Wahlkampf, Arbeitsmarkt, Syrien, Ackermann & Vodafone

„Bei uns rockt es“ Vergessen Sie alles, was Sie bislang gelesen haben. Der Wahlkampf fängt gerade erst an, das ist die neue Botschaft von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück. Aber warum eigentlich Kandidat? Vor der Presse ist er schon Kanzler und stellt ein 100-Tage-Programm vor. Das lässt allerdings Fragen offen. Süddeutsche Zeitung

Die Agenda der SPD Die SPD setzt alles auf die soziale Gerechtigkeit. Es ist der letzte Versuch, in die linken Urgesteinsschichten vorzudringen. Wenn das nicht gelingt, hilft nur noch die Linkspartei. FAZ

Steinbrück macht Programm Steinbrück legt sein ein Hundert-Tage-Programm vor. Anders als die Union, die ihre Versprechen im Ungefähren lässt, benennt er konkret seine unmittelbaren Vorhaben für den Fall eines Wahlsieges. Berliner Zeitung

Steinbrücks Lauf Wer nicht an den Sieg glaubt, hat schon verloren. Peer Steinbrück muss daran glauben. Noch 23 Tage bis zur Wahl. Spätestens dann holen ihn Prozentpunkte aus dem Modus der Autosuggestion heraus, mit der Steinbrück derzeit sich und seinen Glauben an eine Wende im Kampf um die Macht im Kanzleramt bestärkt. Bonner General-Anzeiger

Steinbrücks Klartext ist richtig Über Peer Steinbrücks Stolperstart muss man keine Worte verlieren. Er hat sich unter Wert verkauft. Aber jetzt, auf der Schlussgerade des Wahlkampfs, ruft der Kanzlerkandidat seine Stärken ab: Kompetenz, Erfahrung, Wortwitz und Überzeugungskraft. WAZ

Ein Riff für die Gerechtigkeit Peer Steinbrück legt sein 100-Tage-Programm vor und präsentiert sich vor der Hauptstadtpresse als Rock-’n‘-Roller. Will er es ins Kanzleramt schaffen, muss er es beim TV-Duell krachen lassen. stern

Wagen oder warten Steinbrücks 100-Tage-Programm ist die ideale Blaupause für Rot-Grün. Doch der SPD fehlt ein kontroverses Thema, das das eigene Lager eint. taz

Missglückter Auftritt vor dem Duell Mit der Vorstellung seines Programm für die ersten 100 Tage als Bundeskanzler wollte Peer Steinbrück im Wahlkampf punkten. Aber sein Auftritt vor den Hauptstadtkorrespondent misslingt. Der Kandidat wirkt vor allem eins: Gereizt. Kölner Stadt-Anzeiger

Ehrensache Immer wenn Peer Steinbrück ultra kurz antwortet, hat sein Gegenüber einen Treffer gelandet. „Ja“, sagt ein schmallippiger Steinbrück vor der Bundespressekonferenz auf die Frage, ob er sich gut durch die SPD und deren Führung im Bundestagswahlkampf unterstützt fühle. Nordwest Zeitung

Gute Zahlen, bessere Zahlen Die Lage für die SPD: Deutschland geht es gut – aber diese Regierung ist Mist. Das muss Peer Steinbrück im TV-Duell erklären. Tagesspiegel

Kein Einsatz für die Kavallerie Nicht jedes Thema eignet sich zum Wahlkampf: Es spricht für den politischen Instinkt der SPD, dass sie die geplanten Militärschläge in Syrien aus der Parteien-Profilierung heraushält. Im TV-Duell zwischen Merkel und Steinbrück wird es wohl nur um Nuancen gehen FAZ

Passt auf im Kanzleramt! Alles längst entschieden? Von wegen. Schon oft änderte sich kurz vor der Wahl noch einmal die Stimmung im Land. Vor allem eines fürchtet die regierende Koalition deswegen nun: die Unentschiedenen. Tagesspiegel

„Es gibt ein Problem mit den Meinungsumfragen“ Der Chef der AfD rechnet fest mit dem Einzug in den Bundestag. Meinungsforscher sehen das ganz anders. Doch Bernd Lucke wirft den Demoskopen vor, die Partei kleinzurechnen. Handelsblatt

Rückwärts vorwärts Edmund Stoiber und Horst Seehofer wenden sich im Wahlkampf der Vergangenheit zu, um die Zukunft zu gewinnen. Und Gabriele Pauli präsentiert ihre Memoiren. FAZ

Arbeitsmarkt

Das Jobwunder-Märchen Trotz einer miserablen Bilanz gelingt es Angela Merkel, ihre Politik als Erfolg zu verkaufen. Aber es ist noch nicht zu spät. Frankfurter Rundschau

Wähler interessieren sich nicht für Arbeitslosigkeit Kurz vor der Wahl bleibt die Zahl der Arbeitslosen trotz eines leichten Anstiegs unter drei Millionen. Die Politiker zeigen sich zwar hoch erfreut, doch auf den Kundgebungen dominieren ganz andere Themen. Die Welt

