G8, Serbien, Griechenland, Amnesty International, EHEC-Erreger & Energiewende

Inszenierter Hochmut Wenn Staaten sich selber feiern, neigen sie zum Hochmut – wie man beim G8-Gipfel im französischen Deauville ganz hübsch beobachten kann. Vor allem die europäischen Staaten halten an dem überkommenen Format fest Frankfurter Rundschau

Steinmeiers Chance In Sachen Libyen hat Berlin im UN-Sicherheitsrat anders gestimmt als Washington, London und Paris. Die Entfremdung von den engsten Freunden ist mit Händen zu greifen. Das ist misslich für die Koalition – und eine Chance für die Opposition. FAZ

Regierungen wollen Mindeststandards im Internet Die G-8-Staaten konnten sich beim Gipfeltreffen in Deauville auf erste gemeinsame Prinzipien zum Umgang mit dem Internet einigen. Auch eine Unternehmerdelegation durfte Vorschläge machen. Stoff für Diskussionen gibt es aber weiterhin genug. FAZ

Die Kolonialherren des Internets Sarkozy und die G8 wollen sich das Internet Untertan machen. Die Ureinwohner sollten sich schnell wehren, sonst gibt es statt Mitbestimmung nur noch Konsum. ZEIT

Milliarden für den arabischen Frühling G8 und Weltbank wollen die jungen Demokratien in Ägypten und Tunesien mit mehreren Milliarden Euro unterstützen. Im Entwurf der Abschlusserklärung ist von „Frieden, Stabilität und Wohlstand“ für Nordafrika die Rede. Süddeutsche Zeitung

Kern-Fragen Der G8-Gipfel hat – je nach Sichtweise – bisher zwei Botschaften. Die schlechte Nachricht lautet: Für ein Umdenken in der Atomfrage gibt es keine Anzeichen. Im Gegenteil: Die Bundesrepublik steht mit ihren Überlegungen zur Energiewende weitgehend isoliert da. Bonner General-Anzeiger

Serbien

Der Bienenzüchter von Lazarevo Ratko Mladic genoss gerne die frische Landluft: Bis zu seiner Festnahme soll sich der ehemalige General in einem nordserbischen Dorf bei einem Cousin versteckt haben – einige Nachbarn wussten wohl, wer er ist. Von der erfolgreichen Kommandoaktion profitiert vor allem Präsident Boris Tadic. Süddeutsche Zeitung

Das Kalkül des Mörders ist zerstört Ratko Mladic befahl die Ermordung von etwa 8000 Bosniern. Das Verbrechen des Generals ragt aus den Untaten des Balkan-Krieges heraus. Mit seiner Verhaftung hat sich Serbien jetzt aus der Geiselhaft des Mörders befreit. Kölner Stadt-Anzeiger

Serbischer Befreiungsschlag Mehr als alle Haager Häftlinge kann der Stratege des Massakers von Srebrenica, Ratko Mladic, vor Gericht für Aufklärung sorgen – und für Versöhnung. Die Republik Serbien hat sich außerdem aus seiner Geiselhaft befreit. Frankfurter Rundschau

Ein guter Tag für Serbien Die Festnahme Ratko Mladics dokumentiert die Bereitschaft Belgrads, sich den dunklen Abschnitten der eigenen Vergangenheit zu stellen. Das kann freilich nur der Anfang sein. Die Festnahme war nicht eine Vorauszahlung, sondern eine serbische Bringschuld. FAZ

Serbien blickt nach Europa Tadic hat ein Hindernis auf dem Weg in die EU entfernt taz

Mladics Festnahme öffnet Serbien die Tür nach Europa Mit der Ergreifung des mutmaßlichen Kriegsverbrechers schließt Serbien ein dunkles Kapitel seiner Geschichte ab. Das wird Folgen für ganz Europa haben. Die EU steht vor einer neuen Erweiterungsrunde – sie sollte sich darauf vorbereiten. Financial Times Deutschland

Serbien vor der Tür Da haben sie bei der EU trotz aller Freudensprünge ein richtig großes Problem. Mit der Festnahme des Kriegsverbrechers Mladic erfüllt die Regierung in Belgrad eine immer wieder postulierte Vorbedingung für die Aufnahme Serbiens in die Staatengemeinschaft. Märkische Oderzeitung

Mladic‘ Festnahme, ein Erfolg europäischer Soft Power An der Verhaftung des Kriegsverbrechers Ratko Mladic zeigt sich, dass die EU als Ordnungsfaktor dann erfolgreich ist, wenn sie eine Beitrittsperspektive anbieten kann. Die Welt

Doppelte Freude Er war einer der Menschenschlächter auf dem Balkan in den jugoslawischen Nachfolgekriegen der 90er Jahre. Er war militärischer Exekutor der nationalistischen Vertreibungs- und Völkermord-Politik des Slobodan Milosevic. Bonner General-Anzeiger

