Russland, Griechenland, Euro-Krise, NSA-Affäre, Wahlkampf, Detroit, Israel & Fußball

Von Nawalny lernen Wer stört, wird verurteilt: Dieses Vorgehen hat sich in Russland unter Wladimir Putin bewährt. Doch die Machthaber müssen mittlerweile mit einer neuen Form der Opposition rechnen: Statt abstrakte Forderungen zu stellen, sollen die Bürger selbst aktiv werden. Der jetzt verurteilte Blogger Alexej Nawalny hat den Russen gezeigt, wie das geht. Süddeutsche Zeitung

Nawalny ist für Putin zu gefährlich geworden Nawalny, der für das Amt des Moskauer Bürgermeisters kandidierte, kämpfte gegen Korruption und für Demokratie. Mit jedem Urteil gegen Oppositionelle droht Russland einer Diktatur näher zu kommen. Die Welt

Putin lässt alle Hemmungen fallen Der oppositionelle Blogger Alexej Nawalny muss fünf Jahre ins Lager, weil er den Präsidenten herausfordert. Und weil im Kreml Paranoia herrscht. ZEIT

Mit aller Macht gegen den Rechtsstaat Russland gefällt sich gerade in der Rolle des globalen Menschenrechtsverteidigers und verurteilt gleichzeitig Kreml-Kritiker Alexej Nawalny zu einer hohen Haftstrafe. Das passt nicht zusammen. Tagesspiegel

Mundtot Eine gepackte Tasche sollte man immer zu Hause haben, „für den Notfall hinter Gittern“, sagt ein russisches Sprichwort. Alexej Nawalny hatte seine Tasche gepackt. Bonner General-Anzeiger

Widerstand gegen die „Kröte“ Eine Galionsfigur der russischen Opposition muss für fünf Jahre in Lagerhaft. Doch der Blogger Alexej Nawalny hat vorgesorgt und ruft seine Anhänger auf, an seiner Stelle Präsident Putin von der Macht zu vertreiben. Die Opposition kündigt für den Abend Proteste an. Sogar Michail Gorbatschow kritisiert die Justiz. Süddeutsche Zeitung

Russland ändert sich trotz Repression Putin lässt den Regierungskritiker Alexei Nawalny wegsperren. Was nach Stärke aussieht, ist aber ein Zeichen von Verunsicherung. taz

Navalny verdict shows Russia unsafe for business The opposition leader was sentenced to five years in jail after a staged trial for graft. This is the most brazen example of Putin’s clampdown on all opponents. The Kremlin leader is clearly deaf to the need for reform. Investors should ponder – and start mapping exit routes. Breakingviews

Griechenland

Von Bürden und Banken In Athen tritt Finanzminister Wolfgang Schäuble höflich auf, redet seinen Gastgebern aber nicht nach dem Munde. Die Unternehmen leiden unter ausbleibenden Krediten. FAZ

Die große konzeptionelle Schwäche der Euro-Rettung In Athen ist es so gerade eben gut gegangen. Allerdings: So, wie die Euro-Rettungspolitik angelegt ist, muss über sehr lange Zeit hinweg sehr vieles gut gehen, damit nicht alles schief geht. Die Welt

Schäuble trägt Luftschlösser nach Athen Es ist paradox: In Deutschland wird Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Schäuble von vielen Bürgern dafür gescholten, dass er mitverantwortlich ist für Hilfszahlungen an Griechenland in Milliardenhöhe. In Griechenland selber dagegen ist Schäuble einer der meistgehassten Deutschen – direkt nach Angela Merkel, weil er dem Land angeblich den harten Sparkurs diktiert hat. Handelsblatt

Luftholen – für ein paar Wochen Die Debatte ruht, die Politiker zeigen sich versöhnlich und großzügig – so wie Finanzminister Schäuble bei seiner Reise nach Athen. Doch die Euro-Krise ist nicht vorbei, sie hat nur einen anderen Charakter. Nach der Bundestagswahl im September wird sich manches ändern. Süddeutsche Zeitung

Magische Welt der Wünsche Eine Reform des aufgeblähten Staatssektors fällt den Griechen schwer. Das hängt auch mit tief in der Gesellschaft verwurzelten Vorstellungen zusammen NZZ

Die besprühten Griechen Neuer Spitzenreiter des Konspirationswettbewerbs 2013 ist das griechische Volk – oder zumindest jener Teil des Volkes, der sich über den Skandal mit den „Psekasmenoi“ empört. „Psekasmenoi“ heißt übersetzt „die Besprühten“. FAZ

Euro-Krise

Die Target-Salden entspannen sich Die negativen Target-Salden der europäischen Krisenländer sinken. Der Rückgang der Salden wird als Erfolg gewertet und soll eine gewisse Entspannung der Euro-Krise signalisieren. FAZ

