NSU-Prozess, Islamkonferenz, Zuwanderung, Mindestlohn, Hoeneß, Ungarn & Syrien

Die Vertagung des Prozesses ist normal Neue Hotels buchen, Flüge stornieren, erneut beim Chef um Urlaub bitten: Die Unterbrechung des NSU-Prozesses ist für die Angehörigen der Opfer nicht nur eine emotionale, sondern auch eine logistische Herausforderung. Doch die Verschiebung ist gerechtfertigt. Süddeutsche Zeitung

Penibel und langsam, zum Glück! Der Auftakt in München zeigte gleich, dass das NSU-Verfahren zäh wird. Formale Strenge gehört nun mal dazu. Die Medien sollten trotzdem dranbleiben ZEIT

Wir haben versagt Monströs ist der Fall Zschäpe nicht wegen der blutigen Taten einer Truppe durchgeknallter Spießer – sondern vielmehr, weil keine Strafverfolgungsbehörde eins und eins zusammenzählen konnte. Von einem Prozess nun zu erwarten, er könne gesellschaftliche Fehlentwicklungen korrigieren, ist falsch. Frankfurter Rundschau

Ein wohlfrisierter Nazi Die Bilder der lächelnden Beate Zschäpe verwirren die Öffentlichkeit. Dass die NSU-Frau ein Mensch ist und kein Monster, ist eine nötige Zumutung für uns. ZEIT

„Es war unerträglich“ Das Verhalten der Hauptangeklagten Beate Zschäpe beim NSU-Prozessuaftakt in München hat in türkischen Medien zu teils wütenden Kommentaren geführt. Celal Özcan, Nachrichtenkoordinator der türkischen Zeitung „Hürriyet“, hat den Auftritt der Angeklagten im Gerichtssaal verfolgt – und macht im Interview der deutschen Justiz erneut Vorwürfe. Süddeutsche Zeitung

Die Nazis und der Staat Türkische Medien sehen beim NSU-Prozess überall Anzeichen eines strukturellen Rassismus in Deutschland. Beate Zschäpes Auftritt wird als gezielte Provokation gewertet. FAZ

Der Versuch einer Sühne kommt zu spät Der Zusammenhang von Tat und Sühne ist fast zur Unkenntlichkeit überdehnt. Das ist das Bittere am Fall Lipschis. Im Grunde kommt einzig das Recht zu seinem späten Recht. Das ist wenig, aber notwendig. Die Welt

Späte Haft für einen KZ-Aufseher Jähes Ende eines Ruhestands: Der inzwischen 93-jährige frühere Aufseher des Konzentrationslagers Auschwitz wurde festgenommen – 68 Jahre nach der Befreiung vom Nazi-Regime. Die Deutsche Justiz geht verstärkt gegen NS-Verbrecher vor. Berliner Zeitung

Islamkonferenz

Agenda des Misstrauens Viele Muslime fühlen sich plötzlich fremd im eigenen Land, das gastliche Haus namens Islamkonferenz hat die Anziehungskraft einer Zahnarztpraxis angenommen. Doch es wäre zu einfach, die Schuld nur Innenminister Friedrich oder den muslimischen Vertretern anzulasten. Süddeutsche Zeitung

Zumutungen des Rechtsstaates Die Islamkonferenz ist zwar seit ihrer Gründung ein fragwürdiges Instrument der Integrationspolitik. Warum aber soll es unzulässig gewesen sein, Sicherheitsfragen in den Vordergrund zu stellen? FAZ

Islamkonferenz am Ende Die Debatte über die Zukunft der Deutschen Islamkonferenz überlagerte das Treffen. Zu recht. Die Konferenz in Berlin tagte zum letzten Mal vor der Bundestagswahl. Nur wozu eigentlich noch? stern

Islamkonferenz braucht Neustart Eine Initiative zur Prävention von Extremismus und Muslimfeindlichkeit ist ein Ergebnis der Islamkonferenz in Berlin. Klar wurde aber auch, dass Innenminister Friedrich und viele der muslimischen Verbände wenig gemein haben. Schon im Vorfeld gab es heftige Kritik. Berliner Zeitung

Friedrich ganz am Rande Gehen CDU und CSU nun ernsthaft gegen antimuslimische Vorurteile vor? Kaum. Vielmehr wird die politische Konkurrenz von rechts bekämpft. taz

Zwischen Männerschwimmen und islamistischem Terror Es ist die letzte Islamkonferenz vor der Bundestagswahl. Und wie immer gibt im Vorfeld Stress mit einigen islamischen Verbänden. Sie kritisieren: Es gehe zu sehr um Terrorismus und Sicherheit. Süddeutsche Zeitung

