Sicherungsverwahrung, USA, Tunesien, Italien, Dioxin, Währungskrise & Strompreise

Die Unkultur des Wegschließens Das Wegsperren als Placebo der deutschen Sicherheitspolitik hat ausgedient. Stattdessen muss endlich die Therapie in den Vordergrund rücken. Süddeutsche Zeitung

Mehr Recht und mehr Härte für Sextäter Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat zum zweiten Mal deutschen Sextätern recht gegeben, die sich in Straßburg über ihre unbefristete, nachträglich angeordnete Sicherungsverwahrung beschwert haben. Berliner Morgenpost

Nicht ohne Gesetz Es ist vertrackt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Justizbehörden der Länder in eine Zwickmühle gebracht: Lassen sie die zu Unrecht festgehaltenen Sicherungsverwahrten frei, setzen sie sich dem Volkszorn aus und gefährden schlimmstenfalls Menschenleben. Hannoversche Allgemeine

An die Regeln halten Die Regelung, Straftäter nachträglich in Sicherheitsverwahrung zu nehmen, wurde vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte beanstandet. Mit Recht – denn ein Staat, der diese Konventionen missachtet, untergräbt sich selbst. Kölner Stadt-Anzeiger

Recht und Schutz Das Urteil zur Sicherungsverwahrung folgt der bekannten Linie europäischer Rechtsprechung, kommt also nicht überraschend. An der Verzwicktheit und Brisanz der Materie geht der Richterspruch allerdings vorbei. Märkische Allgemeine

Das Chaos ist perfekt Das Straßburger Urteil zur Sicherungsverwahrung schafft keine neuen Fakten. Es bezieht sich auf das alte Recht. Es ist aber ein Wink mit dem Zaunpfahl. Es erinnert deutsche Gerichte an ihre Verantwortung. WAZ

USA

Innehalten in Amerika Barack Obamas große, empathische Trauerrede ist auch eine politische Rede gewesen. Sie ruft Amerika zur Versöhnung mit sich selbst auf. FAZ

Obama versucht die Versöhnung US-Präsident Barack Obama hat gestern in Tucson eine große Rede gehalten, ja, eigentlich waren es sogar zwei beeindruckende Ansprachen auf einmal. Berliner Zeitung

Amerika nimmt Abschied von neunjähriger Christina Bei der Beisetzung von Christina Taylor Green halten sich die Menschen an den Händen. Obama erklärt sie zum Symbol für das Attentat in Arizona. Die Welt

Palin und die Ritualmordlegende Mit ihrer Videobotschaft zum Attentat von Tucson will Sarah Palin angeblich Anteilnahme zeigen. Tatsächlich jedoch verteidigt sie sich vor allem selbst – und greift dabei zu einem extrem umstrittenen Begriff. Süddeutsche Zeitung

Messer, Pistolen und andere Metaphern Sarah Palin hat nach dem Amoklauf von Arizona lange Zeit geschwiegen. Doch dann erwiderte sie Obamas Trauerrede, bevor der sie überhaupt gehalten hatte: Ihre Rhetorik habe mit dem Verbrechen nichts zu tun. FAZ

Amerikas Politik sollte verbal abrüsten Heftige Schmähreden sind Teil der amerikanischen Politkultur. Angesichts der Probleme des Landes wäre es sinnvoll, einen Gang zurückzuschalten. Die Welt

Analyse kommt später Die USA wollten nach dem Attentat heilende Worte: Barack Obama hat das verstanden, Sarah Palin nicht. Tagesspiegel

Tunesien

Ohne Zukunft In Tunesien und Algerien entlädt sich die Wut der jungen Menschen in einer spontanen Revolte. Die Regierungen reagieren einmal mehr mit brutaler Repression. Bonner General-Anzeiger

Region vor dem Bankrott Ehemalige Staatschef, das gibt es bei uns nicht, heißt es in Tunis und Tripolis, in Kairo und Riad. Wer in den arabischen Staaten einmal an der Macht ist, hält daran fest. Doch die Region schlittert ihrem politischen Bankrott entgegen. Tagesspiegel

