Papstrücktritt, Gysi, europäische Wasserversorgung & atomare Abrüstung

Stellvertreter Gottes a. D. Dieser Rücktritt sprengt eine zweitausendjährige Tradition, er sprengt das Selbstverständnis des katholischen Papsttums. Überall sonst aber hat Benedikt XVI. an den Ketten der Tradition nicht gerührt, da und dort hat er diese Ketten sogar verstärkt. Die Kirche war selten so reformbedürftig wie am Ende des Pontifikats von Papst Benedikt. Süddeutsche Zeitung

In jüngere Hände Joseph Ratzingers Bedeutung als Theologe ist über jeden Zweifel erhaben. Zu seiner Vorstellung von Pflichterfüllung gehört, dass er die Verantwortung in einer Zeit schwerer Prüfungen in jüngere Hände legen will. FAZ

Dieser Abgang ist groß, tragisch – und schön In einem der kühnsten Akte der Kirchengeschichte tritt Josef Ratzinger als Papst zurück. Damit endet das vielleicht letzte Kapitel einer kompromisslosen, dem Zeitgeist widerstehenden Kirche. Die Welt

Er will kein Chaos hinterlassen Der Tod von Johannes Paul II. vor den Augen aller wurde zu einem bewegenden Fest der katholischen Kirche. Der Amtsverzicht seines Nachfolgers Benedikts XVI bricht nun aber kein Tabu: Ein Vergleich und eine Würdigung FAZ

Papst Benedikt XVI. verabschiedet sich in großer Demut Wir sind Papst? Eine Illusion. Die große Bühne, die Begeisterung von Menschenmassen war nicht die Stärke von Papst Benedikt XVI. Gerade deutsche Hoffnungen hat Joseph Ratzinger enttäuscht. Als Mann der Ökumene, als christlicher Einheitsstifter hat er sich nie verstanden. WAZ

Ein Papst, kein Vater Morgens geht die Sonne auf, abends geht sie unter – und ein Papst tritt nicht zurück. Zumindest letztere Gewissheit, die einige Jahrhunderte lang gehalten hat, gilt seit Montag nicht mehr. Dass Papst Benedikt XVI. sein Amt aus Altersgründen abgeben will, ist ein Ereignis von welthistorischem Ausmaß, eine große, fast einzigartige Geste. Bonner General-Anzeiger

Ein honoriger Schritt Nicht überraschend, aber sensationell. Der Rücktritt von Benedikt XVI. ist ein kirchengeschichtliches Jahrtausend-Ereignis. Bisher hat nur ein einziger seiner Vorgänger zu Lebzeiten auf sein Amt verzichtet — im Jahr 1294. Kölner Stadt-Anzeiger

Die Probleme der katholischen Kirche bleiben Benedikt XVI. lässt mit seinem ungewöhnlichen Rücktrittsentscheid eine Kirche zurück, die von Reformen weiter entfernt ist als bei seinem Amtsantritt. NZZ

„Die Kirche braucht jetzt einen Reformpapst“ Mit dem Rücktritt von Benedikt XVI. geht ein eher rückwärtsgewandtes Pontifikat zu Ende. Die Katholische Kirche braucht jetzt einen Reformpapst, der Brücken baut – in der eigenen Kirche und in die Gesellschaft hinein. Handelsblatt

Wer wird Benedikts Nachfolger? Zwei Kandidaten aus Afrika, einer aus Kanada, ein Italiener: Mögliche Nachfolger von Benedikt XVI. gibt es genug. Es könnte auch eine Überraschung geben. ZEIT

Blitzeinschlag im Petersom „Diese Nachricht schlug ein wie ein Blitz!“ So oder so ähnlich kommentierten viele Beobachter die Nachricht vom angekündigten Rücktritt des Heiligen Vaters. Bei einem Unwetter am Montag kam es gegen Abend tatsächlich zu einem Blitzeinschlag. Rheinische Post

Der Mitarbeiter der Wahrheit 2005 wurde Joseph Ratzinger zum ersten deutschen Papst seit fast 500 Jahren gewählt. Als Theologe hatte er Kritik nicht gescheut. Und auch als Papst konnte Benedikt XVI. noch Freund und Feind verwirren. FAZ

Geh voran, weiter voran Ich erinnere mich noch an das Wehklagen vieler nach seiner Wahl zum Papst: stockkonservativ, bewahrend, reformfeindlich sei er. Doch dieser Papst war aufwieglerisch und systemverändernd Tagesspiegel

Zu „modern“ für Gottes Statthalter Mit seiner Amtsaufgabe entzaubert Joseph Ratzinger ein wichtiges Ritual. Die katholische Kirche wird sich davon nicht so schnell erholen. taz

