihrer Forderung nach einem eigenen UN-Sitz – und scheuen dabei auch nicht die offene Konfrontation mit Israel und den USA. US-Präsident Obama will nun in letzter Minute Palästinenserpräsident Abbas dieses Vorhaben ausreden. Süddeutsche Zeitung

Kein Land in Sicht Land gegen Frieden. So lautet die Formel zur Beendigung des Konflikts zwischen Israel, einem Staat ohne anerkannte Grenzen, und den Palästinensern, einem Volk mit grenzenlosem Leid, aber ohne eigenen Staat. Nun also stellen die Palästinenser den Antrag bei den Vereinten Nationen auf Anerkennung ihrer Staatlichkeit. Alles gut, also? Bonner General-Anzeiger

Abbas schadet der arabischen Revolution In Kairo kursieren schwarze Listen, die „Feinde der Revolution“ benennen. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas müsste einen Platz weit oben auf einer solchen Liste haben, denn sein Vorhaben, beim UN-Sicherheitsrat die Mitgliedschaft Palästinas als Staat zu beantragen, wird die arabischen Revolutionen zurückwerfen. Berliner Zeitung

Entschlossen Amerikanische und europäische Drohungen können Mahmud Abbas nicht mehr schrecken. Der 76 Jahre alte palästinensische Politiker sucht die offene Konfrontation mit Amerika. FAZ

Schuldenkrise

Wie in einem schlechten Film Die Euro-Krise steuert auf ihren dramatischen Höhepunkt zu, die Retter werden ihrer Rolle nicht gerecht. Die Katastrophe ist so gut wie unvermeidlich. Financial Times Deutschland

Zu den Waffen Die Zuversicht des Internationalen Währungsfonds gründet allein in der Hoffnung auf das Wohlverhalten aller Euro-Regierungen. Solche Hoffnungen haben schon seit Beginn des Euro getrogen. FAZ

Rezessions-Menetekel Zunächst war es nur eine Krise im amerikanischen Hypothekensektor, dann weitete sie sich zur Bankenkrise aus, und zuletzt hatte sich auch die Konjunktur angesteckt. Die Welt stürzte in eine tiefe Rezession. Alle Brandmauern zwischen den Sektoren waren niedergerissen, weil über die Transmissionskanäle der Finanzmärkte – Börsen und Banken – immer mehr Akteure in Mitleidenschaft gezogen wurden. Das war in den Jahren 2008/2009. Börsen-Zeitung

Euro-Schwäche schlimmer als 2008 Anleger sollten die neue Schwäche des Euro zum Dollar besser nicht unterschätzen. Eine Krise vergleichbar mit der Lehman-Pleite vor drei Jahren zeichnet sich ab. Wirtschaftswoche

Inflationsangst lähmt die Weltretter Wer kann den globalen Abschwung stoppen? Der IWF warnt vor einem „verlorenen Jahrzehnt“. Große Hoffnung ruht auf der US-Notenbank, die weitere Billionen in die Wirtschaft pumpen soll. Doch neue Inflationsdaten sprechen dagegen – und die Warnung einer Geldhüterlegende. Manager-Magazin

Griechen müssen mehr sparen Griechenlands Regierung soll drastische Sparmaßnahmen planen. Massenentlassungen werden befürchtet. Eine Ratingagentur rechnet fest mit der Pleite des Landes, Portugal fürchtet sich davor. FAZ

Euro-Kontrolleure machen Griechen Mut Die Verhandlungen in Athen um weitere Kredithilfe werden nun doch fortgesetzt. Voraussetzung dafür sind Tausende Entlassungen, Kürzungen und neue Steuern. ZEIT

Portugal wappnet sich für griechische Pleite Die Troika aus EZB, IWF und EU-Kommission signalisiert Griechenland zwar ein mögliches Entgegenkommen. Doch der portugiesische Ministerpräsident Pedro Passos Coelho bereitet sich lieber auf eine Staatspleite vor. Handelsblatt

Bahn

Schluss mit Schweigen Jeder fünfte Fernzug in Deutschland kommt zu spät – das hat die Bahn nun offiziell mitgeteilt. Sie will künftig regelmäßig Pünktlichkeitsstatistiken veröffentlichen und damit die jahrelange Geheimniskrämerei beenden. Doch wird sich das Unternehmen nicht nur an seinem Willen zu mehr Transparenz messen lassen müssen. Süddeutsche Zeitung

Ehrlicher warten mit der Bahn Schluss mit der Geheimniskrämerei bei der Deutschen Bahn: Seit gestern kann jeder, der es will, auf der Internetseite des Unternehmens nachlesen, wie pünktlich oder genauer wie unpünktlich die Züge tatsächlich fahren. Berliner Zeitung

Ein schlauer Zug Es war eine Charmeoffensive der Bahn. Und ein Gegenschlag zugleich. Lausitzer Rundschau

