Flüchtlingsdebatte, Grüne, Buchmesse, Bildungsstudie, Tabakrichtlinie & Bistum Limburg

Schaukampf um die Schwachen Schockiert sind alle, aber aktiv werden sollen die anderen: Die EU-Innenminister debattieren über das Flüchtlingsdrama vor Lampedusa und die Frage, wer wie viele syrische Flüchtlinge aufnehmen soll. Vorschläge wie die Vergabe von „humanitären Visa“ gibt es genug, aber Entscheidungen fallen woanders. Süddeutsche Zeitung

Die falsche Angst vor „Sozialtourismus“ Bundesinnenminister Friedrich poltert gegen Armutseinwanderer. Dabei sieht eine EU-Studie darin kein Problem für die deutschen Sozialkassen. Und auch Ökonomen verstehen nicht, warum die Politik plötzlich Alarm schlägt. Handelsblatt

Riexinger nennt Friedrich Hassprediger Bernd Riexinger hat Bundesinnenminister Friedrich als Hassprediger bezeichnet. Grund sind dessen jüngste Äußerungen über Armutswanderung in Europa. Berliner Zeitung

Flucht und Pflicht Man kann auf die EU schimpfen und langfristige Lösungen fordern. Aber jetzt geht es um schnelle Hilfe für Flüchtlinge. Frankfurter Rundschau

„Nein, geh nicht!“ 2011 kam der Ghanaer Johnson Takyi auf Lampedusa an, heute lebt er in Berlin. Obwohl er seinem Bruder abriet, wollte der ihm folgen – und ertrank. taz

Europa verweigert Schutz und Hilfe Die Abwehr von Flüchtlingen mit ihren katastrophalen Folgen wie jetzt vor Lampedusa ist die zynische Konsequenz daraus, dass die EU außenpolitisch versagt. ZEIT

Repression ist der sichere Weg in den Tod Strengere Grenzkontrollen, wie sie überall in Europa gefordert werden, würden die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Katastrophe wie die von Lampedusa nicht verringern, sondern vergrößern. Echte Lösungen müssten über eine Lockerung in der europäischen Asylpolitik gefunden werden. De Morgen Brüssel

Die überforderte Insel Die Hoffnungen der Insel Lampedusa ruhen auf der Politik: Die Koalition in Rom streitet über ein neues Asylrecht. Ministerpräsident Letta will das bestehende Gesetz gegen illegale Einwanderung kippen. FAZ

Entwicklungshilfe kürzen, Eigenverantwortung stärken Die EU-Innenminister können sich nicht zu einer Reform des Asylsystems durchringen. Doch das ist ohnehin zweitrangig. Das Problem muss endlich an der Wurzel angefasst werden, in Afrika. Und zwar von den Afrikanern selbst. Tagesspiegel

Grüne

Zaghaft in die Zukunft Vorsichtige Erneuerung an der Grünen-Spitze: Katrin Göring-Eckardt, die für den missglückten Wahlkampf mitverantwortlich ist, darf an prominenter Stelle weitermachen – als Fraktionschefin im Bundestag. An ihrer Seite in der Doppelspitze steht Anton Hofreiter. Für ein wenig Neues. Süddeutsche Zeitung

Wie immer links Mit der Wahl ihrer beiden Fraktionssprecher treten die Grünen im Bundestag auf der Stelle. Nur eines ist damit geklärt: Den Platz der FDP überlassen sie CDU und CSU. FAZ

Die Siegerverliererin Katrin Göring-Eckardt war für den enttäuschenden Wahlkampf der Grünen verantwortlich. Dass sie Fraktionschefin bleibt, ist ihrem ausgeprägten Machtinstinkt zu verdanken. ZEIT

Die grüne Merkel Sie sei vor allem Sozialpolitikerin, sagte Katrin Göring-Eckhardt, um sich von ihrer mittelstandsnahen Konkurrenz nach links abzusetzen. Gemeinsamkeiten hat sie vor allem mit einer anderen Frau: Der Kanzlerin. Tagesspiegel

Salto statt Selbstkritik Katrin Goering Eckardt wird die kommenden zwei Jahre die Bundestagsfraktion der Grünen anführen. Der misslungene Wahlkampf, für den sie mitverantwortlich war, scheint vergessen. Berliner Zeitung

Frankfurter Buchmesse

Kein Samba, kein Fußball – dafür Papier Das Buchmesse-Gastland Brasilien hat einen unspektakulären Pavillon. Aber es besitzt Autoren, die überzeugt sind, dass ihre Literatur die Welt verbessern kann. FAZ

