Euro-Rettung, Wahlrechtsaenderung, Syrien, Arbeitsmarkt, Nokia & Facebook

Mehr als eine Mehrheit: „Mir ist ein Stein vom Herzen gefallen“ Als die Kanzlermehrheit für den Euro-Rettungsfonds stand, machte sich bei Union und FDP Erleichterung breit. Die Einpeitscher der Fraktionen hatten erfolgreich gearbeitet. Und die Abweichler sprachen vor und klagten heimlich. FAZ

Kanzlermehrheit Angela Merkel hat bei der Abstimmung über den Rettungsfonds ihr Wunschergebnis erhalten. Ein Freibrief für eine Rettungsorgie ist es nicht. FAZ

Mehrheit fürs Weiterwursteln Mit großer Mehrheit haben sich die deutschen Volksvertreter fürs Weiterwursteln in der Staatsschuldenkrise entschieden. Denn weder der bisherige noch der jetzt vom Bundestag gebilligte Euro-Rettungsschirm EFSF werden die Schuldenkrise beenden. Börsen-Zeitung

Euro und Merkel gerettet Die Kanzlermehrheit sichert den Bestand von Schwarz-Gelb vorerst ebenso wie die Gemeinschaftswährung. Deshalb sollte auch Finanzminister Schäuble sein Spiel auf Zeit endlich beenden – und Klartext zu Hebeln und Risiken des Euro-Rettungsfonds reden. Financial Times Deutschland

Über viele Gipfel musst du gehn Der europäische Rettungsschirm EFSF hat am Donnerstag im Bundestag eine Mehrheit erhalten. Europa gerettet, Regierungskrise verhindert, Koalition gestärkt – alles gut also? Tagesspiegel

Nur eine Atempause für die Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel hat für sich, für Griechenland und für den Euro eine Atempause geschafft. Doch der mühsam errungene Erfolg dürfte nur von kurzer Dauer sein. Denn es stehen noch tiefer gehende Operationen an. Kölner Stadt-Anzeiger

Nutzt die gekaufte Zeit! Ein Nein zum ESFS hätte den Euroraum ins Wanken gebracht taz

Die Unsicherheit geht weiter Die ganze Bandbreite zwischen Grausamkeit und Glückseligkeit in der Politik zeigte sich am Donnerstag im Bundestag. Wochenlang hatte die Kanzlerin ein übermenschliches Programm absolviert, hatte Abgeordnete und Günther Jauch bis zur Erschöpfung umschmeichelt, musste sich von den Führern anderer großer Nationen maßregeln lassen und um ihre ohnehin klapprige Koalition fürchten. Berliner Morgenpost

Zweifel bleiben Aufatmen in Brüssel, Aufatmen in Berlin: Der Bundestag hat den Euro-Rettungsschirm gerettet, die Koalition sich selbst – vorerst. Vom Tisch sind damit weder die Währungs- noch die Regierungskrise. Aber eine akute Zuspitzung ist jeweils abgewendet. Märkische Allgemeine

Merkel kann es doch! Die Ausweitung des Rettungsschirms ist beschlossen, und das auch noch mit Kanzlermehrheit. Der Triumph des heutigen Tages geht auf Merkels Konto. ZEIT

Der verletzte Politiker Abgeordnete sind nur ihrem Gewissen verpflichtet. Das gilt auch für den CDU-Politiker Wolfgang Bosbach. Er stimmte gegen den Euro-Rettungsschirm – und nahm dafür Vorwürfe in Kauf, die „tief ins Persönliche gehen“. Handelsblatt

Merkels Mehrheit für einen Tag Kaum Abweichler, eine stille Kanzlerin, ein beleidigter Steinbrück. Die Euro-Abstimmung ist geschafft, die Sorgen bei Schwarz-Gelb bleiben. ZEIT

Der Pyrrhus-Sieg der Kanzlerin Vier Stimmen über den Durst bei der gestrigen Bundestagsabstimmung haben Angela Merkel wieder stabilisiert. Wirklich? Hängt das Wohl und Wehe von Schwarz-Gelb tatsächlich davon ab, ob die Mehrheit der Koalition 315 zu 290 oder nur 310 zu 290 beträgt, ob also die Kanzlermehrheit noch steht oder nur die eigene Mehrheit? Das ist Kokolores. Lausitzer Rundschau

