Integration, FPÖ, Polizei, UN-Sicherheitsrat & Wirtschafts-Nobelpreis

Union lässt sich Positionen vom Zeitgeist diktieren Nachplappern und verurteilen, ohne zu reflektieren: Die Union findet keine klare Linie in der Integrationsdebatte. Die Welt

Alles für die Partei Die Kanzlerin findet „nachvollziehbar“, dass Seehofer einen Zuwanderungsstopp für Türken und Araber will. Aus Sicht der Union ist das verständlich. Zeit

Seehofers Gegenwelt Horst Seehofer hat das Gegenmodell zum Deutschland-Bild von Bundespräsident Wulff entworfen. Der Schaden, den er anrichtet, ist beträchtlich. Süddeutsche Zeitung

Das Elend des Horst Seehofer Wenn sie nicht zum Umgang mit dem Thema Ausländer traditionell solch ein, sagen wir, gespaltenes Verhältnis hätte, könnte einem die Union allmählich leidtun. Erst ist Sarrazin über sie gekommen. Dann hat der Bundespräsident sie verwirrt. Und jetzt also Seehofer. Tagesspiegel

Verwunderung in der Union über Seehofer Äußerungen des CSU-Vorsitzenden Seehofer zur Integration haben in der Union Widerspruch hervorgerufen. Seehofer hatte gesagt, „dass wir keine zusätzliche Zuwanderung aus anderen Kulturkreisen brauchen“. Die Opposition kritisierte Seehofer scharf und warf ihm „Rechtspopulismus“ vor. FAZ

Konsens-Suche Der bewusst missverständliche Vorstoß von CSU-Chef Horst Seehofer gegen die Zuwanderung von Türken und Arabern nach Deutschland hat nur ein gutes: Er macht, wie schon Thilo Sarrazins Buch, überdeutlich, dass sich dieses Land zum Thema Integration neu sortieren muss, sich seiner Standpunkte und seiner Politik neu vergewissern muss. Bonner General-Anzeiger

Seehofer fühlt sich wie Sarrazin Integrations-Debatte und kein Ende: Jetzt sieht sich CSU-Chef Horst Seehofer für seine jüngsten Äußerungen zu Unrecht gescholten. Er fühlt sich wie Thilo Sarrazin! Bild

Deutschland fehlen Fachkräfte – und Zuwanderer Horst Seehofer entfesselt eine neue Einwanderungsdebatte. Doch der Ansturm ausländischer Arbeitskräfte ist nur noch eine Erinnerung. Die Welt

Konkrete Probleme, abstrakter Streit Wir waren schon weiter. Dass Deutschland jetzt darüber streitet, ob der Islam zu Deutschland gehört oder ob die Zuwanderung von Menschen aus dem „muslimischen Kulturkreis“ zu begrenzen sei, offenbart Realitätsverweigerung. Es gibt Hunderttausende muslimische Deutsche, die zu uns gehören. Gleichzeitig beobachten wir seit einigen Jahren den Wegzug qualifizierter Türken aus Deutschland. Berliner Morgenpost

Opportunismus schlägt die Vernunft Die politische Debatte über Zuwanderung ignoriert bewusst die bekannten Fakten: Die deutsche Wirtschaft gerät ohne Hochqualifizierte aus dem Ausland ins Hintertreffen. Handelsblatt

Unsinn in allen Schattierungen Statistiken widerlegen die Annahme, Massen von Muslimen würden nach Deutschland kommen – es gibt kaum noch Zuzug. Süddeutsche Zeitung

Falscher Freund Islam Statt eine Religion unter Schutz zu stellen, sollten wir die Werte unserer Gesellschaft hochhalten. Denn nicht der Islam braucht Beistand, sondern die Menschen. Financial Times Deutschland

Türken bei deutschen Jugendlichen unbeliebt Die Türken wünschen sich mehr Kontakt, doch die Deutschen zeigen ihnen die kalte Schulter: Nach einer Studie, die der SZ vorliegt, ist keine andere Nationalität oder Gruppe in Deutschland so unbeliebt wie die Türken. Sie rangieren hinter Schwarzafrikanern, Juden und Osteuropäern. Süddeutsche Zeitung

„Der Islam gehört auf andere Weise zu Deutschland“ Präses Nikolaus Schneider über Erwartungen an muslimische Mitbürger, die verunsicherte Mittelschicht und Ausnahmen bei der Präimplantationsdiagnostik. Die Welt

Türkischer Minister predigt deutsche Leitkultur Sie sollen die deutsche Sprache lernen und sich den Sitten und Gebräuchen anpassen – der türkische Europaminister Bagis fordert seine Landsleute zur Integration in Deutschland auf. Stern

