FDP, Linke, SPD, Netzsperre, Portugal & Commerzbank

Der Mehrwert der FDP Auch nach den Wechseln läuft die FDP Gefahr, dass Personalfragen weiter schwelen und damit die inhaltliche Debatte überlagern. Das wäre fatal. Fürs erste wäre schon viel gewonnen, weckte die Partei wieder Neugier statt Mitleid. FAZ

Das Wählerpotenzial der FDP liegt rechts der Mitte Mit einem sanften Sozialliberalismus kann die FDP nicht gewinnen. Den haben die Grünen gepachtet. Sie muss die „Leistungsindividualisten“ gewinnen. Die Welt

Das süße Versprechen der Freiheit Die Liberalen bei drei Prozent, die Grünen 28 Prozent. Wo gibt es denn sowas? Einst war die FDP die Partei der Freiheit. Aber Freiheit à la Freidemokraten ist zur leeren Hülle verkommen. Ausgerechnet den Grünen ist es gelungen, die Leere zu füllen. Sonderbar. Süddeutsche Zeitung

Westerwelle bleibt Außenminister bis zur Wahl Wenigstens ein kleiner Erfolg für Guido Westerwelle: Der scheidende FDP-Vorsitzende hat Parteiführung und Fraktion darauf festgelegt, dass er seinen Ministerposten bis Ende der Legislaturperiode halten kann. Auch Rainer Brüderle darf wohl bis zum Ende der Legislaturperiode weiterarbeiten. FAZ

Röslers Patient heißt FDP Der designierte FDP-Chef und Gesundheitsminister Philipp Rösler ist bemüht, Zuversicht auszustrahlen bei seinem ersten Auftritt als neuer Hoffnungsträger der Partei. In seiner Führungsmannschaft gärt es indes weiter. Während einer durchatmen kann, ist für eine andere das Zittern noch längst nicht vorbei. Süddeutsche Zeitung

Liberale Verheißung Philipp Rösler wird der nächste FDP-Vorsitzende. Seine Politik als Gesundheitsminister entsetzte die Pharmaindustrie, erregte die Apotheker, empörte die Arbeitgeber und überraschte die Opposition. FAZ

Unter dem gelben Wa-ha-gen Walter Scheel war eine Nummer, Genscher auch, Baum, Hirsch. Und nun? Seien wir ehrlich: Uns würde die FDP nicht fehlen. Stern

Linke

Lieber alt als blass Die Linke dümpelt in Umfragen unter neun Prozent. Gemessen an der FDP ist das Luxus pur. Für eine kapitalismuskritische Oppositionspartei ist es jämmerlich. Eine Rückkehr von Oskar Lafontaine erscheint aber alles andere als zukunftsorientiert. Frankfurter Rundschau

Linke in Not Die Linken sind ein famose Partei. Offiziell finden sie ihr Führungsduo Gesine Lötzsch und Klaus Ernst ganz Klasse. Lausitzer Rundschau

Unmut über „Notfallszenarien“ Die Wahlschlappen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sorgen auch in der Partei „Die Linke“ für eine Personaldebatte. Fraktionschef Gysi bringt ein Comeback Lafontaines für eine „Notfallsituation“ ins Gespräch und bringt damit die Parteispitze gegen sich auf. FAZ

Gysi liebäugelt mit Lafontaine Nach den Wahlpleiten in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz brodelt es bei den Linken. Und Gregor Gysi nährt neue Spekulationen: Kehrt Oskar Lafontaine zurück? Linken-Chef Klaus Ernst hatte dies noch am Vortag ausgeschlossen. Süddeutsche Zeitung

In Schockstarre Die Linkspartei hat ein Führungsproblem. Klaus Ernst und Gesine Lötzsch wirken wie Chefs auf Abruf. Außer gusseisernem „Weiter so“ fällt der Partei nichts ein. taz

