FDP, CSU, Euro-Krise, Türkei, Libyen & Bildungsbericht

FDP ignoriert Merkels Machtwort Es kracht gewaltig in der Berliner Koalition: Die Liberalen zeigen sich von Kanzlerin Merkels Mahnungen unbeeindruckt – und legen in der Debatte um die griechische Schuldenkrise nach. FDP-Generalsekretär Lindner springt seinem Parteichef Rösler bei und spricht sich gegen ein „Schweigegelübde“ aus – eine Insolvenz Griechenlands sei nicht auszuschließen. Scharfe Kritik am „Treiben der FDP-Truppe“ kommt von Grünen-Fraktionschef Trittin. Er fordert personelle Konsequenzen. Süddeutsche Zeitung

FDP rebelliert gegen Merkels „Schweigegelübde“ Weil FDP-Chef Rösler eine Griechenland-Pleite nicht ausschließt, ist die Koalition in Aufruhr. Die CDU warnt vor Gedankenspielen, die FDP stellt sich hinter Rösler. Die Welt

FDP rebelliert gegen Merkels Schweigegebot Die Mahnung der Kanzlerin, in der Debatte über Griechenlands Bankrott vorsichtig zu argumentieren, verpufft. FDP-Generalsekretär Christian Lindner widerspricht öffentlich – und gibt den Spekulationen frische Nahrung. Handelsblatt

Der irre Weg der FDP Eifrig läuft FDP-Chef Rösler seinem Fraktionsvorsitzenden Brüderle hinterher – und denkt viel zu laut über eine Staatspleite Griechenlands nach. Das Perfide: Um Griechenland geht es dabei überhaupt nicht. Es geht um die Rettung einer Partei, die zunehmend gefährlich wird. Süddeutsche Zeitung

Die Liberalen müssen abwerten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) widersprach am Dienstag Forderungen der Griechen, die Liberalen aus der Regierungsunion auszuschließen. Athen hatte argumentiert, dass die jüngsten Rettungspakete für den Koalitionspartner allesamt gescheitert seien. Financial Times Deutschland

Die FDP – eine Partei zwischen Aufstand und Neuanfang Hat die FDP eine Zukunft? Klar, meint die Parteispitze und diskutiert mit der Basis über „Chancen für morgen“. In München macht das Generalsekretär Christian Lindner – während er darauf wartet, dass ein Interview den Krach in der Koalition weiter verschärft. Sein Problem: Manch ein Liberaler ist im Heute so verbittert, dass er über das Morgen gar nicht nachdenken mag. Süddeutsche Zeitung

Die FDP gefährdet die Koalition Die Liberalen wollen sich als Euro-Kritiker profilieren. Das könnte kurzfristig Stimmen bringen, gefährdet aber auch die schwarz-gelbe Koalition im Bund. Doch das muss für FDP und Union nicht das Schlechteste sein. Tagesspiegel

Machterhalt um jeden Preis Diese Regierung ist so weit gesunken, dass man sich fast nach Helmut Kohl sehnen möchte. Der vertrat wenigstens bei Europa noch Grundwerte, egal woher der Wind gerade wehte. Angela Merkels Antworten auf die Wackeleuropäer dagegen sind rein taktischer Natur taz

CSU

Sehnsucht nach der alten CSU Der Coup war gut kalkuliert: Kaum hat Parteichef Seehofer seine Wunschkandidaten für die Vize-Posten bekannt gegeben, schiebt CSU-Rebell Gauweiler seine Kandidatur hinterher. Seine Chancen stehen gut – gerade, weil er für nicht für die Seehofer-CSU steht. Süddeutsche Zeitung

Gauweiler führt die Euroskeptiker Umfragen zufolge sind die Deutschen, die einer zunehmenden Europäisierung der Politik skeptisch gegenüberstehen, zu einer erklecklichen Gruppe der Bevölkerung angewachsen. Ihr Problem: Es gibt bislang weder eine Partei noch einen Politiker von Bedeutung, die sich ihres Unbehagens angenommen hätten. Im Gegenteil. Berliner Zeitung