„Ein bedeutender Tag für die Gerechtigkeit“ Nach 16 Jahren Flucht ist Ratko Mladic gefasst, jetzt soll er so schnell wie möglich an das UN-Kriegsverbrechertribunal ausgeliefert werden. Der Chefankläger ist endlich zufrieden mit der serbischen Regierung, lobende Worte kommen auch aus Deutschland. Mit Mladics Festnahme könnte der EU-Beitritt Serbiens näher rücken Süddeutsche Zeitung

Der Herr über den vieltausendfachen Tod Ratko Mladic hat das Kriegshandwerk in einer Armee gelernt, die Klammer eines Vielvölkerstaates war. Angewendet hat er seine Kenntnis als serbischer Nationalist. Portrait eines Mannes, der sich als großer Feldherr eines kleinen Volkes sah. FAZ

Griechenland

Pokern um Griechenlands Schicksal Europas Politiker erwägen eine „weiche Umschuldung“, die Zentralbanker sperren sich bemerkenswert hart dagegen. Der Zank könnte neue Krisen auslösen. Frankfurter Rundschau

Griechische Schnäppchen Glaubhafte Solidarität Europas sucht man nicht nur in der veröffentlichten Meinung vergebens. Auch viele europäische Staatschefs und Währungshüter wollen von Griechenlands Notlage profitieren. Berliner Zeitung

IWF-Kredit für Griechenland in Gefahr Der Internationale Währungsfonds wird möglicherweise die nächste Kredittranche an Griechenland nicht auszahlen. Das hat Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker angedeutet. Müssen jetzt die Europäer einspringen? FAZ

EU muss für IWF-Kredite einspringen Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker befürchtet, dass der IWF die nächste Kredittranche für Griechenland nicht auszahlen wird. In dem Fall müssten die Europäer entsprechend mehr zahlen. Die Märkte reagieren prompt. Handelsblatt

Finanzhilfe für Griechenland bröckelt Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker spricht vom Ausstieg des IWF aus den Krediten für Griechenland und schreckt damit die Märkte auf. Behielte er recht, müssten die Deutschen mehr zahlen. Süddeutsche Zeitung

50 Jahre Amnesty International

Licht einer Kerze Seit einem halben Jahrhundert pocht Amnesty International auf die Einhaltung der Menschenrechte, aber im Vergleich dazu war der unentwegte Versuch des Sisyphos, einen Felsblock einen Berg hinaufzuwälzen, ein nachgerade erfolgversprechendes Projekt. Berliner Zeitung

Die Macht der Vielen Es ist nur folgerichtig, dass der Bundespräsident heute persönlich zum Geburtstag gratuliert. Fünfzig Jahre sind keine lange Zeit, um aufzuschließen zu den großen klassischen Organisationen wie Parteien und Gewerkschaften. Mehr Mitglieder als FDP oder Grüne hat die deutsche ai-Sektion jedenfalls schon. Tagesspiegel

Ein enges Netzwerk für die Menschenrechte Ein Anlass zur Rückblende ist der 50. Geburtstag der Menschenrechtsorganisation Amnesty International ganz sicher; einer zum Zurücklehnen aber ist er nicht. Wenn Amnesty am heutigen Freitag in Berlin mit einem „Fest für die Menschenrechte“ und der Verleihung des Menschenrechts preises an die Anfänge im Jahr 1961 erinnert, werden auch Fragen nach der Zukunft gestellt. Lausitzer Rundschau

Das Licht in der Todeszelle Stuttgarter Zeitung

EHEC-Erreger

Die Wahnsinns-Gurken Es war die Gurke, die iberische. Kein Wunder, dass den norddeutschen Gemüsebauern die Gülle-Theorie über ihre Tomaten spanisch vorkam. Berliner Zeitung

Spanische Firmen wehren sich gegen Vorwürfe Die genaue Herkunft der verunreinigten Salatgurken scheint geklärt: Sie sollen von Unternehmen aus Málaga und Almería stammen – doch die Agrarbetriebe wehren sich. Die Gurken seien in Deutschland verunreinigt worden. Süddeutsche Zeitung

Der nächste Erreger Die nächste Lebensmittelkrise kommt bestimmt. Genau dies hatten Auguren in ihren düsteren Vorhersagen vor einigen Monaten während des letzten Skandals mit gepanschten Agrarprodukten prophezeit. Bonner General-Anzeiger

Kein Anlass zur Entwarnung Hamburgs Seuchenfahnder schienen gestern dem Land den Stoff der Erlösung zu liefern: Gurken haben die gefährlichen Ehec-Erkrankungen ausgelöst. Jetzt muss man sie nur eine Weile aus der Küche verbannen. Der Westen