Griechenland bleibt am Tropf und Merkel an der Macht Angela Merkel hat es geschafft: Die Kanzlerin überstand die mit Spannung erwartete Abstimmung über das Gesetz zum Euro-Rettungsschirm ohne Blessuren. Hilft die Entscheidung Griechenland? Oder vor allem dem Machterhalt der Kanzlerin? Der Westen

SPD soll sich für unwürdige Anzeige entschuldigen „Niemand hat die Absicht… „: Eine SPD-Anzeige rückt Kanzlerin Merkel in die Nähe von SED-Chef Walter Ulbricht. Unions-Politiker schimpfen die Aktion „unwürdig“, sie gehe an die Grenzen demokratischer Gepflogenheiten. Die SPD verteidigt sich – schließlich habe „niemand die Absicht“ gehabt… Süddeutsche Zeitung

Die Selbstgewissen Ein wesentliches Merkmal der Euro-Krise ist die Ungewissheit über die Lage. Ein wesentliches Merkmal der politischen Debatte über die Euro-Krise ist die Selbstgewissheit der Politiker. Berliner Zeitung

Spiel nicht mit den Ulbricht-Sätzen Wer glaubte, die deutschen Politiker hätten hinzugelernt, was historische Vergleiche betrifft, sieht sich getäuscht: Die SPD vergleicht in einer Anzeige Kanzlerin Merkel mit dem einstigen DDR-Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht – und schadet mit dieser blamablen Remineszenz nur sich selbst. Süddeutsche Zeitung

Verunsichert Die Politik kann in dieser Krise wenig aus der Vergangenheit lernen. Mitteldeutsche Zeitung

Bayern will im Bundesrat aufmucken Die Kanzlermehrheit bei der Zustimmung zum Euro-Rettungsschirm hat die Union nicht beruhigt: Wolfgang Bosbach denkt über einen Rückzug aus der Politik nach, Bayern will heute im Bundesrat rebellieren stern

Wahlrechtsänderung

Regierung drückt neues Wahlrecht durch Seit dem 30. Juni ist Deutschland ohne gültiges Wahlrecht – jetzt hat die Regierungskoalition im Bundestag ihren hoch umstrittenen Entwurf durchgesetzt. Doch der Streit um die Sitze im Parlament geht weiter: SPD und Grüne haben bereits angekündigt, in Karlsruhe klagen zu wollen. Süddeutsche Zeitung

Bundestag beschließt Wahlrechtsreform Bei der nächsten Bundestagswahl werden die Wählerstimmen in den einzelnen Ländern nicht mehr bundesweit verrechnet. SPD und Grüne haben aber bereits angekündigt, gegen das neue Wahlrecht vor dem Bundesverfassungsgericht zu klagen. FAZ

Warum das neue Wahlrecht eine Zumutung ist Drei Jahre hat das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber gegeben, um das alte und verfassungswidrige Wahlgesetz durch ein neues zu ersetzen. Lange nach Ablauf dieser Frist haben die Regierungsparteien jetzt ein Gesetz beschlossen, das nicht neu ist, sondern nur nachgewürzt – und immer noch verfassungswidrig. Süddeutsche Zeitung

Dank für das neue Wahlgesetz Der Unterschied zwischen dem alten und dem neuen Wahlgesetz ist nicht allgemein bekannt. Das neue Wahlgesetz, das das alte ablösen soll, ist ebenfalls grundgesetzwidrig, aber vom Bundesverfassungsgericht noch nicht für grundgesetzwidrig erklärt. Berliner Zeitung

Schwarz-Gelb beschließt neues Wahlrecht Mit den Stimmen der Regierungskoalition hat der Bundestag das Wahlgesetz geändert. Die Opposition spricht von einem „Anschlag auf die Demokratie“. ZEIT

Ein Fall für Karlsruhe Hurra, wir haben ein neues Wahlgesetz! Hurra? Zwar hat der Bundestag ein neues Wahlrecht beschlossen, aber nicht einstimmig, sondern mit knapper Mehrheit. Für die Akzeptanz ist das nicht gut. taz

