Renten, Euro-Krise, US-Wahlkampf, China & Leistungsschutzrecht

Jäger des Rentenschatzes Die Bundesregierung hat die Senkung des monatlichen Rentenbeitrages beschlossen. Das ist Politik, wie man sie sich öfter wünscht. FAZ

Herumdoktern an den begehrten Milliarden Eher legt ein Hund einen Wurstvorrat an, als dass Politiker einen Milliardenschatz unangetastet lassen: Weil die Rentenkasse prall gefüllt ist, hat die Regierung nun beschlossen, die Beiträgssätze auf 19,0 Prozent zu kürzen – für den Durchschnittsverdiener vor allem ein symbolischer Akt. Forderungen der Gewerkschaften, den Beitrag nicht zu senken, sind dennoch wahnwitzig. Süddeutsche Zeitung

Besser mickrige Entlastung als keine Der Rentenbeitragssatz soll Anfang des kommenden Jahres von 19,6 auf 19 Prozent sinken. Warum auch eine mickrige Entlastung besser ist als gar keine. Wirtschaftswoche

Unter Vorbehalt Was sind 0,6 Prozentpunkte niedrigerer Rentenbeitragssatz wert? Im Falle eines Arbeitnehmers mit einem Monatsbrutto von 3000 Euro etwa neun Euro. Eine Pizza also, das Getränk käme extra. Arbeitgeber und Arbeitnehmer würden jeweils um 2,7 Milliarden Euro entlastet. Bonner General-Anzeiger

Grabenkampf um viel Geld Wieder einmal geht es um Milliarden. Doch diesmal aus einem sehr erfreulichen Grund. Lausitzer Rundschau

Kampf um die Rücklage Schwillt die Reserve zu sehr an, dürfte sie zweckentfremdet werden Badische Zeitung

Kurzsichtig Die Rentenversicherung schwimmt im Geld. Niedrigere Rentenbeiträge haben nur eine symbolische Bedeutung – und hängen mehr mit den Wünschen der Arbeitgeber, der FDP und der nächsten Bundestagswahl, als mit kluger Politik zusammen. Mitteldeutsche Zeitung

Euro-Krise

Merkel und Monti uneins über EZB-Kredite Keine Einigung zwischen Merkel und Italiens Ministerpräsident Monti: Die Kanzlerin lehnt Montis Forderung nach unbegrenzten EZB-Krediten für schwächelnde Euro-Staaten weiterhin ab. Laut EU-Verträgen sei der Notenbank die Finanzierung von Staaten verboten. Süddeutsche Zeitung

Merkel bekräftigt Ablehnung einer Banklizenz für den ESM Bundeskanzlerin Merkel hat nach einem Gespräch mit Italiens Ministerpräsident Monti dessen Sparprogramm gelobt. Sie sprach sich abermals unmissverständlich gegen eine Banklizenz für den Euro-Rettungsschirm ESM aus – Monti will diese Maßnahme nicht ausschließen. FAZ

Warme Worte, angeknackstes Verhältnis Beim Staatsbesuch in Berlin fand Italiens Premier Monti warme Worte für die wirtschaftliche Disziplin der Deutschen. Doch Merkel vertraut ihm nicht mehr. ZEIT

„Weidmann gerät immer mehr in Bedrängnis“ Der Streit zwischen EZB und Bundesbank über den richtigen Weg aus der Krise droht auszuufern – mit möglicherweise harten Konsequenzen. In Berlin fürchtet man, der deutsche Notenbankchef Weidmann könnte hinschmeißen. Handelsblatt

Römische Abgeltung Italiens Ministerpräsident Monti kam nach Berlin, um Buße zu tun – schließlich hatte er beim EU-Gipfel Ende Juni verkündet, über die Bundeskanzlerin triumphiert zu haben. Nun folgte er trotz Meinungsunterschieden den Vorgaben der Gastgeberin. FAZ

Ein Technokrat? Mario Monti ist zum Vertreter der Südländer in der Eurozone geworden – doch seine Reformschritte in Italien werden immer kürzer. Von unpopulären Strukturreformen ist kaum noch etwas zu hören. FAZ

Marinaleda, die „rote Oase“ fordert die Krise heraus Der andalusische Ort kennt keine Arbeitslosigkeit und floriert im Schatten seiner landwirtschaftlichen Genossenschaft. Während Spanien mit voller Kraft den Sparkurs steuert, hat sich Bürgermeister Juan Manuel Sánchez Gordillo an die Spitze einer Widerstandsbewegung gestellt. Público Madrid

Die wundersame Wandlung des Herrn Samaras Der griechische Premier Antonis Samaras ist wie verwandelt. Der einstige Blockierer gibt sich inzwischen als Reformer. Mit Erfolg: Griechenlands Chancen auf einen Verbleib im Euro sind gestiegen, die Bürger schöpfen Mut. Handelsblatt

