Merkel, Westerwelle, Libyen, Schulden-Krise & Irene

Kreativ im Kanzleramt Die Bundesregierung hat keinen Kompass. Mit dieser Enthüllung schockte Helmut Kohl soeben die Weltöffentlichkeit. Über das Vorhandensein von GPS-Handys äußerte er sich zwar nicht, behauptete aber, die Politik wisse wegen der fehlenden Orientierungstechnik nicht, „wo man steht und wo man hin will“. Das ist nun aber Blödsinn. Berliner Zeitung

Wacklige Mehrheit Es wird zum Schwur kommen. Wenn der Bundestag Ende September darüber abstimmt, ob die Mehrheit der deutschen Volksvertreter einen erweiterten Euro-Rettungsschirm mittragen kann, wird dies auch zu einer Abstimmung über die Zukunft der Regierung Merkel. Bonner General-Anzeiger

Für Merkel beginnt der Monat der Wahrheit Für Merkel beginnt der Monat der Wahrheit Sollte bei der Abstimmung über neue Euro-Hilfen keine eigene Mehrheit gelingen, ist Merkels Kanzlerschaft beendet. Rheinische Post

Beim Euro geht es auch um Merkel Wer sich die Regierung in Berlin ­anschaut, der sieht: Es läuft gut für die Opposition. Wer sich die Kanzlerin anguckt, kann die „Stones“, Steinbrück und Steinmeier, nur beglückwünschen. Die Liberalen hinterlassen den Betrachter rat- bis fassungslos. Der Westen

Merkels Mädchen Ursula von der Leyen sieht sich noch nicht am Ziel ihrer politischen Karriere. Derzeit wildert sie mit staatstragenden Beiträgen auf dem Gebiet der Finanzpolitik. Ihre Botschaft lautet: „Ich kann Kanzlerin.“ FAZ

Griechenlands Euro-Aus rückt plötzlich näher Die Koalition ringt immer hektischer um die Euro-Rettung, die CDU streitet über die Hilfspakete. Doch alle Mühe könnte vergebens sein: Der Ausstieg Griechenlands aus der Währungsunion ist kein Tabu mehr in Berlin. Wirtschaftswoche

Westerwelle

Gebuh und Gelächter für den großen Staatsschauspieler Guido Westerwelle kann machen, was er will – es ist falsch. Dabei wird der Minister ohne Fortune von politischen Gegnern und Parteifreunden schlechter geredet, als er ist: Der Außenminister ist zum Pechvogel im Kabinett Merkel geworden. Kein Wunder, dass Westerwelle in diesen Tagen gerne das Wort „Respekt“ verwendet. Weil er ihn sich selbst so sehr wünscht. Süddeutsche Zeitung

Mitgeschleppt Mitten in einer europäischen Krise und vor zwei Wahlen wechselt eine Regierungskoalition nur äußerst ungern ihren Außenminister aus – es könnte der Eindruck entstehen, seine Kritiker hätten recht. FAZ

„Kein Plan für Ablösung Westerwelles“ Dass Westerwelle nun doch den militärischen Beitrag der Nato bei der Einnahme von Tripolis anerkannt hat, ist auch eine Reaktion auf wachsende innerparteiliche Kritik. Aus der Parteiführung heißt es aber, sie habe nicht vor, Westerwelle sein Amt zu nehmen. FAZ

Minister auf Bewährung Die FDP gibt sich alle Mühe, die Personaldebatte um Westerwelle zu beenden. Trotzdem reißt die Kritik gegen den ehemaligen Parteichef auch in den eigenen Reihen nicht ab. Handelsblatt

Letzte Chance für Guido Westerwelle Als Außenminister der Zentralmacht Europas ist es nicht gut, auf verlorenem Posten zu stehen. Schon gar nicht als Außenminister einer Partei, die am Sitz der Bundesregierung, dem Land Berlin, drei Wochen vor der Abgeordnetenhauswahl in den Umfragen sogar von der Piratenpartei eingeholt zu werden droht. Berliner Morgenpost

Von außen Minister Von „Fall“ zu „Fall“, von Krise zu Krise: Guido Westerwelle bleibt eine Belastung für die deutsche Politik, findet Gerd Appenzeller. Es ist Zeit für einen Abgang. Tagesspiegel

Problemfall Westerwelle Jetzt läuft wieder eine Art öffentliche Therapiesitzung mit Guido Westerwelle. Sanft schieben sie ihn alle hin zu dem selbstverständlichen Satz, den er sich am Sonntag endlich rauszwingt. Lausitzer Rundschau

Ein langer Abschied Außenminister Guido Westerwelle tritt in Zeitlupe ab taz

„Ich führe, wie ich es für richtig halte“ Der FDP-Chef im Interview „Ich führe, wie ich es für richtig halte“ Der FDP-Vorsitzende hat Unterstützung für Außenminister Westerwelle signalisiert, zugleich aber darauf hingewiesen, dass alle Minister sich bewähren müssten. Rheinische Post