Überfälliger Schritt Woanders gibt es tatsächlich einen Aufbruch. An der Osnabrücker Uni startet ein Kurs für islamische Geistliche. Sie bilden sich für pädagogische und soziale Aufgaben in ihren Gemeinden weiter. Märkische Oderzeitung

Regierung will Integrationsverweigerer rannehmen Von der Leyens Ministerium plant offenbar einen Runderlass zur strikteren Anwendung von Sanktionen. Schärfere Bestimmungen sind aber nicht geplant. Die Welt

Trennung zwischen „uns“ und „denen“ Auf dem Altar von Wahlprognosen und der Ängste vor dem Entstehen einer populistischen Partei droht dabei ein Fundament unserer Gesellschaft geopfert zu werden: die Verschiedenheit. taz

FPÖ

Rechtsum im Dreivierteltakt Dem Vernehmen nach soll es in ganz Wien nur drei Burka-Trägerinnen geben. Trotzdem kann hier eine Partei reüssieren, bloß wenn sie vor dem Islam warnt, eine neue „Wien-Belagerung durch die Türken“ herbeideliriert. Frankfurter Rundschau

„Zu viel Fremdes tut niemandem gut“ Heinz-Christian Strache ist keineswegs wie Jörg Haider, Strache ist eindimensionaler und radikaler. Er konzentriert sich ganz auf das Thema Fremdenfeindlichkeit. Seine FPÖ erreichte damit in Wien 27 Prozent. Tagesspiegel

Talent zur Angstmache Allein auf das Thema Ausländer setzen, die eigene Klientel hysterisieren und keinerlei Angriffsflächen bieten: Die FPÖ feiert in Wien Triumphe, weil sie Hass schürt – und die Sozialdemokraten müde sind. Süddeutsche Zeitung

Rechtspopulist Strache ist der Held der Verlierer Der Rechtspopulist Heinz-Christian Strache nutzt die Unzufriedenheit der Wiener zu seinem Vorteil. Regieren kann er trotzdem nicht. Die Welt

Polizei

Polizisten als Hass-Symbole Das Rechtsempfinden in Teilen der Gesellschaft hat sich inzwischen offensichtlich so ungesund verschoben, dass Polizisten nicht nur schnell zum Hass-Symbol werden, sobald sie irgendwo eingreifen. Gewalt gegen sie wird in sozial schwierigen Stadtlagen oder am Rande von Großveranstaltungen zunehmend gesellschaftsfähig. WAZ

Sicherheit vor dem Kollaps Berlin „Die innere Sicherheit steht vor dem Kollaps“, sagte der GdP-Vorsitzende Konrad Freiberg am Montag in Berlin bei der Vorstellung einer Bilanz zur Lage der Polizei. Wachsenden Arbeitsdruck und immer weniger Personal macht der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei unter anderen dafür verantwortlich. Lausitzer Rundschau

Gewalt gegen Polizisten nimmt zu Beamte fühlen sich immer öfter als Opfer – Gewerkschaft warnt vor Überforderung Die Welt

Dein Freund und Helfer? Die Gewerkschaft der Polizei hat sich bitter beklagt. Natürlich über zu hohe Arbeitsbelastung. So weit ist die Beschwerde berechtigt. Nicht recht allerdings haben die Polizisten mit ihrer Anschuldigung, die Politik trage gesellschaftliche Probleme auf ihrem Rücken aus. Frankfurter Rundschau

Sicherheit als Steinbruch Berufslobbyisten bedienen sich gern der Dramatisierung, wenn es darum geht, die Sorgen und Nöte ihrer Klientel unters Volk zu bringen. Die Gewerkschaft der Polizei bildet da keine Ausnahme. Lausitzer Rundschau

UN-Sicherheitsrat

Mitbestimmen oder nachsitzen Hat Deutschland einen Sitz im UN-Sicherheitsrat verdient? Schwarz-Gelb erwies sich nicht immer als Vorbild für internationale Zusammenarbeit. Frankfurter Rundschau

Westerwelles Mission Deuschland will Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen werden. Außenminister Westerwelle reist persönlich zur Abstimmung nach New York: Für ihn geht es um mehr als den Sitz im höchsten UN-Gremium. Süddeutsche Zeitung

Wenn es schief geht, war Guido Westerwelle schuld Der Außenminister konnte nur noch wenig für den deutschen Sitz im Sicherheitsrat tun. Aber eine Pleite würde ihm zugerechnet. Die Welt

Wirtschafts-Nobelpreis

Brisanter und hoch politischer Nobelpreis Die Vergabe des Nobelpreises für Wirtschaftswissenschaften an die drei Arbeitsmarktforscher Peter Diamond, Dale Mortensen und Christopher Pissarides ist eine brisante und hoch politische Entscheidung. Wirtschaftswoche

