ESM-Entscheidung, Haushaltsdebatte, NSU-Affäre, Rentendebatte & Deutsche Bank

Der Deutschland-Achter Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts entscheidet an diesem Mittwoch über den ESM und den Fiskalpakt. Kaum je war die Last wie auch die Macht dieser acht Richter größer. FAZ

Eine Bank jenseits deutscher Gerichte Gauweilers Eilantrag wurde befeuert von nahezu narzistischem Überschwang. Denn de facto forderte er die Europäische Zentralbank auf, sich seiner Sicht der Dinge zu beugen. Dabei ist die EZB eine übernationale Institution – unabhängig von nationalen Regierungen und Parlamenten. Von den obersten deutschen Gerichten kann das Handeln der Bank gar nicht kontrolliert werden. Süddeutsche Zeitung

Kein gutes Omen aus Karlsruhe In Gauweilers Eilantrag war das Grundproblem nicht nur der Eurorettung, sondern Europas genau markiert. Eventuell hat gestern nicht nur der CSU-Politiker Peter Gauweiler vor dem Bundesverfassungsgericht verloren, sondern die Demokratie in Europa. Frankfurter Rundschau

Im Geiste Alexis de Tocqueville Peter Gauweiler ist einer der Kläger gegen den Rettungsschirm. Der Christsoziale und wohlbestallte Jurist sieht in Europa eine geistige Grundlage, aber er will sich von Brüssel nicht sagen lassen, was er als deutscher Abgeordneter zu entscheiden hat. Stuttgarter Zeitung

Den Überblick behalten Der Bundestag kann selbstverständlich deutlich machen, dass uns die gemeinsame Währung viel wert ist. Er muss nur selbst die Kontrolle behalten. Und genau daran darf ein Verfassungsgericht erinnern. FAZ

Die Faust & Mephisto AG Wenn der Staat pleite ist, hilft die Notenpresse. Faust und Mephisto haben dafür extra das Papiergeld erfunden. Und die Tragödie nahm ihren Lauf. Über die Aktualität eines Dramas von 1832. FAZ

Der große Preis Die Deutschen wollten die EU und den Euro. Jetzt müssen sie sich fragen, was und wie viel sie dafür zahlen wollen. Aber wie auch immer das Bundesverfassungsgericht entscheidet: Es gibt kein Zurück FAZ

„Draghis kluge Entscheidung hält Euro-Zone zusammen“ Zehn Jahre nach Beginn der Agenda 2010 zieht der Altkanzler eine Bilanz seiner tiefgreifenden Reformen. Schröder kritisiert seine Nachfolgerin für mangelnden Veränderungswillen – und lobt EZB-Chef Mario Draghi. Handelsblatt

Die Eurozone wertet Europa ab Seit Monaten erwägen Griechen und Deutsche die Möglichkeit, Athen könne aus dem Euro austreten. Doch diese Diskussion unterstellt, dass es außerhalb der gemeinsamen Währung gar keine EU gibt. Eine solche Einstellung begünstigt Spaltung und gegenseitige Verachtung, wie der griechische Autor Petros Markaris ausführt. Ta Nea Athen

Haushaltsdebatte

„Deutschland ist für viele Staaten in Europa ein Vorbild“ Bundesfinanzminister Schäuble sieht Deutschland für einen kommenden Konjunkturabschwung gut gerüstet. Die Opposition kritisierte den von ihm eingebrachten Haushaltsentwurf. Die Regierung spare nicht, sondern surfe „auf der Konjunkturwelle“. FAZ

Finanzminister Schäuble hat seine Chance vertan Wolfgang Schäuble hätte früher sparen und konsolidieren können. Er tat es nicht, sondern ruhte sich auf dem wirtschaftlichen Erfolg aus. Die Quittung dafür kommt mit dem nächsten Abschwung. Die Welt

Schäuble singt das Hohelied des Haushalts In der Haushaltsdebatte erklärt der Finanzminister, wie grandios hierzulande doch trotz Euro-Krise alles läuft. Weil seine Zahlen gut aussehen, kann die Opposition nur poltern – und sofort nach dem Ende der Sommerpause den Wahlkampf eröffnen. Süddeutsche Zeitung

Ein wenig Glückssache Eine weiter sinkende Neuverschuldung hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) den Deutschen zum Auftakt der Haushaltsdebatte 2013 versprochen. Knapp 19 Mrd. Euro sollen es im nächsten Jahr noch sein. 2016 will der Bund überhaupt keine neuen Schulden mehr machen. Die Schuldenbremse will Schäuble schon 2013 und damit drei Jahre früher als nötig einhalten. So weit die Planung. Börsen-Zeitung

