Organspende, Parteispenden, EU, USA & Schwaben-Debatte

Die Organvergabe braucht neutrale Kontrolle Das deutsche System der Organtransplantation ist für die Beteiligten kaum erträglich. Die Selbstverwaltung überfordert die beteiligten Ärzte, Kassen und Kliniken. Die Welt

Stunde der Lüge Am Uniklinikum Leipzig war die Manipulation der Vergabe von Spenderorganen ebenso einfach wie wirkungsvoll – ob Geld geflossen ist, muss erst geklärt werden. Doch es gibt auch eine gute Nachricht: Die verschärften Transplantations-Regeln schrecken Betrüger mittlerweile ab. Süddeutsche Zeitung

Drei Tote pro Tag Alle acht Stunden stirbt in Deutschland ein Mensch, weil ein Spenderorgan fehlt. Skandale wie jüngst am Uniklinikum Leipzig schrecken viele potenzielle Spender ab. Doch das allein erklärt den Mangel nicht. Handelsblatt

Kaum Hoffnung auf Erfolg Auch wenn Bestechung und Bestechlichkeit niedergelassener Ärzte, das hat der Bundesgerichtshof festgestellt, nicht strafbar ist: Die Forderung aus der CDU nach einer Bestrafung für korrupte Ärzte ist unterstützenswert. Schade ist nur, dass sie kaum eine Chance auf Erfolg hat. WAZ

Nicht korrupter als andere Die Organschieberei von Leipzig zeigt den Sumpf, in dem die Transplantationsmedizin steckt. Organverpflanzungen dürfen trotzdem nicht verteufelt werden. taz

Korruption – der Gesetzgeber schaut zu Elf Prozent des deutschen Bruttosozialproduktes landen im Gesundheitssystem. Das sind 240 Milliarden Euro. Dass sich aus dieser fetten Torte viele möglichst große Stücke herausschneiden wollen, entspricht der marktwirtschaftlichen Logik Märkische Oderzeitung

„Weitere Manipulationen sind nicht ausgeschlossen“ Nach dem Wirbel um die Organtransplantation im letzten Jahr spricht der Präsident der Bundesärztekammer Frank Ulrich Montgomery im Interview über Untersuchung der einzelnen Zentren und der Sicherheit bei Transplantationen. FAZ

Parteispenden

Offenlegen statt verbieten Die Ansichten vieler Deutscher zur Finanzierung von Parteien sind ein bisschen verklemmt. Es ist nicht automatisch ein Skandal, wenn Spender ihre Verbundenheit zu einer Partei auch durch Geld zum Ausdruck bringen. Schärfere Vorschriften für die Veröffentlichung von Spenden sind aber trotzdem nötig. Süddeutsche Zeitung

Ein enger Gürtel für die Spendierhose Parteien erhalten weniger Großspenden, Grüne und Linkspartei gingen 2012 ganz leer aus. Seit einiger Zeit fällt auch auf, dass sich Sponsoren bei parteipolitischen Veranstaltungen zurückhalten. FAZ

Geiz bei der Landschaftspflege Die Wirtschaft spendet immer weniger an die Parteien – weil es sich nicht mehr lohnt. Tagesspiegel

Politik und Staat in der Hand des Kapitals? Unfug! Die Parteien in Deutschland haben 2012 rund ein Drittel weniger Großspenden erhalten als noch 2011. Das belegt eindrucksvoll, wie entschieden die Wirtschaft auf Distanz zur Politik geht. Die Welt

EU

Neues Jahr, alte Lasten Europa hat seine Krise noch nicht überwunden. Zumindest in Deutschland deutet aber einiges daraufhin, dass dem Land eine abermalige Rezession erspart bleibt. Eine Analyse. FAZ

Die Lage wird schlimmer Der Sparkurs für Euroland verschlimmert die wirtschaftliche Lage. Jetzt frisst sich die Rezession von den Rändern ins Zentrum vor. Frankfurter Rundschau

Guter Papakonstantinou, böser Papakonstantinou Der frühere griechische Finanzminister galt als besonders eifriger Reformer. Jetzt wird er beschuldigt, Verwandte von einer Liste möglicher Steuerhinterzieher entfernt zu haben. FAZ

Griechenlands heimliche Helfer Anpacken statt ablästern: Wir stellen fünf Deutsche vor, die den Menschen im vielgeschmähten Krisenstaat Griechenland mit Rat und Tat zur Seite stehen. Weil das Land sie begeistert. Berliner Zeitung

Wozu eigentlich ein EU-Vorsitz? Dublin hat am 1. Januar den im Turnus geführten Vorsitz der Europäischen Union übernommen. Doch die Institution ist aufgrund der Krise und der Machtentwicklung innerhalb der EU zu einer leeren Hülle geworden. La Tribune Paris

