NSU-Prozess, Euro, EADS, East Side Gallery & Ostern

Die Richter im NSU-Prozess haben nichts begriffen Der Prozess gegen den Nationalsozialistischen Untergrund beginnt erst im April. Bereits jetzt ist klar: Moralisch hat der Staat schon verloren ZEIT

„Es muss Vertreter türkischer Medien im Gerichtssaal geben“ Im April wird er beginnen, über die Vergabe der Plätze im NSU-Prozess wird weiterhin heftig diskutiert. Im SZ-Interview spricht Barbara John, Ombudsfrau für die Hinterbliebenen der Opfer des Neonazi-Terrors, über die Ungeheuerlichkeit der Taten, Raumnot im Gerichtssaal und ihre Hoffnung auf Antworten. Süddeutsche Zeitung

Absolut inakzeptabel Die türkische Zeitung „Hürriyet“ hat sich am ersten Tag der Akkreditierung angemeldet – erfolglos. Die Handlungsweise des OLG München ist nicht nachvollziehbar. taz

Deutschlands Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel Kein Platz für den türkischen Botschafter – und für türkische Journalisten auch nicht: Drei Wochen vor Beginn des NSU-Prozesses schüren die Münchener Richter Misstrauen zwischen Türken und Deutschen. Es droht ein Schaden, der weit über die Grenzen ungeschickter Pressearbeit hinausgeht. Tagesspiegel

Das Handtuch-Syndrom Nach dem Staatsversagen bei der Aufklärung jetzt auch noch ein Justizversagen bei der Ahndung der Morde? Nein, der Streit um reservierte Plätze im NSU-Prozess ist keine Staatsaffäre Tagesspiegel

Die Justiz blamiert sich Es gibt genug Beispiele, wie mit internationalem Presseandrang umzugehen wäre. Dass das ausgerechnet beim NSU-Prozess nicht gelingen soll, ist peinlich. taz

Strafrechtler für Übertragung in anderen Saal Wegen großen Medieninteresses fordern Strafrechtler eine Übertragung des NSU-Prozesses in andere Gerichtssäle. Denn viele sind sich einige: Bedenken wegen Gesetzesverstößen gäbe es nicht. FAZ

Prinzipienreiter auf hohem Ross Was haben der Streit um den Ausschluss vieler Medien beim NSU-Prozess vor dem Landgericht München und der Skandal um den erneuten Abriss von Mauersegmenten der East Side Gallery gemeinsam? Einiges. Beide Konflikte waren lange vorhersehbar Märkische Oderzeitung

So könnte die Lösung aussehen Bleiben türkische Medien aus dem Gerichtssaal ausgesperrt? Auch die Bundesregierung reagiert mit Unverständnis auf das Verhalten der Münchener Richter. Der Deutsche Anwaltsverein zeigt einen Ausweg auf. Stuttgarter Zeitung

Euro

Sündenbock Deutschland Im Zuge des Zypern-Debakels wird Deutschland wieder einmal „Hegemoniestreben“ vorgeworfen. Berlin steht am Pranger, weil es auf Reformen besteht. Schönes Europa, in dem die Ressentiments blühen! FAZ

„So unbeliebt war Deutschland seit Jahrzehnten nicht“ In Europa ist Deutschland derzeit nicht überall beliebt. Das liegt nach Ansicht mehrerer SPD-Politiker am Auftreten von Bundeskanzlerin Merkel. Doch bei ihrer Kritik ziehen die Politiker eine klare Grenze. Handelsblatt

Deutschlands Image, Merkels Beitrag Merkel mit Hitler-Bärtchen, Merkel als Domina: Wie viel Schuld trägt die Kanzlerin daran, dass das Bild der Deutschen in den Euro-Krisenländern so schlecht ist? ZEIT

Was Vertrauen kostet Zehn Milliarden Euro bekommt Zypern, ein kleiner Betrag angesichts der enormen Summen, die an anderer Stelle in Europa schon für Rettungspakete mobilisiert wurden. Aber das schwindende Vertrauen in den europäischen Gemeinsinn droht noch viel teurer zu werden Tagesspiegel

Finger weg! Brüssel spielt mit dem Feuer. Bei allem Verständnis für die zyprische Lösung – die staatliche Einlagensicherung für Summen bis zu 100 000 Euro macht alle höheren Guthaben nicht zur Verfügungsmasse, aus der sich Bankensanierer bedienen können. Bonner General-Anzeiger