Wir Krisengewinnler Es klingt verrückt, ist aber so: Deutschland ist momentan der große Nutznießer der Eurokrise. Weil unser Land im Gegensatz zu anderen Euroländern als sicherer Hafen gilt, leihen uns Anleger ihr Geld zu Mini-Zinsen oder verzichten sogar ganz auf eine Rendite. Märkische Allgemeine

Germany’s Unsustainable Growth Austerity Now, Stagnation Later Foreign Affairs

NSU-Affäre

Der Abgrund zwischen den Aktendeckeln Schon im Wehrdienst fiel die rechtsextreme Gesinnung des späteren Terroristen Mundlos auf. Erfahren hat das der NSU-Untersuchungsausschuss erst jetzt und nur auf Umwegen. FAZ

Nichts gelernt, nichts gesagt Allein der Versuch des Militärischen Abschirmdienstes, den Neonazi Uwe Mundlos anzuwerben, ist noch nicht so erschütternd. Dennoch ist die Empörung der Abgeordneten völlig berechtigt. Die Affäre zeigt einmal mehr: Die Behörden haben noch immer nichts gelernt aus ihrem Versagen. Süddeutsche Zeitung

Der Hochmut des MAD Der Neonazi-Untersuchungsausschuss leistete vorzügliche Arbeit. Wenn der militärische Abschirmdienst (MAD) dem Ausschuss Informationen verheimlicht, wie die Existenz einer Akte über den NSU-Terroristen Uwe Mundlos, dann zeugt das von Hochmut. Financial Times Deutschland

Berechtigte Empörung Die Mitglieder des NSU-Untersuchungsausschusses im Bundestag sind zu Recht empört darüber, dass ihnen seit Monaten ei- ne Akte vorenthalten wurde, aus der hervorgeht, dass der Militärische Abschirmdienst (MAD) schon Mitte der 90er Jahre Kontakt zu dem späteren NSU-Terroristen Uwe Mundlos hatte und offenbar auch versuchte, ihn als In- formanten zu gewinnen. Märkische Allgemeine

Geheimdienst wollte Neonazi Mundlos anwerben Seit März soll dem Militärischen Abschirmdienst bekannt gewesen sein, dass er in den Neunzigern eine Akte über den NSU-Terroristen Uwe Mundlos geführt hatte. Dem Untersuchungsausschuss des Bundestages verriet man davon nichts. Nach SZ-Informationen wollte der Militärgeheimdienst Mundlos sogar als Informanten anwerben – erfolglos. Die Abgeordneten sind entsetzt. Süddeutsche Zeitung

Rentendebatte

Die strahlende Ministerin In der Rentendebatte gibt die Arbeitsministerin den Ton an. Nebenbei hat sie eine Debatte über Mindestlöhne angefacht, die sie befürwortet. Die FDP wird an den Rand gedrängt – auch das kommt Ursula von der Leyen gelegen. FAZ

Bloß kein Renten-Geschacher Gut, dass die Politik die Altersarmut angeht. Doch statt sich mit teuren Rentenversprechen zu überbieten, sollte sie das System verbessern ZEIT

Die Union verfolgt bei der Rentenpolitik einen falschen Kurs Für eine anständige Rente braucht es anständige Arbeit, meint der ehemalige Arbeitsminister Norbert Blüm – und nicht die Zuschussrente von Ursula von der Leyen. Tagesspiegel

Kfz-Meister gegen Pflegerin Die Vorschläge für die Aufstockung von Kleinrenten berühren heikle Gerechtigkeitsfragen. Das „Verhetzungspotenzial“ ist groß. taz

Deutsche Bank

Mannschaftsspiel Zu Ackermanns Zeiten waren Pressekonferenzen der Deutschen Bank eine Ein-Mann-Show. Seine Nachfolger lassen auch andere zu Wort kommen. Von einem Kulturwandel ist die Rede. FAZ

Tempomacher Jain und Vaterfigur Fitschen Die neue Doppelspitze will die Deutsche Bank sympathischer und gesellschaftsfähiger machen. Doch das Drei-Jahres-Programm ist extrem ehrgeizig, ein großer Stellenabbau unumgänglich. Die Welt