Leben wie Gott in Brüssel Wer für die EU arbeitet, kann sich über hohe Gehälter und viele Privilegien freuen. Das passt mit dem Sparkurs in Europa nicht zusammen. Die Reform des EU-Beamtenstatus sollte das ändern – doch vielen greift sie zu kurz. Handelsblatt

Belgien kleckert vor sich hin Pommes, Pralinen und Schulden über Schulden. Das Sparprogramm Belgiens greift viel zu kurz. Die Wirtschaft stagniert, tiefgreifende Reformen fehlen. Schafft Belgien die Wende oder versinkt es im Krisensumpf? Wirtschaftswoche

Hegels Kritik Jeder Politiker sollte Hegels „Phänomenologie des Geistes“ lesen, damit die Eurokrise und das mangelnde Vertrauen in die EU überwunden werden kann. Vor 200 Jahren schrieb dieser, dass Wohlstand allein nicht seligmachend ist und dass der Bürger in der Demokratie vor allem Anerkennung sucht. Trouw Amsterdam

Der öffentliche Dienst in Deutschland wächst Während in Griechenland im öffentlichen Dienst Stellen gekürzt werden, baut Deutschland wieder Personal im Staatsdienst auf. Stellen gibt es vor allem für Wissenschaftler und Erzieher. FAZ

20 Prozent auf Alles – im Bundeshaushalt! Für einen Sparhaushalt fehlt der Politik die Kraft. Sparen passt nicht zur real existierenden Demokratie westlichen Zuschnitts. Angesichts der alarmierenden demographischen Entwicklung ist aber in Deutschland ein Gesundschrumpfen unerlässlich. Handelsblatt

Falsche Arznei Schon die nackten Zahlen zeigen, dass Berlin mit der angekündigten Einführung einer Finanztransaktionssteuer einen Irrweg geht: Auf 10 Mrd. Euro schätzt die EU-Kommission die Steuereinnahmen aus diesem Vehikel für Deutschland, aber deutlich mehr als die Hälfte davon müssen Privathaushalte und Unternehmen löhnen. Dabei hatte die Politik einst versprochen, die Steuer werde ausschließlich den Finanzsektor treffen und soll nur den spekulativen Handel eindämmen. Börsen-Zeitung

NSA-Affäre

Merkel mutiert zur Daunendecke Die Regierung Merkel beweist in Sachen Prism erschreckende Inkompetenz. Ein Boulevard-Blatt hat offenbar bessere Kontakte zu den US-Geheimdiensten als sämtliche Geheimdienste der Bundesrepublik. Aber ist das wirklich reine Unwissenheit? Oder Kalkül? Süddeutsche Zeitung

Wann werden die Deutschen endlich erwachsen? In der Wut über US-Abhöranlangen vergessen die Deutschen, was sie für die Amerikaner bedeuten könnten. Präsident Obama hat das bei seinem Besuch in Berlin gesagt. Nur keiner hat zugehört. Die Welt

Kongressabgeordnete sauer – aber nicht über Prism Bei einer Anhörung vor dem US-Kongress gibt der stellvertretende NSA-Chef Inglis zu, dass die Analyse der Verbindungsdaten weiter geht als bislang geglaubt. Die Abgeordneten reagieren auf die Sammelwut inzwischen äußerst gereizt, greifen Regierung und Geheimdienste an. Gute Nachrichten für potenziell Überwachte? Nur, wenn sie in Amerika leben. Süddeutsche Zeitung

Gemeinsam den Schnüffelstaat stoppen! In der NSA-Affäre stehen Bürgerfreiheit gegen staatlichen Datenwahn, nicht Europäer gegen Amerikaner. Deshalb sollten sich beide zusammen wehren. ZEIT

Wir müssen jetzt handeln „Prism“ ist nur der Auftakt: Das Sammeln großer Datenmengen erlaubt Algorithmen, jede Person zu klassifizieren, ihr Verhalten vorauszuberechnen und auf Basis spieltheoretischer Modelle schlimmstenfalls sogar zu steuern. FAZ

Die Party ist vorbei Vor zwei Jahren feierte die Elite des Silicon Valley noch gemeinsam mit Barack Obama. Die Zeiten sind vorbei: Die Technikkonzerne sind erzürnt über die Geheimhaltung im Prism-Überwachungsskandal. Eine Allianz aus 63 Firmen und Bürgerrechtsgruppen wendet sich nun in einem Appell an die Regierung. Sie soll endlich mehr Transparenz schaffen. Süddeutsche Zeitung

Supergrundrecht Datenschutz Das Bundesverfassungsgericht bemüht immer wieder die Formel der Balance zwischen Freiheit und Sicherheit zu finden. Aus der Überwachungsgefahr leitet es eine Art internationalen Handlungsauftrag her. FAZ

