Merkel, Linke, Euro-Krise, Arabische Welt, Bonn-Berlin-Debatte, Ehec & Plagiate

Merkels Defizite Langsam bekommt Kanzlerin Angela Merkel (CDU) Übung darin, ihre Positionen zu räumen. Egal, ob es um Atom, den Euro und Griechenland oder nun Steuern geht, stets kann sich die Öffentlichkeit auf eines verlassen: Merkels Beteuerungen sollte sie nicht allzu viel Glauben schenken – oder jedenfalls nicht allzu lange. Berliner Zeitung

Merkel droht das gleiche Schicksal wie Schröder Den Kommunen fehlt das Geld, um ihre von Schlaglöchern zerfressenen Straßen zu reparieren, marode Schulen zu sanieren oder überall die vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Kindergartenplätze zu offerieren. Berliner Morgenpost

Union und Merkel machen Boden gut Erfreuliche Umfragewerte für die Union: Sie legt beim stern-RTL-Wahltrend zum zweiten Mal in Folge zu, und Angela Merkel springt im Politikerranking auf den Spitzenplatz. Stern

Linke

Gysi und die Antizionisten: Eine Frage des Überlebens Der Antisemitismus-Streit der Linken führt zum Kern aller Probleme der noch immer relativ frisch vereinigten Partei. Für Gregor Gysi geht es nicht nur um das selbstverständliche Bekenntnis zum Existenzrecht Israels, sondern auch um die Existenz seiner Partei. Süddeutsche Zeitung

Zeit für die Häutung Es sind allerlei Einzelfälle, die auf eine anti-antisemitische bzw. anti-zionistische Grundströmung in gewissen Milieus der Linkspartei schließen lassen. Und weil keine unmissverständliche Distanzierung stattfindet, wie sie ehedem der CDU von ihrem Rechtsausleger Martin Hohmann gelang, springt der Bazillus auf die gesamte Linkspartei über. Mitteldeutsche Zeitung

Bartsch verlangt Auseinandersetzung über Antisemitismus Linken Vize-Chef Bartsch hat sich im Antisemitismus-Streit auf die Seite des Zentralrats der Juden gestellt. Der hatte der Partei judenfeindliche Tendenzen vorgeworfen. ZEIT

Zentralrat der Juden wirft Linkspartei Hass auf Israel vor Hintergrund sind Boykott-Aufrufe gegen israelische Produkte und Wortmeldungen aus den Reihen der Linken, die das Existenzrecht Israels infrage stellen. BILD

Abgeordnete drängten Gysi zu Antisemitismus-Votum Einzelne Linkspartei-Abgeordnete haben Gregor Gysi zum schnellen Antisemitismus-Beschluss gedrängt. Die Parteimitglieder hatten mit einer Medienkampagne gedroht. Die Welt

Euro-Krise

Denn sie wissen, was sie tun Opposition und Gewerkschaften in Griechenland werfen der Regierung vor, sie habe das Land dem „Diktat“ der EU und des IWF ausgeliefert. Sie sind gegen den Sparkurs, weil sie fest darauf bauen, dass die Europäer Griechenland so oder so helfen werden. FAZ

Wendepunkt Das für seine Weisheit bekannte Orakel von Delphi hätte in dieser Situation vermutlich auch nicht weiter gewusst. Dabei hat Griechenlands Stunde bald geschlagen, wenn es nicht endlich tut, was es vor über einem Jahr versprochen hat und was schon weitaus früher nötig gewesen wäre: Sparen. Bonner General-Anzeiger

Tage der Entscheidung Griechenland taumelt am Abgrund. Wenn Papandreou bei der Vertrauensabstimmung scheitert und das Sparpaket keine Mehrheit findet, dann läuft Athen schnurstracks in die Zahlungsunfähigkeit. Weitere einschneidende Reformen sind unausweichlich. FAZ

Schafft nur kein griechisches Schuldenungeheuer Die Euro-Zone setzt darauf, dass sich private Gläubiger ohne Zwang an der Lösung des Schuldenproblems beteiligen. Das ist der schlechteste Weg von allen. Auch eine zweite Wiener Initiative taugt nichts. Financial Times Deutschland

Europa zahlt auch ohne griechische Sparmaßnahmen Die Europäer versuchen die Griechen zu einem Sparpaket zu drängen. In Wirklichkeit haben sie aber kein Druckmittel und zahlen am Ende sowieso. Die Welt