Schwarzer Peter im Spiel CSU-Chef Seehofer sollte Peter Gauweiler dankbar sein, dass er einer der vier Stellvertreter werden will. Augsburger Allgemeine

Euro-Krise

Prinzipienreiterei bis in den Abgrund Der zurückgetretene EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark hat sich der Realität verweigert. Hätte er seine orthodoxe Linie durchgesetzt, wäre die Währungsunion längst zerbrochen. Financial Times Deutschland

Die Bundesbank muss sich wandeln Mit der Euro-Einführung entmachtete Berlin die Bundesbank und übertrug die währungspolitische Souveränität auf die EZB. Die heimische Zentralbank muss ihre Dissidentenrolle in der Euro-Zone aufgeben – und Koalitionen schmieden. Financial Times Deutschland

Die Seelenkäufer Der Hort des Kommunismus als Hüter des Kapitalismus: China ist bereits größter Gläubiger der Vereinigten Staaten. Jetzt inszeniert sich das Land als Retter des Euro, kauft Staatsanleihen und beteiligt sich an Konzernen. Wie viel Geld tatsächlich investiert wird, bleibt jedoch unklar. Dahinter steckt Kalkül. Süddeutsche Zeitung

Italiens Bittgang nach Peking geht nach hinten los Italien bittet China um Geldspritzen, um sich gegen den Griechenlandvirus zu wappnen. Das ist der falsche Weg: Er stärkt Vorbehalte gegen die EU und Pekings Überlegenheitsgefühl. Dabei könnte Peking Rom gar nicht retten. Handelsblatt

Reicher Onkel aus China Italien hofft auf chinesische Investitionen. Schließlich hat Peking mehrfach angekündigt, Europa beizuspringen, so Griechenland, Spanien, Portugal und Ungarn. Doch der reiche Onkel aus Asien kann die Eurofamilie nicht retten. FAZ

Hysterie statt Spekulation regiert die Börsen Gerüchte über ein angebliches chinesisches Interesse an italienischen Anleihen treiben die Wall Street hoch, Politiker spekulieren wild über eine Griechen-Pleite und Banken nehmen selbst zu Latrinenparolen Stellung, um ihre Kurse zu stützen: Am Kapitalmarkt schlägt derzeit die Stunde der Hysteriker. Financial Times Deutschland

Wie es passt Wer in Deutschland laut über den Austritt Griechenlands aus der Währungsunion nachdenkt, der wird schnell und scharf belehrt, dass es juristisch gar nicht möglich sei. Wo aber waren die Belehrer, als mit dem ersten Rettungspaket das Bail-Out-Verbot gebrochen wurde? FAZ

Europas Kern im Visier Die Einschläge rücken immer näher. Vorgestern die Griechen, gestern die Italiener, heute die Franzosen. Nach der Société Générale stand am Dienstag die BNP Paribas im Zentrum heftigster Spekulationen. Der Aktienkurs sauste zeitweise tief in den Keller. Die noch kürzlich so stabil erscheinenden französischen Banken, die als Krisengewinner galten, stecken tief im Euro-Sumpf. Börsen-Zeitung

Mein Feuer, dein Feuer Obama ermahnt Europa, Europa ermahnt Obama: Europäer und Amerikaner bezichtigen sich gegenseitig, mit ihrer Politik die Weltwirtschaft zu gefährden. Dabei ähneln sich ihre Probleme bis ins Detail. Schuldzuweisungen lösen das Problem nicht – das doppelte Systemversagen im Westen produziert dafür einen lachenden Dritten. Süddeutsche Zeitung

Unverschämt Barack Obama steht das Wasser bis zum Hals. Ökonomisch. Politisch. Da bietet es sich an, ein Ablenkungsmanöver zu starten. Mitteldeutsche Zeitung

