Armutsbericht, Wohlstandsverteilung, Netzentgelte, Wulff, Venezuela & Microsoft

Ende der Durchsage „Akribisch“ habe sie sich vorbereitet, sagt Sozialministerin Ursula von der Leyen, als sie den entschärften Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung vorstellt. Mit eiserner Miene spielt sie die inhaltlichen Änderungen zu „Halbsätzen“ herab – bis sie ausgerechnet bei einem zentralen Punkt zugeben muss, „überfordert“ zu sein. Süddeutsche Zeitung

Halb volle oder halb leere Armenviertel? Mit einer Überarbeitung des Armutsberichts bereitet sich Schwarz-Gelb auf den Bundestagswahlkampf vor. Die Opposition ruft seit Monaten „Fälschung“. FAZ

Reich und arm Der „Armuts- und Reichtumsbericht“, den die Bundesregierung jetzt vorgelegt und den Rot-Grün 2001 eingeführt hat, ist auch ein Propagandainstrument. Er wirft die soziale Frage auf, die wahlentscheidend sein kann. FAZ

Schwarz-Gelb macht sich ein eigenes Bild Statistiken hin oder her: Die Koalition hat sich auf 548 Seiten mit der sozialen Lage der Bundesbürger beschäftigt und kommt zu einem positiven Ergebnis. Doch sie verkennt die Lebenswirklichkeit vieler Deutscher. Tagesspiegel

Papier im Wahljahr Klar: Gut ein halbes Jahr vor den Bundestagswahlen wird jedes Ereignis, wird jede Stellungnahme und jede politische Erklärung auf die Goldwaage gelegt. Bonner General-Anzeiger

Armutsbericht schreibt Deutschland schön Geglättete Wirklichkeit: Der Armutsbericht der Bundesregierung wird zur Farce. Das Papier zeichnet ein Bild von Deutschland, das mit der Wirklichkeit wenig gemein hat. stern

Die Helden des Alltags Politik tut sich höllisch schwer damit, Armut zur Kenntnis zu nehmen. Anders ist diese Trickserei, das Gerangel um Passagen in einem Armutsbericht nicht zu erklären. Arme sind als Wähler nämlich völlig uninteressant. Sie gelten als unpolitisch. WAZ

Armut muss Ansporn sein Mütter, Kinder, Rentner vor der Suppenküche. Der Flaschensammler, der im Abfall wühlt. Das ist Armut! Täglich und ganz nah! BILD

Wege aus der Armut Es war für die Opposition eine willkommene Vorlage, als im November 2012 bekannt wurde, dass es zwischen Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) Streit über einige Formulierungen im neuen Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung gab. Märkische Allgemeine

Fünf Irrtümer zu Arm und Reich Auch in Deutschland gibt es viele Menschen, die Suppenküchen in Anspruch nehmen müssen und Mülleimer nach Brauchbarem durchwühlen. Dennoch ist die Armut in den vergangenen Jahren zurückgegangen. Rheinische Post

Mindestlohn ist nicht gleich Mindestlohn Ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl sind plötzlich alle Parteien für Lohnuntergrenzen – aber sie meinen damit nicht das Gleiche. Badische Zeitung

Auf dem Arbeiterstrich Das Mannheimer Arbeitsamt darf Armutsflüchtlingen aus Bulgarien keine Sprachkurse anbieten. Dabei sind ein Fünftel von ihnen Akademiker. FAZ

Es gibt keinen Zigeunerkönig Klischees über Roma erschweren die Suche nach Lösungen in der Debatte um Armutseinwanderung. Viele sehen nur „Zigeunerkönige“, bettelnde Roma-Kinder und kriminelle Netze. Der Mensch hinter den Vorurteilen geht verloren. FAZ

Deutschland braucht Leistung, keinen Sozialneid! Die Armut hat nicht zugenommen, trotzdem reagiert die Allianz der Umverteiler mit Forderungen nach Regulierung. Reichtum wird skandalisiert. Die Welt

Wohlstandsverteilung

Notenbanker zögern Bericht über Ungleichheit hinaus Eine Umfrage zu Vermögenswerten zeigt: Bürger in Krisenstaaten sind im Mittel reicher als in Deutschland. Grund dafür ist die starke Ungleichverteilung in der Bundesrepublik. Statistiker versuchen dennoch die Unterschiede zu relativieren. FAZ

