SPD, Afghanistan, Organspende, Währungskrisen, Tunesien & USA

Verzagte Volkspartei Der Kleine-Leute-SPD geht es wieder besser. Doch noch immer traut sich die Partei nicht, auch Wähler außerhalb ihrer Kernklientel zu umwerben. Das ist riskant. Süddeutsche Zeitung

Auf Sinnsuche Wenn sich das neue Jahr anschickt, Alltag zu werden, geht die SPD in Klausur. Letztes Mal trug man Trauerflor. Die Wahl war vergeigt, der dramatische Absturz steckte noch in den Knochen, die ersten Nachrufe über eine traditionsreiche Volkspartei waren bereits geschrieben. Hannoversche Allgemeine

In den großen 
Debatten kommt die 
SPD nicht mehr vor Die SPD hat einen Perspektivwechsel vorgenommen, verkündete der Parteivorsitzende Sigmar Gabriel am Dienstag am Ende einer Klausur der Öffentlichkeit. Märkische Oderzeitung

Sozialdemokratische Abstauber Von einer akuten Regierungskrise ist nichts bekannt, Neuwahlen stehen auch nicht an. Wenn die Oppositionspartei SPD trotzdem schon jetzt ein Papier diskutiert, das in Länge und Stil einem Regierungsprogramm gleicht, dann kann das nur einen Grund haben: Selbstbeschäftigung. Lausitzer Rundschau

Die große Verunsicherung „Neuer Fortschritt“? Der Begriff stammt aus altsozialdemokratischen Zeiten, als die Partei noch eine historische Mission hatte. Fortschritt ist zu groß für das, was Gabriel und Steinmeier wollen. Und zu vermufft. taz

Raus aus dem Tief Von tief unten gibt es normalerweise nur eine Richtung: wieder aufwärts. Dies jedenfalls hat sich die SPD für die nächsten zwölf Monate vorgenommen, in denen sie durch sieben Landtagswahlen muss. Bonner General-Anzeiger

SPD will mehr Umverteilung wagen Nach einem Jahr des Wundenleckens stellt die SPD sich neu auf. Die Partei will endlich Politik für die machen, die sich vom Fortschritt abgehängt fühlen. Tagesspiegel

Afghanistan-Mandat

Das entscheidende Wort Im Entwurf zur Verlängerung des Bundeswehr-Mandates in Afghanistan ist es Verteidigungsminister zu Guttenberg gelungen, die entscheidenden Worte unterzubringen. Sie lauten: Soweit die Lage es erlaubt. FAZ

Ohne Wissen schöner schwadronieren Nichts ist gut in Afghanistan, diese Überzeugung trägt Frau Käßmann schon länger laut vor sich her, und an diesem Glauben möchte die vormalige Bischöfin nichts ändern, schon gar nicht durch an Ort und Stelle erworbenes Wissen. Berliner Zeitung

Kabinett beschließt neues Afghanistan-Mandat Das Bundeskabinett hat die Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes und erstmals auch ein Datum für den angestrebten Beginn des Truppenabzuges beschlossen. Danach sollen die ersten deutschen Soldaten Ende 2011 Afghanistan verlassen, sofern es die Sicherheitslage zulässt. Stern

Organspende

Lebensretter Kauder Die Abgeordneten des Bundestags können sich demnächst als Lebensretter betätigen − wenn sie einer Neuregelung der Organspende in Deutschland zustimmen. Das klingt sehr pathetisch. Und doch ist es so. Frankfurter Rundschau

Zur Entscheidung gezwungen Endlich. Wer je um einen todkranken Angehörigen oder einen Freund gezittert hat, dessen einzige Rettung eine fremde Niere oder ein fremdes Herz war, für den ist es unerträglich, dass von 12.000 Patienten, die in Deutschland auf ein Spenderorgan warten, jährlich 3.000 sterben. Unter anderem, weil viele Menschen ihre generelle Bereitschaft zur Organspende nicht dokumentiert haben. taz

Wenn Herz und Nieren knapp sind Berlin Nach Angaben der Initiative „Pro Organspende“ warten in Deutschland jährlich etwa 12 000 Menschen auf ein Spenderorgan – oft vergeblich. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) will eine jetzt Reform für mehr Organspenden auf den Weg bringen. Lausitzer Rundschau