US-Haushaltsstreit

Der Sturz von der Fiskalklippe Der Fiskalklippenkompromiss ist ein beachtlicher Teilerfolg für die Konservativen Sie haben verhindert, dass 99 Prozent der amerikanischen Haushalte mehr Steuern zahlen müssen. Frankfurter Rundschau

Der Gewinner heißt Obiden Endlich Ruhe an der Fiskalklippe, zumindest vorerst. Der Kongress hat den Silvester-Kompromiss im US-Haushaltsstreit durchgewunken, Präsident Obama kann zurück in den Hawaii-Urlaub. Er und sein Vize Biden gehen als Sieger aus der Debatte hervor, auch der Durchschnittsamerikaner profitiert. Die Verlierer: Millionäre und die Tea-Party-Radikalinskis. Süddeutsche Zeitung

Republikanerdämmerung in Amerika Die Opposition gegen den amerikanischen Präsidenten Obama ist gespalten: Eine Gruppe um ihren „Sprecher“ im Repräsentantenhaus John Boehner stimmte für den Fiskalkompromiss, viele andere dagegen. Insbesondere die „Tea Party“ ist vergrätzt. FAZ

Die wirklich schwierigen Entscheidungen vertagt Mit der Einigung über die Neujahrstage haben die USA den Sturz vom «fiscal cliff» abgewendet. Wer sich angesichts dieser Nachricht erleichtert zurücklehnen will, sollte zuerst aber das Kleingedruckte lesen. NZZ

Fauler Kompromiss Nach dem kurzfristigen Sturz von der gefürchteten „Fiskalklippe“ haben US-Präsident Barack Obama und die republikanische Opposition zwar für eine sanfte Landung gesorgt. Beide Kongresskammern haben Steuererhöhungen für wohlhabendere Haushalte abgesegnet und damit womöglich die nächste Rezession verhindert. Aber dringend notwendige Sparmaßnahmen wurden erneut auf die lange Bank geschoben. Börsen-Zeitung

Kreislauf der Verelendung Nicht nur in den USA wachsen die Schulden. Reichensteuer und Finanzmarktregulierung scheinen der einzige Ausweg aus der Misere zu sein. taz

Das gigantische Experiment von Ben Bernanke Der Chef der US-Notenbank hat wichtige Teile der amerikanischen Wirtschaftspolitik an sich gerissen; der Staat darf sich weiter hoch verschulden. Geht sein Experiment schief, fehlen Alternativen und es droht Inflation. Wirtschaftswoche

Monumentales Epos gegen staatliche Regulierungswut Es lohnt, einen Blick auf das neben der Bibel einflussreichste Buch in den USA zu werfen: „Atlas shrugged“. Ayn Rands Anti-Utopie beschreibt die Tyrannei des Staates gegenüber den Leistungsträgern. Die Welt

USA ereilt skurrile Separatisten-Welle Es wirkt wie ausgedacht: Aus Frust über die Wiederwahl Barack Obamas zum Präsidenten hat sich in mehreren US-Bundestaaten eine Initiative zum Austritt aus den Vereinigten Staaten gebildet. Jetzt ist die Bewegung so angeschwollen, dass Obama reagieren muss. Was treibt die Separatisten an? manager magazin

The President Who Wants It All The essence of bipartisan deals is win-win: Both sides are satisfied. Obama’s approach is he alone wins. Wall Street Journal

Why Everyone Hates the Fiscal-Cliff Deal Liberals and conservatives alike found something to loathe in the final agreement. The Atlantic

Global relief on fiscal cliff misses the point The unnecessary fight over the U.S. budget ended with another messy and inadequate compromise. Other equally silly clashes loom. Investors may cheer, but their nail-biting was symptomatic of the world’s excessive dependence on dysfunctional American politics. That hasn’t changed. Breakingview

Schwaben-Debatte

Ein Spießer gegen die Spießigkeit Wolfgang Thierse hat der Debatte um die Stadtteilkultur einen Bärendienst erwiesen. Seine Intoleranz schürt Konflikte, die keiner braucht ZEIT

Geschlossene Gesellschaft In Berlin wird erneut über die angebliche Schwaben-Schwemme diskutiert. Das Gemotze sagt mehr über die Hauptstädter, als über die Zugezogenen. Viele sehen es mittlerweile als persönliche Lebensleistung an, Einwohner Berlins zu sein. Und der Schwabe? Der wird zum Sündenbock für alles – vor allem für die Gentrifizierung. Süddeutsche Zeitung

Wecken, bitte, Herr Thierse! So anregend, und so herrlich weit weg von der spießigen Heimat suchen die Jungen das Glück in der Großstadt. Einst auch Wolfgang Thierse. Wie er lernte, „Schrippen“ zu sagen. Tagesspiegel

