Euro-Rettung, Italien, Bundeswehr & Demographie

Gute Nacht Haircut, Doppel-Hebel und ein Versprechen von Cavaliere Berlusconi: Die Nachtschicht von Europas Spitzenpolitikern hat viel gebracht. Aber was bedeuten die vereinbarten Maßnahmen eigentlich konkret? Ein Überblick über die wichtigsten Ergebnisse des Euro-Gipfels. Süddeutsche Zeitung

Banken erlassen Griechenland Hälfte der Schulden Europas Staats- und Regierungschefs haben Einigungen in wichtigen Punkten erzielt: Der Schuldenschnitt für Griechenland kommt, der Hebel auch. ZEIT

Das 1.000.000.000.000-Euro-Risiko Und sie bewegen sich doch. Das ist die gute Nachricht des Euro-Gipfels. Die schlechte ist: Das Risiko für hohe Verluste ist erheblich gestiegen. Für die Banken dagegen ist der Brüsseler Kompromiss ein gutes Geschäft. Handelsblatt

Das EFSF-Risiko wird jetzt vervielfacht Der geplante EFSF-Hebel erhöht das Risiko, statt die Krise wirksam zu bekämpfen. Besser wäre eine stärkere Rolle der Zentralbank gewesen ZEIT

Noch einmal geschafft Die Fraktionen von Koalition, SPD und Grünen haben sich mit ihrem Antrag zur EFSF in einer Frage zusammengerauft, die auch jenseits der nächsten Bundestagswahl das Schicksal Deutschlands beherrschen dürfte. Und doch wird daraus für das bürgerliche Bündnis kein Lebenselixier. FAZ

Feuer unterm Dach Mit einem starken Mandat hat der Bundestag Bundeskanzlerin Angela Merkel auf den Weg nach Brüssel geschickt. Angesichts unsicherer Kantonisten an der Spitze manch anderer europäischer Regierung ist es für das Vertrauen der Märkte in die Institutionen Eurolands und in den Euro entscheidend, dass wenigstens im stärksten Euroland eine breite demokratische Legitimation für die geplanten Rettungsmaßnahmen existiert. Börsen-Zeitung

Die deutsche Euro-Rettungspolitik und das beschädigte Vertrauen Nichts hat das Vertrauen der Bürger und Anleger in die Zukunft des Währungssystems so sehr beschädigt wie das hilflose Lavieren und die gebrochenen Versprechen der Politiker. Augsburger Allgemeine

Kein gutes Zeugnis In den neuen Rechten des Bundestages zur Euro-Politik kann man ein Misstrauen gegen die Kanzlerin erkennen. Mitteldeutsche Zeitung

Vorsichtig vorwärts Keiner der 503 Abgeordneten, die gestern mit „Ja“ gestimmt haben, wird die Folgen des Bundestags-Beschlusses zur Aufrüstung des Rettungsschirms komplett überblicken. Zu unübersichtlich ist das Gestrüpp der Maßnahmen, zu unklar deren Auswirkungen. Märkische Allgemeine

Die politische Zentralbank Die Regierungen erwarten von der EZB noch mehr Krisenhilfe. Die Staatsnähe hat der scheidende Präsident Trichet zu verantworten. Sie ist für seinen Nachfolger Draghi eine schwere Hypothek. FAZ

Riesig groß und doch zu klein Selbst die Hebelung des Rettungsschirms wird nicht reichen. Langfristig führt kein Weg an einem stärkeren Engagement der Europäischen Zentralbank in der Schuldenkrise vorbei. Financial Times Deutschland

Euro klettert auf 1,40 Dollar Endlich herrscht Klarheit: Die Beschlüsse auf dem Krisen-Gipfel in Brüssel scheinen die Investoren zu überzeugen. Der Kurs des Euro legt deutlich zu. Handelsblatt

Der fehlende Respekt der Deutschen für Merkels Taten Kanzlerin Angela Merkel ringt momentan Tag und Nacht um die Rettung unseres Wohlstands. In Deutschland wird das nicht gesehen, geschweige denn wertgeschätzt. Die Welt

Etwas mehr Wahrheit Eines muss man Angela Merkel lassen: In ihrer Regierungserklärung hat es die Kanzlerin endlich einmal nicht an klaren Worten fehlen lassen. Freilich hat die Opposition mit ihrer Kritik an der Kanzlerin weitgehend recht. Lausitzer Rundschau

Fangt noch mal von vorn an Die Beziehung zwischen Kanzlerin Angela Merkel und dem französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy ist nicht zu retten. Die nächsten Machthaber müssen sich besser vorbereiten. Financial Times Deutschland

Willkommen im Suppenküchenstaat Im Windschatten der Finanzkrise rückt die Lösung sozialer Probleme in weite Ferne. Richtungsweisende Ideen sucht man in der Politik der Bundesregierung vergeblich. Ob Vätermonate, Pflegereform oder Verhinderung von Altersarmut: Alles war bloßes Stückwerk oder blieb stecken. Während Sozialpotitik nach Art der Suppenküchen betrieben wird, wird die wohlhabende Klientel geschont oder sogar bedient. Süddeutsche Zeitung