Kurz vorm Kannibalismus Die Lage vieler Griechen ist so verzweifelt, dass ein ungewisses Ende seinen Schrecken längst verloren hat. Sie sehnen sich nach einem Neuanfang und nach einer neuen Moral. FAZ

Jetzt bloß nicht aufgeben! Die Wettbewerbsfähigkeit der Euro-Südländer verbessert sich – doch Politik und Finanzmärkte ignorieren die Fortschritte. Die Euro-Retter müssen Durchhaltewillen beweisen – denn Stolpersteine gibt es auch weiterhin genug Financial Times Deutschland

Europe’s Necessary Union The European Commission is busy drafting a proposal to create a European banking union, with the European Central Bank at the heart of a new system of integrated banking supervision, designed to help restore confidence in the euro. Such a mechanism is essential to ensuring confidence and financial stability. Project Sydicate

US-Wahlkampf

Der Herausforderer Die Republikaner ziehen relativ geeint in den Kampf gegen Obama: Vor allem die unbefriedigende Wirtschaftslage wird Romney dem kühlen Amtsinhaber um die Ohren hauen. Ein leichtes Spiel wie 2008 wird Obama nicht noch einmal haben. FAZ

Finanzen, Familie und feuchte Augen „Ich nehme den Ruf meiner Generation an“: In seiner mit Spannung erwarteten Rede verspricht Paul Ryan auf dem Parteitag der Republikaner eine „Kehrtwende“ für das Land. Romneys Vize setzt auf den Faktor Familie – und rührt die Delegierten zu Tränen. Süddeutsche Zeitung

Der Rockstar der Republikaner Paul Ryan wird bei den US-Konservativen wie ein Star gefeiert. Der Vize-Kandidat ist derart populär, dass er sogar Mitt Romney in den Schatten zu stellen droht. Am Abend lieferte er einen eindrucksvollen Beweis. Handelsblatt

God, Guns and Gays Mit Demokratie hat der Parteitag der Republikaner nichts zu tun. Ängste zu schüren mag vielleicht billig sein, aber es ist eine gefährliche Waffe. taz

Ann Romney erfüllt ihre Pflicht Die Frau des republikanischen Präsidentschaftskandidaten Mitt Romney offenbart dessen menschliche Seite. Mit den Waffen einer Frau versucht sie Farbe in sein graues Image zu zaubern. Stuttgarter Zeitung

Mit Politik für weiße Männer wird Romney verlieren Die Republikaner fallen in der Wirtschaftskrise mit harten Tönen gegen illegale Einwanderer auf. Bei den Hispanics kann Obama-Herausforderer Romney als Präsidentschaftskandidat daher nicht punkten. Die Welt

Minderheiten gefährden Erfolg der Republikaner Die Unfähigkeit der Republikaner, Wähler aus ethnischen Minderheiten – insbesondere Hispanos – zu gewinnen, wird bei der Präsidentschaftswahl zum Nachteil für den Herausforderer Mitt Romney. Für künftige Kandidaten bedeutet es ein großes Problem: Irgendwann werden die Nichtweißen die Mehrheit im Lande stellen. Financial Times Deutschland

The Ryan Difference Romney’s veep choice has lifted his campaign. Wall Street Journal

Ryan Delivers Red Meat Former secretary of state Condoleezza Rice was graceful and serious at the Republican convention. The vice-presidential nominee was not. The Atlantic

Ryan puts down calculator, picks up bullhorn Paul Ryan built his reputation as a fearless wonk who wasn’t afraid to put specific numbers on his small-government ideals. Now that he is the Republican Party’s vice presidential nominee, the devil lies in the details. Reuters

Romney’s Mad-Libs Foreign Policy International affairs is serious business — not a game of fill-in-the-blanks. Foreign Policy

China

Klartext gegenüber China Angela Merkel reist mit einem Teil ihres Kabinetts nach China. Regierungschef Wen Jiabao lädt die Kanzlerin sogar in seine Geburtsstadt Tianjin ein. Das ist höflich, aber sie sollte sich von der Charmeoffensive nicht einwickeln lassen. Eine Analyse. FAZ

Wen und Merkels großes Welttheater Deutschland und China demonstrieren ihr Sonderverhältnis. Doch zu viel Harmonie ist nicht gut. Protokollarischer Pomp ist kein Ersatz für klare Positionen. Berliner Zeitung

Für den Auftrag muss die Musik stimmen Reinhold Müller baut Elektroanlagen. Auch in China. Bei seinen Geschäften musste der Mittelständler aus dem Sauerland einigen Fettnäpfchen aus dem Weg gehen. Hineingetreten ist er nicht. Ein Erfahrungsbericht. Handelsblatt

