Merkel, Piraten, Türkei, Syrien & Pakistan

Angela Merkels Balancieren auf dem Murmelspiel Die Bundeskanzlerin ist höchst sachlich und politisch. Furchtlos regiert sie Deutschland und versteht das Kräftespiel der EU-Spitzengremien instinktiv. Doch woher kommen diese Fähigkeiten? Die Welt

Die rote Angela Muss einem bei der Pfarrerstochter Angela Merkel ein Bibelwort einfallen? Muss nicht, aber kann. Zum Beispiel dieses: „Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein.“ Was Springer-Journalisten in einem Buch, das diese Woche erscheint, über die DDR-Vergangenheit der heutigen Bundeskanzlerin recherchiert haben wollen, gibt jedenfalls keinen Anlass, über Merkel den Stab zu brechen. Bonner General-Anzeiger

Merkels 1. Ehe und der Weg in die Politik 35 Jahre ihres Lebens lebte Kanzlerin Merkel (58, CDU) in der DDR. Jahre, über die bisher kaum etwas bekannt ist. Die Autoren Ralf Georg Reuth und Günter Lachmann haben in einem neuen Buch* die Spuren Merkels verfolgt. BILD

Merkel am Kochtopf, ein verwirrendes Bild Die Kanzlerin gibt plötzlich Einblicke in ihr Privatleben als Ehefrau und Oma. Die Betonung des typisch Weiblichen war bislang ihre Sache nicht. Rheinische Post

Im Kino mit Merkel „Die Legende von Paul und Paula“ war nicht nur ein DDR-Kultfilm über wilde Liebe, Rausch und tiefe Sehnsucht. Er ist auch Angela Merkels Lieblingsfilm. Ein Bericht von einem etwas anderen Kinobesuch. stern

Amüsiert in Reihe fünf Wenn die Kanzlerin über alte DDR-Zeiten plaudert, wird’s lustig: Bei einer Kino-Vorführung in Berlin schwelgte Angela Merkel in Erinnerungen an Kohleöfen, Ost-Pop und ihre Nebentätigkeit als Bardame. Einen geschickten politischen Nebeneffekt hatte der Auftritt zudem. SPIEGEL

Wegmarken, Wendepunkte Die Auseinandersetzung nimmt Fahrt auf, Programme und Persönlichkeiten werden von jetzt an konturiert, nicht mehr bloß modelliert. Das gibt Hoffnung: auf Spannung im Wahlkampf. Tagesspiegel

Piraten

Ritter Fips gegen die Windmühle Ihren ungeliebten Geschäftsführer Ponader ist die Piratenpartei fürs Erste losgeworden, aber der Streit über die „Ständige Mitgliederversammlung“ im Internet spaltet die Partei so tief, dass auch der Parteitag in Neumarkt in der Oberpfalz unvergnüglich endet. FAZ

Am Ende fehlt der Mut Die Piraten – Partei der Online-Demokratie? Nicht ganz. Auf ihrem Parteitag verpasst ein Antrag auf eine Ständige Mitgliederversammlung knapp die nötige Zweidrittelmehrheit. Die Ängstlichen schaffen es so, die Partei zu lähmen. Süddeutsche Zeitung

Öde statt putzig Was ist die Piratenpartei im Laufe von anderthalb Jahren schon alles gewesen: größte Hoffnung, größte Pleite, Revoluzzerin, Wutbürgertraum. Doch die Laune ist gekippt, und viele ehemalige Fans empfehlen, die Partei einzumotten. FAZ

Willkommen in der Normalität Ganz ohne Streit ging es natürlich nicht zu beim Parteitag der Piraten; dass sie am Ende ausgerechnet vorerst das Vorhaben versenkten, im Internet verbindliche Abstimmungen zu ermöglichen, ist ein Indiz dafür, wie sehr die Netz-Partei in der realen Welt angekommen ist. WAZ