Ein Fall für Karlsruhe Die Parteien im Bundestag haben sich in den letzten Jahrzehnten über alles Mögliche entzweit. In einem Punkt herrschte allerdings stets Konsens: beim Wahlrecht. Lausitzer Rundschau

Syrien

Die UN müssen mehr gegen Assad unternehmen Assad lässt Syrien im Chaos versinken, nur um seine Pfründe zu retten. Es ist eine Situation wie jene in Libyen im vergangenen Februar. Die Welt

Zu zahm gegen Syriens Despoten Seit gut sechs Monaten geht das jetzt schon so in Syrien. Mit brutaler Gewalt agiert das Regime von Präsident Baschar al-Assad gegen Zivilisten. Berliner Zeitung

Deckname Faten Eine syrische Familie flieht nach London ZEIT

Arbeitsmarkt

Am Arbeitsmarkt ist längst noch nicht alles gut Auf den ersten Blick ist Deutschland auf dem Weg in die Vollbeschäftigung. Doch betrachtet man die Zahlen genauer, ergibt ein anderes Bild. Die Welt

Vorsicht vor Illusionen Die Kunde vom deutschen Arbeitsmarkt ist zweifellos erfreulich: Zum ersten Mal sinkt die Zahl der arbeitslosen Hartz-IV-Empfänger unter die Zwei-Millionen-Grenze. Senkungen bei den Sozialversicherungsbeiträgen sollten aber Tabu sein. Financial Times Deutschland

Kein Zeitpunkt zum Sparen Kann sich der deutsche Arbeitsmarkt komplett von dem drohenden globalen Abschwung abkoppeln? Augsburger Allgemeine

(K)eine Frage der Quote Kaum zu glauben, aber wahr: Der Arbeitsmarkt trotzt allem Krisengerede. Die Erwerbslosigkeit in Brandenburg ist auf dem Niveau angekommen, das es vor dem Beginn der Deindustrialisierung gab. Märkische Oderzeitung

Zunftwächter vergraulen Fachkräfte Kaum jemand käme wohl auf die Idee, seine Putzfrau beim Einstellungsgespräch nach ihrem Hochschulabschluss zu fragen. Ein Fehler. Denn wer es tut, bekäme nicht selten eine überraschende Antwort. Berliner Zeitung

Begrüßungsworte auf Kroatisch Die Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen soll hierzulande erleichtert werden. Es stellt sich also Ernüchterung auf beiden Seiten ein: Deutschland wird in den Augen ausländischer Arbeitssuchender als das vermeintliche Hochlohnland entmystifiziert – und die hiesige Angst vor dem Jobklau durch Migranten verringert sich. Zeit wurde es. taz

Auf der Verliererstraße Mitten in der Finanzkrise, in Zeiten, in denen Ökonomen bereits den Absturz der Konjunktur in Euroland prophezeien, meldet die Bundesagentur für Arbeit Arbeitslosenzahlen, die so gut sind, wie seit 20 Jahren nicht mehr. Märkische Allegemeine

Nokia

Nokias Lehrstunde Erst vor gut drei Jahren musste Nokia viel Kritik einstecken, als der Handy-Riese die Produktion aus Bochum nach Rumänien verlegte. Jetzt macht auch das rumänische Werk dicht. Gesundsparen kann man sich eben nur, wenn man erfinderisch bleibt. Nokia hat das nicht geschafft, die deutsche Industrie schon. FAZ

Nokias Niedergang Nokia schließt Fabrik. Die Meldung dürfte bei so manchem in Bochum, und nicht nur dort, unangenehme Erinnerungen wecken. Gerade drei Jahre ist es her, dass die Finnen ihren Abzug aus dem Revier verkündeten und über 2300 Mitarbeiter in die Arbeitslosigkeit schickten. Rumänien hieß damals das gelobte Billiglohn-Land. Nun gucken sie auch dort in die Röhre – die Asiaten machen’s noch preiswerter. Der Westen

Wer zu spät kommt… Hochmut kann ein Unternehmen genauso zugrunde richten wie eine schlechte Führung oder Bürokratie. Nokia hatte lange Zeit mit allen diesen Problemen zu kämpfen – hinzu kam auch noch ein schreckliches Timing. Frankfurter Neue Presse