SPD

Partei ohne Volk Im Schatten der Krise der Koalition, des Machtverlustes der Union und des Kampfes der FDP um ihre Existenz vollzieht sich eine weithin unbeachtete Krise: Es ist die Krise der SPD. Der einzige, der sehr laut, aber bisher auch sehr wirkungslos darauf hinweist, ist der frühere NRW-Ministerpräsident und Bundesfinanzminister Peer Steinbrück. Bonner General-Anzeiger

Unscharf, ratlos, tragisch Während die Grünen Wahlerfolge und Umfragerekorde feiern und Schwarz-Gelb taumelt, kommt die SPD nicht aus ihrer Krise heraus. Versuch einer Erklärung. Stern

Netzsperre

Regieren ganz nach Gusto Der verfassungswidrige Umgang mit dem Internet-Gesetz war und ist bezeichnend: Die Regierung behandelt das Parlament nach Gusto. Süddeutsche Zeitung

Zensursula ist tot Zensursula ist tot, es lebe Censilia. taz

Endlich konsequent Zensursula ist endgültig Geschichte, eine bloße Sperrung von Seiten mit kinderpornografischen Inhalten im Internet wird es definitiv nicht geben. Augsburger Allgemeine

Kleiner Trost für die FDP Groß sind die Hoffnungen nicht, dass die schwarz-gelbe Koalition in dieser Legislaturperiode noch viel zustande bringt. Aber immerhin: Regiert wird noch. Die überraschende Einigung beim Thema Internetsperren ist ein Triumph für die nicht gerade erfolgsverwöhnte FDP. Märkische Allgemeine

Portugal

Portugals Hilfeschrei in letzter Sekunde Der verzweifelte Griff zum EU-Rettungsschirm hat in Portugal niemanden überrascht. Doch auch mit Hilfe aus Brüssel sieht die Zukunft düster aus. Handelsblatt

Portugal verliert, die Euro-Zone gewinnt Vordergründig scheint Portugal mit seinem Hilfegesuch in Richtung Europa endgültig abzurutschen. Tatsächlich ist es ein Segen – denn es macht die Probleme beherrschbar und dient dem Euro. Financial Times Deutschland

Rettungsanker Nun ist es also doch noch geschehen, und zwar schneller als erwartet. Portugal hat am Mittwochabend die Hilfe der anderen europäischen Staaten erbeten, wofür eine sehr schlecht gelaufene Auktion von Geldmarktpapieren wohl den Ausschlag gab. Börsen-Zeitung

75.000.000.000 Euro von der EU Die Ratingagenturen hatten die Kreditwürdigkeit Portugals in den letzten Wochen erbarmungslos heruntergestuft: Jetzt ist klar: Portugal wird nach Griechenland und Irland das dritte Land sein, dass unter den Rettungsschirm der EU schlüpft. Experten gehen von einem Finanzbedarf von 75 Milliarden Euro aus. Süddeutsche Zeitung

Tickende Zeitbombe Was Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Bundesbank verschweigen: Der Rettungsschirm rettet den Euro nicht – aber er lastet Deutschland ungeheure Risiken auf. Die Höhe der Haftung übersteigt die schlimmsten Ahnungen der Öffentlichkeit. Süddeutsche Zeitung

Commerzbank

Befreiungsschlag der Commerzbank Die Commerzbank will mit Hilfe einer Kapitalerhöhung einen Großteil ihrer Staatshilfen zurück zahlen. Das ist eine erfreuliche Nachricht. Vom Beispiel der Commerzbank sollten auch die Landesbanken lernen. FAZ

Beileid, lieber Steuerzahler! Die Commerzbank zahlt bis Juni einen Großteil der in der Not erhaltenen Staatshilfe zurück. Ein guter Tag für den Steuerzahler, könnte man meinen. Doch das trifft nur auf den ersten Blick zu. Handelsblatt

Danke, Herr Blessing Der Commerzbank-Chef gönnt dem Steuerzahler etwas für seinen Einsatz zur Bankenrettung – und zahlt einmalig 1 Mrd. Euro. Eine wichtige Geste. Financial Times Deutschland

