Griechenland, Euro-Krise, NSA-Affäre, Wahlkampf, Netzneutralität, Formel 1 & Masernimpfung

Schäuble wagt sich in die Höhle des Löwen Ungeliebter Gast: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat mit dem Spardiktat die griechischen Bürger gegen sich aufgebracht. Jetzt fliegt er in das Land, dem noch viel Schlimmes bevorsteht. Süddeutsche Zeitung

Samaras fehlt die Vision Die harten Sanierungsprogramme in Griechenland haben spürbare Effekte auf das Haushaltsloch. Ministerpräsident Samaras schafft es aber bisher nicht, den Griechen Wachstumsperspektiven aufzuzeigen. FAZ

Gleichung mit Bekannten Mancher hat sich angesichts der gestrigen Schlagzeilen über eine griechische Finanzlücke an eine lange Eurogruppen-Nacht im vorigen Herbst zurückerinnert. Denn damals kursierte am frühen Morgen eine Tabelle, die bereits einen Fehlbetrag zeigte – seinerzeit mit der Fußnote versehen, dass die Euro-Partner sich darum noch beizeiten kümmern werden. Die Neuigkeit ist also nicht, dass es eine Lücke bei der Finanzierung des Rettungsprogramms für Hellas gibt. Sondern allenfalls, dass sie nicht verschwunden ist. Börsen-Zeitung

Griechenlands gefährlicher Drahtseilakt Griechenlands Parlament hat Massenentlassungen beschlossen. Bis zu 15.000 Beamte verlieren ihren Job. Für Bundesfinanzminister Schäuble, der heute nach Athen reist, dürfte es ein ungemütlicher Empfang werden. Wirtschaftswoche

„Der IWF muss Teil der Troika bleiben“ Überlegungen, den IWF aus der Euro-Rettungstroika zu entlassen, sind abwegig, sagt der CDU-Haushaltsexperte. Ansonsten könne man gleich das Puppentheater beenden und den Pleitestaaten ihre Budgetdefizite überweisen. Handelsblatt

Euro-Krise

„Den Euro durch Lügen retten“ „Das Volk ist schizophren, wenn es um den Euro geht“, glaubt Hans-Olaf Henkel: „Und an der Spitze stehen dabei die Politiker und die Medien. FAZ

Das Inflationsgespenst wird Realität Notenbanken und Regierungen wollen auf keinen Fall, dass es zur Deflation kommt. Also werden sie die Inflation in Kauf nehmen müssen. Einen Mittelweg gibt es nicht. Anleger sind gewarnt. Wirtschaftswoche

Euroskeptiker zwischen allen Stühlen In England fordern euroskeptische Politiker ein Referendum über die EU-Mitgliedschaft, um die Integrität des Vereinigten Königreiches zu wahren. Das entspricht aber nicht unbedingt der öffentlichen Meinung. Besonders im pro-europäischen Schottland könnten damit separatistische Bestrebungen angeheizt werden. New Statesman London

Fiese Allianz Die europäischen Rechtspopulisten überwinden ihre Differenzen und machen gemeinsam mobil gegen die EU. Patrioten dieser Welt vereinigt euch. taz

NSA-Affäre

Wortreiches Schweigen zu Prism I und II Der BND und der Regierungssprecher überraschen mit einer neuen Information: Es gebe nicht nur ein Prism. Die USA unterhielten für den Afghanistan-Einsatz noch ein zweites Spähprogramm, das zufälligerweise den gleichen Namen trage. Beweise für diese Version bleiben sie schuldig. Süddeutsche Zeitung

Auf Mitwisserschaft steht Strafe Die Bundesregierung muss im Skandal um das Spähprogramm Prism energischer gegenüber den USA auftreten, fordert Stephan-Andreas Casdorff. Weil es hier um eine Grundhaltung geht, um das Konstitutive der Demokratie. Und um Wählerstimmen. Tagesspiegel

Prism hat Nachwuchs bekommen In Afghanistan soll es ein Informationssystem gleichen Namens geben. Die Regierung ist in Erklärungsnot, dementiert aber. Es gehe um getrennte Vorgänge und es gebe keinerlei Verbindungen mit dem US-amerikanischen Spähprogramm. Berliner Zeitung

Mächtige Schweiger, zahnlose Schwätzer Auch in den Vereinigten Staaten kontrolliert das Parlament die Geheimdienste – sogar genauer als in Deutschland. Die Abgeordneten reden weniger darüber, aber gerade deshalb werden sie ernster genommen. FAZ