Währungskrisen

Wem es nützt Es gibt keine Vertrauenskrise der Währung Euro, sondern schlicht mangelndes Vertrauen gegenüber der Solvenz einiger Staaten – und vieler Banken. Notkredite für klamme Staaten dienen deshalb nicht etwa der Überwindung einer „Euro-Krise“, sondern nützen vor allem den Banken. FAZ

Wie die Staaten weniger erpressbar werden Die Abhängigkeit zwischen Staaten und Banken in Europa ist gestiegen. Aber höhere Transparenz kann das Gewirr auflösen. Handelsblatt

Brüssel fordert drastischen Sparkurs Währungskommissar Olli Rehn zeichnet in seinem aktuellen Wachstumsbericht ein düsteres Bild: Die EU-Länder sollen ihren Schuldenabbau verdoppeln – rasch, deutlich und noch in diesem Jahr. Andernfalls riskierten sie, ins Visier der Finanzmärkte zu geraten. Süddeutsche Zeitung

Im spanischen Sog Eine Auktion portugiesischer Staatsanleihen in einem geplanten Umfang von rund 1 Mrd. Euro sollte nicht unbedingt das Schlüssel-Event sein, nun aber ist es so weit gekommen, dass man wohl an den Ergebnissen der heutigen Auktion festmachen wird, ob Portugal unter den Euroland-Rettungsschirm EFSF (European Financial Stability Facility) kriecht beziehungsweise geschubst wird. Börsen-Zeitung

Das europäische Rettungsspannbetttuch Glosse Ein Fallschirm hat einen Nachteil: Seine Spannweite ist begrenzt. Die Portugiesen gingen gerade noch darunter, aber niemand mehr sonst. Hätte man nicht eine bessere Lösung finden können? Financial Times Deutschland

Ein heikles Stück Metall Die neuen estnischen Euro-Geldstücke sollen die Landesgrenzen zeigen. Doch das stimme gar nicht, sagen russische Diplomaten – und reagieren unterkühlt. Medien wittern gar eine Provokation. Süddeutsche Zeitung

Über Münchhausen und die Fed als Hedge-Fonds Die Notenbanken manipulieren massiv die Märkte, um die Welt zu retten. Mit etwas Glück gelingt diese Therapie – die freilich nicht ohne Nebenwirkungen bleibt. Handelsblatt

Lohn des Versagens Die US-Notenbank überweist fast 80 Milliarden Dollar an das Finanzministerium – manche Wall-Street-Bank könnte da neidisch werden. Doch die Wahrheit ist bedrückend. Süddeutsche Zeitung

Tunesien

Die Lunte glimmt An schönen Worten seitens der Europäer hat es nie gefehlt, wenn es um Nordafrika ging: Bald, hieß es bereits auf mehreren EU-Gipfeln, werde man, was Sicherheit und Wohlstand rund ums Mittelmeer angeht, ein ganz neues Kapitel aufschlagen. Hannoversche Allgemeine

Das beschämende Schweigen der EU zu Tunesien Auf die Proteste in Tunesien reagiert Präsident Ben Ali mit Gewalt. Die EU hat bisher geschwiegen. Das ist beschämend. Die Welt

Europa kuscht vor den greisen Regimen Nordafrikas Statt demokratische Kräfte in Tunesien und Algerien zu stützen, schweigt die EU. Das könnte sich bald bitter rächen. Die Welt

Kontinent der Stämme Die Lage im Sudan und in der Elfenbeinküste zeigt: Das afrikanische Staatensystem ist im Verfall begriffen. Der Grund dafür liegt darin, dass fast jeder Staat aus einer Vielzahl unterschiedlicher Stämme besteht – Stammesfehden inklusive. Frankfurter Rundschau

USA nach dem Attentat von Tucson

Obama muss sich neu erfinden Nach den Morden in Arizona geraten Amerikas politische Lager offenkundig noch stärker in Rage, als sie es ohnehin schon sind. Folge für den US-Präsidenten: Die Neuausrichtung seiner Regierung wird durch das Attentat erschwert. Financial Times Deutschland

