Verfassungsschutz, Schulden-Krise, Europa, Mexico & Mali

Einer muss den Kopf hinhalten Das Ausmaß an Schlamperei und Dilettantismus in den NSU-Ermittlungen war im Bundesamt für Verfassungsschutz am Ende einfach zu groß. Dass mit Präsident Heinz Fromm nun ausgerechnet jemand gehen muss, der niemals blind für die Gefahr von rechts war, ist Ironie der Geschichte. Die Ahnungslosigkeit zog sich durch viele Behörden und Ministerien. Süddeutsche Zeitung

Über Treppe, Tonfall und Tusche gestolpert Die Empörung über die Vernichtung von Akten zur „Operation Rennsteig“ im Verfassungsschutz ist groß. Präsident Fromm wusste, was zu tun war. FAZ

Der oberste Agent ist gescheitert Verfassungsschutz-Präsident Heinz Fromm hat stets auf die Gefahren des Rechtsextremismus hingewiesen. In der Praxis aber hat sich seine Behörde blamiert. ZEIT

Die tragische Dimension von Fromms Rücktritt Als Chef des Verfassungsschutzes hat Heinz Fromm entschieden vor rechtsextremistischem Terror gewarnt. Sein Rückzug nach Ermittlungspannen im Fall der Neonazi-Zelle NSU ist in erster Linie konsequent. Die Welt

Die Geste verdient Respekt Der Rücktritt des Verfassungsschutzpräsidenten ist honorig, löst aber nicht das Problem. Die Behörde selbst ist für die Lösung ihrer Aufgaben ungeeignet. taz

Fromms Protest Heinz Fromm verbindet seinen Rücktritt mit stillem Protest gegen die eigene Behörde. Doch jetzt das „System Verfassungsschutz“ in Frage zu stellen, käme nur denjenigen entgegen, die ein sinnvoll organisierter Verfassungsschutz bekämpfen soll. FAZ

Ein Amt im Chaos Nichts hören, nichts sehen, nichts wissen. Das konnten die Verfassungsschützer von Bund und des Landes Thüringen ziemlich gut, als sie sich daran machten, über Jahre die Spur eines mutmaßlichen Neonazi-Trios und ihrer Unterstützer vom Thüringer Heimatschutz gerade so weit zu verfolgen, dass der rechtsterroristische Dreierbund für ein Jahrzehnt untertauchen konnte. Bonner General-Anzeiger

Fromms Rücktritt reicht längst nicht aus Der Abgang von Heinz Fromm ist unumgänglich gewesen. Ein Problem bleibt: Der Verfassungsschutz arbeitet mit zwielichtigen Methoden – gerade im Umgang mit Neonazis. stern

Dienst mit Geheimnissen Welche Zustände herrschen in einem Geheimdienst, wenn ein Referatsleiter sensible Akten über einen sensiblen Vorgang zu einem äußerst sensiblen Zeitpunkt vernichten lässt? Sicher ist: Der Vertrauensverlust ist gefährlich für die Behörde. Kölner Stadt-Anzeiger

„Der Verfassungsschutz ist der Fehler“ Für viele ist es nur das „i-Tüpfelchen in einer Kette von Skandalen“: Parteipolitiker beurteilen den Rückzug des Verfassungsschutz-Präsidenten Fromm als richtig und notwendig. Trotzdem sehen ihn viele nur als Symptom eines nicht funktionierenden Systems. Süddeutsche Zeitung

Reformen ja, abschaffen nein Mit seinem Rücktritt als Präsident des Verfassungsschutzes hat Heinz Fromm dem Land seinen letzten Dienst erwiesen. Bei dem Nachrichtendienst gibt es viele Mängel, die abgestellt werden müssen. Abgeschafft gehört er aber nicht. Tagesspiegel

Viele Fragen bleiben Acht Monate hat es gedauert. So lange wurde die Verantwortung für Pannen und Versäumnisse der Sicherheitsbehörden im Zusammenhang mit der Neonazi-Mordserie nur bequem hin- und hergeschoben. Es hatten ja viele versagt. Badische Zeitung

Schulden-Krise

Mehr Populist als Politiker Nie, nie, niemals Euro-Bonds: Ist diese Aussage von Ex-Parteichef Westerwelle das neue Mantra der FDP? Wenn ja, dann sollten sich die Liberalen genau ansehen, in welche Ecke sie sich damit stellen. Süddeutsche Zeitung

Deutschland ist reif für den Rechtspopulismus Viele Deutsche wünschen sich die D-Mark zurück, auch die Unzufriedenheit mit der Krisenpolitik wird immer größer. Das Terrain für eine eurokritische Partei rechts von CDU und CSU ist bereitet. Für die Union wird es nun kritisch. Tagesspiegel