Spiel mit dem Euro Alle müssen sich noch einmal gedulden – die Investoren ebenso wie die Steuerzahler. Denn erneut ist es den Finanzministern nicht gelungen, sich auf eine Lösung für das Finanzierungsproblem Griechenlands zu verständigen – obwohl unter anderem EU-Kommissar Olli Rehn diese Hoffnung genährt hat. Börsen-Zeitung

Theaterdonner Die griechische Tragödie hält den Euro-Raum weiterhin in Atem. Der nächste Akt in dem sich schon endlos lang hinziehenden Drama ist von den europäischen Finanzministern erstmal auf Juli verschoben worden. Märkische Allgemeine

Doppelpass mit Milliarden In der Währungspolitik gerät Europa ins Trudeln. Märkte sind keine Subjekte. Welches Spiel ziehen die echten Akteure ab – die Politiker, Banken, Ratingagenturen? Frankfurter Rundschau

Miserable Kommunikation mit den Märkten Die Investoren reagieren wieder einmal überrascht auf einen Griechenland-Beschluss, der eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist. Daran ist die Politik mit Schuld. Die Euro-Zone braucht dringend eine Abteilung für Investor Relations. Financial Times Deutschland

Bruch mit den Euro-Idealen Obwohl sich Europas Finanzminister auf nächste Schritte zur Euro-Rettung verständigten, war am Montag kein guter Tag für die Gemeinschaftswährung. Die Mehrheit der Minister lehnte den vernünftigen Plan von Wolfgang Schäuble ab, der die privaten Gläubiger mit in die Pflicht nehmen und von ihnen längere Laufzeiten erzwingen will. Rheinische Post

Einsicht gefragt Haben die europäischen Finanzminister Griechenland etwa ein Ultimatum gestellt? Ja, das haben sie. Dieses Signal war nötig: Griechenland muss einsehen, dass es sich schwer anstrengen muss, um eine Staatspleite abzuwenden. Das sind alle Parteien den Bürgern des Landes schuldig. Der Westen

USA knöpfen sich Europäer vor Stundenlange Diskussionen über Hilfspakete, während „sich die Welt und die Krise weiter drehen“: Hochrangige US-Diplomaten kritisieren Europas Krisenmanagement im Fall Griechenland als „sehr schlecht“ – und treiben eine Einigung der Euro-Finanzminister aktiv voran. Dahinter steht vor allem Amerikas Angst vor finanziellen Schäden für die eigenen Banken. Süddeutsche Zeitung

Bitte, bitte, rettet doch den Euro Eine Anzeigenkampagne der deutschen Wirtschaftsbosse, war da nicht was? Richtig: Im vergangenen Jahren machten sie über ihren „Energiepolitischen Appell“ mächtig Druck auf Angela Merkel. Jetzt fordern 47 deutsche und französische Manager in Zeitungsanzeigen die Rettung klammer Staaten – mit dem Einverständnis der Kanzlerin. Süddeutsche Zeitung

Europe’s problem – too deferential and too polite Fiscal indiscipline could not have occurred without unhealthy politeness, and excessive deference to large member states Financial Times

Savour the sweet scent of Germany’s success Angela Merkel has triangulated between the antagonism to bail-outs and preserving the euro, Financial Times

Arabische Welt

Assad enttäuscht in seiner Rede an die Nation Die Ansprache des syrischen Präsidenten war zu dürr und dürftig, um sein diskreditiertes Regime und sich selbst in die neue Zeit zu retten. Die Welt

Dritte Enttäuschung in Syrien Zum dritten Mal seit Beginn der Demonstrationen hat Syriens Präsident Baschar al-Assad in einer Rede an sein Volk vage einige Reformen in Aussicht gestellt, zum dritten Mal hat er Extremisten für die Proteste verantwortlich gemacht, und zum dritten Mal hat er die Forderungen der Demonstranten weitgehend ignoriert. Berliner Zeitung

Assad, zum Dritten Die EU übt weiter Druck auf Syrien aus. Doch der Fall Gaddafi zeigt, wie schwierig ein Diktator von der Macht zu verdrängen ist. Man sollte sich von den Sanktionen nicht allzu viel versprechen. Von Wolfgang Günter Lerch FAZ

Freie Hand für Assads Schergen Syriens Diktator Assad schlägt den Aufstand seines Volkes mit brutaler Gewalt nieder, und die Syrer dürfen in ihrem mutigen Kampf nicht auf Hilfe von außen hoffen. Augsburger Allgemeine