Mut zur Wahrheit Für die Euro-Krise gibt es kein Patentrezept. Doch wer Dauerhilfen will, und auch wer sie vergeben will, muss offen sagen, wer die Zeche zahlen soll. BILD

„Wir zogen einen Euro-Austritt ernsthaft in Betracht“ Der zyprische Außenminister Ioannis Kasoulidis vermisst europäische Solidarität. Im Interview spricht er über ernsthafte Gedanken zum Austritt aus der Eurozone und die Zukunft des Landes. FAZ

Tusk deutet Referendum über Euro-Beitritt an Der polnische Ministerpräsident kommt Kritikern entgegen: Donald Tusk brachte eine Volksabstimmung über die Einführung des Euro ins Spiel. Umfragen sehen eine Mehrheit für die Beibehaltung des Zloty. FAZ

Sicheres Geld Viele Menschen glauben immer noch, eine Bank sei ein Ort, an dem die Einlagen der Kunden in einem sicheren Tresor aufbewahrt werden. Sie irren sich, wie Zypern anschaulich zeigt. FAZ

„Die Kunden sehen, wie wertvoll ein deutsches Konto ist“ Thorsten Reitmeyer spricht über die Sorgen deutscher Sparer nach der Zypern-Enteignung, den Wettbewerb mit der eigenen Mutter Commerzbank, die Gefahren der Inflation und warum sich Apple an Comdirect verschlucken würde. Handelsblatt

Kann die Spieltheorie die Probleme der Eurozone lösen und das iranische Atomprogramm aufhalten? Automatisierte Finanzmärkte, Investmentbanken oder Hedgefonds benutzen spieltheoretische Modelle, um Entscheidungen bei der Euro-Krise zu treffen und Prognosen über Konflikte zwischen Euro-Staaten vorherzusagen. Politiker halten das für eine Reaktion des „Marktes“ und spielen das Spiel mit. Aber die Regeln sind dafür nie gedacht gewesen. Eine Warnung. FAZ

EADS

Neues Kapital für EADS Mit der Neuordnung von EADS ist der Einfluss der Regierungen deutlich beschränkt. Die Bundesregierung muss sich fragen lassen, warum sie für ihre Anteile 3 Milliarden Euro an Steuergeldern ausgegeben hat. Bei geringeren Anteilen hätte sie nicht weniger Rechte. FAZ

Plünderung durch Aktionäre Die Art, wie die ausscheidenden Firmen Daimler und Lagardère ausbezahlt werden, gibt zu denken. Frankfurter Rundschau

Luftfahrtkonzern wird flügge Aktionäre bewilligen den EADS-Umbau. Der Einfluss der Regierungen geht damit deutlich zurück. Frankfurter Rundschau

Künftig weniger Staatseinfluss Die Aktionäre des Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS bewilligten auf der Hauptversammlung in Amsterdam den Umbau des Konzerns. Durch die neue Eigentümerstruktur soll EADS künftig weniger abhängig von Berlin und Paris sein. Deutschlandfunk

East Side Gallery

Loch statt Lösung An der East Side Gallery zeigt sich die ganze organisierte Berliner Murksigkeit. Am wenigsten kann dafür der Investor. Tagesspiegel

Die Verteidigung der Leere Längst laufen den Akteuren von „Media Spree versenken!“ gemäßigte, liberale Berliner zu, die den Wert der Stadtbrachen erkennen. Der Kampf gegen die Bebauung des Areals verdankt seine Attraktivität der Verteidigung der räumlichen Leere gegen die Physik des Wachstums. Frankfurter Rundschau

Chaostage an der Berliner Mauer Wie Diebe in der Nacht schlichen sich Bauarbeiter an und demontierten vier Segmente der East Side Gallery. Damit überrumpelten sie die „Mauerschützer“ – die, im Nachgang, wieder protestieren wollen. stern

Berlin macht sich weltweit lächerlich Das ist jetzt die zweite Baustelle, mit der Berlin sich binnen kürzester Zeit blamiert. Erst der Flughafen, nun die East Side Gallery. Der jüngste Durchbruch ist der Höhepunkt eines peinlichen Schauspiels, das sich alle Beteiligten in den vergangenen Wochen geliefert haben. Berliner Zeitung