China, Land des Misstrauens und der Manipulationen Angewidert erkennt Chinas Öffentlichkeit Lug und Trug in den Führungsetagen. Korruption und Machtmissbrauch beschleunigen die gesellschaftlichen Auflösungserscheinungen. Wer Geld hat, geht. Die Welt

Everything You Think You Know About China Is Wrong Are we obsessing about its rise when we should be worried about its fall? Foreign Policy

China is Okay Around the world, concern is growing that China’s economy could be headed for a hard landing. But the doom-and-gloom hype overlooks one of the most important drivers of China’s modernization: the greatest urbanization story the world has ever seen – and one that will fuel investment and consumption for decades to come.
Project Syndicate

Leistungsschutzrecht

Suchmaschinen sollen Verlagen Lizenzgebühr zahlen Wenn Suchmaschinen Artikel systematisch ins Internet stellen, müssen ihre Betreiber eine Gebühr abführen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hat die Bundesregierung beschlossen. Auch Anbieter ähnlicher Dienste werden erfasst. Nach heftiger Kritik werden Blogger aber verschont. FAZ

Der Berg gebiert eine Maus Der vom Kabinett verabschiedete Entwurf zum Leistungsschutzrecht versucht es allen recht zu machen. Nur dem Potential des Netzes wird er nicht gerecht. taz

Google lehnt Lizenzierungspflicht ab Das Kabinett hat den Gesetzentwurf für ein Leistungsschutzrecht beschlossen, nun gibt es Kritik. Internetwirtschaft und Netzpolitiker laufen Sturm gegen die geplante Lizenzpflicht. Google kündigt schon mal an: Man lehne eine derartige Lizenzierung „rigoros“ ab. SPIEGEL

Kampfansage an die Gratiskultur: Google zur Kasse Ein Wunsch der Zeitungs- und Zeitschriftenbranche geht in Erfüllung: Mit einem Leistungsschutzrecht für Pressetexte im Internet könnten bald die Suchmaschinen zur Kasse gebeten werden. Hamburger Abendblatt

Die Axt an der Wurzel der Marktwirtschaft Das Bundeskabinett berät heute über das sogenannte Leistungsschutzrecht für Presseverleger – nach Ansicht vieler Wirtschaftsverbände ein sinnloses Unterfangen, das der Innovationskraft deutscher Unternehmen nachhaltig schadet. Der dem Kabinett vorgelegte Entwurf ist der bereits dritte Versuch, die Wunschliste der Presseverlage in ein verständliches Gesetz zu gießen. FOCUS

…one more thing!

Optimismus bei Schwellenländern verpufft Es war falsch, von früheren wachstumsstarken Jahrzehnten auf die Zukunft zu schließen. Die ernüchternde Erkenntnis: In Schwellenländern wird es kaum mehr Wirtschaftswunder geben. Financial Times Deutschland

Leitartikel

Es ist vorbei Der Verfassungsschutz wird reformiert. Dabei stellt sich viel mehr die Frage, warum er nicht abgeschafft wird. Nicht nur wegen des Versagens bei den Nazimorden im Untergrund. Frankfurter Rundschau

Guter Tag für die Freiheit Das beschlossene Leistungsschutzrecht setzt ein Zeichen gegen die Gratis-Kultur im Netz. Wenn es außerdem dazu dient, die Macht eines Monopolisten wie Google zumindest ein wenig zu brechen, dann dient es auch der Freiheit. FAZ

Ein gutes Gesetz! Das ist ein guter Tag für alle Leser, Journalisten und Verleger. Gute Arbeit wird belohnt. Wer sie nutzt, der soll auch zahlen. BILD

Das Selbstbewusstsein von Mario und Mario Italiens Premier Mario Monti tritt forsch bei Merkel auf. EZB-Präsident Mario Draghi kontert Bundesbank Die Welt

Deutschlands Inflation liegt im grünen Bereich Die Aufregung um die jüngste Erhebung der Bundesbank ist unnötig: Trotz der leicht gestiegenen Teuerungsrate sind die Preise in Deutschland so stabil wie zu Zeiten der D-Mark. Eine höhere Inflation könnte für die Euro-Zone am Ende sogar heilsam sein. Financial Times Deutschland

Der Streik muss sein Die Flugbegleiter der Lufthansa wehren sich aus guten Gründen. ZEIT

Kernschmelze Das Ewige Eis ist vergänglich geworden. Nun steht der Arktis ein Rohstoff-Rausch bevor. Höchste Zeit also für einige Regeln. Tagesspiegel

The Real Threat to Libya’s New Government Emboldened Islamic extremism, not Gadhafi loyalists, could spoil the new Libya’s potential. Wall Street Journal