Gut genug für Nobelpreis – aber zu schlecht für Fed Peter Diamond geht in diesem Jahr durch Himmel und Hölle. Der amerikanische Senat hat seine Berufung in die Notenbank zurückgewiesen. Just in dem Moment, in dem Politiker Zweifel an seiner fachlichen Kompetenz äußern, erhält er jetzt den Nobelgedenkpreis. FAZ

Arbeit am Markt Spezial Für ihre Arbeiten zu den Ursachen von Arbeitslosigkeit erhalten drei Forscher den Wirtschafts-Nobelpreis. Politisch brisant ist ihre Erkenntnis, dass eine zu komfortable Unterstützung für Arbeitslose deren „Reservationslohn“ erhöht: den Lohn, unterhalb dessen sie keine Arbeit aufnehmen. FAZ

Ökonomen, bei denen sich das Lauschen lohnt Der Ruf der Experten litt in der Krise. Dass Wirtschaftsforschung trotzdem nützlich ist, zeigt das diesjährige Nobelpreisträger-Trio. Die Welt

Nobelpreis für Grundlagen der Hartz-Reformen Drei Arbeitsmarktforscher teilen sich die Auszeichnung für Wirtschaftswissenschaften. Deutsche Top-Ökonomen loben die Entscheidung. Die Welt

….one more thing!

Die Rente im Pisa-Test Wenn es um die Rente geht, scheint das Volk der Dichter und Denker mit dem Denken aufzuhören und sich lieber aufs Träumen zu verlegen. Frankfurter Rundschau

Leitartikel

Seehofer bringt Ludergeruch übers Land Es ist gefährlich, wie CSU-Chef Seehofer über „fremde Kulturkreise“ daherredet. In der Krise seiner Ex-Volkspartei gibt er sich als leicht xenophober Bauernfänger. Süddeutsche Zeitung

Seehofers Stimmungspolitik Deutschland wird ohne qualifizierte Einwanderung erodieren. Vielleicht weiß das auch Horst Seehofer. Wenn er nun aber behauptet, Deutschland benötige keine Zuwanderung aus anderen Kulturkreisen, führt er die Bürger in eine gefährliche Irre. FAZ

Semantischer Kulturkampf Die Probleme von Ministerin und Ministerpräsidenten sind vor allem semantischer Natur. Begriffe wie Deutschenfeindlichkeit und Kulturkreis waren bislang eher keine Vokabeln, mit denen die hiesige Integrationsdebatte vorangebracht worden ist. Frankfurter Rundschau

Das „Kartoffel-Problem“ muss erforscht werden Auch wenn es lustig daherkommt: Es ist als Beleidigung gemeint, wenn deutsche Kinder „Kartoffel“ genannt werden. Darum wäre es jetzt gut, wenn nachgeforscht und ernst genommen würde, was auf Schulhöfen geschieht. Tagesspiegel

Dumm gelaufen Seehofer hat kalkuliert provoziert – jetzt muss er zurückrudern. AZ

Zuwanderung wird nötig sein Die meisten Deutschen geben Horst Seehofer recht. Doch leider kennen viele offenbar die Zahlen nicht. Aus Deutschland wandern mehr Menschen aus als ein. Deshalb wird Zuwanderung künftig wichtiger als je zuvor. Kölner Stadt-Anzeiger

Für wie dumm hält die SPD die Wähler? Schon vom Zuschauen wird einem schwindelig bei diesem doppelten Salto rückwärts: Noch bis vor ein paar Tagen stand die SPD in Bund und Land ohne Wenn und Aber zum Großprojekt „Stuttgart 21“. Unter dem Druck der Straße stehlen sich die Genossen heute aus ihrer demokratischen Mitverantwortung – fast so, als entstünde in Stuttgart ein Schwarzbau! Bild

The American Angst Lange Zeit spöttelte man im angelsächsischen Sprachraum über die deutsche Angst. Vor Jahrzehnten ging es um die Furcht in der alten Bundesrepublik vor den Atomwaffen der Sowjetunion und, mehr noch, vor der Nachrüstung des eigenen Bündnispartners USA. Später ängstigten neue Eiszeit, saurer Regen, Waldsterben. Die Welt

Kampf ums Microsofts Image Der Softwarehersteller geht mit seinem neuen Betriebssystem für Smartphones reichlich selbstbewusst an die Öffentlichkeit. Eine Revolution werde Windows Phone 7 auslösen, tönt Deutschlandchef Ralph Haupter. Financial Times Deutschland

Mad as hell but not Mad Hatters Tea Party movement stirring up US politics means different things to different people Financial Times

Obama’s outsized ego Obama’s arrogance problem isn’t a matter of psychology but of strategy. Los Angeles Times

Big Oil in a Blue Suit How the energy future will look familiar. Newsweek

America from the Road A 24-day, 6,782- mile journey by car from coast to coast reveals the big issues our politicians aren’t talking about in an angry and anxious election season. Time