Sarah Palin lädt nicht nach Nur Wenige glauben noch, Sarah Palin trage eine Mitschuld am Tucson-Attentat. Doch sie weiß: Ein falsches Wort kann jetzt ihre Karriere beenden. Zeit

Das Schweigen der Sarah Palin Die Ikone der konservativen Tea-Party-Bewegung, war nach dem Attentat in die Kritik geraten wegen ihrer harten Wahlkampfrhetorik, die sich oft militärischer Metaphorik bedient. Wie sie mit der Kritik umgeht, meinen manche Analysten, könnte für ihre politische Zukunft entscheidend sein. Erst einmal reagiert sie deshalb gar nicht. taz

McCarthy in Deutschland Die Gedankenfreiheit liebt der Deutsche, aber nicht die Meinungsfreiheit. Die Wiederbelebung der „bösen USA“ wurde offenbar höchste Zeit – wie die Reaktionen auf das Attentat von Tucson verraten. Tagesspiegel

Jared Lee Loughner – ihr nächster Fall im Kampf gegen die Todesstrafe Ob „Unabomber“ oder 9/11-Helfer: Judy Clarke hat schon viele verhasste Figuren verteidigt. Jetzt vertritt sie Jared Lee Loughner vor Gericht, der der Politikerin Gabrielle Giffords in den Kopf schoss. Süddeutsche Zeitung

Familie des Tucson-Attentäters meldet sich zu Wort Fassungslos reagiert die Familie von Jared Loughner auf die Bluttat des 22-Jährigen: „Wir verstehen nicht, warum das passiert ist.“ Die Welt

… one more thing!

Amerika feiert die Wiederauferstehung Lange hat Europa die USA als einen sterbenden Giganten betrachtet. Nun steht Amerika vor einem Comeback – und wird seine alte Oberlehrerrolle wieder einnehmen wollen. Handelsblatt

Leitartikel

Da versagt mehr als die Technik Noch immer ist die Bahn Quasi-Monopolist. Weil die Politik sie hätschelt. Sollen die Züge im nächsten Winter nicht wieder im Frost erstarren, muss die Politik Farbe bekennen. Tagesspiegel

Die Idee der Spiele München hat das Bid Book abgegeben, der Kampf um die Winterspiele 2018 ist eröffnet. Doch im eigenen Land ist die Bewerbung umstritten. Eine „Empörungskultur“ gefährdet die olympische Idee. Wo ist der Geist der Spiele von 1972? Süddeutsche Zeitung

Das Jahr der Frau? Über Alpha–Frauen und die CSU. AZ

Union streitbarer Demokratien Die EU darf nicht einfach Sanktionen verhängen, nur weil ihr eine Regierung nicht passt. Wer schon vor der Kenntnis des ungarischen Mediengesetzes den Entzug der Stimmrechte empfiehlt, verstößt selbst gegen die „Grundfesten der europäischen Zivilisation“. FAZ

Böse Worte – böse Taten? Amerikas politische Polarisierung soll den Attentäter von Tucson enthemmt haben. Dieses Erklärungsmuster sagt mehr aus über unser Bedürfnis nach Sinnhaftigkeit der Welt als über den offenbar verwirrten Mörder. Die Welt

Die Neuerfindung Haitis Trotz aller Hilfsmaßnahmen ist ein Großteil Haitis weiterhin zerstört. Der Aufbau kann ohne die Einbeziehung der Haitianer nicht gelingen. Doch das Volk ist gelähmt. Haiti ist ein Negativ-Modell eines gescheiterten Staates, und das war es schon lange vor dem Beben. Frankfurter Rundschau

China hetzt an uns vorbei! An solche Rekorde werden wir uns gewöhnen müssen! Bild

Intels Pyrrhussieg Auf den ersten Blick scheint es positiv zu sein, was Intel gelungen ist: Der Chiphersteller zahlt dem Grafikkartenspezialisten Nvidia 1,5 Mrd. Dollar und darf dafür dessen Technologie nutzen. Financiel Times Deutschland

Politicians picking voters Our view on redistricting USA Today

‚Inescapably political‘ OPPOSING VIEW USA Today