Die Literatur hat ihre Macht verloren In den 70er-Jahren gab es Bücher, über die die ganze Welt sprach. Heute ist davon nicht mehr viel geblieben. Lesen ist wieder Privatsache geworden, zum inneren Dialog zwischen dem Buch und dem Leser. Die Welt

Der Duft der Bücher Jaja, dieser Sinnlichkeitsfetisch des Buchobjekts mit Lesebändchen, erlesener Typografie und liebevoller Gestaltung ist heillos altbacken und verschroben bis zum Kitsch. Und doch gibt es Verleger und Leser, die genau das wollen. Berliner Zeitung

Der Geist lässt sich nicht so leicht vom Geld dominieren Wie jedes Jahr zur Eröffnung der Buchmesse seit es Amazon gibt wird über die Krise des Buchhandels gejammert. Dennoch erscheint viel Geistreiches – analog ebenso wie digital. Tagesspiegel

Das Internet trifft Verlage doppelt Mehr E-Books, Internetanbieter und Selbstverleger: Die Buchbranche befindet sich in einem Umbruch. Entspannt sein kann momentan nur der Leser – der bekommt mehr Auswahl. FAZ

Das Prinzip von Tante Emma Wer die Welt besser machen will, könnte beim Bücherkauf anfangen Badische Zeitung

Bildungsstudie

Vergessene Verlierer Ein Fünftel der Erwachsenen in Deutschland liegt beim Lesen auf dem Niveau eines Zehnjährigen. Nach dem Pisa-Schock vor zwölf Jahren hat sich in den Schulen zwar einiges zum Positiven gewendet. Die riesige Gruppe der älteren Bildungsverlierer wurde aber sträflich vernachlässigt. Süddeutsche Zeitung

Bildungszwerge Das Land der Dichter und Denker kommt nicht vom Fleck, allen Sonntagsreden zum Trotz, die meinen, Bildung sei unser einziger nachhaltiger Rohstoff und solle doch gefördert werden. Dass zu wenig passiert, wurde manchem nach dem ersten Pisa-Schock im Jahr 2001 und vielen folgenden Rankings klar, bei denen deutsche Schüler im Vergleich zu ihren Kollegen in anderen Ländern schlecht abschnitten. Bonner General-Anzeiger

Die großen Gleichmacher von der OECD Erst untersuchte die Organisation das Wissen von Schülern für die PISA-Studie, jetzt waren die Erwachsenen dran. Das Ziel der Funktionäre ist immer dasselbe: Am Ende sollen alle Menschen gleich sein. Die Welt

Mehr Bildung für alle In diesen Tagen strömen die Abiturientenmassen, die der Abitur-Doppeljahrgang in NRW ausgespuckt hat, an die Universitäten. WAZ

Die Lehre für die Bildungsrepublik Wird nicht derzeit Deutschland als Wirtschaftslokomotive Europas auf der ganzen Welt beneidet? Doch solch gleichgültige Selbstzufriedenheit ist gefährlich. Augsburger Allgemeine

Defizite des Schulsystems prägen lebenslang Auch die Bildungsstudie für Erwachsene der OECD zeigt: In kaum einem Land hängt der Bildungsstand so stark vom sozialen Hintergrund ab wie hierzulande. Die Defizite unseres Schulsystems bügeln sich auch nicht aus. Sie sind lebenslang prägend. Kölner Stadt-Anzeiger

Vom Schock zum Schulterzucken Wer in der Schule scheitert, kann das Versäumte später kaum nachholen. In Deutschland herrscht Gleichgültigkeit statt Gleichheit, dafür sorgt schon die Union. taz

Tabakrichtlinie

Zwangsbeglücker mit erhobenem Zeigefinger Rauchen tötet und belastet das Gesundheitssystem, doch der Staat verdient gut an dem Desaster. Er kassiert die Tabaksteuer, will den Rauchern nun aber gleichzeitig mit Schockbildern zu Leibe rücken – ein Widerspruch in sich. Süddeutsche Zeitung

Tabakverbot light Das Abschrecken vor Tabakprodukten kostet Arbeitsplätze – aber nicht nur in der Zigarettenindustrie, sondern vor allem auf europäischen Krebsstationen. Berliner Zeitung

Ausgequalmt In den Raucherkabinen des Europäischen Parlamentes herrschte nach der Entscheidung über das Paket gegen Tabakkonsum dichtes Gedränge. Das ist das Problem: Man entscheidet über ein Gesundheitsrisiko erster Güte und geht doch davon aus, selbst niemals von den Folgen betroffen zu werden. Bonner General-Anzeiger