Mehr Europa kann mehr! Mitten in der Krise überkommt die Politik plötzlich Zweifel am eingeschlagenen Weg. Doch jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, einen Rückzieher zu machen. Tagesspiegel

Türkei

Erdogans Berechnung entfernt die Türkei aus Europa Die Türkei distanziert sich nicht nur mental, sondern auch politisch immer weiter von Europa. Ein verlässlicher Partner ist das Land längst nicht mehr. Die Welt

Am Rande der Selbstüberschätzung Der türkische Ministerpräsident Erdogan reist zur Zeit durch drei nordafrikanische Revolutionsstaaten und lässt sich feiern. Aber Beifallsstürme wird er nicht überall ernten. Tagesspiegel

Ägypter feiern Erdoğan für Israel-Kritik Seine harte Haltung gegenüber Israel wird bewundert. Doch mit den Gastgebern in Kairo konkurriert der türkische Premier um die Vorrangstellung in Nahost. ZEIT

Erdogan spricht sich für Palästinenserstaat aus Neuer Nadelstich gegen Israel: Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat die Anerkennung eines unabhängigen Staates Palästina gefordert. Das sei nicht bloß eine Option, sondern eine Verpflichtung, sagte Erdogan vor der Arabischen Liga in Kairo. stern

Libyen

„Libyen soll Rechtsstaat werden“ Libyen soll ein gemäßigter islamischer Staat werden, mit der Scharia als wichtigster Quelle der Gesetzgebung: Das sagte der Vorsitzende des Übergangsrates Dschalil während seiner ersten öffentlichen Rede in Tripolis. FAZ

Wie Scharia und Rechtsstaat zusammenpassen sollen „Die Scharia soll die wichtigste Quelle für die Gesetzgebung sein“: Auf dem Martyr’s Square im Zentrum von Tripolis begeistert die Frontfigur der libyschen Revolutionäre, Mustafa Abd al-Dschalil, Tausende Anhänger – und stellt die Pläne des Übergangsrats für die Zukunft des neuen Libyens vor. Was von seinem Ziel eines Rechtsstaates unter der Scharia zu halten ist. Süddeutsche Zeitung

Die Burg der Furcht ist gefallen Kamele und Beduinenzelt – das war das Bild Libyens, das Gaddafi in die Welt hinaustrug, und das viele Libyer gar nicht so gezeichnet sehen möchten. Nach dem Sturz des Diktators schwirren viele Ideen durch die Köpfe, wie das neue Libyen aussehen könnte. FAZ

Bildungsbericht der OECD

Deutschland fehlt es an Hochqualifizierten Das deutsche Bildungssystem belegt im internationalen Vergleich einen der hinteren Plätze: In den vergangenen fünfzig Jahren hat die Zahl der Hochqualifizierten kaum zugenommen. Das geht aus einer Studie der OECD hervor. Auch die Bildungsausgaben sind in fast allen anderen Ländern höher. FAZ

Zu kleine Elite Bildungsrepublik Deutschland? Pustekuchen! Deutschland hinkt anderen Ländern hinterher – zumindest was die Ausbildung von Hochqualifizierten angeht. Warum die Bundesrepublik zu wenige Talente hervorbringt, zeigt die OECD-Studie „Bildung auf einen Blick“. Ein Überblick über die wichtigsten Befunde. Süddeutsche Zeitung

Mehr Steuern durch Bildung Wieder bescheinigt die Industrieländerorganisation Deutschland ein schlechtes Bildungssystem. Eine Ausrede für Mittelmaß gibt es dieses Mal nicht. Financial Times Deutschland

Die Glücksformel Bildung macht glücklich. Das hat die OECD in ihrer neuen Studie festgestellt. Menschen mit höherer Bildung haben eine positivere Einstellung zur Gesellschaft und sind eher bereit, sich für sie zu engagieren. Tagesspiegel