Ostern

Der Apostolische Palast bleibt dunkel Franziskus wendet sich von Prunksucht und autoritärem Gehabe ab. Gleichzeitig bleibt er vorerst den konkreten Vorgaben seines Vorgängers treu, der die Verweltlichung der Kirche kritisiert hatte. Die Welt

Reformgeist in der katholischen Kirche Ein nie da gewesener Akt der Öffnung: Papst Franziskus hat erlaubt, das Manuskript jener Rede zu publizieren, die er vor dem Konklave hielt. Darin übt er scharfe Kritik an der „kirchlichen Selbstbezogenheit“ und einem „theologischen Narzissmus“. Auch aus Deutschland werden die Rufe nach Reformen lauter. Süddeutsche Zeitung

Deutschland, ein gottloses Land Die Mitgliederzahlen und die gesellschaftliche Relevanz der Großkirchen schrumpfen, diesen Trend könnten nicht einmal weniger Austritte stoppen. Der Staat sollte sich nun auch den Muslimen öffnen. Die Welt

Recht auf Urlaub für den Glauben Über was reden wir hier eigentlich? Niemand stellt in Abrede, dass wir in Deutschland eine christlich-abendländische Tradition haben. Und sie gerät auch nicht ins Wanken, wenn Muslimen das Recht eingeräumt würde, beispielsweise am Zuckerfest freinehmen zu dürfen WAZ

Sinnvolles Verbot Die Bremer Bürgerschaft hat Mitte März das Tanzverbot am Karfreitag gekippt. Damit wurde der Charakter dieses stillen Feiertages in der Hansestadt unwiederbringlich entstellt. Dieser Weg ist ein Irrweg. Nordwest Zeitung

Von Ohren und Uhren Am Wochenende werden die Uhren vorgestellt. Was die Zeitumstellung mit dem Ostersonntag, mit Kindertheater und Wagner’schen Sängerkriegen zu tun hat, verrät diese Hasenkolumne. Tagesspiegel

…one more thing!

China stärkt die Rolle des Renminbi im Handel Die fünf größten Schwellenländer wollen eine gemeinsame Entwicklungsbank gründen. Zudem vereinbaren die Notenbanken von China und Brasilien einen Währungstausch. FAZ

Leitartikel

Vertagt Die Errichtung der neuen Weltordnung ist vertagt. Die fünf Länder, die sich als Aufsteiger der Weltpolitik sehen, sind sich nur dann einig, wenn es gilt, gegen etwas, vor allem gegen „den Westen“ zu sein. FAZ

Die Grünen werden zur bürgerlichen Linkspartei Die vom Erfolg verwöhnten Grünen stellen in den Ländern eine Schar von Ministern und Ministerpräsidenten. Hinter der Fassade jedoch lauern Denkverbote, Opportunismus und programmatische Erschöpfung. Die Welt

Wenn die Justiz sich verschanzt Trotzige Wagenburgmentalität bei der Münchner Justiz: Dass das Oberlandesgericht im Streit um die Plätze beim NSU-Prozess auf angeblich unumstößliche Akkreditierungsregeln verweist, ist nicht nachvollziehbar. Wer hätte es wohl beanstandet, wenn das Gericht vier oder fünf Presseplätze von vornherein für türkische Journalisten reserviert hätte? Süddeutsche Zeitung

Geht nicht, gibt’s nicht Die Münchner Justiz handelt korrekt – aber handelt sie auch richtig? Bei der Vorbereitung des NSU-Prozesses ist das Oberlandesgericht (OLG) vorsichtig und prüft jede Maßnahme peinlich genau. Das Gericht will verhindern, dass das Verfahren im Nachhinein wegen formaler Mängel angefochten werden kann. AZ München

Auch ohne juristischen Prozess ist Christian Wulff gestraft genug Wenn die Staatsanwaltschaft Hannover Ex-Bundespräsident Christian Wulff einen Deal – 20 000-Euro-Zahlung statt Prozess – anbietet, dann hat sie schlechte Karten. Sie möchte die Akte Wulff endlich schließen. Denn es reicht offenbar nicht für eine Verurteilung wegen Bestechlichkeit. BILD

Russlands Politik der Modernisierung ist vorbei Die Repressionen in Russland sind Teil eines neuen Patriotismus, der das Regime stabilisieren soll. Präsident Putin vergrault damit die Eliten. ZEIT

Constitutional Mob Rule in Hungary The institutional erosion in Budapest clearly violates the spirit of fundamental European values. Wall Street Journal