Noch schlimmer als erwartet Reaktionärer als Papst Benedikt XVI. kann man sich kaum äußern. Egal zu welchem Thema. Gut, dass der Mann jetzt endlich geht. taz

Benedikt XVI. ist ein Leiser im Lauten Der Intellekt war sein Zuhause. Seine Reden entfalteten einen spirituellen Kosmos. Sie waren nicht laut, aber wirkungsvoll. Und doch ist Papst Benedikt XVI. auch eine tragische Figur. Eine, die fehlen wird. Tagesspiegel

Ein kleines Rom in Bayern Die Volksfrömmigkeit seiner Heimat hat Papst Benedikt geprägt. Das ländliche Bayern seiner Kindheit und Jugend empfand er nicht als Enge, sondern als Weite. FAZ

„Wie soll das gehen? Ein Papst im Ruhestand!“ Im Interview gesteht Kardinal Meisner, dass ihn der Rücktritt Benedikts XVI. schockiert. Dennoch kann er Verständnis für die Entscheidung des Papstes finden. Enttäuscht ist der Kardinal von den Deutschen, zu oft sei der Papst in seiner Heimat belächelt worden. Berliner Zeitung

Frau Heindl ist derdätscht Als sein Bruder zum Papst gewählt wurde, war er perplex. Nach dem Rücktritt des Pontifex wirkt nur die Haushälterin von Georg Ratzinger geschockt. Der Papstbruder aus Regensburg will dagegen seit Monaten von Benedikts Rückzugsplänen gewusst haben. Süddeutsche Zeitung

Was das Kirchenrecht zum Rücktritt besagt Unter den 265 offiziell anerkannten Nachfolgern des Apostels Petrus hat es bislang erst einen Papst gegeben, der zurückgetreten ist – im Jahr 1294. Heute regelt das Kirchengesetzbuch die Demission. Rheinische Post

Wie bei Coelestin V. Coelestin V. trat im Jahr 1294 als bislang einziger Pontifex zurück, weil er gegen seinen Willen gewählt worden war. Er fühlte sich machtlos gegen die Korruption in der Kurie und reichte seine Dimission ein. Bonner General-Anzeiger

The Pope leaves a tainted legacy Benedict XVI is a militant culture warrior Financial Times

Benedict XVI’s Resignation Plan Was the Best-Kept Secret in Rome A longtime observer of Vatican affairs talks about Monday’s big announcement. The Atlantic

Gysi

Linke schart sich um Gysi Gregor Gysi „Die Vorwürfe sind substanzlos“: Die Linke stellt sich voller Solidarität hinter ihren Spitzenmann Gregor Gysi. Die Partei erhebt ihrerseits schwere Vorwürfe gegen den Vorsitzenden des Immunitätsausschusses des Bundestags – einen CDU-Mann. Süddeutsche Zeitung

Im Rechtsstaat gegen den Linken Bereits seit letztem Jahr befassen sich die Ermittler erneut mit Gregor Gysi und den IM-Vorwürfen gegen ihn. Über seine Stasikontakte wird immer wieder gestritten – womöglich nutzt ihm das aber sogar. Tagesspiegel

Rhetorik des Verdachts Gysi wird seit 20 Jahren beschuldigt, in diesem nebeligen Raum die Orientierung verloren zu haben, Mandanten verraten und der Stasi zugearbeitet zu haben. Der Immunitätsausschuss des Bundestages befand 1998, dass Gysi Zuträger der Stasi war. Dieser Beschluss wird seitdem oft gegen ihn ins Feld geführt. taz

Gysi unter Verdacht Es ist eine unendliche Geschichte: Gregor Gysi, die Stasi, Gerüchte und Gerichte. Mit konstanter Regelmäßigkeit kommen Berichte über neue Vorwürfe gegen den Linken-Spitzenmann ausgerechnet in Wahlkampfzeiten hoch. Märkische Allgemeine

Gysi, der streitbare Grenzgänger Die Kontakte zur DDR-Spitze waren zahlreich, auch mit der Stasi sprach Gregor Gysi. Viele sehen im einstigen Dissidentenanwalt einen Spitzel, doch er weiß sich zu wehren. ZEIT

Die EU und das Wasser

Europa bewegt also doch Von einer fehlenden europäischen Öffentlichkeit ist gern die Rede, wenn es um die Zukunft der Europäischen Union geht. Die Bürgerinitiative „Wasser ist ein Menschenrecht“, die sich gegen die Privatisierung kommunaler Wasserbetriebe engagiert, hat nun das Gegenteil bewiesen. Frankfurter Rundschau

Eine Million Bürger protestieren gegen Brüssels Wasserpläne Sie könnte die erste erfolgreiche Bürgerinitiative in der EU werden: Die Kampagne „Right2water“ wehrt sich gegen die Privatisierung der Wasserversorgung. Drängt die EU tatsächlich heimlich kommunale Versorger ins Abseits? Fakten, Forderungen und Argumente im Überblick. Süddeutsche Zeitung