Verzweifelt In den Ländern des arabischen Frühlings gibt es bemerkenswerte Parallelen. Um nur zwei zu nennen: Alle wurden und werden von kleptokratischen Cliquen tyrannisiert. Überall aber auch ist der Anteil erwachsener junger Menschen außerordentlich groß, beträgt oft mehr als ein Drittel. Diese junge, gebildete Generation wuchs und wächst ohne Hoffnung auf Besserung ihrer desolaten Lage auf. Nordwest Zeitung

Nebelbomben in Syrien Es ist immer das Gleiche mit diesen arabischen Diktatoren.Arabische Autokraten können keine ernsthaften Reformen einleiten, weil sie sich selbst abschaffen müssten. taz

Tunesien will echte Demokratie Das ist etwas Besonderes. Denn in lateinamerikanischen Ländern wie Argentinien oder Chile hat es Jahrzehnte gedauert, bis sich die Richter der eigenen Geschichte annahmen – von europäischen Diktaturen wie der spanischen ganz zu schweigen. Ein Rechtsstaat, der nicht vor der Vergangenheit haltmacht, ist ein wichtiger Schritt. Die Entwicklung in der arabischen Welt ist unvorhersehbar. Die Zeiten ändern sich – und zwar schnell. taz

Die Taliban haben Zeit – Obama nicht Die USA führen Gespräche mit den Taliban. Das ist vernünftig, kommentiert Steffen Richter, doch die radikalen Islamisten haben einen entscheidenden Verhandlungsvorteil. ZEIT

Mobilmachen gegen Gaddafis Propaganda Die Nato mag Libyens Diktator militärisch überlegen sein, doch sie kann ihren Einsatz öffentlich nicht vermitteln. Der Kampf um die Herzen muss endlich beginnen. Financial Times Deutschland

Say what you will, it’s a war in Libya The Obama administration, in trying to get around the War Powers Act, has assaulted the very meaning of the word ‚war.‘ Los Angeles Times

Bonn-Berlin-Debatte

Der richtige Ort Niemand versteht heute so recht, warum je ein Zweifel daran bestehen konnte, dass Berlin der richtige Ort sei. Alle Ängste, Befürchtungen und Vorurteile haben sich als unbegründet, wenn nicht als abstrus erwiesen. FAZ

Der Preis bleibt hoch War das klug, Herr Nimptsch? Pünktlich zum Jahrestag „20 Jahre Umzugsbeschluss“ kocht die Diskussion um die Zukunft von Ministerien am Standort Bonn richtig hoch. Bonner General-Anzeiger

Das kluge Bonn-Berlin-Gesetz Der Bundestag hat vor 20 Jahren einen sehr klugen Beschluss gefasst: Parlament und Regierung gehören nach Berlin, der Hauptstadt des vereinigten Deutschland. Der Beschluss war vor allem deshalb klug, weil er nicht den Keim der Revision in sich trug, wie es mit einer Entscheidung pro Bonn gewesen wäre. Berliner Zeitung

Schwierige Arbeitsteilung zwischen Bonn und Berlin Vor 20 Jahren stimmte der Bundestag für einen Teilumzug der Ministerien an die Spree / Heute fordern viele den Komplettumzug. Badische Zeitung

Die Hauptstadt des eventgierigen Individualismus Berlins besondere Geschichte machte die Stadt zu einem Symbol der Wiedervereinigung. Heute ist sie eher ein Sinnbild für Globalisierung und Eventgier. Die Welt

Erst der Hauptstadtumzug, jetzt Griechenland und Europa Bundesfinanzminister Schäuble muss wieder alles geben. So wie damals, 1991, als er mit seiner Rede die Abgeordneten des Deutschen Bundestages zum Votum für Berlin bewegen konnte. Heute geht es um ungleich mehr. Tagesspiegel

Ehec

Stadt, krank, Fluss Nach dem Fund des Ehec-Erregers in einem Bach bei Frankfurt stellen sich neue Fragen rund um den gefährlichen Darmkeim. Wie schützt man sich am besten, sind Sprossen nun für immer tabu – und besteht beim Baden Ansteckungsrisiko? Süddeutsche Zeitung

Baden in Flüssen bald verboten? 40 Menschenleben forderten die EHEC-Keime, Tausende wurden infiziert. Nun, mitten im Sommer, verdirbt uns die Seuche auch noch das Badevergnügen. Die erste Behörde warnt schon. BILD

Jäher Rückfall ins Mittelalter Die üblichen Verdächtigen sind vertraut. Unheimlich aber wird es, wenn wir wie im Ehec-Fall nicht wissen, was wir nicht wissen. Frankfurter Rundschau