Bildung und Bankrott Erst peitschten die Schulminister die Abiturienten durch ein stümperhaft reformiertes Turboabitur – um dann festzustellen, dass es nicht genug Studienplätze für die Absolventen gibt.Liebe Kultusminister, bitte abtreten, und zwar sofort! taz

Kraftakt nötig Die OECD-Daten zeigen, dass von der politisch propagierten „Bildungsrepublik Deutschland“ noch nicht die Rede sein kann. Mitteldeutsche Zeitung

Einfache Rechnung Die OECD-Studie sagt nichts Gutes aus: Vom Ziel des einst so gepriesenen Bildungsgipfels von Bund und Ländern, bis 2015 zehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes in Bildung zu investieren, hat sich Deutschland weiter entfernt. Offenkundig auf Kosten der Grundschulen. Lausitzer Rundschau

Erfolge und Sorgen mit der Bildung Es gibt Länder, die investieren mehr in die Bildung ihrer Bürger als Deutschland. Aber ist die Bundesrepublik wirklich ein Land, in dem die Menschen schlechter qualifiziert sind als anderswo? Und sinken demzufolge unsere Chancen, im weltweiten Wettlauf um neue Technologien künftig bestehen zu können? Es gibt Statistiken, die sprechen eine völlig andere Sprache. Märkische Oderzeitung

….one more thing!

Politik mit Fernsehbildern Al-Dschasira ist das erfolgreichste Fernsehprogramm in der arabischen Welt – aber nicht nur das: Der Emir von Katar nutzt den populären Sender, um seinen Einfluss in der arabischen Welt auszuweiten. Er unterstützt die libysche Revolution und unterhält gute Beziehungen sowohl zu den USA als auch zu Iran. Schon neiden andere arabische Staaten dem Empörkömmling aus Katar die außenpolitischen Erfolge. Süddeutsche Zeitung

Leitartikel

Wählersehnsucht An geringer Wahlbeteiligung sind immer nur Politiker schuld. Nur sie? Auch selbstgerechte Kritiker. Denn sie stellen Wahlen als Abstimmungen über messbare Programme dar, nicht als das, was sie sein sollen: Vertrauensvorschüsse auf Zeit. FAZ

Charme des Provinziellen Berlin schwebt in diesem Wahlkampf auf einer kleinen Wolke. Wenn alles vorbei ist, wird sie sich unbemerkt auflösen und alles ist wie zuvor – in Deutschland und in Berlin. Nun ja, fast alles. Tagesspiegel

Land ohne Staat Die Palästinenser riskieren viel, wenn sie vor den UN um Anerkennung als Staat bitten. Obwohl sie im Recht sind, blockiert die Lage im Nahen Osten die naheliegende Lösung. Frankfurter Rundschau

Alter ist kein Hindernis für Piloten Es war das Wunder vom Hudson: Mitten auf dem Fluss in New York City musste 2009 ein voll besetzter Passagierjet notlanden – alle überlebten. Der Pilot, der diese Wunderrettung vollbrachte, hieß Chesley Sullenberger und war 58. Financial Times Deutschland

Die große Elektroshow Unter dem zackigen Stichwort „E-Mobility“ präsentieren viele Hersteller auf der IAA unausgereifte, teure und alltagsferne Fahrzeuge. Dabei sind Verbrennungsmotoren sparsamer und leistungsfähiger denn je Die Welt

Obama macht Jagd auf Verleumder „Obama nimmt uns die Waffen weg, er hat uns das Milliarden-Rettungspaket eingebrockt und seine Regierung ist korrupt“: Die Attacken im Wahlkampf werden heftiger. Obamas Helfer machen nun im Netz Jagd auf die Urheber. Handelsblatt

Is It Weird Enough Yet? A look at the chatter behind the recent attacks on the science of climate change. New York Times

Uncle Sam play venture capitalist? Solar Solyndra is a cautionary tale why government should be wary betting tax dollars. USA Today