Der unbekannte Reiche Der Skandal am Armutsbericht ist nicht, dass die FDP hilflos daran herumredigiert. Der Skandal ist, dass der Bericht nichts über Reichtum zu sagen weiß. taz

Der Lohn der Manager Zwei Drittel der Schweizer wollen überzogenen Managergehältern ein Ende machen. Sie haben damit eine Lawine losgetreten, die Europa überrollen könnte. Es ist richtig, Aktionäre über das Gehalt von Vorständen abstimmen zu lassen. Eine Analyse. FAZ

So lebt Europa Europa zu entdecken ist nun einfacher denn je: Wir zeigen offizielle Statistiken, wie sie noch nie zu sehen waren. Die Verteilung von Wohlstand, Bildung, Gesundheit und andere Schlüsselfaktoren in 300 Regionen – auf einem Atlas, der die Lebenswirklichkeit auf dem Kontinent abbildet. Süddeutsche Zeitung

Wealth Inequality: How Do You Solve It? When Switzerland puts its foot down on rich bankers, you know something’s wrong. The Atlantic

Netzentgelte

Unter Strom Deutschlands Vertreter geben sich in Brüssel gerne als Hüter des freien Wettbewerbs und Ordnungspolitiker erster Güte. Wenn also beispielsweise Frankreich seine Elektroautos mit staatlichen Subventionen fördert oder die spanische Regierung den Einstieg hiesiger Konzerne abzuwehren versucht, dann können die Damen und Herren, die die Bundesregierung am EU-Sitz vertreten, schon mal richtig ungemütlich werden. Bonner General-Anzeiger

Franzosen machen Champagner auf Die Energiewende in Deutschland hat ein Preisschild, auf das der Umweltminister eine Billion Euro bis in die 2030er Jahre geschrieben hat. Europäische Wettbewerber haben die Nachteile nicht. Dennoch prüft die EU Wettbewerbsverzerrungen. Französische Stahlkocher machen den Champagner auf. WAZ

Hausgemachte Probleme Dass ein hoher Stromverbrauch immer zu Nachteilen im internationalen Wettbewerb führen muss, ist nicht automatisch richtig. Besser wäre es, wenn jedes Unternehmen erst nachweisen müsste, dass es im Vergleich zu internationalen Konkurrenten benachteiligt ist, wenn es nicht von den Umlagen befreit wäre. Schwäbische Zeitung

Fahrplan für die Öko-Republik Angela Merkel lädt zu einem neuen Stromgipfel – nur an die großen Probleme wagt sich die Regierung vor der Wahl nicht heran. Dabei gibt es im Umweltministerium längst Pläne, wie die nächste Phase der Energiewende zu schaffen ist. SPIEGEL

Ermittlungen gegen Christian Wulff

Unterm Strich geht es nur noch um 400 Euro Die Ermittler suchten in München und Berlin, auf Sylt und Norderney. Sogar bei einer Strandkorb-Vermietung fragten sie nach. Ex-Bundespräsident Wulff genoss bei der Staatsanwaltschaft keinen Prominentenbonus – im Gegenteil. Doch inzwischen ist von den strafrechtlich relevanten Vorwürfen kaum noch etwas übrig. Süddeutsche Zeitung

Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen Glaeseker Der frühere Wulff-Sprecher Olaf Glaeseker ist von der Staatsanwaltschaft Hannover angeklagt worden. Es geht um Korruptionsfälle in der Amtszeit Glaesekers als niedersächsischer Regierungssprecher. FAZ

Spannender Zeuge Nun steht es fest: Der ehemalige Sprecher und enge Vertraute von Ex-Bundespräsident Christian Wulff, Olaf Glaeseker, muss sich vor einem Gericht gegen den üblen Vorwurf der Bestechlichkeit wehren. Nordwest Zeitung

Venezuela

Der Wunschnachfolger des „Comandante“ Vom Omnibusfahrer zum stellvertretenden Präsidenten Venezuelas: Nicolás Maduro ist der Wunschnachfolger des verstorbenen Hugo Chávez. Befürchtet wird, dass er sich zum Vasallen der Castro-Brüder entwickelt. FAZ

Tod eines Autokraten Hugo Chávez hat die Armen ins Zentrum der nationalen Debatten gerückt, das war sein großer Verdienst. Doch dem Land stehen schwere Zeiten bevor. Frankfurter Rundschau