EHEC ist auch psychische Belastung H err Schulz-Kindermann, Sie betreuen im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf EHEC-Patienten. Welche psychischen Auswirkungen hat die Auseinandersetzung mit einer Erkrankung auf die Patienten? Bei den Patienten, die psychisch belastet sind, ist es ein bestimmendes Gefühl die Hilflosigkeit, resultierend aus einem erheblichem Kontrollverlust. Lausitzer Rundschau

Kein Cent für den Handel! Wenn Konzerne nach dem Staat schreien, sollte man misstrauisch werden. Zum Beispiel jetzt: Derzeit fordern Lebensmittelhändler wie Metro, Lidl und Rewe Entschädigungen, weil sie weniger Gemüse verkauft haben, das als Überträger des Darmkeims Ehec in Verdacht stand. taz

Plagiate

An unseren Unis ist Wissenschaft nicht möglich Die Plagiatsaffären sind ein Resultat aus mangelhaften Bedingungen an deutschen Universitäten. Die Politik muss das System reformieren. Die Welt

Munter kopiert In der aktuellen Plagiatsdiskussion wünscht man sich zwei Dinge. Augsburger Allgemeine

Meine kleinen Guttenbergs VI Karl-Theodor zu Guttenberg hat geistiges Eigentum geklaut, Silvana Koch-Mehrin desgleichen. Neuerdings steht Margarita Mathiopoulos, Honorarprofessorin in Potsdam, unter Verdacht. All das geschieht dank außeruniversitärer Kontrolle; die Hochschulen stempeln die Überführten eilig zu schwarzen Schafen – an dem System, das die Plagiatoren produziert, ändern sie nichts. Berliner Zeitung

…one more thing!

Der Anlauf des Nashorns Seit Monaten bastelt Sozialdemokrat Peer Steinbrück an seiner Kanzlerkandidatur. Selbstbewusst profiliert sich der Ex-Finanzminister in der Griechenland-Krise auf Kosten von Kanzlerin Merkel – und distanziert sich von seiner eigenen Partei. Steinbrück scheint dies egal zu sein: Er setzt auf die Methode Schmidt. Süddeutsche Zeitung

Leitartikel

Was Sarkozy und Merkel verschweigen Wer zahlt für Griechenland? Die privaten Gläubiger sollten sich schon aus Eigeninteresse beteiligen. Allerdings muss die Politik den Bürgern auch die Wahrheit sagen: In einem solchen Fall bräuchte Europa einen neuen Bankenrettungsfonds – und der kostet den Steuerzahler. Aber Angela Merkel druckst herum, und Nicolas Sarkozy schweigt. Süddeutsche Zeitung

Die Guten in Griechenland müssen kämpfen Vom hehren Bild der frommen Hellenen müssen wir uns verabschieden. Nur die jungen Menschen in Griechenland können auch nichts für die Lage in ihrem Land. Es ist Zeit für Verständnis. Tagesspiegel

Nur Verlierer in Syrien Baschar al-Assad mag die Rebellion blutig niederschlagen, aber er hat sich vor aller Welt desavouiert. Das Volk kann kaum gewinnen. Und wieder schaut die Staatengemeinschaft zu. Frankfurter Rundschau

Klarer Schnitt mit Syrien Außenminister Westerwelle hat die Worthülsen des syrischen Präsidenten richtig erkannt. Doch seine Folgerungen greifen zu kurz – anstatt auf eine Wende zu hoffen, müsste Westerwelle Assad fallen lassen. Financial Times Deutschland

Groß D und klein r Herr oder Frau Doktor zu werden, erhöht die Chancen für beruflichen Aufstieg. Das ist nicht ehrenrührig. Annette Schavan sollte die Universitäten nicht kritisieren, sondern so ausstatten, dass dort Wissenschaft wieder möglich wird Die Welt

Der Wert der Lebensmittel Lebensmittel sind so teuer wie noch nie. Und obwohl vielen von uns das egal ist, betrifft das doch jeden: Denn im Weltmaßstab können nur moderate Lebensmittelpreise weiteren Hungerrevolten und „Lampedusas“ vorbeugen. FAZ

Political union cannot fix the euro There is not a strong common identity to support the single currency Financial Times

Libya and America’s commitment problem President Obama’s missteps on the War Powers Act have created a dangerous leadership vacuum at home and abroad. Los Angeles Times

The Best High Schools in America NEWSWEEK studied more than 1,000 top schools to determine the best of the best: the ones producing kids ready for college—and life. Newsweek