Italien

Italiens Duo im Niedergang Sollten Berlusconi und sein Koalitionspartner Bossi tatsächlich Neuwahlen beschlossen haben, dann müssen sie den Deal schleunigst öffentlich machen. Die Erleichterung über das Ende ihrer Regierung wäre vermutlich sofort auf den Finanzmärkten zu spüren. Denn die Koalition der beiden alten Männer ist längst hoffnungslos. Süddeutsche Zeitung

Das italienische Rentendilemma Für die Stabilisierung Italiens fordert die EU eine Rentenreform. Doch die Lega Nord, Berlusconis Koalitionspartner, sperrt sich dagegen. Warum tut sie das? ZEIT

Briefbote Berlusconi Italien müsste sparen. Doch der jetzt erreichte Kompromiss zur Rentenfrage ist Augenwischerei. Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi fährt mit einem banalen Brief zum EU-Gipfel nach Brüssel. FAZ

„Italien ist ein signifikantes Risiko für die Euro-Zone“ Die Italien-Krise alarmiert die EZB – nicht zuletzt wegen Berlusconis lascher Reformpolitik. Jetzt kündigt der künftige Zentralbank-Chef Mario Draghi Gegenmaßnahmen an. Handelsblatt

Berlusconi – Italiens Fluch Die meisten Italiener erkennen schockiert, welchen immensen Schaden der sich an die Macht klammernde Ministerpräsident Berlusconi anrichtet. Italien hat das Potenzial, die Krise aus eigener Kraft zu meistern – hätte es nur andere Politiker. Berliner Zeitung

Italien steht noch Die Verschuldung des Landes ist zwar gewaltig, aber Italien könnte, wenn es wollte – anders als Griechenland. Doch die Regierung um Berlusconi braucht Druck. Von außen. Augsburger Allgemeine

Bundeswehr

Die Gnadenmutter der Kasernen Weniger Waffen, weniger Soldaten, weniger Kasernen – was in den 80er Jahren als „Friedensdividende“ gepriesen wurde, wird heute mit großem Lamento aufgenommen. Doch es ist richtig, die Truppe zu verkleinern und an die neuen Herausforderungen anzupassen: an Militärmissionen im Ausland und eine schnelle Reaktionsfähigkeit an der Seite der Verbündeten. Süddeutsche Zeitung

Reformfolgen Die Gemeinden werden die Standortschließungen der Bundeswehr verkraften. Viel weitreichendere Folgen für den Staat wird die faktische Abschaffung der Wehrpflicht haben. FAZ

Die Zäsur kommt auf Schleichwegen Kein Bundesland ist wirklich benachteiligt, eine Revolte ist zunächst nicht zu erwarten. Nur vordergründig werden Dienstposten und Personal zu Tausenden gekürzt. Tatsächlich erhöht sich die Flexibilität der Truppe. taz

Fragwürdig, weil halbherzig Zur Erinnerung: Diese Republik hat im Frühling beschlossen, aus der Atomenergie auszusteigen. Käme irgendjemand auf die Idee, die verbliebenen Meiler in wenigen Jahren pro forma ohne Brennstäbe weiter zu betreiben, auf dass die von der Energiewende betroffenen Gemeinden nur ja nie in die Bredouille geraten? Wohl kaum. Badische Zeitung

Große Verluste kleingeredet Die Erleichterung des Ministerpräsidenten Horst Seehofer über die Berliner Entscheidung ist der untaugliche Versuch, einen erheblichen Abbau mit gravierenden Folgen kleinzureden. Augsburger Allgemeine

Das Rheinland wird hart getroffen Die Standort-Schließungen der Bundeswehr fallen im Verhältnis zur gesamten Truppenreduzierung moderat aus. Dennoch trifft es das Rheinland hart. Auch die Zukunft der Hardthöhe ist nicht völlig geklärt. Kölner Stadt-Anzeiger

Gerecht gestrichen Das Standortkonzept von Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) ist Konzept, das einerseits den neuen Anforderungen an die Bundeswehr gerecht wird und zugleich der Tatsache Rechnung trägt. Berliner Zeitung

Eine gute Reform, auch für Berlin Das nennt man denn wohl generalstabsmäßig geplant. Anders als sein Vorgänger Karl-Theodor zu Guttenberg, der den richtigen Anstoß zur bislang tiefgreifendsten Reform der Bundeswehr gegeben, aber vorab die notwendige Lagebeurteilung vernachlässigt hat, ist Thomas de Maizière aus politischer wie militärischer Sicht planungsgerecht vorgegangen. Berliner Morgenpost