Italien

Der entzauberte Berlusconi Das System Berlusconi zeigt Risse. Der Magier stößt an seine Grenzen. Da nützen auch die wilden Tiraden gegen die „linke Justiz“ nichts mehr. Wenn Italiens Ministerpräsident fällt, dann durch sich selbst und nicht durch die Opposition. FAZ

Berlusconi droht die Anklagebank
Das italienische Verfassungsgericht hat das umstrittene Immunitätsgesetz teilweise aufgehoben. Regierungschef Silvio Berlusconi ist jetzt nicht mehr vor Strafverfolgung geschützt, mehrere Prozesse werden möglicherweise wiederaufgenommen. Süddeutsche Zeitung

Nicht ohne Justiz Italiens Verfassungsrichter haben Silvio Berlusconi im Streit um seine angeblichen Sonderrechte zum dritten Mal abblitzen lassen. Allmählich müsste sogar er selbst einsehen, dass auch ein Regierungschef nicht außerhalb des Strafrechts steht. Hannoversche Allgemeine

Dioxin-Skandal

Sehnsucht nach dem Eklat Ein Gutes hat der Dioxin-Skandal: Er vermittelt die Illusion, dass gründlich aufgeräumt wird, dass nach dem Donnerwetter wieder paradiesische Zustände einkehren können. Frankfurter Rundschau

Bloß keine Dioxin-Panik Kommentar Der Skandal um verseuchtes Fett in Futtermitteln ist überzogen, die Reaktionen ziellos – dringend Zeit, mal nachzudenken. Financial Times Deutschland

Vertane Chance Renate Künasts Kritik an Ministerin Aigner hat jedes Maß verloren. Denn die Grünen-Politikerin hat ihre Zeit als Bundesministerin für Verbraucherschutz auch nicht genutzt, um die Lebensmittelindustrie ausreichend straffen Kontrollen zu unterwerfen. FAZ

Währungskrise

Rogoff – Währungschaos, aber kein Weltuntergang 2011 wird es wieder zu Währungskriegen kommen. Solange die EU-Staaten kein klares Beruhigungssignal an die Märkte senden, bleibt der Euro prominentester Kandidat für einen Kollaps. Aber trotz aller Turbulenzen: Das Ende unseres Wirtschaftssystems bedeutet das nicht. Financial Times Deutschland

Die europäische Währung wird überleben – trotz allem Die Politiker sind entschlossen, die Initiative zurückzugewinnen. Neben einem besseren Rettungsfonds ist dafür die schnelle Koordinierung der Wirtschaftspolitik nötig. Handelsblatt

Koste es, was es wolle Barroso und Rehn verlangen noch mehr Geld für den Rettungsfonds. Warum lassen sich Länder wie Deutschland von Barroso so treiben? Sieht Angela Merkel nicht, dass Deutschland zur Geisel von Banken wird, die ihr Kreditrisiko einfach auf den Steuerzahler abwälzen wollen? FAZ

Was beunruhigt Seit Monaten bemühen sich Europas Politiker darum, die Akteure an den Finanzmärkten zu beruhigen. Das gelingt ihnen denkbar schlecht. Wo sich jeder, der eigentlich nichts zu sagen hat, zu Wort meldet und wo viel versprochen wird, was kaum zu halten ist, entsteht Unsicherheit. Börsen-Zeitung

Hundert Endspiele in der Schuldenkrise Spezial Bisher befinden sich nur Griechenland und Irland unter dem Rettungsschirm. Werden andere Euro-Länder folgen? Die gelungenen Emissionen von Staatsanleihen in Portugal, Spanien und Italien, haben die Furcht vor einer Eskalation der Schuldenkrise vorerst vertrieben. Doch weitere Bewährungsproben stehen bevor. FAZ