Die Piraten – gescheitert und trotzdem wichtig Als Partei sind die Piraten gescheitert, trotz aller Bemühungen um einen Neustart. Doch ihre Kritik an der Politik verdient Aufmerksamkeit. Nicht nur, weil sie sich von den Protestbewegungen aus der rechtspopulistischen Ecke abheben. Frankfurter Rundschau

Vom Netz genommen Wenn der Piratenchef die Delegierten dazu auffordert, Schilder mit dem Spruch „Ich bin motiviert“ hochzuhalten, dann ist bereits alles zu spät. Tagesspiegel

Technik ist auch keine Lösung Die Piraten sind als Projekt wichtiger denn je – ohne sie wird die Zukunft von denen gestaltet werden, die Angst vor ihr haben. taz

Vision 3.0 Also gut, die Piratenpartei ist für das Abbrennen bengalischer Feuer in deutschen Fußballstadien. Der netzaffine Pirat macht ein reales Feuerchen, und es droht keine Strafe. Hauptsache, die Piratenflagge ist noch im Rauch zu sehen. Bonner General-Anzeiger

Verdammt noch mal alles geben Katharina Nocun hat eine schwierige Aufgabe vor sich: Nach Marina Weisband und dem gescheiterten Johannes Ponader soll sie die Piraten als politische Geschäftsführerin wieder auf Kurs bringen. Die Voraussetzungen dafür bringt sie mit. FAZ

Partei über Bord Sie standen für die Hoffnung auf eine jüngere Politik. Aber die Hoffnung war größer als ihre politische Kraft ZEIT

Türkei / Syrien

Im Sog der Gewalt Das Attentat in Reyhanli als Wendepunkt: Die Türkei vermutet syrische Auftraggeber hinter dem Anschlag – und könnte nun selbst in den Konflikt im Nachbarland hineingezogen werden. Premier Erdogan erhöht den Druck auf Obama, in Syrien zu intervenieren. Süddeutsche Zeitung

Assads fünfte Kolonne In der türkischen Provinz Hatay hat Syriens Diktator Assad viele Sympathisanten. Das hat mit der Angst der Alawiten vor den Sunniten zu tun – und mit ihrer Kritik am türkischen Staat. FAZ

Reglos auf der roten Linie Der türkische Außenminister Davutoglu deutet eigene militärische Schritte an, der deutsche Außenminister Westerwelle schaut ernst – und versucht, die Forderungen nach einer Intervention in Syrien abzuwehren. Beim Treffen in Berlin sollten gute Nachrichten produziert werden. Doch in der Syrien-Frage liegen Deutsche und Türken über Kreuz. Süddeutsche Zeitung

Perfide Strategie der Attentäter In der Türkei macht sich niemand mehr Illusionen über die Auswirkungen des Krieges in Syrien. Der Sturz von Assad würde die Kämpfe nicht beenden. taz

Niemandsland Im Grunde ist noch immer völlig unklar, wer eigentlich hinter den Anschlägen von Reyhanli steckt. Man hüte sich also in dieser Sache vor einem schnellen Urteil. Nordwest Zeitung

Flächenbrand Israelische Luftangriffe in Syrien, Drohungen der Hisbollah in Libanon – und jetzt Reyhanli. Der syrische Bürgerkrieg greift immer häufiger über die Grenzen des Landes hinaus. Präsident Baschar al Assad hatte mit genau jenem regionalen Flächenbrand gedroht, der sich jetzt ausweitet, aber mit dem Anschlag von Reyhanli noch längst nicht beendet sein dürfte. Bonner General-Anzeiger

Syriens Aussichtslosigkeit schafft neue Chancen Die düsteren Aussichten in Syrien zwingen Russland und die USA zu neuen Einsichten. Es gibt deshalb Chancen auf eine Atempause im Bürgerkrieg ZEIT

Greifen die USA jetzt in Syrien ein, Lord Weidenfeld? BILD

Bad Reputation Did Obama Blow His Credibility — And Syria? Foreign Affairs

Pakistan

Fassadendemokratie mit Rissen Nawaz Sharif zum Dritten: Der pakistanische Wahlsieger ist ein altbekanntes Gesicht. Der deutliche Vorsprung des Muslimliga-Chefs ist ein Beleg für die Teflonqualitäten der Politikerdynastien. Der Ansturm neuer Kräfte prallt an den Zitadellen ihrer Macht ab. Trotzdem zeugen diese Wahlen von größeren Umbrüchen in der Gesellschaft. Süddeutsche Zeitung