Ungliebte Staatsknete Die Rettung der Commerzbank wird sich für den Staat nicht auszahlen. Der aus einer Bankiersfamilie stammende Blessing spendiert dem Steuerzahler mit großer Geste gerade mal eine Milliarde Euro. Nicht mehr als ein Bakschisch, ein Almosen. taz

Das lästige Etikett Mehr als 16200000000 Euro hat der Steuerzahler hingelegt, um zwei der größten deutschen Geldinstitute vor dem Kollaps zu bewahren: die Commerzbank und damit auch die von ihr übernommene Dresdner Bank. Augsurger Allgemeine

Riskante StrategieDie Commerzbank will nicht länger Staatsbank sein. Bankchef Martin Blessing will offenbar unbedingt die Scharte auswetzen, dass das Institut sich ausgerechnet kurz vor dem Lehman-Desaster mit der äußerst kühnen Übernahme der Dresdner Bank verhoben hat und deshalb unter das schützende Dach des Staates schlüpfen musste. Märkische Allgemeine

…one more thing!

Der Welt-Entwicklungsminister Bill Gates wirbt in Berlin für Entwicklungshilfe. Der größte Privatspender der Welt trifft sich mit Wulff, Merkel und Niebel. Er will auch die Zusammenarbeit zwischen seiner Stiftung und dem Entwicklungsministerium stärken. Süddeutsche Zeitung

Leitartikel

Der nette Herr Rösler kann auch anders Der designierte FDP-Chef Rösler hat zurecht auf einen Machtkampf mit Brüderle verzichtet. Doch er ist keineswegs so harmlos wie viele denken. Zeit

Israel in Not Freiheitsrevolten im Nahen Osten bringen die einzige Demokratie der Region in Bedrängnis. Nur auf lange Sicht bieten sie Israel und den arabischen Gesellschaften auch Chancen Es fällt schwer, es auszuspreche Die Welt

Wo Aufklärung höchste Kunst ist Ai Weiwei soll sich in China wegen Wirtschaftsdelikten verantworten: Damit hat die chinesische Polizei die Verhaftung des Künstlers begründet. Besondere Empörung muss die willkürliche Festnahme in Berlin auslösen. Ein Land, das einen Künstler und Aufklärer wie Ai Weiwei hinter Gittern verschwinden lässt, hat einen neuen moralischen Tiefpunkt erreicht. Nun braucht es ein politisches Signal. Süddeutsche Zeitung

Deutschland lebt in der Lüge Deutschland lebt von wirtschaftlichen Voraussetzungen, die es selbst nicht mehr zu schaffen bereit ist. Wer in China Audis verkaufen will, braucht deshalb zu Ai Weiwei nicht viel zu sagen. Tagesspiegel

Löschen und einsperren Kommando zurück beim Kampf gegen die Kinderpornografie. Löschen statt sperren.Dass ein Radiergummi wirkungsvoller ist als ein Stoppschild, haben Computerexperten von Anfang an geraunt. Aber wahr ist auch:Was nützen die dollsten Paragrafen, wenn Richter wie im Fall Dresden selbst bei Kinderschändern beide Augen zudrücken? Bild

Nicht mehr als nötig Als die USA 2010 Einblick in Europas Swift-Bankdaten begehrten, hat sich das EU-Parlament dem zu Recht widersetzt. Das sollte es bei dem neuesten Anfall einer Datensammelwut wieder tun. Financial Times Deutschland

Fatale Zinswende Die EZB begründet die Zinserhöhung mit der Inflationsgefahr. Die ist weit übertrieben. Zudem: Unter der Verteuerung der Kredite leiden gerade die derzeit schwachen EU-Länder. Frankfurter Rundschau

Am Nerv getroffen Nichts stimmt mehr im Land der Perfektion. Wie kein anderes Land war Japan auf ein Erdbeben gefasst. Doch der Tsunami hat nicht nur die Küstengebiete im Nordosten verwüstet, Hunderttausende entwurzelt und traumatisiert, sondern auch den Stolz des Landes unter sich begraben. FAZ

A Ronald Reagan Budget Paul Ryan’s budget offers much more than deficit-reduction brimstone. Wall Street Journal