Freiheit und Sicherheit Absolute Sicherheit kann es genauso wenig geben wie grenzenlose Freiheit. Doch den magischen Punkt, an dem Freiheit und Sicherheit ein für alle Mal im Gleichgewicht wären, gibt es auch nicht. FAZ

Wahlkampf

Mit absolut reinem Gewissen In den Umfragen liegt die FDP wieder über fünf Prozent – und die Parteiführung registriert mit Befriedigung Berichte über Leute, die sich ohne Scham als Anhänger der Partei zu erkennen geben. FAZ

Wahlkampf Das waren noch Zeiten, als der vor Zuneigung zu jedem Trick entschlossene griechische Göttervater Zeus der zarten Europa nachstellte und sie mit allen Mitteln für sich reklamierte, also entführte. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble jedenfalls blieben solche Sympathiebekundungen verwehrt, als er seine Wahlkampf-Tour gestern bis nach Athen ausdehnte. Bonner General-Anzeiger

Wie uns Schäuble an der Nase herumführt Wie unbekümmert die Regierung inzwischen mit den Gefahren der Schuldenkrise umgeht, kann man am besten an ihrem wichtigsten Minister sehen. Schäuble schafft Vertrauen, ohne welches zu verdienen. stern

Kluger Unsinn Man tut Wolfgang Schäuble sicher nicht unrecht, wenn man ihm unterstellt, dass er weiß, dass Deutschland am Ende dafür zahlen muss, Griechenland im Euro zu halten. Als überzeugter Europäer hält er es vermutlich auch für richtig. Aber er sagt es nicht. Schließlich ist am 22. September Bundestagswahl Nordwest Zeitung

Die CDU wirft mit Schlamm Die Aufarbeitung pädophiler Strömungen bei den frühen Grünen ist eine Steilvorlage für die CDU. Dennoch bleibt im Landtagswahlkampf eine gemeinsame Koalition möglich. taz

Jetzt oder nie. Also nie Christian Ude, der Messias – das war einmal. In einer aktuellen Umfrage kommt die Bayern-SPD nur noch auf 18 Prozent. Eine tödliche Zahl. Sie kann der Partei im Wahlkampf das Genick brechen. Warum wirkt Münchens Oberbürgermeister als SPD-Spitzenkandidat nur so ungewohnt kleinkrämerisch wie ein Auslaufmodell? mehr… Süddeutsche Zeitung

Schlechte Vorboten für Peer Steinbrück Die SPD hatte in Bayern gehofft, mit Christian Ude die CSU von der Regierung zu verdrängen. Doch die Umfragewerte sind desaströs. Weil die Bayern eine Woche vor der Bundestagswahl abstimmen, muss Peer Steinbrück nun auch noch gegen diesen Trend ankämpfen. Tagesspiegel

Detroit

Detroit ist pleite Die amerikanische Autostadt Detroit meldet Konkurs an. Es ist der größte Insolvenzfall einer Kommune in der Geschichte der Vereinigten Staaten. Die Stadt ist in derart desolater Verfassung, dass fast jede zweite Straßenlampe kaputt ist. FAZ

Detroit liegt am Boden Lange schon dauert das Elend Detroits, jetzt hat der Gouverneur von Michigan die Notbremse gezogen: Die einst blühende Auto-Metropole hat Bankrott erklärt. Es ist die größte Pleite einer Stadt in der US-Geschichte. Handelsblatt

Ausgezehrtes Detroit ist als erste US-Metropole pleite Detroit ist pleite. Das Ex-Epizentrum der globalen Autoindustrie ist von finanziellem Siechtum dahingerafft worden. Die Stadt musste mit 17 Milliarden Dollar Schulden unter den Schutzschirm des US-Pleiterechts schlüpfen. Und schon droht die nächste Mega-Pleite. manager magazin

Detroit – eine richtige Insolvenz Die Stadt Detroit hat kein Geld mehr. Und meldet Insolvenz an. Daraus kann das krisengebeutelte Europa viel lernen. FAZ

Der Zerfall von „Motor City“ Die Einwohner nennen es genervt „Ruinen-Porno“: Bilder von den Tausenden zerfallenen Häusern in Detroit. Doch die Ruinen, die an jeder Ecke zu finden sind, haben ihre eigene Ästhetik. Ein Rundgang durch „Motor City“. Handelsblatt

Israel

Die EU versus Israels Siedlungspolitik Die EU ist gegen den Siedlungsbau Israels – und macht nun mehr als deutlich. Das verärgert die israelische Regierung und freut das linke Friedenslager. Berliner Zeitung