Lügen, betrügen, töten und zum Töten ermuntern Hugo Chávez hatte ein doppeltes Gesicht: hier der sorgende Landesvater, dort der hemmungslose Machtmensch. Sein „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ hat Chaos und Misswirtschaft über Venezuela gebracht. Die Welt

Eine Führungsfigur – unbestreitbar Die Verbesserung Lateinamerikas war sein Ziel und seine Leistung: Welches Erbe tritt die Region nach dem Tod des charismatischen, aber nicht unumstrittenen Chávez an? taz

Der Preis des Kultes Hugo Chávez’ Verdienst war es, den Armen Zugang zu Bildung und medizinischer Versorgung verholfen zu haben. Der Preis der Herrschaft waren Diktatur und die Vernichtung wirtschaftlicher Produktivität. FAZ

„Fahren Sie zur Hölle, Herr Blair“ Deftige Worte, epische Reden: Venezuelas verstorbener Präsident war ein talentierter Rhetoriker. Hugo Chávez wusste, wie er sich bei Medien und Venezolanern Gehör verschaffte. Unvergessliche Momente, die ihn auf dem politischen Parkett weltweit bekannt machten. Süddeutsche Zeitung

Microsoft vs. EU

Blamage für Brüssel Die EU- Kommission hat gegen den Softwarekonzern Microsoft eine Kartellbuße von 561 Millionen Euro verhängt. Eine gute Figur hat die EU in dem Verfahren aber nicht gemacht. FAZ

Millionenstrafe für schlechte Software Das harte Vorgehen der EU-Kommission gegen Microsoft ist richtig. Mit dem Internet Explorer hat das Unternehmen seinen Kunden unsichere, langsame und instabile Software zwangsverordnet. Süddeutsche Zeitung

Machtlos gegen die Web-Giganten Die Kartellstrafe gegen Microsoft kommt zu spät: Manche Konkurrenten sind längst pleite, andere haben die Marktdominanz des Software-Riesen aus eigener Kraft gebrochen. Der Fall zeigt, wie ohnmächtig die Wettbewerbshüter gegenüber der Dynamik der IT-Märkte sind. SPIEGEL

…one more thing!

Rot-grün-rote Koalition? Ein Selbstmordkommando Eine Koalition von SPD und Grünen mit den Linken entbehrt jeder Realität. Das wissen alle Beteiligten – die SPD muss deshalb damit leben, keine strategische Machtoption zu haben. Die Welt

Leitartikel

Wie die CDU zum steuerpolitischen ADHS-Fall mutierte Der Name klingt nach Gerechtigkeit und kinderfreundlichem Spieleparadies: Familiensplitting – das ist wahlkampftauglich, weil jeder sich etwas Nettes darunter vorstellt. Die CDU hat die Idee schon seit Jahren im Programm. Doch erst jetzt macht sie sich hyperaktiv und reichlich unbedacht an die Umsetzung. Süddeutsche Zeitung

Schwarz-gelbe Irrlichterei Es muss schon sehr viel Angst vor Dunkelheit haben, wer sich vor der Erkenntnis fürchtet: Im Westen geht die Sonne unter. AZ München

Der Senat wird um Mitarbeiter werben müssen Arbeiten im öffentlichen Dienst? Immer mehr Akademiker winken ab, dem Senat gehen die Fachkräfte aus. Der aktuelle Streik zeigt: Berlin wird mehr tun müssen, um gutes Personal zu bekommen. Tagesspiegel

Machtlos blickt Europa auf Italien Die Regierungsbildung in Rom berührt europäische Interessen. Doch so wie in Griechenland wird sich die EU in Italien nicht einmischen können. ZEIT

Frontmann Es zeugt von Wirklichkeitssinn, dass der amerikanische Präsident Obama nur zu „konstruktiven Beziehungen“ mit Venezuela aufgerufen hat. Chávez’ Erben werden nicht so bald vom antiimperialistischen Kurs abweichen. FAZ

Die Linke trauert um Hugo Chávez Im Geist der SED bluten die linken Herzen: Mit Chávez verlieren wir ihrer Meinung nach „einen Verfechter für eine gerechtere Welt“. BILD

Busted for Browsing Brussels slaps a huge fine on web surfers‘ No. 3 choice. Wall Street Journal