Schulgebetsurteil, NPD-Verbot, Weltfinanzkrise, Iran, Linke & Handysoftware

Beten mit Voltaire Das Gebet störe den Schulfrieden – und was allen verboten sei, dürfe Muslimen nicht erlaubt sein. Frankfurter Rundschau

Beten ist nicht ansteckend Das Bundesverwaltungsgericht gibt einer Schule recht, die einem muslimischen Schüler das Beten verbietet. Doch Beten stört den Schulfrieden nicht. ZEIT

Schule ist kein religionsfreier Raum Yunus M. bekommt zwar keinen Gebetsraum in der Schule – aber trotzdem recht. Ein Schüler sei zum Gebet in der Schule berechtigt, dem stehe auch nicht die negative Religionsfreiheit seiner Mitschüler und Lehrer entgegen. Tagesspiegel

Die überforderte Schule Was muss das für eine Schule sein, die unfähig ist, einen geregelten Schulalltag aufrecht zu erhalten, bloß weil ein Schüler in der Pause ein paar ungewöhnliche Bewegungen macht? taz

Viele offene Fragen Es ist unbestreitbar ein hohes Gut, dass jeder in Deutschland seinem Glauben nachgehen darf. Kein Schüler muss am Schultor seine Überzeugung ablegen Märkische Oderzeitung

NPD-Verbot

Das Verbot einer gewalttätigen Partei ist ein Gebot Die Indizien mehren sich, dass die NPD ein Hort der Gewalt ist. Die potentiellen Opfer von rechten Schlägern und Mördern haben ein Recht darauf, dass der Staat sie schützt. Es wird Zeit für ein Verbot der NPD. Die Chancen dafür stehen besser denn je. Und ein weiteres Abwarten könnte tödlich sein. Süddeutsche Zeitung

Offensiv gegen Rechts Ein Verbot der NPD ist richtig. Doch es reicht nicht. Die Politik muss auch die Ursachen des Rechtsextremismus in der Gesellschaft bekämpfen. Frankfurter Rundschau

Jetzt oder nie Die Debatte um ein Verbot der NPD ist exemplarisch für den Umgang des Staates mit dem Rechtsextremismus. So blind staatliche Stellen ganz offenbar auf dem rechten Auge waren, so unprofessionell sind sie über all die Jahre mit den Vorarbeiten für ein NPD-Verbot umgegangen. Bonner General-Anzeiger

Der Rechtsstaat  muss jetzt handeln Die Chance, mit einem Verbotsantrag gegen die NPD in Karlsruhe durchzudringen, ist gestiegen. Augsburger Allgemeine

Das Verbotsverfahren bleibt ein Risiko Nach der Festnahme eines ehemaligen NPD-Funktionärs sind die Chancen auf ein Verbot der rechtesextremen Partei gestiegen. Also auf nach Karlsruhe, je schneller je besser? Nein – je langsamer, desto besser. Tagesspiegel

Bundesminister im ewigen Clinch Es ist ein reflexartiges Verhalten. Wenn Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) mehr Gesetze, mehr Dateien oder mehr Befugnisse fordert, dauert es nicht lange, bis Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) laut dreimal Nein ruft. Lausitzer Rundschau

Feiern mit türkischer Nachbarschaft Zehn Jahre lang lebte das rechtsradikale Mord-Trio um Beate Z. in Zwickau. Doch die Stadt hat trotzdem keine starke Nazi-Szene. Stuttgarter Zeitung

Weltfinanzkrise

Die Helfer Die Zentralbanken kommen den Geschäftsbanken zur Hilfe. Dabei müssen sie sich zweier Gefahren bewusst sein. Denn Geldpolitik ist mächtig, aber nicht allmächtig. FAZ

Ihr Herren, lasst es Geld regnen Von der Europäischen Zentralbank bis zur amerikanischen Fed – die wichtigsten Notenbanken stehen stemmen sich gemeinsam gegen den Absturz. Sie fluten die Märkte mit Geld. Der Grund: Europas Banken kamen kaum noch an Dollar. Die Börsen danken es ihnen. Die Welt kämpft gegen den Absturz. Süddeutsche Zeitung

Die Zentralbanken verspielen ihre Glaubwürdigkeit Die konzertierte Intervention der Notenbanken verschafft in der Krise nur wenig Zeit. Denn es ist nur eine Symptombekämpfung, keine Ursachenbehandlung. Die Welt

Notenbankallianz löst Kursrally aus Die wichtigsten Notenbanken der Welt stellen den globalen Finanzmärkten in einer überraschenden und koordinierten Aktion mehr Geld zur Verfügung. Der Schritt kommt an den Börsen gut an. FAZ

Deutschlands Zentralbankpatrioten Muss der EZB-Chefökonom unbedingt Deutscher sein? Unsinn – seine Qualifikation ist wichtiger. Financial Times Deutschland