Eine Million für freies Wasser Die europäische Kommission arbeitet an der Privatisierung der Wasserzugänge. Jetzt meldet sich eine europaweite Bürgerinitiative mit einer Million Unterstützern zu Wort. taz

USA kündigen Abbau des Atomwaffenarsenals an

Obama steht seit dem Friedensnobelpreis im Wort US-Präsident Obama kündigt den Abbau von Atomwaffen an. Für die neuen, asymmetrischen Kriege gibt es längst bessere Technologie. Nukleare Gefahr geht inzwischen von anderen Staaten aus. Die Welt

Obama, der aggressive Präsident Barack Obama will in seiner zweiten Amtszeit gewichtige Reformen durchsetzen. Doch er hat nur wenig Zeit. Die nächsten Kongresswahlen sind schon Ende 2014. Am Dienstag hält er die wohl wichtiges Rede dieser Amtszeit, seine „State of the Union“-Ansprache werde aggressiv sein, streuen seine Berater. Frankfurter Rundschau

Nordkorea testet Atombombe – Obama verurteilt Provokation Das Regime macht seine Drohung wahr: Nordkorea testet einen nuklearen Sprengsatz mit bis zu sieben Kilotonnen. US-Geologen messen ein Erdbeben der Stärke 4,9. Die Nachbarländer sind in Alarmbereitschaft, US-Präsident Obama verlangt eine „glaubwürdige internationale Reaktion“. Der UN-Sicherheitsrat trifft sich zu einer Dringlichkeitssitzung. Süddeutsche Zeitung

Kim Jong-Un stellt den Westen bloß Nordkorea hat einen „erfolgreichen“ Atomtest unternommen. Er sei „Teil von Maßnahmen zum Schutz nationaler Sicherheit“. Der Rest der Welt sieht das anders – bis auf China. Verliert Nordkorea seinen letzten Verbündeten? Handelsblatt

…one more thing!

Kuba und Venezuela – kranke Siamesische Zwillinge Die Kubaner wählen einmal mehr genau das, was sie sollen. Trotz zaghafter Öffnung des Landes hat die Demokratie ihren Namen nicht verdient. Man bleibt beim utopischen Sozialismus des 21. Jahrhunderts. Die Welt

Leitartikel

Rücktritt als Chance Benedikt XVI. wird als gelehrter, aber schwacher und weltabgewandter Papst in die Annalen eingehen. Geschichte schreibt er vor allem mit seinem spektakulären Abgang. Frankfurter Rundschau

Gewissen der Kirche Als Johannes Paul II. starb, war er das Gewissen der Welt. Papst Benedikt XVI. wurde zum Gewissen seiner Kirche. FAZ

Wir sind Mensch! Es ist ein Jahrtausend-Ereignis. Beinahe mag man sagen, ein Wunder. Mit Benedikt XVI. räumt zum ersten Mal seit 719 Jahren ein Papst freiwillig den Stuhl Petri. Er ist wie aus heiterem Himmel zurückgetreten, ist plötzlich nicht mehr der Stellvertreter Gottes auf Erden. Und geht in eine Art Rente, fast so wie unsereins. BILD

Kampf mit der VergangenheitWenn das Bekenntnis zu historischer Verantwortung gefragt ist, geht durch die Linke ein Riss. Es ist ein ewiger Kampf über das Verhältnis zur Vergangenheit. Unredlich aber ist der Vorwurf, in der PDS/Linkspartei gebe es kein Bewusstsein für historische Verantwortung. Süddeutsche Zeitung

Druck aus der Tiefe Früher oder später bedarf es einer klaren Regelung für das sogenannte Fracking. Doch der jetzige Zeitpunkt kann der Regierung nicht passen. Tagesspiegel

Berlinale in der Bärenfalle Im Fernsehen sieht es aus wie in jedem Jahr: Die Stars promenieren über den roten Teppich der Berliner Filmfestspiele. Doch das größte deutsche Festival hat ein ernsthaftes strukturelles Problem: den falschen Termin Die Welt

A rare sighting of good news in Europe The gloom that has haunted the region has lifted slightly Financial Times

The Latin America mistake Memo to Secretary Kerry: Stop funding the bad guys in Honduras Los Angeles Times

Immigrant Son Marco Rubio wants to sell the GOP on a path to citizenship for undocumented Americans. So why is his mom calling? TIME

The Return of Ruthless Richard III A brutal king comes back to life in a frenzy of forensic romance. Simon Schama looks back at the means Richard III used to create his rock-solid center of power and loyalty—that undid him in the end. NEWSWEEK