Ein weites Feld Integration ist ein schwieriges Geschäft. Kaum ein Teilnehmer auch dieses vierten Plenums der Deutschen Islamkonferenz wird widersprechen. Tatsächlich können vier Millionen Menschen muslimischen Glaubens in Deutschland, wenn sie der Staat klug integrieren will, nicht ignoriert werden. Sie müssen gehört, ihnen muss die Möglichkeit zur Mitsprache gegeben werden. Bonner General-Anzeiger

Ernüchterung nach sieben Konferenzen Wenn man bedenkt, mit welch einer Erwartungshaltung die Islamkonferenz 2006 gestartet ist, endet das siebte und vorerst letzte Treffen mit Ernüchterung. Märkische Oderzeitung

Zuwanderung

Deutschland ist der neue Talentschuppen Europas Die Zuwanderung in Deutschland erreicht ein Rekordniveau. Unter dem Druck der Krise kommen immer mehr Spezialisten aus ganz Europa zu uns. Eine Situation, von der beide Seiten nur profitieren können. Die Welt

Zuwanderung im neuen Licht Fast jeder fünfte Einwohner hat ausländische Wurzeln. Wir sind viel weniger deutsch, als wir glauben. Frankfurter Rundschau

Verhängnisvoller Talenteschwund Die Einwanderung nach Deutschland wächst. Das ist gut. Spanien, Griechenland, Portugal und Italien aber verlieren das Wertvollste, was sie haben. taz

Deutschlands Einwanderer Zuwanderung hat so viele Facetten, dass sie sich ideologischer Betrachtung entzieht. Die Anziehungskraft des Zuwanderungslandes Deutschland verdient einen unaufgeregten Umgang – der Probleme weder dramatisiert noch verkleistert. WAZ

Alles gut? Nein! Die Einwohnerzahl in Deutschland sinkt, Fachkräfte fehlen in vielen Branchen. Diese Entwicklung treibt nicht wenigen Regierungsverantwortlichen in Berlin und anderswo Schweißperlen auf die Stirn. Nordwest Zeitung

Große Chancen, große Risiken Dass Deutschland einmal das Mekka der Arbeitsuchenden Europas werden könnte – wer hätte das noch vor zehn Jahren gedacht? Märkische Oderzeitung

Mindestlohn / Hartz IV Aufstocker

Staat muss immer öfter Löhne aufstocken Die Daten dürften die aktuelle Mindestlohn-Debatte befeuern: Immer mehr Menschen in Deutschland arbeiten in Voll- oder Teilzeit und sind sozialversichert – und benötigen dennoch Hilfe aus öffentlichen Kassen. Die neueste Statistik, die der „Süddeutschen Zeitung“ vorliegt, zeigt auch: Verstärkt trifft es Singles. Süddeutsche Zeitung

Mehr und mehr Aufstocker Die Zahl der Arbeitslosengeld-II-Empfänger insgesamt sinkt. Doch es steigt der prozentuale Anteil derjenigen, die trotz eines Jobs „Hartz IV“ beziehen. taz

Debatte um Mindestlohn entzweit Koalition Union und FDP wollen mittlerweile beide eine Lohnuntergrenze. Wie genau die ausgestaltet werden soll, ist zwischen den Koalitionspartner aber umstritten. Die FDP sieht keine Chance für eine eine Regelung vor der Bundestagswahl – anders als die CSU. Tagesspiegel

Hoeneß

In einer anderen Liga Uli Hoeneß hat öffentlich den konservativen Geschäftsmann gegeben und vollmundig die neue Fußballwelt beschworen. Bayern München habe sich um Lichtjahre entfernt vom Amateurmilieu. Aber ist das so? FAZ

Seltsame Massstäbe Da gegen ihn ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung läuft, bot Uli Hoeness seinen Rücktritt als Präsident des FC Bayern München an. Doch die Vorstandschefs grosser Unternehmen bewogen ihn zum Bleiben. Sie haben offenbar den Massstab verloren, der in der Wirtschaft angewendet würde. NZZ

Das falsche Geschenk für Uli Hoeneß Dass Uli Hoeneß vorerst im Amt bleiben darf, ist für den FC Bayern München das Beste – und trotzdem das falsche Signal. ZEIT

Hoeneß – die strauchelnde Managermarke Der Aufsichtsrat des FC Bayern steht hinter dem Chef. Uli Hoeneß darf zunächst Präsident bleiben. Natürlich. Doch der Fall der Managermarke Hoeneß ist nicht aufzuhalten Tagesspiegel

Ungarn

Ein Zeichen in Budapest Viktor Orbán errichtet einen autoritären Staat, vergiftet die Beziehungen zu Ungarns Nachbarstaaten und lässt Hetze gegen Juden und Roma zu. Die EU muss einschreiten. Frankfurter Rundschau

EU-Parlament will Ungarn das Stimmrecht entziehen Wer nicht hören will, muss fühlen: Die Abgeordneten in Brüssel verlangen von Budapest, seine autoritären Verfassungsänderungen zurückzunehmen. Ansonsten müsse die EU zum letzten Mittel greifen. Die Welt