Urteil im U-Bahn-Schläger-Prozess

Dieses Urteil ist kein Fall von „Kuscheljustiz“ Das Gericht hat ein klares Urteil für den Berliner U-Bahn-Schläger Torben P. gefällt. Dabei hat es sich nicht nur von den brutalen Bildern leiten lassen. Die Welt

Ein Fall für alle In der Osternacht trat Torben P. in Berlin einen jungen Handwerker beinahe zu Tode. Der Prozess ist abgeschlossen und endet für den Täter mit der Aussicht auf offenen Vollzug. Was die Haftstrafe für einen U-Bahn-Schläger bedeutet. FAZ

Eine brutale Tat, ein richtiges Urteil Diese Bilder vergisst man nicht: Ein junger Mann schlägt einem anderen in einer U-Bahn-Station ins Gesicht. Der stürzt zu Boden. Dann hebt der Täter den Fuß, holt aus, um dem Opfer auf den Kopf zu treten. Mehrmals, immer wieder. Berliner Morgenpost

Aus einem Monster wurde ein Mensch Trotz der Macht der Bilder und der Flut der Gefühle – das Urteil gegen Torben P. ist angemessen ausgefallen. Einige Rätsel bleiben trotzdem ungelöst. ZEIT

…one more thing!

ANC vor der Entscheidungsschlacht Die südafrikanische Regierungspartei treibt der Spaltung entgegen. Nur vordergründig ist der Jugendfunktionär Julius Malema der Hauptakteur. Frankfurter Rundschau

Leitartikel

Wahlen in Krisenzeiten Über allen Wahlen dieser Legislaturperiode hing eine Dunstglocke aus Unzufriedenheit. Keine verbreitete auch nur den Anflug von Musik und Optimismus. Die flüchtigen Großwetterlagen haben aus Wählern, Parteien und Parlamenten launige Veranstalter einer „Stimmungsdemokratie“ gemacht. FAZ

Spar Partei Deutschlands Schwarz-Gelb taumelt am Abgrund: Für die Sozialdemokraten ist die derzeitige Lage komfortabel. Die Forderungen namhafter SPD-Politiker nach Neuwahlen sind dennoch übermütig. Denn Gabriel und den Seinen könnte der Wunschpartner abhanden kommen und für soziale Wohltaten ist kein Geld da. Deshalb hat die SPD guten Grund, der Merkel-Regierung dankbar zu sein für jeden weiteren Tag, den sie im Amt bleibt. Süddeutsche Zeitung

Schwache Konkurrenz Die SPD wirkt nach außen solide, einig und geschlossen. Es sind vor allem Sekundärtugenden, mit denen sie punktet. Doch die nächsten Wahlen hat sie noch lange nicht gewonnen. Frankfurter Rundschau

Wowereit sollte die Piraten einbinden Für Rot-Grün wird es eng. Doch es gibt in Berlin eine deutliche Mehrheit links der Mitte, schreibt Stephan-Andreas Casdorff in seinem Kontrapunkt. Wenn Klaus Wowereit stabil regieren will, dann sollte er den Piraten gezielt Verantwortung übertragen. Tagesspiegel

Gerechtes Urteil Wenn Staaten wackeln, Banken ihren Ruf verlieren, zeigen alle auf die Ratingagenturen. Sie sind die Unheilskünder.Aber sie sind nur die Überbringer der schlechten Botschaft. Europa braucht keine Ratingrichter, die miese Politik vertuschen. BILD

Silvio herabstufen! Wie sollen die Märkte einer Regierung vertrauen, deren Premier ständig durch Skandale auffällt? AZ München

Ressource des Glaubens Eine Gesellschaft, die sich ganz auf das Multikulturelle verlegt, verliert den Sinn für das Einzigartige. Die Religion ist ihr blinder Fleck. Dabei kann sie großzügiger und nachhaltiger wirken als der Forder- und Förderüberbau unserer Zeit Die Welt

Realität holt Lufthansa ein Für die Branche ist die Gewinnwarnung ein Schock. Die Fluglinie steht im Vergleich zu den Wettbewerbern noch gut da – verdunkelt haben sich die Aussichten vor allem für die kleineren Anbieter. Financial Times Deutschland

Are We Going to Roll Up Our Sleeves or Limp On? Our country faces a big choice right now. We can either have a hard decade or a bad century. New York Times

Rick Perry’s Mission Aggie yell leader. Texas governor. Onetime Democrat. Since launching his campaign for President, Rick Perry has turned the Republican Party upside down. Can he win over the Tea Party without making independent voters cringe? TIME

Politics takes priority in Obama’s deficit plan During his first two years in office, President Obama treated deficit reduction mostly as a pesky afterthought, but then he got religion after the 2010 election shellacking that gave Republicans control of the House. USA Today

Don’t raise taxes on ‚job creators‘ USA Today