Ein starkes Signal Mit ihren Erwartungen liegen die Marktteilnehmer des Öfteren gründlich daneben. In dieser Woche haben sie aber ein gutes Gespür gezeigt, als sie auf kurz bevorstehende Krisenbekämpfungsmaßnahmen setzten. Dennoch waren die Märkte gestern verblüfft, wie die deutlichen Kurssteigerungen an den Aktienmärkten zeigen. Börsen-Zeitung

Die Banker machen Politik Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Euphorie, die die konzertierte Aktion der fünf wichtigsten Notenbanken gestern an den Börsen ausgelöst hat, lange anhält. Doch angesichts der Ratlosigkeit, die auf den Rängen der Politik derzeit herrscht, bleibt den Währungshütern nichts anderes übrig, als zu handeln. Märkische Allgemeine

Zehn Tage für die Rettung des Euros Die entscheidenden Tage liegen vor Europa, und am Ende steht eine Rettung oder das Scheitern des Euro-Raumes. Noch gibt es Zeit, und man muss sie nutzen. Die Welt

Zentralbanken im Feuerwehreinsatz taz

Das zittrige Europa Die gemeinsame Aktion der Notenbanken wird wie ein hoch dosiertes Beruhigungsmittel empfunden. Doch die Wirkung solcher Doping-Substanzen verpufft. Augsburger Allgemeine

Triple U für die Weltkonjunktur Die Wirtschaftsdaten sprechen dafür, dass drei Schwächephasen zu erwarten sind. Die Dritte trifft vor allem die USA. Frankfurter Rundschau

„Ich gebe dem Euro noch drei bis sechs Monate“ In der Euro-Zone wächst die Angst vor dem nächsten Crash an den Finanzmärkten, vor allem weil die Politik nur in Trippelschritten einer Lösung näher kommt. Ökonomen fordern rasches Handeln. Handelsblatt

Konzerne planen schon für den Euro-Crash Seit zwei Jahren kämpft die Politik um die Euro-Rettung – mit wenig Erfolg. Firmen bereiten sich schon auf das Schlimmste vor: Tui ändert Verträge, Rheinmetall setzt auf Geldquellen im Ausland und Siemens gründet eine Bank. Rheinische Post

Governments are now world’s financial engineers The crisis exposed the trouble with complex leverage games in the private sector. But Western authorities, undoubtedly abetted by bankers, have embraced high finance for everything from housing to Europe’s rescue fund. Such finagling, however, is harder in tough markets. Breakingviews

The 70% Solution Today’s super rich command and control over resources that they are effectively satiated. So, when we calculate what their tax rate should be, we should not consider the effect on their happiness, but rather on the well-being of everyone else Project Syndicate

Iran

Deutliche Botschaft Großbritannien und Iran haben sich nicht mehr viel zu sagen, das ist keine Neuigkeit. Der orchestrierte Sturm auf die britische Botschaft geht aber weiter: Teheran droht jetzt auch noch mit Gewalt. London reagiert seinerseits mit der Ausweisung aller iranischer Diplomaten – doch ist das ein kluger Schritt? Süddeutsche Zeitung

Der Sturm der Verlierer Ausgeschlossen vom eigentlichen Machtapparat, versuchen die Basidschis mit solchen Aktionen ihren Platz im Regime zu behaupten und werden dabei von Teilen der Revolutionsgarden unterstützt. taz

Die Wirklichkeit der iranischen Bombe Der Sturm auf die britische Botschaft in Teheran ist mehr als ein Schurkenstück. Die Gewalt ist Staatsaktion. Glaubt irgendwer, Zusammenrottungen der Schlägertrupps des Regimes, die Molotow-Cocktails werfen und befestigte Gebäudekomplexe erstürmen, gebe es in Teheran ohne Duldung und Zutun der Sicherheitskräfte? Berliner Morgenpost

Anfang der Eiszeit Die Stimmung im Berliner Außenamt muss extrem angespannt sein. Die Bundesregierung hatte bei aller deutlichen Kritik am iranischen Regime stets auf – wenn auch niedrigschwellige – Kontakt- und Dialogfähigkeit mit Teheran Wert gelegt. Bonner General-Anzeiger

Mehr als eine Verstimmung Die Konfliktbewältigung in friedlichen Bahnen zu halten, wird schwieriger, weil mit den Eskapaden in Teheran das Verhältnis zwischen Iran und der westlichen Welt belastet wurde. Augsburger Allgemeine

Linke

Chance für die Linkspartei Über Kreuz mit Lafontaine, unbeliebt im Westen: In der Linkspartei dachten viele, aus Dietmar Bartsch kann nichts mehr werden. Nun ist der Reformer angetreten, das Gegenteil zu beweisen. Eine Doppelspitze Bartsch/Wagenknecht könnte eine Chance für die Partei sein – doch dafür braucht es einen innerparteilichen Friedensschluss. Süddeutsche Zeitung