Judenfeindlichkeit gehört zu Orbáns Kalkül Der Jüdische Weltkongress wollte in Ungarn ein Zeichen gegen Antisemitismus setzen. Auf den Ministerpräsidenten hofften die Teilnehmer dabei vergebens. ZEIT

Syrien

Eine neue Linie? Washington gerät in Syrien zunehmend unter Zugzwang. Was hat es mit der „roten Linie“ in Syrien auf sich? Würde Präsident Barack Obama sie gerne ausradieren? FAZ

Zerstörerische Dynamik eines zügellosen Krieges Israels Angriffe auf Syrien zeigen, dass sich der Konflikt nicht durch Untätigkeit einhegen lässt. Der Westen muss eingreifen, wenn die Ausbreitung des Konflikts verhindert werden soll. Die Welt

„Der Krieg wird eskalieren“ Mit dem Luftangriff auf Syrien hat Israel ein klares Signal gesetzt: Die Weltöffentlichkeit darf dem Bürgerkrieg nicht länger zuschauen. Ist ein Eingreifen ohne UN-Mandat richtig? Warum handelt US-Präsident Obama nicht? Süddeutsche Zeitung

Zeit der Kriegstreiber Die Kämpfe in Syrien haben längst schon auf den Libanon übergegriffen. In der Kornkammer des Landes, der Bekaa-Ebene, schlagen immer wieder Granaten ein. In den Hochburgen der Sunniten wittern radikale Prediger Morgenluft. FAZ

Red Lines Matter Why We Should Care About Syria’s Chemical Weapons Foreign Affairs

…one more thing!

Diplomatie statt Sanktionen wagen Anreize, Druck und Zwang: Viel mehr außenpolitische Instrumente setzt die internationale Diplomatie nur selten ein. Doch Hilfsgelder, Sanktionen und Militäraktionen haben nur begrenzte Wirkung: Wer den Frieden will, muss verstehen können, was den anderen umtreibt. Süddeutsche Zeitung

Leitartikel

Hoeneß braucht keine Lex Hoeneß Es mag sein, dass das Verhalten anderer Großverdiener verachtungswürdiger ist als der Fall des Uli Hoeneß. Trotzdem ist es unbegreiflich, wie die Vorstände großer Dax-Unternehmen im Aufsichtsrat das Rücktrittsangebot ablehnen konnten. Ihr Warten auf die Prüfung der Richtigkeit und Wirksamkeit der Selbstanzeige ist ein moralisches Armutszeugnis. Süddeutsche Zeitung

Kein Mitleid, aber auch keine Exekution Erst vor einem Jahr ist der Steuerhinterziehung der Aufstieg zur echten Straftat gelungen. Uli Hoeneß könnte der Erste sein, der das in vollem Ausmaß zu spüren bekommt. Frankfurter Rundschau

Unsozialer Mindestlohn Als letzte Partei spricht sich nun auch noch die FDP für Lohnuntergrenzen aus. Der Zeitgeist will es so. Dabei nutzen solche Regulierungen den Schwächsten der Gesellschaft überhaupt nicht Die Welt

Achterbahnfahrt mit dem Dax Das Allzeithoch des Dax an der Börse beflügelt die Phantasien der Anleger – immerhin wurde das Niveau von 2007 vor der Finanzkrise wieder erreicht. Und dennoch: Der Höhenflug wird nicht unendlich weitergehen. Tagesspiegel

Selber schuld am braunen Beifall Die Rechtsextremen machen mobil, um die neue Anti-Euro-Partei AfD zu kapern: kaum ein Tag ohne neuen Versuch anzubandeln. BILD

Bio oder Öko? Es ist Fluch der guten Tat: In Deutschland ist einerseits die Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln sprunghaft angestiegen. Andererseits kommt die Bio-Landwirtschaft mit der Produktion nicht mehr nach. AZ München

Keine großen Überraschungen Die Chinesen tun alles, um alles Mögliche herauszubekommen, zum Beispiel durch Cyber-Angriffe auf amerikanische Einrichtungen. Von der romantischen Vorstellung, China wolle nur ein bisschen auf der großen Weltbühne mitspielen, sollte man sich schnellstens verabschieden. FAZ

Platz da, Micky Maus! Gute Zeiten bei Disney: Der Unterhaltungskonzern wächst, die Aktie liegt auf Allzeithoch. Grund für den Erfolg aber ist längst nicht mehr nur Micky Maus: Auch Superhelden und Sporthelden bringen Geld in die Kasse. Handelsblatt

Postcard From Yemen A severe water shortage is taking a devastating toll on this breathtakingly beautiful country. New York Times

500 military sexual assault cases a week Our view: Tuesday’s report highlights Pentagon’s failures. USA Today

Chuck Hagel: ‚We know we’ve got big problems‘ Opposing view: Leave ultimate authority with the command structure. USA Today