François Hollande, der Sonnenkönig ohne Kohle In Frankreich klafft ein unfassbares Haushaltsloch: Wenn Präsident Hollande sein Land – und Europa – vor dem Absturz bewahren will, muss er schnell deutlich machen, wie er es zu reformieren gedenkt. Die Welt

Sparen ohne Strenge Die neue Führung in Paris vermeidet das Wort „rigeur“, das für haushalterische Strenge steht. Stattdessen verweisen die Sozialisten auf die Fehler der Vorgängerregierung, um ihre rigorose Sparpolitik zu begründen. FAZ

Rette sich wer kann! Das Durchpeitschen von Gesetzen im Bundestag und Bundesrat wird langsam zum Hobby der Regierung. Nur das Verfassungsgericht kann den ESM jetzt noch stoppen. Wird es aber nicht. Daher: Schnell raus aus der Euro-Zone! Handelsblatt

Das Gespenst der Krise Es sind die sozialen Wohltaten, aus denen die Schulden der europäischen Staaten hauptsächlich rühren. Frankfurter Rundschau

Will Europe Be Willing but Disabled? The eurozone crisis might break European leaders’ inherent resistance to compromise, collaboration, and common action. But the longer they bicker and dither, the greater the risk that what they gain in willingness will be lost to incapacity. Project Syndicate

Europa-Krise

Europa ohne Regeln Die Vergemeinschaftung der Staatsschulden begann vor zwei Jahren und hat sich längst verselbständigt. Klare Regeln fehlen oder werden nicht beachtet, entschieden wird im Einzelfall. FAZ

Maschine Europa fährt auf Überlast Krisen-Europa droht die Überforderung: Immer mehr Entscheidungen werden in immer kürzerer Zeit von immer weniger Personen gefällt. Das Verhältnis zwischen Legislative und Exekutive gerät durcheinander. Doch die überlastete politische Maschinerie Europa darf nicht stehenbleiben. Sonst kollabiert sie. Süddeutsche Zeitung

Warnung vor der Euro-Apokalypse Lob für Merkels Euro-Kurs, Rüffel für die Euro-Bremser: Mit deutlichen Worten hat sich Altkanzler Schmidt in die Krisendebatte eingeschaltet. Er mahnt eine Lösung an und sieht Europa bereits Richtung Abgrund driften. Handelsblatt

Merkels kritische Phase Der Ruf der Kanzlerin hat seit dem EU-Gipfel gelitten; fast konnte man glauben, ihr politisches Ende rücke näher. Doch noch immer spricht viel für sie. ZEIT

Montis und Rajoys zweites Westfalen Die auf Druck Spaniens und Italiens getroffenen Brüsseler Gipfel-Beschlüsse bedeuten vor allem eines: Dreieinhalb Jahrhunderte nach dem Westfälischen Frieden wird der Nationalstaat nur überleben, wenn er Souveränität abgibt. La Vanguardia

Britische Konservative drängen auf EU-Austritt Die EU ohne Großbritannien? Der britische Premier Cameron denkt über ein Referendum zur EU nach, manchen Parteifreunden ist das nicht genug. Sie möchten den Staatenverbund ganz verlassen. Süddeutsche Zeitung

Mehr Verständnis, mehr Europa In der Krise stottert das europäische System gewaltig: Die Bürger erwarten, dass die EU handelt wie ein Staat – aber dazu fehlt ihr die Legitimation. Wir haben keine Zeit, um auf „mehr Europa“ zu warten, die Mitgliedsstaaten müssen jetzt handeln. Ein Gastbeitrag von Günter Verheugen Süddeutsche Zeitung

Europas Jugendarbeitslosigkeit ist eine Zeitbombe Die Jugendarbeitslosigkeit in der Europäischen Union hat besonders schwerwiegende Folgen. Verschärft durch die Schuldenkrise wird das Vertrauen in Gesellschaft und Politik zerstört. Die Welt

Mexico

Politischer Wettbewerb spielt auch in Mexiko Peña Nieto bringt mit seinem Wahlsieg den Partido Revolucionario Institucional in Mexiko wieder an die Macht. Das antidemokratische Erbe seiner Partei lastet schwer auf dem neuen Präsidenten. NZZ

Latin Lover Einst stand die „PRI“ nach langer Alleinherrschaft in den Augen den meisten Mexikaner für Klientelismus, Korruption und Wahlbetrug. Nun war sie bei der Präsidentenwahl mit ihrem Kandidaten Peña Nieto schlicht das kleinere Übel. FAZ