Reue zeigen im Sinne des Geschäfts Rund um den Globus reden Banker plötzlich davon, der Allgemeinheit dienen zu wollen. Auch die Chefs der Deutschen Bank, Anshu Jain und Jürgen Fitschen. Seit sie die Geschicke des Geldhauses übernommen haben, bringen sie ein Thema immer wieder auf die Agenda: die Kultur der Bankbranche, die für die meisten Menschen eine Unkultur ist. Nur: Wer sagt eigentlich, dass die beiden die richtigen Männer sind, um etwas zu ändern? Süddeutsche Zeitung

Mit sich selbst beschäftigt Die Deutsche Bank kreist vor allem um sich selbst. Die neue Strategie ist ungenügend. Denn nur wenn Banker sich trauen, neue Pfade zu gehen, beginnt ein echter Kulturwandel. Frankfurter Rundschau

Besinnungstage Das ging schnell: Kaum drei Monate nach dem Abschied von Josef Ackermann veranstalten seine Nachfolger eine Kulturrevolution bei der Deutschen Bank. Tagesspiegel

Deutsche Bank schafft interne „Bad Bank“ Nach 100 Tagen im Amt reden Anshu Jain und Jürgen Fitschen Klartext. Die Deutsche Bank wird umgebaut. Riskante Wertpapiere, von denen sich das Institut in den nächsten Jahren trennen will, werden in eine eigene Bad Bank ausgelagert. Zudem verabschiedet sich die Bank endgültig von Ackermanns umstrittenem 25-Prozent-Renditeziel. FAZ

Die kluge Vorsicht der neuen Deutsche-Bank-Chefs Überrascht hat nur die Gründung einer Bad Bank – vielleicht waren die Spekulationen über Kulturwandel und Visionen bei der Deutschen Bank auch einfach überdreht. Mit ihrer Strategie der kleinen Schritte liegen die beiden Co-Chefs nicht nur richtig, sie bereiten auch Jains Alleinregentschaft vor. Financial Times Deutschland

…one more thing!

Unruhige Zeiten in Kanada Die frankophonen Separatisten streben nach Unabhängigkeit und Privilegien. Dessen sind die Anglophonen zunehmend überdrüssig. Frankfurter Rundschau

Leitartikel

Scheu wie ein Reh Währungen reagieren sosensibel wie scheue Tiere. Geld ist nichts wert ohne Vertrauenin seine Sicherheit. Doch daswird durch die Beschlüsse der Europäischen Zentralbankmehr und mehr verspielt Die Welt

Unvorstellbar Bei Deutschlands „Schlapphüten“ darf man sich inzwischen alles vorstellen – nur eben nichts, was dem Schutz der Bundesrepublik und dem der zehn Opfer des NSU diente. FAZ

Die Spar-Lüge Es ist wie beim Wettlauf zwischen Hase und Igel: Ganz gleich, wie viel Steuern der Staat einnimmt – er gibt immer noch mehr aus. BILD

Öko-Tanken stinkt auch In der Politik scheint ein Umdenken einzusetzen, wie der Verkehr umweltfreundlicher wird. Sollte die EU-Kommission Subventionen für Biodiesel ab 2020 streichen, wäre das eine überfällige Kehrtwende. Financial Times Deutschland

Die blockierte Zukunft Es gibt es viele gute Gründe, die gesellschaftliche Dynamik der letzten Jahre nicht nur aus der Perspektive des Versagens, der Erstarrung und des Zerfalls zu betrachten. Frankfurter Rundschau

Das ungerechte System Aus Selbstzufriedenheit verspielen wir das wichtigste Gut. Über die aktuelle Bildungsstudie. AZ München

Die EU hat ein effizientes Energiespargesetz erlassen Von der Energiesparrichtlinie der EU profitieren Verbraucher und Wirtschaft zugleich – obwohl die Liberalen den Kern des Gesetzes aufgeweicht haben. Tagesspiegel

Vergessen Sie das Häuschen, kaufen Sie Aktien! Immobilien sind sicher. Aktien sind riskant. Das meinen viele Deutsche. Ein Denkfehler. Statt überteuerte Preise für Häuser zu zahlen, sollten Anleger nach Immobilienaktien schauen. Wir zeigen, worauf Sie achten sollten. Handelsblatt

In China We (Don’t) Trust When there is trust in society, sustainable innovation happens. China is beginning to see the fruits of a little bit of that trust. New York Times

Fight the Taliban with Afghan culture Reframe the inside threats as violating traditions of honor. USA Today