Am Arbeitsmarkt geht mehr Toll: Die hohe Beschäftigung in Deutschland fußt nicht auf einem wachsenden Arbeitsproletariat. Das macht Hoffnung auf mehr – wenn die Wirtschaft weiterläuft. FAZ

Der Mindestlohn muss kommen Die schlimmen Zustände in den Schlachthöfen Nordrhein-Westfalens haben mehrere Gründe. Es fehlt zum einen an gewerkschaftlicher Organisation der Arbeiter. Aber auch die Konsumenten sind gefragt. Kölner Stadt-Anzeiger

Mindestlohn sticht Aufstiegschancen 23 Prozent der deutschen Arbeitnehmer verdienen derzeit so wenig, dass ihrem Einkommen das Etikett „Armutslohn“ anhaftet. Das ist eine scheinbar klare Zahl. Und doch ist gar nicht so klar, was sie bedeutet. FAZ

Weniger prekäre Jobs Die Daten des Statistischen Bundesamts zeigen: Leiharbeit geht zurück, reguläre Jobs nehmen zu. Ist das die lang ersehnte Wende am Arbeitsmarkt? Frankfurter Rundschau

Syrien

Einsätze mit beschränkter Haftung Ohne Vision für den Nahen Osten: US-Präsident Obama entscheidet von Fall zu Fall, wo Amerika sich Idealismus leisten kann und wo nicht. Syrien ist ein Beispiel dafür, wie sich diese Politik der kleinen Münze rächen kann. Sein kleinkrämerischer Ansatz trägt Obama oft den Vorwurf der Schwäche ein – dabei sind seine Worte sehr wohl ernst zu nehmen. Süddeutsche Zeitung

Zu spät Niemand sollte sich der Illusion hingeben, dass die Supermacht USA mit ihren angekündigten Raketenangriffen der syrischen Regierung ein paar gezielte Nackenschläge verpasst, worauf der Syrien-Konflikt anschließend so weitergeht wie bisher. Sollte es zu einem Militärschlag der USA kommen, wird dies ein Wendepunkt sein. Viel spricht dafür, dass die Lage anschließend eher schlimmer als besser wird. Bonner General-Anzeiger

Neue Hoffnung trotz großer Skepsis In der syrischen Opposition glaubt kaum jemand, dass mit einer Intervention das Ende des Krieges gegen Assad in größere Nähe rückt. Doch mit der Erwartung eines Angriffs schwindet die Resignation. FAZ

Europa will USA bremsen Berlin, London und Paris drängen die USA, mit der Strafaktion gegen Assad zu warten. Nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ verständigten sich mehrere europäische Staaten auf Initiative von Frankreichs Präsident Hollande und Bundeskanzlerin Merkel darauf, eine politische Lösung der Krise anzustreben. Damit wächst der Druck auf Russlands Präsident Putin. Süddeutsche Zeitung

Im Syrien-Konflikt an der Seite des großen Bruders Australien unterstützt einen Militärschlag gegen Syrien. Am Sonntag übernimmt es den Vorsitz des UN-Sicherheitsrats. FAZ

Mit Waffen kaum zu lösen Angesichts des grausamen Bürgerkrieges und eines unmenschlichen Giftgasangriffs erscheint der Wunsch nach einer starken Antwort auf das Handeln des Assad-Regimes verständlich. Aber ist eine militärische Reaktion auch kluge Politik? Frankfurter Rundschau

Im Fall Syrien ist die EU das Zentrum der Ohnmacht Die internationale Politik diskutiert heftig über einen Angriff auf Damaskus und versucht, Einfluss zu nehmen, wo sie kann. Nur die EU-Diplomatie schweigt. Offenbar ist das so gewünscht. Leider. Die Welt

Langsam Mehrere Punkte lassen die westlichen Regierungen noch vor einem Angriff auf Syrien zurückschrecken. Insofern ist es vernünftig, den Bericht der UN-Inspekteure abzuwarten. FAZ

Wo sind die Intellektuellen hin? Die Scharen der internationalen Intellektuellen, die bei regionalen Konflikten normalerweise öffentlich zur Ruhe oder zum Handeln aufrufen, sind in Bezug auf Syrien in den letzten Monaten erstaunlich schweigsam geblieben. Wo ist die gemeinsame Front von früher, fragt ein niederländischer Kolumnist. NRC Handelsblad Amsterdam

The Legal Consequences of Illegal Wars What Will Follow Obama’s Foray Into Syria Foreign Affairs

Go Big or Stay Home On Syria, there aren’t many good options. But the president has chosen the worst of them all. The Daily Beast

Can Obama Make the Case for an Attack? With America’s credibility tarred, persuading anyone other than France and Britain will be difficult. The Atlantic