Blau, grün, rot Schockfotos werden bald auf alle Zigarettenschachteln gedruckt. Wie die Industrie dagegen vorging, war plump. Aber ihre Argumente sind deshalb nicht falsch. FAZ

Tabak – Sucht und Tradition Europa-Abgeordnete stellen klar: Wenn jemand heute für das Produkt Tabak eine Zulassung haben wollte, würde man ihn vor die Tür setzen. WAZ

Der Lobby getrotzt Die EU-Tabakrichtlinie hat am Dienstag eine wichtige Hürde genommen. Bald wird es wohl große Schockbilder auf Zigarettenpackungen geben. Die Industrie muss sich das gefallen lassen – ihr Produkt ist gefährlich. Tagesspiegel

Bistum Limburg

Hilf deinem Knecht, o du mein Gott Der Bau des Bischofshauses auf Limburgs Domberg hat alle Kostenvoranschläge gesprengt. Die Position von Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst wird immer schwieriger. FAZ

Ein Haus voll Luxus schauet Das Lied „Ein Haus voll Glorie“ hat Benedikt XVI. einmal als seinen Ohrwurm bezeichnet. Es handelt allerdings nicht von umstrittenen Prunkbauten wie dem des Limburger Bischofs Tebartz-van Elst. Bei diesem Kirchenmann fühlen sich die Gläubigen immer weniger geborgen. Süddeutsche Zeitung

„Der Bischof ist entweder ein raffinierter Betrüger oder krank“ Die 31 Millionen Euro für den Wohn- und Dienstsitz des Limburger Bischofs Tebartz-van Elst stammen vor allem aus dem Vermögen des Bischöflichen Stuhls. Der Vermögensverwaltungsrat Jochen Riebel, einst Leiter der hessischen Staatskanzlei, kritisiert den Bischof im Interview sehr direkt. FAZ

„Er ist nicht mehr haltbar“ Mit heftigen Worten reagieren Kirchenvertreter auf die Kostenexplosion beim Bau des Limburger Bischofssitzes. Offen fordern einige den Rücktritt von Tebartz-van Elst. Die Katholiken verweisen dabei auf die Bescheidenheit von Papst Franziskus. SPIEGEL

…one more thing!

Das Phantom, das Masse in die Welt brachte Die Favoriten für den Physik-Nobelpreis haben gewonnen: Der Schotte Peter Higgs und der Belgier François Englert haben vor bald fünfzig Jahren die Existenz des Masse-Teilchens vorhergesagt. FAZ

Leitartikel

Das Ende von Europa Eine wütende Bürgermeisterin, trauernde Flüchtlinge und eine Horde von Reportern: Wer die Insel Lampedusa in diesen Tagen besucht, erlebt Menschen zwischen Schockstarre und Überforderung. Süddeutsche Zeitung

Oberster Oberbayer Horst Seehofer hat’s allen gezeigt: Nach vielen Tiefen in seinem Leben ist er mit 64 Jahren auf dem Gipfel der Macht AZ München

Afghanische Erzählungen Die Bundeswehr ist aus Kundus abgezogen, Ende 2014 verlässt die Nato das Land. Das Militär hat gute Arbeit geleistet. Doch die Politik hat ihre Chancen nicht genutzt: Es bleibt ungewiss, wie die Geschichte Afghanistans fortgeschrieben wird Die Welt

Warum dürfen Deutsche keine Uniform tragen? Die türkische Stadt Trabzon ist Drehkreuz für den Afghanistan-Abzug der Bundeswehr. Angeblich herrscht Uniform-Verbot für Deutsche! BILD

Einfach weniger Demokratie Reich und autoritär: So sieht der ideale Ausrichter von großen Sportereignissen aus. „Mehr Demokratie“ schafft einfach nur Probleme. Willkommen in Qatar! FAZ

Janet Yellen tritt Bernankes Erbe an US-Präsident Barack Obama setzt auf Kontinuität: Er hat sich entschieden, die aktuelle Nummer zwei in der US-Notenbank an die Spitze zu berufen. Janet Yellen steht geldpolitisch für eine Fortsetzung des lockeren Kurses. Handelsblatt

U.S. Fringe Festival What if Ted Cruz & Co. were to succeed in the shutdown showdown? New York Times

Uphold direct campaign donation limits Our view: Supreme Court had it right in its 1976 ruling. USA Today

Strike aggregate limits Opposing view: Campaign-finance law restricting total donations flies in the face of free speech. USA Today