Libyen

Angst vor der neuen Zeit In der Altstadt von Tripolis stößt man nicht auf viel Begeisterung über die Revolution gegen Gaddafi. Dort herrscht die Sorge um das eigene Überleben – und der Ärger über die entbehrungsreiche Gegenwart. FAZ

Zum Glück Gaddafi ist zwar militärisch besiegt. Doch weder die Übergangsregierung noch die internationale Diplomatie können warten, bis endgültig klare Verhältnisse herrschen. Welch ein Glück für die europäischen Strategen, dass man sich in Benghasi nur eine arabisch-muslimische Truppe vorstellen kann. FAZ

Der hohe Preis der deutschen Enthaltung Demokratie ist kein Exportprodukt. Seit der Invasion von Bagdad und dem darauf folgenden Bürgerkrieg im Irak hat der Westen seine Lektion gelernt: Die Völker der arabischen Welt sind ihres eigenen Glückes Schmied. Die Libyer haben der Nato bewiesen, dass es richtig war, sich an ihre Seite zu stellen. Süddeutsche Zeitung

Syrien vor dem Dominoeffekt Syriens Präsident Assad ist nach Monaten der Gewalt da, wo er nie hinwollte: auf der Abschussliste. Selbst Iran spricht inzwischen von legitimen Forderungen der Demonstranten. Was Syrien jetzt am meisten schadet, ist Geduld. Süddeutsche Zeitung

An der Seite der Muslime Zum zehnten Jahrestag der Anschläge vom 11. September 2001 kann die westliche Welt ihren vielleicht größten Sieg im Kampf gegen den internationalen Terrorismus feiern. Dieser besteht nicht darin, dass nach Osama bin Laden nun weitere Kaida-Führer den Tod finden. Bonner General-Anzeiger

El Kaidas Erben Der amerikanische Geheimdienst meldet den Tod der Nummer zwei El Kaidas, Atiyah Abd al-Rahman. Der Zeitpunkt ist wohl nicht ganz zufällig gewählt. Anfang des Monats schossen die Taliban in Afghanistan einen US-Hubschrauber ab. 31 Soldaten starben Der Westen

Ready for Day One Meet the Libyan postwar planners who put the Bush administration’s Iraq team to shame. Foreign Policy

Libya and the Future of Humanitarian Intervention Qaddafi’s defeat at the hands of the Western-backed rebels was a triumph for Obama and the principle of humanitarian intervention — one that is, unfortunately, unlikely to be repeated any time soon. Foreign Affairs

Schulden-Krise

Lagardes Schuldenappell Die IWF-Chefin Lagarde verlangt nichts weniger, als die enorme öffentliche Verschuldung weiter in die Höhe zu treiben. Mit Ratgebern wie ihr ist der Schuldenkrise nicht beizukommen und der Wirtschaft nicht geholfen. FAZ

„Deutschland muss mehr Schulden machen“ Sparen hilft nicht weiter, warnt der Nobelpreisträger Joseph Stiglitz im F.A.S.-Gespräch. Der New Yorker Starökonom will lieber die Spekulanten und Reichen bestrafen. Dagegen sollen arme Menschen entlastet werden. FAZ

Das nächste Drama der Banken Auf einmal ist die große Angst zurück, dass Lehman sich wiederholt. Die Banken leihen einander kein Geld mehr. Und treiben damit die Politik sowie die Notenbanken in die Enge. FAZ

Notenbanken sollen’s richten Am Freitag haben die Akteure an den Weltfinanzmärkten den Atem angehalten. Was würde Ben Bernanke, Chairman der US-Zentralbank Federal Reserve, auf dem Treffen der Notenbanker im amerikanischen Ferienort Jackson Hole wohl mitzuteilen haben? Wenn man die Aufmerksamkeit berücksichtigt, die das Meeting auf sich zog, so könnte man meinen, das Treffen wäre nur zu einem einzigen Zweck eingerichtet worden: zur Rettungder Welt. Börsen-Zeitung

Ein Fest für die Marktwirtschaft Von der Krise lassen sich die Nobelpreisträger in Lindau nicht beirren. Die Elite der Wirtschaftswissenschaftler redet darüber, wie sie die Welt aus der Krise bringen will. Der Nobelpreis für die besten Lehren aus der Finanzkrise ist noch nicht vergeben. FAZ

„Volksabstimmung über Euro-Rettung“ Der Wirtschaftsweise ist gegen die Abschaffung der No-Bail-Out-Klausel. Er fordert: Die Bürger sollten über die Euro-Abstimmung abstimmen dürfen. Wirtschaftswoche

Die Schuldenkrise erlaubt eine neue Bürgerlichkeit Die Krise muss zu mehr Gemeinsinn führen. Der von den Finanzmärkten erzwungene Wandel ist eine Chance für mehr bürgerschaftliches Engagement. Von Michael Hüther mehr… Die Welt

Zentralbanken decken sich mit Gold ein Bei den Zentralbanken hat ein Umdenken eingesetzt. Statt Gold zu verkaufen, stehen sie nun am Markt als Käufer da. Das Edelmetall feiert ein Comeback als internationale Reservewährung. Handelsblatt

Irene über N.Y.C.