Die alten Strukturen bleiben intakt Die in Mexiko regierende PAN ist für den Wahlsieg der alten Mächte verantwortlich. Die liberale Wirtschaftspolitik von PAN hat die Armut vergrößert und die Gewalteskalation taz

Von Putschen und Bruderhilfe Das institutionelle Gefüge in Lateinamerika ist weiterhin schwach. Dies zeigt auch die jüngste Absetzung von Präsident Lugo in Paraguay. NZZ

The Return of the Mexican Dinosaur Mexico’s pretty-boy president is more dangerous than he looks. Foreign Policy

The Other Mexico With the Partido Revolucionario Institucional (PRI), which governed Mexico for seven decades, set to return to power, one might be tempted to conclude that little has changed in Mexico. In fact, Mexico today is a vastly different country from what it was under the PRI old guard. Project Syndicate

Mali

Steinzeit-Islam In Timbuktu wüten Fanatiker gegen die sufische Volksfrömmigkeit. Die Islamisten zerstören jahrhundertealte Kulturgüter, die sie als unislamisch ablehnen. Das erinnert an andere islamische Weltgegenden. FAZ

Korridor der Instabilität in Afrika In Mali sind die Tuareg ein Bündnis mit den Islamisten eingegangen. Das wird ihnen zum Verhängnis. Denn die wollen von Mauretanien bis Somalia die Scharia einführen. Frankfurter Rundschau

Mali ist machtlos gegen die Islamisten Im Norden Malis zerstören Islamisten Heiligtümer und setzen die Scharia durch. Der Staat ist zerfallen, eine friedliche Lösung erscheint kaum noch möglich. ZEIT

Eine Intervention ist zwingend nötig Die radikalen Islamisten in Mali haben mit dem Freiheitskampf der Tuareg nichts am Hut. Die Tuareg-Rebellen sind jetzt von ihren einstigen Verbündeten selbst verdrängt worden. taz

…one more thing!

Kurzfristig geht in der Familienpolitik gar nichts Teuer, aber wirkungslos: Dieser Vorwurf haftet deutscher Familienpolitik seit jeher an. Zu Unrecht. Denn der Wandel braucht viel Zeit, Einigkeit aller Parteien und Verlässlichkeit. Die Welt

Leitartikel

Dienst ohne Vertrauen Der Verfassungsschutz steckt in einer Legitimationskrise. Wenn es ihm nicht gelingt, den Eindruck zu zerstreuen, er sei auf einem Auge blind, steht die ganze Behörde zur Disposition. Frankfurter Rundschau

Fromm ist kein klassisches Bauernopfer Mit seinem Abschied aus dem Amt „aus Altersgründen“ übernimmt der Chef des Verfassungsschutzes Verantwortung für die schlechten Ermittlungen seiner Behörde gegen den Rechtsterror. Innenminister Friedrich dürfte auch aus anderen Gründen zufrieden mit Heinz Fromm sein. Financial Times Deutschland

Verfassung schützen, aber richtig! Im Kampf gegen den „Nationalsozialistischen Untergrund“ haben die Verfassungsschützer kläglich versagt.
Wenn unfähige Mitarbeiter Akten vernichten, dann hat nicht der Amtschef persönlich versagt. Fromms Rücktritt muss zum Startsignal für eine grundlegende Reform des Dienstes werden. Unsere Verfassung ist ein hohes Gut. Sie muss geschützt werden – von Könnern, nicht von Stümpern. BILD

Es geht ums Ganze Vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wird in Sachen Euro-Rettungsschirm und Fiskalpakt nun ausführlich zur Sprache kommen, was längst hätte geklärt werden sollen. FAZ

Europa braucht die Briten Vergessen wir die deutsch-französische Achse! Wenn die Europäische Union eine starke Kraft in der Welt sein will, sollte sie sich mehr von der Liberalität und globalen Erfahrung Großbritanniens inspirieren lassen Die Welt

Blackmail cannot be UK’s Europe policy It is increasingly possible to envisage circumstances in which Britain does leave the EU Financial Times

Live free — and uninsured Supporters of President Obama’s Affordable Care Act insist there are no losers under the healthcare law. That’s just a Beltway fantasy. Los Angeles Times

Roberts Rules Here’s what we know for sure: Obama’s health care reform is constitutional. TIME

The Newsweek Daily Beast Digital Power Index In two short decades, the Internet has changed almost everything about the way we live: The way we communicate, the way we shop, the way we read, the way we love, the way we fight, the way we play. So, too, the people shaping and changing the world are a breed apart from the old ruling class. Moguls, Masters of the Universe, military despots…your time has come and gone. The geeks have inherited the earth! Newsweek