Ackermann

In der Verantwortung Was die Ursachen für den Selbstmord des Schweizer Managers Wauthier waren, ist unklar. Josef Ackermann jedenfalls ist daraufhin zurückgetreten. Klar ist trotzdem: In der Menschenführung muss er sich den Vorwurf schwerer Defizite gefallen lassen. FAZ

Ein Mann, der gemocht werden will Der Verwaltungsratschef von Zurich, Josef Ackermann, gibt sein Amt auf, nachdem der Finanzvorstand des Konzerns Suizid begangen hat. Doch was hat er mit dem tragischen Fall zu tun? Die Erklärung für seinen Rücktritt wirft mehr Fragen auf als sie beantwortet. Süddeutsche Zeitung

Ein resoluter Entscheid Die Demission von Josef Ackermann als Verwaltungsratspräsident der Zurich-Versicherung wirft Fragen auf, die sich um den Freitod des Finanzchefs drehen. NZZ

Ende einer Karriere Als Josef Ackermann zur Deutschen Bank kam, rühmte man ihn intern als besten Banker des Planeten. Heute versinnbildlicht sein Rücktritt bei Zurich das Ende einer Karriere. Ackermann hat es nicht verstanden, rechtzeitig aufzuhören. FAZ

Tote haben immer Recht Schon der Tod an sich ist eine derart private Angelegenheit, jeder Suizid darüber hinaus eine solche menschliche Tragödie, dass Außenstehende, namentlich die Medien, dazu schweigen sollten, so schwer es fällt. Börsen-Zeitung

Vodafone

Ein wahrer Megadeal 100 Milliarden Dollar sind nicht genug – Vodafone will für seinen 45-Prozent-Anteil am US-Mobilfunker Verizon Wireless deutlich mehr haben. Vieles spricht dafür, dass die Konzernmutter Verizon bereit ist zu zahlen. Es wäre einer der größten Deals der Wirtschaftsgeschichte. Frankfurter Rundschau

Was Vodafone mit 100 Milliarden Dollar tun könnte Seit Jahren versucht der führende amerikanische Mobilfunkkonzern, Verizon, den seit 1999 vorhandenen britischen Juniorpartner Vodafone loszuwerden. NZZ

AT&T will sich Vodafone schnappen Nach dem möglichen milliardenschweren Ausstieg von Vodafone aus dem Mobilfunk-Joint-Venture mit Verizon, kündigte am Freitag der größte US-Telefonkonzern AT&T Interesse an Vodafones Mobilfunksparte an. Handelsblatt

Vodafone needs to deliver on Verizon exit Shares in the UK telco have jumped on confirmation of talks to sell out of its U.S. venture with Verizon for a reported $130 bln. Recent U.S. consolidation may have made Verizon move on price. Vodafone boss Vittorio Colao won’t be forgiven if he now fails to secure a good deal. Breakingviews

…one more thing!

Deals im Hintergrund Ein Spendenskandal erschüttert Österreich – schon wieder. Konservative wie Sozialdemokraten sollen sich Geld aus der Wirtschaft besorgt haben, ohne das als offizielle Spenden auszuweisen. Selbstbedienungsmentalität ist in Wien nichts Neues, vier Wochen vor der Wahl ist der Skandal umso heikler für die große Koalition. Süddeutsche Zeitung

Leitartikel

Frei von Überraschungen SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück hat mittlerweile seinen Stil gefunden. Der muss nicht jedem gefallen, erscheint aber authentisch. Nicht so sein Wahlprogramm: Das bleibt ziemlich beliebig. Süddeutsche Zeitung

In der Pflicht Dass auch Geheimdienste rechtsstaatlich gebunden und kontrolliert agieren dürfen, sollte sich von selbst verstehen. Womöglich aber sollte Großbritannien stärker in die Pflicht genommen werden. FAZ

Am Ende zahlen wir’s Mit großen Versprechungen machen die Städte die Privatisierung von Versorgungsbetrieben rückgängig. Das mag zunächst überzeugend klingen. Doch es besteht die Gefahr, dass am Ende die Bürger haften Die Welt

Ja, sie dürfen! Journalisten nerven. Immer stellen sie zu unpassenden Zeitpunkten mindestens genau so unpassende Fragen. Und sie hören nicht auf, diese Fragen zu stellen, selbst wenn man sie darum bittet. AZ München

Überwacht unsere Bahnhöfe! Immer wieder haben uns in den letzten Monaten Meldungen von brutalen Überfällen auf Bahnsteigen, Bahnhöfen erschüttert. BILD

Hit him hard Present the proof, deliver an ultimatum and punish Bashar Assad for his use of chemical weapons Economist

Shamed into war? Obama: If you are going to do this, do it seriously. Washington Post

The Decline of E-Empires Steve Ballmer, meet Ibn Khaldun. New York Times

Memo: Justice Department Won’t Meddle With States That Legalize Marijuana „Basically what it says is that the federal government is waving a white flag.“ Mother Jones