Wechsel ohne Wandel Nawaz Sharif hat sich zum Sieger der Wahl in Pakistan erklärt. Die Regierungspartei ist abgestraft worden. Die Wahlbeteiligung ist trotz der Terrordrohungen hoch. FAZ

Wird Pakistan ein nuklear bewaffneter Gottesstaat? Das Ergebnis der Wahl kann die Demokratie in Pakistan in Frage stellen. Wahlsieger Sharif hat schon angekündigt, aus dem westlichen Krieg des Terrors auszusteigen. Was wollen die Pakistaner? Die Welt

Sharifs dritte Chance In mehrerlei Hinsicht haben die Wahlen in Pakistan ein ermutigendes Signal ausgesandt. Das Land muss sich aber weiterhin auf schwierige Zeiten gefasst machen. NZZ

Wandel im „gefährlichsten Staat der Erde“ Ein Staat am Abgrund, unregierbar, chaotisch: Unsere Bilder von Pakistan sind düster. Dennoch: Millionen werden zur Wahl gehen. Sie glauben an ihr Land. ZEIT

…one more thing!

Der weiße Fleck auf der Konsumweltkarte Auch beim diesjährigen „World Economic Forum for Africa“ in Kapstadt hieß es wieder, dass die Wirtschaft Afrikas boome. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Denn der Kontinent ist gerade dabei, seine erreichten Fortschritte wieder zu verspielen. FAZ

Leitartikel

Verzweifelter Wahlkampf Die Sozialdemokraten im Stimmungstief. Ihre Themen sind populär, doch die Lorbeeren ernten andere. Sogar die Oppositionsrolle unter Schwarz-Grün erscheint vielen Sozialdemokraten erstrebenswert Die Welt

Fertig machen zum Neustart Am Computer ist das ganz einfach: „neu starten“ anklicken und es geht von vorne los. BILD

SPD in Lethargie Aufbruchsstimmung schaut anders aus. Vier Monate vor der Wahl werden die Karten ganz neu gemischt: Die Piraten sind nach ihrem Höhenflug in der Dauerflaute gelandet. Die FDP kämpft ums Überleben. Die CSU, die der absoluten Mehrheit zum Greifen nah war, droht im Amigo-Sumpf zu versinken. AZ München

Moralische Verpflichtungen verjähren nie Die Staatsanwaltschaften bereiten derzeit Dutzende Anklagen gegen in den NS-Vernichtungslagern Dienstverrichtende vor. Grundlage ist eine neue Rechtsauffassung, wonach die individuelle Beteiligung an Morden nicht mehr bewiesen werden muss. Diese Anstrengungen sind richtig, auch wenn die Verdächtigen uralt sind. Und auch wenn nicht sicher ist, ob sich diese Konstruktion verfassungsrechtlich halten lässt. Süddeutsche Zeitung

Grenzenlos Der türkische Ministerpräsident Erdogan besucht in dieser Woche Obama. Zu besprechen gibt es vor allem den Syrien-Konflikt, den die Türkei unmittelbar zu spüren bekommt. Doch guter Rat ist teuer. FAZ

Lügen der Steuerpolitik Die verfeinerte Form der Lüge ist die Statistik, ihre raffinierteste die Steuerpolitik. Ein Streifzug durch die Geschichte des Staatsbetrug. Wirtschaftswoche

Leben nach Zahlen Big Data: Wie Staaten und Konzerne berechnen, was wirt tun werden SPIEGEL (Print)

Die DDR-Vergangenheit der Kanzlerin Das brisante Buch über Angela Merkels Leben im Sozialismus FOCUS (Print)

Guns Are a Right, Yes—but Do They Have to Be? Is the right to bear arms worth all the death? The Nation

Tesla recharges the battery-car market Economist