Die größte Gefahr für New York: der New Yorker selbst Die Bedrohung muss schon gewaltig sein, damit sich die chronisch undisziplinierten und ungehorsamen New Yorker an Vorschriften halten. Die Behörden hoffen, dass sie sich für den großen Tropensturm „Irene“ wappnen – denn wer der angeordneten Evakuierung nicht Folge leistet, dem kann im Ernstfall nicht mehr geholfen werden. Süddeutsche Zeitung

Im Auge des Sturms Die laute Stadt flüstert. Alles läuft wie in Zeitlupe. Schon jetzt ist klar, dass „Irene“ eher als Partygelegenheit denn als Katastrophe in die Geschichte eingehen wird. FAZ

„Stehe ich hier richtig an für die Apokalypse?“ Ein Bürgermeister, der alle Register zieht, um die Bewohner seiner Stadt sturmreif zu machen, Händler, die Batterien zu Rekordpreisen verkaufen und eine Rentnerin, die ihre Nachbarn mehr fürchtet als „Irene“: New York hat sich für einen gewaltigen Sturm gerüstet, doch der kam nicht. Eindrücke aus der Millionenmetropole. Süddeutsche Zeitung

Waren wir alle bloß hysterisch? Der Hurrikan Irene hat weitaus weniger Schaden angerichtet als angenommen. Waren die düsteren Warnungen, die Evakuierungen und die Hamsterkäufe also übertrieben? Politiker müssen sich nun rechtfertigen. Zu Unrecht. Handelsblatt

Aus „Katrina“ gelernt Gefährlich, aber keine Katastrophe: Tropensturm „Irene“ hat entlang der US-Ostküste weniger Zerstörung angerichtet als befürchtet. Auch dank der Sicherheitsmaßnahmen der Behörden, die aus dem Disaster nach Hurrikan „Katrina“ gelernt haben und beispiellos vorbereitet waren. Süddeutsche Zeitung

New York, das Faszinosum für Apokalyptiker Aliens, Meteoriteneinschläge, Tsunamiwellen: In vielen Katastrophenfantasien wird die Welt-Metropole New York zerstört. Die Stadt ist verwundbar, aber auch besonders tapfer. Die Welt

…one more thing!

Das Scheinwunder von Texas Rick Perry preist den Amerikanern seine Wirtschaftspolitik als Allheilmittel an. Doch es ist grober Unfug zu glauben, dass mit Billiglöhnen und Deregulierung in den ganzen USA mehr Arbeitsplätze zu schaffen sein würden. Frankfurter Rundschau

Leitartikel

„Weiter so wie ich“ Helmut Kohls Kritik an der Regierungspolitik war nicht einfach Rache an Angela Merkel. Den Altkanzler treibt die Sorge um Europa um. Doch lebt und denkt er in seiner Zeit. Seine Donnerrede wird wenig nützen Die Welt

Bundesblitzableiter Westerwelle Wer den Außenminister düpieren will, muss ihn nur reden lassen. So hat er sich beim Thema Libyen kräftig blamiert. Doch hat er eigentlich irgendwem geschadet? Financial Times Deutschland

Nicht über jedes Stöckchen Offenbar ist die neue „Stabilitätskultur“ in Europa doch mehr als nur ein so dahingesagtes Versprechen: Die europäischen Länder haben den Schalter ihrer Finanzpolitik in Richtung Konsolidierung umgelegt. Das schadet Europa nicht. Es bringt es voran. FAZ

Aufstand der Mittelklasse Nicht Armut und Mangel an Perspektiven lösten die Massenproteste in Indien aus. Es sind die neuen Aufsteiger, die um ihren Status fürchten. Zorn über die Korruption treibt sie an. Frankfurter Rundschau

Rote Karte für Schulden-Sünder Wer täte das nicht gerne: munter Geld ausgeben und die Rechnungen von anderen bezahlen lassen? In Euro-Land haben einige Staaten genau das getan – und brauchen jetzt die Hilfe der anderen. BILD

Klaus Wowereit ist der Berlin-Versteher Klaus Wowereit klebt an Berlin wie die Klette am Filz. Daran ist aber weder die Klette schuld noch der Filz. Denn jeder kriegt, was er verdient. Tagesspiegel

Klappriges Gespenst Hat die Linke doch recht? Die Debatte lenkt von den Krisenursachen ab und verdeckt die erschreckende Rat- und Hilflosigkeit der Linken. Wirtschaftswoche

Loriot – Eine Verneigung. Vicco von Bülow alias Loriot leuchtete die Psyche der Deutschen aus wie kein anderer Spiegel

Tatort Deutschland Der neue Verbrechens-Report Exklusiv: 80 Städte im Vergleich FOCUS

A call to arms Economist

The Arab Awakening Throughout the Arab world, we are witnessing nothing less than the awakening of several phenomena that are critical for stable statehood. The Nation