Facebook

Gesichtsverlust Facebook sammelt unsere Daten und behält sie für sich. Der deutsche Jurastudent Max Schrems hat sich nun dagegen gewehrt – und Facebook zu denkwürdigen Reaktionen provoziert. FAZ

Kampf gegen den Datensammler Facebook Initiative klagt gegen das Internetportal, weil es trotz Ankündigung persönliche Daten nicht löscht. Der Westen

Sammeln gegen das Vergessen Es ist heutzutage mühsam, all die Eckdaten seines Lebens, seine Erlebnisse und Freundschaften zusammenzuklauben. Aber dank Facebook weiß man auch in 30 oder mehr Jahren noch, was man wann genau mit wem gemacht hat. Tagesspiegel

Neue Vorwürfe gegen Facebook Offenbar werden beim sozialen Netzwerk Facebook Daten weiter gespeichert, nachdem sie von Nutzern längst gelöscht worden sind. Das Unternehmen weist den Vorwurf zurück, es gebe Datenschutzverletzungen. Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) mahnt zur Vorsicht. Rheinische Post

…one more thing!

„Wir sind in der tiefsten Krise der Europäischen Union“ Wie kann Europa den Kampf gegen die Schuldenkrise gewinnen? Nach Ansicht von EU-Kommissionspräsident Barroso reichen Rettungsfonds allein nicht aus: Im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung pocht er auf mehr Macht für Brüssel in der europäischen Wirtschaftspolitik – denn manche Mitgliedstaaten seien mit ihrer Verantwortung bislang eher schlampig umgegangen. Süddeutsche Zeitung

Leitartikel

Warum Merkel nur verlieren kann Meinung Die Kanzlerin hat viel zu lange gezögert, ihr Vizekanzler viel zu viel geplappert. Und dennoch: Wer die Politik zum alleinigen Buhmann für die verfahrene Situation in Europa macht, der irrt. Denn es gibt keine leichten Lösungen, auch Wirtschaft und Wissenschaft haben keine überzeugenden Konzepte. Doch Merkel & Co. tasten sich immerhin auf einem richtigen Weg voran. Süddeutsche Zeitung

Die Alternative Der Bundestag hat dem größeren Rettungsschirm mit Kanzlermehrheit zugestimmt. Das rettet zwar die Regierung, aber nicht den Euro. Anstatt dem Krisendfonds immer mehr Feuerkraft zu geben, sollten Europas Finanzinstitute rekapitalisiert werden. FAZ

Regierung übersteht Zerreißprobe Die Regierung Merkel ist bei der Abstimmung über den Euro-Rettungsschirm noch einmal davongekommen. Eine weitere Zerreißprobe wird diese ohnehin labile Koalition aber kaum überstehen. Kölner Stadt-Anzeiger

Dieses Mal muss es reichen Wenn die jetzt beschlossene, unvorstellbar große Summe nicht reicht – dann reicht wohl selbst das Doppelte und Dreifache nicht. BILD

Zukunft für das Sixpack Die EU darf auf dem Warschauer Gipfel nicht als lahme Ente erscheinen. Die ehemaligen Sowjetrepubliken brauchen einen starken Partner: Sonst droht Europa ein Syrien im Osten Die Welt

Nokias Kampf ums Überleben Nun erwischt es ausgerechnet auch Cluj. Nokia wird zum Jahresende in der rumänischen Stadt seine Handyfabrik schließen. Vor allem in Deutschland könnte jetzt Häme aufkommen. Schließlich hatte der finnische Konzern vor drei Jahren sein Montagewerk in Bochum dichtgemacht. Financial Times Deutschland

Be afraid Unless politicians act more boldly, the world economy will keep heading towards a black hole Economist

Phony Fear Factor Despite what Republican presidential candidates are saying, regulation and taxes are not responsible for America’s weak job growth. New York Times

I Can Find an Indicted Warlord. So Why Isn’t He in The Hague? Wherein I track Congolese war criminal Bosco Ntaganda to his lair—right next to the largest peacekeeping force in the world. Mother Jones

Land without peace Why Abbas went to the U.N. Washington Post