„Bibis“ Bockigkeit Warum Israel von der EU enttäuscht ist, obwohl sie vermutlich selbst wissen, dass die Siedler ein großes Hindernis auf dem Weg zu einem dauerhaften Frieden sind. Tagesspiegel

Israel empört über die EU Die Ankündigung neuer EU-Richtlinien gegen die Kooperation mit israelischen Siedlern hat unter Israels Politikern einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Es handelt sich allerdings um die Fortführung einer bestehenden Politik. NZZ

Endlich etwas richtig gemacht Eine neue EU-Regelung legt fest: Brüssel wird von nun an die Siedlungspolitik Israels nicht mehr finanzieren. Weitere Schritte sind nötig, denn es wird weiter gebaut. taz

Mit Galileo Galilei gegen die Mächtigen Israels Zehn Mal vom Militärrichter verurteilt, keiner war länger im Knast. Denn Natan Blanc will nicht zur Armee. Damit stellt er sich in Israel auch gegen die eigenen Leute. ZEIT

Fußball

Fußball ist kein Menschenrecht Der Europäische Gerichtshof (EuGH) überrascht mit seinem Urteil zum Grundrecht auf Fußballspiele. Vor allem die Begründung erscheint diskussionswürdig. Frankfurter Rundschau

Recht auf Fußball Man kann über unendlich viel streiten: Abseits oder nicht, Jupp oder Pep, Schweini oder Poldi. Aber über eines nicht: dass dieses Spiel für viele Menschen mehr als nur eine abendfüllende Bedeutung hat. FAZ

Fußball für alle: Gut so! Fußballwelt- und Europameisterschaft dürfen nicht ausschließlich im Betahlfernsehen gezeigt werden – das hat der Europäische Gerichtshof entschieden. Das freut den Fan – und mit den klagenden Verbänden muss man weiß Gott kein Mitleid haben. WAZ

Rote Karte für die FIFA Spiele bei Welt- oder Europameisterschaften müssen für alle Fernsehzuschauer frei empfangbar sein. Eine alleinige Ausstrahlung im sogenannten Pay-TV ist nicht zulässig. Märkische Oderzeitung

…one more thing!

„Gehen Sie nie hungrig einkaufen“ Dusche statt Vollbad, moderne Spülungen statt alter WC-Kästen: Das Jobcenter Pinneberg gibt in einem Comic-Ratgeber Spartipps für Hartz-IV-Empfänger. Die „Bild“-Zeitung regt sich ein bisschen über vermeintliche Bevormundung auf. Aber die Geschichte geht gut aus. Süddeutsche Zeitung

Leitartikel

Polizeistaat Russland Das Putin-Regime marschiert weiter in Richtung Diktatur. Die Vorwürfe, deretwegen der Oppositionelle Aleksej Nawalnyj zu fünf Jahren Lagerhaft verurteilt wurde, sind eine Farce. Russland ist kein Rechtsstaat, und solange dieser Präsident an der Macht ist, wird sich nichts daran ändern. FAZ

Die Zeit läuft gegen Putin Das Urteil gegen Alexej Nawalny wird das Gegenteil der beabsichtigten Wirkung erzielen: In Russlands Mittelschicht wachsen immer neue Nawalnys nach. Frankfurter Rundschau

Zyniker der Macht Es weht ein eiskalter Ostwind durch diesen Sommer – politisch zumindest. Was sich in Russland gerade abspielt unter der Regie von Wladimir Putin, das erinnert an tiefste Sowjetzeiten. AZ München

Israel-Boykott – macht da nicht mit! Die EU hat eine Initiative gestartet, um einen Förderungstopp für Forschungsprojekte in den von Israel BILD

Der Fall Hoeneß zeigt Wirkung Die Diskussion um Uli Hoeneß zeigt Wirkung bei Deutschlands Steuerhinterziehern. Seit man weiß, um welch hohe Beträge es geht, setzen die Behörden auch im Verhältnis zur Schweiz eher auf Härte als auf Diplomatie. Tagesspiegel

Monsanto will Image durch taktischen Rückzug verbessern PR-Kampagne für eine umstrittene Technologie: Monsanto kündigt seinen Rückzug aus Europa an, zumindest was gentechnisch veränderte Pflanzen angeht. Doch der Agrarkonzern versucht nach wie vor, seine Interessen rücksichtslos durchzusetzen. Das Freihandelsabkommen könnte sein Türöffner für Europa sein. Süddeutsche Zeitung

The curious case of the fall in crime Crime is plunging in the rich world. To keep it down, governments should focus on prevention, not punishment Economist

„You’re a Sacrifice“: An Open Letter to Edward Snowden Pity the country that requires a hero, but pity the heroes too. Mother Jones

Hitting China’s Wall All the signs coming from the economic data show that China is in big trouble. New York Times

A touch of sanity Obama’s wise words after the Zimmerman verdict. Washington Post