Strompreise

Außer Kontrolle Bei der Energie-Aufsicht gibt es zu große Lücken, die Kartellbehörden sollten mit größeren Befugnissen ausgestattet werden. Der Staat muss eingreifen. Süddeutsche Zeitung

Weniger Spielraum für Energie-Schummelei Das Bundeskartellamt lässt die Stromkonzerne ungeschoren davonkommen. Der seit Langem gehegte Verdacht, dass die Großhandelspreise manipuliert werden, lässt sich nicht nachweisen. Berliner Zeitung

Der Staat diktiert immer mehr die Strompreise Die großen Energiekonzerne manipulieren die Strombörse, heißt es häufig. Doch so, wie unser Energiemarkt funktioniert, geht das kaum. Die Welt

Freispruch zweiter Klasse Die deutschen Stromkonzerne können aufatmen. Vorläufig zumindest: Das Kartellamt kann ihnen nicht nachweisen, durch vorübergehendes Abschalten von Kraftwerken die Strompreise im Großhandel gezielt in die Höhe getrieben zu haben. Der Verdacht ist damit aber nicht ausgeräumt. FAZ

… one more thing!

Homosexualität ist nicht bibelwidrig Das hat es leider in den Kirchen schon oft gegeben: Verurteilung, auch Verfolgung von Homosexuellen. Und es hat auch schon immer Theologen gegeben, die ihre Ablehnung der Homosexualität theologisch zu begründen versuchten. Berliner Zeitung

Leitartikel

Mut zum Unpopulären Die Sicherungsverwahrung für Schwerverbrecher bleibt in Deutschland trotz der jüngsten Reform juristisch umstritten. Doch ist jetzt der Mut gefragt, eine unbequeme und unpopuläre Diskussion zu führen, ob wir diese Entwicklung nicht stoppen und die Sicherungsverwahrung wieder zur Ultima Ratio erklären müssen. Frankfurter Rundschau

Wer schützt uns? Dieses Urteil ist mehr als fragwürdig! Bild

Die Rückkehrer Über das Stimmungshoch der CSU AZ

Volksporsche für alle!Ob sich der Linken-Vorsitzende Klaus Ernst in seinem Porsche womöglich auf den Weg zum Kommunismus ein bisschen verfahren hat? Tagesspiegel

Schluss mit dem Staatstheater! Die Europäer sollten Flamen und Wallonen zur Ordnung rufen. Denn der Stillstand in Belgien droht zur Belastung für Europa zu werden. Handelsblatt

Aufruhr in Nordafrika Autoritäre Herrschaft, Perspektivlosigkeit, hohes Bevölkerungswachstum – die Mischung im Maghreb ist gefährlich. Von Tunesiens Präsident Ben Ali ist keine Demokratisierung zu erwarten. FAZ

Brot statt Bomben Arabische Herrscher begegnen der Unzufriedenheit ihrer Bürger zu oft mit Sorglosigkeit. Doch der verzweifelte Protest eines jungen Tunesiers entfachte eine Dynamik, die sogar die engstirnigsten Despoten der Region nicht mehr ignorieren können. In Tunesien beugt sich Präsident Ben Ali nun offenbar dem Druck der Proteste. Süddeutsche Zeitung

Die ausgestreckte Hand In der tunesischen Krise zeigt sich, dass Europa ungenügend auf seine südlichen Aufgaben vorbereitet ist. Es hat auf den Bau intermediärer Brückenstrukturen wenig Wert gelegt. Jetzt schlägt die Stunde für die Mittelmeerunion. Die Welt

A Tale of Two Moralities Though President Obama spoke to our desire for reconciliation, the truth is that we are a deeply divided nation and are likely to remain so. New York Times

The blame game Politer politics would help America in many ways; but it needs sensible gun laws much more Economist

Tea Party Backed School Board Kills School Integration in Raleigh, North Carolina Will tea partiers kill one of the few school improvement ideas that work? Mother Jones