Keine Aufklärung, nirgends Deutschland wird ausspioniert. Und abermals sagt Innenminister Friedrich – nichts. Außer: Es gäbe zwei „Prism“. Oder mehr. Oder weniger. Ach so? Im Netz ist Friedrich bereits zur Witzfigur geworden. stern

Das Netz verspottet Friedrich Kübelweise Spott wegen „Prism“: Nach seinem USA-Besuch kursieren auf Twitter unter dem Hashtag #FriedrichFilme etliche Bilder, die Innenminister Friedrich als wenig ruhmreichen Filmhelden zeigen. stern

Die scheinheilige Schnüffelei Was soll passieren, geht es nicht um Sicherheit? Im Fall der NSA ist es wie mit jedem Massenscreening: Potentieller Schaden ist nicht zu leugnen. Wer sind die falsch Positiven? FAZ

Merkels Affäre Zurecht wird auf die Verantwortung von Rot-Grün für die Aushöhlung von Freiheitsrechten hingewiesen. Doch entlastet diese Vergangenheit Merkel nicht. taz

Snowden hat sicher schon längst alles preisgegeben Der Whistleblower verspricht, keine Geheimnisse preiszugeben, die US-Agenten schaden könnten. Dafür ist es wahrscheinlich schon zu spät. Der russische Geheimdienst wird bereits alles wissen. Die Welt

Ex-Präsident Carter nimmt Snowden in Schutz Es ist ein bemerkenswerter Satz für einen früheren US-Präsidenten: „Amerika hat derzeit keine funktionierende Demokratie“, sagt Jimmy Carter – und verteidigt die Enthüllungen von Edward Snowden. Zuspruch für den Prism-Enthüller kommt auch von einem ehemaligen republikanischen Senator. Der schrieb Snowden sogar persönlich eine E-Mail. Süddeutsche Zeitung

Defending Diplomacy in Court The recent revelations by the former US intelligence contractor Edward Snowden suggest, among other things, that surveillance devices were placed by the US National Security Agency in the European Union’s mission in Washington, DC. Project Syndicate

Wahlkampf

Schmieden an der Angriffsspitze Die grünen Veteranen Wieland und Ströbele arbeiten in den Ferien daran, aus der NSA-Affäre Kapital für den Bundestagswahlkampf zu schlagen. FAZ

Die nächste Volte Wo ist eigentlich Ronald Pofalla? Der Kanzleramtsminister, in der Regierungszentrale zuständig für die Kontrolle der Geheimdienste, ist abgetaucht. Seit Wochen kein Wort von ihm zur NSA-Spähaffäre. Dafür muss Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich in die Schlacht um Aufklärung und Deutungshoheit. Das ist taktisch sehr geschickt. Bonner General-Anzeiger

Glaubwürdigkeit wird Geheimsache Die Bundesregierung steht derzeit dumm da. Die Erklärungen der Merkel-Truppe zum Prism-Skandal werden unglaubwürdiger – eine Steilvorlage für die SPD. taz

Mütter zur Wahl Das Aufbessern der Mütterrenten ist ein teures Wahlversprechen der Union. Und weil sich die SPD nicht schon wieder ein Thema abnehmen lassen will, ist sie auf Schlingerkurs unterwegs. FAZ

Peerpsychogramme und Muttiwitze Manche Demoskopen und Publizisten haben Merkel schon zur Wahlsiegerin erklärt. Da sollten sie sich mal nicht so sicher sein. Entgegen aller Beschwörungen von interessierter Seite ist noch rein gar nicht entschieden. Berliner Zeitung

Netztneutralität

Auf zum Internet der zwei Klassen Die einst als schützenswert propagierte Netzneutralität kommt in den EU-Plänen nicht mehr vor. Netzpolitische Empörung scheint EU-Kommissarin Kroes nicht zu stören. Die großen Internetplayer weiß sie hinter sich. Kölner Stadt-Anzeiger

Internet erster und zweiter Klasse Der Aufschrei war groß, als die Deutsche Telekom bekannt gab, Volumengrenzen für ihre Internettarife einzuziehen. WAZ

„Todesurteil für Europas Innovatoren“ Zunächst sah es so aus, als würde EU-Kommissarin Kroes die Forderung von Netzaktivisten nach gesetzlich verankerter Netzneutralität unterstützen. Ihr neuester Verordnungsentwurf sichert aber besonders die Vertragsfreiheit der Internetanbieter – zum Entsetzen der Aktivisten. Tagesschau

Geschäft geht vor Man möchte der Brüsseler Kommissarin ja gerne zugutehalten, dass sie sich bisher stets als Verfechterin des freien Internets positioniert hat. Aber das wird nicht so bleiben. Bonner General-Anzeiger