Der Osten rehabilitiert Es waren bemerkenswert kluge und mutige Entscheidungen, die Verteidigungsminister de Maizière bei der Reduzierung der Bundeswehrstandorte getroffen hat. Sie sind auch ein wichtiger Beitrag zur weiteren Integration Ostdeutschlands in das gesamtstaatliche Gefüge. Lausitzer Rundschau

Ein gutes Signal Das Bangen und Zittern im Vorfeld der Entscheidung waren groß. Besonders in märkischen Kommunen mit Bundeswehranschluss. Doch nun steht fest: Brandenburg trifft die weitreichende Reform des Bundesverteidigungsministers weit weniger hart als andere Länder. Märkische Allgemeine

Wer weniger Soldaten will, braucht weniger Kasernen Das bange Warten hat ein Ende. Und es scheint, dass die Sorgen ostdeutscher Ministerpräsidenten, aber auch zahlreicher Lokalpolitiker bei Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière durchaus Gehör gefunden haben. Märkische Oderzeitung

Thomas de Maizière – ein Glücksfall 31 Bundeswehrstandorte will Verteidigungsminister de Maizière aufgeben. Das Geschrei ist groß. Aber: Die Bundeswehr ist nicht für Wirtschaftspolitik zuständig. Und die Verteilung der Lasten zeigt, dass dieser Minister ziemlich cool ist. stern

Demographie

Deutschland wird zum Fliegenpilz Viele Alte, immer weniger Junge: Die aktuellen Zahlen zur Bevölkerungsentwicklung sind besorgniserregend. Für Deutschland bedeuten sie einen Verlust an Vitalität und revolutionäre Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt. Die Rettung läge in einer klug gesteuerten Einwanderung, doch davon will die Politik nichts wissen. Süddeutsche Zeitung

Halbblind, sehenden Auges Wie viel Menschen erträgt die Erde? Es sind zu viele. Immerhin das wissen wir. Aber das Bevölkerungswachstum ist einer der klarsten Belege dafür, wie wenig den Menschen ihr Wissen hilft, um das Richtige zu tun. Frankfurter Rundschau

Lieber siebenmilliardster Mensch BILD

7 Billion People: How the Next Population Milestone Will Affect Our Crowded World TIME

…one more thing!

Hausbesitzer, die Griechen Nordamerikas Weite Teile des Landes stehen „unter Wasser“: Viele Amerikaner können ihre Hypotheken nicht bezahlen, müssen ihre Häuser aufgeben – und werden dafür von Konservativen beschimpft. Aber Obama darf sich nicht einschüchtern lassen. Die Hausbesitzer brauchen einen Schuldenschnitt, sonst lahmt die Wirtschaft. Süddeutsche Zeitung

Leitartikel

Euro-Rettung – so nicht Das Paradox bleibt: Die Anleger fordern Garantien für Kredite, die Regierungen weigern sich erst, geben dann nach und sehen sich mit dem Zweifel konfrontiert, ob die Garantien taugen. Frankfurter Rundschau

Willkommen, liebe Panik! In diesen Zeiten ein Investor in Aktien oder Anleihen zu sein hat bei allen Risiken und Nöten auch Vorzüge: Die Akteure aus Politik, Notenbanken und Banken sorgen mit ihrem Geschachere um Abschreibungen, Rekapitalisierungen und Sparmaßnahmen für einen erstklassigen Nervenkitzel. Financial Times Deutschland

Mit Psychologie aus der Krise Die Euro-Krise zu lösen, ist vor allem deshalb nicht banal, weil sie ungeachtet der vielen Zahlen nicht auf Mathematik beruht, sondern auf Psychologie. Ob etwa Italien auf Dauer kreditwürdig bleibt, ist keine rechnerische Frage. Entscheidend ist allein, ob die Gläubiger dem Land dies zutrauen. Vor diesem Hintergrund ist es richtig, die Effizienz des EFSF zu erhöhen – obgleich die nun diskutierten „Hebel“-Modelle durchaus Gefahren bergen. Süddeutsche Zeitung

Die EU in Gefahr Beschlüsse müssen auch umgesetzt werden – nur von wem? Über die Euro-Rettung und die Konsequenzen. AZ München

Die Helden sind müde Das große Welttheater findet längst nicht mehr in Europa statt, sondern im weiteren Nahen Osten. Auch Wohl und Wehe der Europäer entscheiden sich dort. Doch die Zukunft der Region ist ungewiss. Die Welt

Ein ohrenbetäubendes Schweigen Kein Denkmal wird feierlich enthüllt, kein Einwanderungsmuseum eröffnet. Die Party zu 50 Jahren Anwerbeabkommen ist abgesagt. Andrea Dernbach wünscht sich dennoch etwas – für die Zukunft. Tagesspiegel

Barack Kissinger Obama Why President Obama has been more successful at implementing George W. Bush’s antiterrorism policy than his own foreign policy. New York Times

Quit blaming Congress for all our ills President Obama, lobbyists, ideologues and you are part of the problem. USA Today

It’s Tintin Time! How Steven Spielberg and Peter Jackson finally brought the boy reporter to Hollywood TIME