Hygiene statt Hysterie Deutschland befindet sich im EHEC-Fieber. Von einer Epidemie wird da gesprochen, und sogar das düstere Wort Seuche findet sich in Schlagzeilen. Viele Menschen sind verunsichert und wagen es nicht mehr, Gemüse zu essen. Berliner Morgenpost

Keimfreie Illusion Die Menschen sollten sich die verdrängten Gefahren des Lebens ins Bewusstsein rufen. Mitteldeutsche Zeitung

Energiewende

Auf Partnersuche für die Energiewende Die Bundeskanzlerin soll schon vor den entscheidenden Beratungen der Koalition über einen Atomausstieg Einigungschancen mit der Opposition ausloten: Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung hat sich Angela Merkel mit den Spitzen von SPD und Grünen getroffen. Süddeutsche Zeitung

Wir rutschen Hals über Kopf in die Ökodiktatur Ist es möglich und richtig, die ganze Welt mit einer „Großen Transformation“ atom- und kohlefrei zu machen? Eine Warnung vor diesem jakobinischen Denken. Die Welt

Auf zum letzten Gefecht Das Gespenst der Öko-Diktatur: Vor der Regierungsentscheidung über den Atomausstieg kämpft die Energiebranche um ihr schmelzendes Kerngeschäft – mit markigen Worten. Süddeutsche Zeitung

Kampf den Horrorszenarien Und was kostet der Atomausstieg jetzt? Höllisch viel, sagen Politiker und Lobbyisten – und warnen Stromkunden eindringlich vor den Folgen. Klimaschützer halten jetzt mit neuen Studien dagegen: Demnach wird Ökostrom nicht teurer, sondern auf lange Sicht sogar billiger. Süddeutsche Zeitung

Verneigung vor dem Volk Erstaunlich zügig beschließt die Schweiz den Atomausstieg – und lässt sich mit der Umsetzung Zeit. Süddeutsche Zeitung

Preise gucken Das Kartellamt hat die Benzinpreise an den Tankstellen untersucht. Der Aufschrei ist groß. Aber ist es wirklich ein Zeichen für fehlenden Wettbewerb, wenn Tankstellen die Preise der Konkurrenten beobachten? FAZ

Die verlogene Debatte um den Benzinpreis Richtig ist, dass die großen Fünf den Benzinmarkt in Deutschland dominieren. Wer daraus den Schluss zieht, sie allein seien schuld daran, dass Tanken teuer ist, liegt falsch Augsburger Allgemeine

…one more thing!

Bedrohung durch die hohe Anzahl von Naturkatastrophen? Die wachsende Last der Naturkatastrophenschäden können die Rückversicherer nicht allein stemmen. Neben alternativen Formen des Risikotransfers wie Katastrophenbonds und Wetterderivaten bedarf es einer Kooperation mit Wissenschaftlern, Erstversicherern, Politik und Wirtschaft. Auch Versicherungsnehmer sind gefragt. Financial Times Deutschland

Leitartikel

Die Weltveränderer von Stuttgart Kretschmanns Pläne zeugen von einem am langfristigen Machterhalt orientierten Denken. Der SPD kommt eine tragische Rolle zu: Sie darf viel politisches Schwarzbrot kauen und wird von den grünen Weltveränderern als Kraft von gestern verhöhnt. FAZ

Die Grünen brauchen Joschka Fischer – aber nicht als Kanzler Na klar, ein Überflieger ist Joschka Fischer. Eine Art Beckenbauer der deutschen Politik. Einer, der alles kann. Auch Kanzler. Aber so einfach ist es nicht. Tagesspiegel

Schubumkehr in Nahost Aus den arabischen Demokratiebewegungen spricht der Wunsch nach einer eigenen Zukunft. Die Provokationen an der israelischen Grenze führen zurück zur Vergangenheit. Palästina ist nicht der Schlüssel – nicht mehr … Die Welt

Die Kraft des Zorns von unten Amnesty hat in 50 Jahren die Idee der Freiheit in alle Welt getragen. Gewiss, politische Verfolgung existiert fort. Die Menschenrechte als Anspruch aber sind heute unumkehrbar. Frankfurter Rundschau

Medicare and Mediscares Paul Ryan had reason to be upset after a Democrat won Tuesday’s election in New York’s 26th Congressional District. He’s experienced quite a comedown. New York Times

Welcome to the Anthropocene Humans have changed the way the world works. Now they have to change the way they think about it, too Economist

Israel and the Palestinians Through the Looking Glass The myths that underpin the failure of American policy in the Middle East. Mother Jones

Obama undercuts Israel Is this genuine antipathy or the arrogance of a blundering amateur? Washington Post