Formel 1

Eine Trennung von Ecclestone täte der Formel 1 gut Der einstige Reifenhändler hat das Rennen gelenkt wie ein Sonnenkönig. Doch einen unberechenbaren Strippenzieher als Spielpartner können sich Unternehmen wie Mercedes nicht länger leisten. Die Welt

Ecclestones High Noon Sein Wort war das Gesetz in der Formel 1. Aber die Zeit für den Sheriff im Fahrerlager läuft ab. Die Formel 1 bleibt trotzdem auf Ecclestone fixiert – und hat vergessen, ihre Zukunft zu sichern. FAZ

Ausgerollt Wohl kein Mensch hat ein sportliches Großereignis über Jahrzehnte so stark geprägt wie Bernie Ecclestone die Formel 1. Der einstige Gebrauchtwagenhändler machte die Rennserie zu einem der größten und lukrativsten Sportspektakel der Welt Nordwest Zeitung

Der Betrug ist System Warum die Anklage gegen Bernie Ecclestone keine Auswirkungen auf die Formel 1 haben wird. Mitteldeutsche Zeitung

Masernimpfung

Gefährliche Impflücken bei Kindern Erstmals zeigt eine Studie, wo in Deutschland besonders impfkritische Eltern leben. Die Skepsis im Land wächst seit Jahren – die Studie zeigt: je höher der Bildungsgrad der Mütter, umso geringer ist ihre Impfbereitschaft. FAZ

Nur jedes dritte Kleinkind ist geimpft In Deutschland sind Impfungen gegen Masern selten geworden. Nur 37 Prozent der Kinder erhalten vor ihrem zweiten Geburtstag die Doppel-Impfung. Forscher schlagen Alarm. Denn Masern gelten als hochansteckende Krankheit. Rheinische Post

Gegen die Impfscheu hilft nur Aufklärung In Deutschland erkranken immer mehr Menschen an Masern. Der Grund dafür ist das Misstrauen gegenüber der Schutzimpfung. Soll sie zur Pflicht werden? Eine öffentliche Kampagne könnte ausreichen. Die Welt

Impfen, aber freiwillig Bundesgesundheitsminister Bahr erwägt, eine verpflichtende Impfung gegen Masern einzuführen. Es darf bezweifelt werden, dass das eine gute Idee ist. Die zum Teil stark radikalisierten Impfkritiker empfinden einen derartigen Zwang als Kampfansage. Die Verantwortung muss bei den Eltern bleiben. Süddeutsche Zeitung

…one more thing!

Mercedes streitet um R1234yf Mercedes darf einige seiner Modelle nicht nach Frankreich exportieren, da der Hersteller aufgrund akuter Brandgefahr auf das neue Standard-Kühlmittel der Automobilwelt mit der kryptischen Bezeichnung R1234yf verzichtet. Über den Zwist, der Leben und Tod zum Thema hat, ist ein Streit entfacht, in dem auch Greenpeace mitmischt – auf der Seite von Daimler. Süddeutsche Zeitung

Leitartikel

Die Regierung reagiert nur Wie kann es sein, dass acht Wochen lang niemandem auffiel, dass es in Afghanistan noch ein zweites Prism-Programm gibt? Vielleicht hätte das Kanzleramt einfach mal im Verteidigungsministerium nachfragen sollen. Die Regierung hat in der Prism-Affäre nicht eine einzige Information aus eigenem Antrieb veröffentlicht. Süddeutsche Zeitung

Wer nicht fragt, bleibt dumm Der NSA-Skandal zeigt, wie wenig die Regierung über das Handeln der Geheimdienste weiß. Doch das ist Taktik ZEIT

Das Transfertheater hat begonnen Der Solidarpakt läuft aus, aber die Bundesländer möchten zusätzliche Mittel gern über 2019 hinaus. Thüringens Ministerpräsidentin Lieberknecht fordert dafür einen „Deutschlandsfonds“. Der Finanzausgleich würde damit ausgeweitet. Am Ende könnten höhere Steuern kommen. Tagesspiegel

Vermitteln, nicht veräppeln! Ist die Bundesagentur für Arbeit nicht ganz bei Trost? Der Auftrag der Arbeitsagentur heißt: vermitteln. Nicht veräppeln! BILD

Auf frischer Tat erwischt Kubas Versuch, der Frachter-Affäre im Panama-Kanal eine harmlose Wendung zu geben, ist nicht glaubwürdig. Es liegt der Verdacht nahe, dass zwei einander innig verbundene Regime versucht haben, ein UN-Embargo zu unterlaufen. FAZ

Boris’s Airport Schemes London’s Mayor shows his weakness for grandiosity. Wall Street Journal