Von deutschem Multi-Kulti und Friseurbesuchen Antwort aus dem Südwesten: Die CDU greift Bundestagsvizepräsident Thierse an, weil dieser zuvor die nach Berlin zugezogenen Schwaben kritisiert hatte. Aus der FDP dringt ein Toleranzappell an den Sozialdemokraten – samt kleiner Bosheit. Süddeutsche Zeitung

Schrippe oder Wecke – was stimmt denn nun? Für Wolfgang Thierse ist die Angelegenheit klar. Es heißt Schrippe statt Wecke. Aber stimmt das auch? Oder heißt es doch eher Weckla? Gar nicht so einfach, darauf eine Antwort zu finden – vor allem in Berlin. Tagesspiegel

Bizarrer Streit So viel Aufmerksamkeit ist Wolfgang Thierse schon lange nicht mehr zuteil geworden. Seine Schwaben-Schelte zieht weiter Kreise. Schon bekommt der Politiker gar das Abo einer schwäbischen Zeitung geschenkt – was er aber offenbar gar nicht braucht. FOCUS

Warum Schwaben in Berlin doch integriert sind Wachsende „Schwaben-Feindlichkeit“: Der Chef des Kulturfestivals „Schwabiennale“ in Berlin antwortet auf die Attacke von Wolfgang Thierse. Berliner Morgenpost

„So proper wie in Schwaben wird es in Berlin nie!“ Die Schwaben in Prenzlauer Berg nerven! Für diese Kritik muss Bundestagsvizepräsident Thierse reichlich Prügel einstecken. Im Interview erklärt er, wie seine Schelte wirklich gemeint ist – und warum er trotz der vermeintlichen Schwabenflut in seinem Berliner Kiez wohnen bleiben will. SPIEGEL

Wolfgang Thierse wettert gegen Schwaben in Berlin Bundestagsvizepräsident Thierse findet das Zusammenleben mit Schwaben in Prenzlauer Berg anstrengend. Die wollten es wie zu Hause haben. Berliner Morgenpost

… one more thing!

Die blockierte Republik Schwarz-Gelb hat innenpolitisch noch viel zu tun. Großbaustellen wie die Energiewende liegen brach. Führende Ökonomen befürchten, dass dies bis zur Bundestagswahl 2013 auch so bleibt und warnen schon vor den Folgen. Handelsblatt

Leitartikel

Bestechung straffrei? Im Gegensatz zu anderen Wirtschaftsbereichen hat bei Ärzten das Übel der Korruption noch eine wesentlich bedeutsamere Komponente. Es geht um die Gesundheit. Frankfurter Rundschau

Kein Ende Der Vertrauensschwund beim Umgang mit Leber, Herz und Nieren schadet dem Ansehen der ganzen Ärzteschaft. Manipulierende Mediziner sollten das Recht zur Ausübung des Arztberufes verlieren. FAZ

Organvergabe ohne Trickserei! Jeder Arzt kennt diesen Eid, den Hippokrates vor mehr als zwei Jahrtausenden den Medizinern vorgab: „Ich werde nur zum Nutzen der Patienten handeln, ohne Unrecht und ohne Übeltat!“ Auch wenn im 21. Jahrhundert keiner mehr die Hand zum Schwur erheben muss. BILD

Ist Steinbrück noch wählbar? Die Höhe des Kanzlergehalts sollte für einen SPD-Mann kein Thema sein. Oder ist Steinbrücks Ehrlichkeit zu belohnen? ZEIT

Steinbrück und der falsche Zeitpunkt Die Diskussionen um Peers Steinbrücks Aussagen zum Kanzlergehalt gehen weiter. Was sagen die bayerischen Genossen? AZ München

Schadensersatz für alles Mit Hartnäckigkeit wollen manche Klimaforscher jede beliebige Naturkatastrophe auf den Schadstoffausstoß der Industrieländer zurückführen und diese zu Regresszahlungen verpflichten. Eine Kopfgeburt Die Welt

Bilanz paradox Merkel und Steinbrück Angela Merkel rühmt sich der geringsten Arbeitslosigkeit in Deutschland seit mehr als 20 Jahren. Das stimmt zwar, was die Zahlen anbelangt. Das Problem ist nur, dass die Kanzlerin keinen Nachweis für ihre Urheberschaft erbringen kann. Peer Steinbrück dagegen könnte die hohe Beschäftigung mit einigem Recht als Erfolg für die SPD und die von ihr ersonnene Agenda 2010 reklamieren – doch irgendwie will er nicht mehr so richtig. Süddeutsche Zeitung

Britain’s Great Stagnation The two years before the next general election are a long time to be talking about an upturn rather than delivering one. Wall Street Journal