Szenen eines Machtkampfes Ist die Linke antikapitalistisch oder nicht? Will sie gestalten und mitregieren oder nicht? Auch ein Dietmar Bartsch im Vorstand wird solche Gräben nicht überbrücken können. Frankfurter Rundschau

Der Links-Partei droht ein Führungsstreit Er ist Ostdeutscher, gilt als pragmatisch und ist ein Gegner von Oskar Lafontaine. Die Ankündigung von Dietmar Bartsch, für den Parteivorsitz zu kandidieren, stellt die Linkspartei einmal mehr vor die Zerreißprobe. Fraktionschef Gregor Gysi und Lafontaine reagierten kühl. stern

Linke Machtkämpfe Die Linke, ehemals PDS, ist eine erfolgreiche Partei. Sie gehört zur Gattung Stehaufmännchen. Der Westen

Volles Risiko Eines muss man Dietmar Bartsch lassen: Mut hat er. Seine Kandidatur für den Parteivorsitz bei den Linken ist eine Kampfansage an die informellen Machtstrukturen in der Partei. Seit Jahren sind Oskar Lafontaine und Gregor Gysi die eigentlichen Chefs, sie treffen die wesentlichen Entscheidungen. Märksche Allgemeine

Spysoftware auf Smartphones

Versteckte Software soll Millionen von Handys ausspähen 141 Millionen Mobiltelefon-Besitzer dürften unruhig werden: Ein Software-Experte hat nachgewiesen, dass ein Geheimprogramm sensible Informationen wie Websuchen und Textnachrichten speichert. Betroffen könnten Android-Handys, Blackberrys und Nokia-Modelle sein – ob deutsche Nutzer sich sorgen müssen, ist noch unklar. Süddeutsche Zeitung

Versteckte Software sammelt Daten in 140 Millionen Handys Das Programm Carrier IQ steckt in vielen Smartphones in den USA und zeichnet das Nutzerverhalten auf – auch Texteingaben, die eigentlich verschlüsselt werden sollen. ZEIT

US-Mobilfunkskandal weitet sich aus Eine Spionagesoftware des Start-Up-Unternehmens Carrier IQ soll angeblich die Aktivitäten von Millionen Mobilfunkkunden detailliert auswerten und übermitteln. Entdeckt wurde die heimliche Datensammlung nur durch Zufall. Handelsblatt

Diagnosedienst soll zu viele Daten sammeln Die Software Carrier IQ soll laut ihrem Hersteller unter anderem dazu dienen, herauszufinden, warum Apps abstürzen und Gespräche abbrechen. Sicherheitsexperte Trevor Eckart hat nun allerdings seinen Vorwurf erneuert, das Programm könnte 141 Millionen Mobiltelefonbesitzer ausspionieren. NZZ

…one more thing!

Belgische Gratwanderung Belgiens Politiker haben sich lange Zeit genommen, einen umfassenden Kompromiss zur Haushaltspolitik zu schließen. Die Regierung Di Rupo muss sich, noch ehe sie im Amt ist, auf schwere Zeiten gefasst machen. FAZ

Leitartikel

Energische Reaktion Die britischen Reaktionen auf die Erstürmung ihrer Botschaft in Teheran zeigen, dass der Konflikt mit Iran eine neue Phase erreicht. Gut übrigens, dass London Solidarität erfährt. FAZ

Zu früh für Jubelsprünge Die Zentralbanken bekämpfen die Krise mit einer gemeinsamen Aktion – und Börsianer sind begeistert. Zu Unrecht. Es wurde, wenn überhaupt, nur ein Nebengeschwür der Schuldenkrise beseitigt. Financial Times Deutschland

Solidität statt Show Heute wird in Berlin der neue rot-schwarze Senat vereidigt: ein auf den ersten Blick unscheinbares Team, das jedoch dank Bodenhaftung und Fachkompetenz gute Chancen hat, die Hauptstadt zukunftsfähig zu machen Die Welt

Das dressierte Mitgeschöpf Ein Verbot von wilden Tieren im Zirkus wäre, ziehen wir unser Verhalten auch dem Nutztier gegenüber in Betracht, nichts als eine weinerliche Ersatzhandlung Frankfurter Rundschau

Die Angst der Heuchler Was aus Guttenberg wird, bestimmen nicht irgendwelche Schwadroneure in Talkshows oder selbst ernannte Moralapostel. Was aus ihm wird, bestimmt der Freiherr ganz allein. BILD

Randale in Iran Wir können auch anders als diplomatisch Irans Regime hat den Sturm auf die britische Botschaft geduldet. Der Vorfall zeigt: Die Führung ist nervös geworden, die Sanktionen beginnen zu wirken. ZEIT

China’s Superior Economic Model The free-market fundamentalist economic model is being thrown onto the trash heap of history. Wall Street Journal