Euro-Rettung, SPD, FDP, Arbeitsmarkt, Konjunktur, Libyen, Energiepolitik & Telekom

Das Königsrecht Parlamente sind nicht bloße Gesetzgebungsmaschinen. Sie haben eine Kommunikationsaufgabe in die Gesellschaft hinein. Wenn sie die – wie in der Bewältigung der Euro-Krise – nicht mehr erfüllen, kann ihre Legitimität schnell verfallen. FAZ

Gewissensfragen Für den früheren CDU-Parteivorsitzenden und Bundeskanzler Helmut Kohl ist der Euro bekanntermaßen eine Frage von Krieg und Frieden. Daher stünde es der Koalition gut an, die notwendigen Parlamentsentscheidungen freizugeben. FAZ

Schäuble warnt vor zu viel Mitsprache des Bundestags Auch schwarz-gelbe Abgeordnete wehren sich gegen die Beschneidung des Haushaltsrechts durch den Euro-Rettungsfonds. Der Finanzminister aber fürchtet Handlungsunfähigkeit. ZEIT

Selbstentmachtung Die Bundestagsabgeordneten sind in diesen Tagen wirklich nicht zu beneiden. Sie sollen dem Euro-Rettungsschirm ihren Segen geben, einem milliardenschweren Paket von Bürgschaften und Nothilfen, das im Ernstfall den deutschen Steuerzahler teuer zu stehen kommen kann. Märkische Allgemeine

Widerspruch ist keine Rebellion Das Parlament muss darauf bestehen, den Euro-Hilfsfonds zu kontrollieren Badische Zeitung

Extrem populäre Ideen Ursula von der Leyen hat sich in jüngster Zeit ziemlich unerwartet in die Diskussionen um den Euro-Rettungsfonds eingeschaltet. Nicht nur ihre Kabinettkollegen fragen sich, welche Absicht die Arbeitsministerin verfolgt. FAZ

SPD

Signale einer Zeitenwende Gerade haben sich zwei ältere Herren an die Spitze der Beliebtheitsskalen im Bund und in Bayern gesetzt. Peer Steinbrück überflügelt Angela Merkel und, fast noch sensationeller, Christian Ude den bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer. Berliner Zeitung

Ude stärker als Seehofer – CSU reagiert mit Lager-Wahlkampf Christian Ude beflügelt die SPD: Erstmals kommt die Partei in Bayern in einer Umfrage wieder über 20 Prozent. Würde jetzt in Bayern gewählt, könnten die Sozialdemokraten sogar den Regierungschef stellen. Doch: Landtagswahl ist erst 2013. Die CSU reagiert dennoch nervös – und ruft einen Lager-Wahlkampf aus. Süddeutsche Zeitung

Verlorenes Vertrauen Die CSU muss erkennen, dass Wählerschaften, die ihr früher zugefallen sind, nicht mehr existieren. Augsburger Allgemeine

BILD sagt voraus: Peer Steinbrück wird Kanzler-Kandidat der SPD BILD

FDP

Objekt Westerwelle Röslers Spiel und Brüderles Teilsieg: Guido Westerwelle ist nicht mehr Subjekt, sondern nur noch Objekt eines Machtkampfes zwischen dem FDP-Chef und dem Fraktionsvorsitzenden. FAZ

Freiwillig geht er nicht FDP-Chef Rösler hat Westerwelle zum zweiten Mal binnen weniger Monate gerettet. Manche vermuten oder unterstellen, Rösler habe es nicht geschafft, ihn loszuwerden. Der Außenminister dagegen hat eine klare Botschaft hinterlassen: Wer mich weg haben will, muss kämpfen. Süddeutsche Zeitung

Politische Führung Die Steigerung ist nicht neu, beschämend bleibt sie dennoch: Freund, Feind, Parteifreund. Philipp Rösler und Guido Westerwelle geben dem Sprichwort in diesen Tagen neue Gesichter. Der eine, der Erfahrene, vergaloppiert sich und wird mit Mühe zur Korrektur gebracht. Bonner General-Anzeiger

So rettet Rösler die FDP nicht Westerwelle wird vom Vizekanzler und FDP-Chef zum Außenminister auf Bewährung erklärt, ein beispielloser Vorgang. Doch das Zittern der neuen FDP-Spitze kann er damit nicht übertönen. Tagesspiegel

Arbeitsmarkt

Einmal Hartz IV, lange Hartz IV Der Wirtschaftsboom im vergangenen Jahr und Anfang 2011 zeigt Wirkung am Arbeitsmarkt. Rechnet man saisonale Einflüsse aus der Statistik heraus, ist die Zahl der Jobsuchenden weiter gesunken. Sorgen machen die Hartz-IV-Empfänger – ihr Anteil an den Erwerbslosen wird immer größer. Süddeutsche Zeitung

Sorgen um Ältere Traditionell bewegt sich im Ferienmonat August auf dem Arbeitsmarkt wenig. Doch dieses Jahr zeigt er sich in erfreulich guter Verfassung. Die Zahl der Erwerbslosen ist bundesweit auf den niedrigsten Stand seit 20 Jahren gesunken. Märkische Allgemeine

Die Vorteile des Mindestlohns Der Niedriglohnsektor ist kein Segen für die sozial Schwachen. Arbeitgeber wollen mit dieser Falschinformation nur ihre Interessen wahren. Frankfurter Rundschau

Öffne dich, Europa! Die gesetzlichen Hürden für qualifizierte Arbeitskräfte aus Drittstaaten müssen gesenkt werden. Sonst sind die europäischen Sozialsysteme bedroht. Financial Times Deutschland

Konjunktur

Die Stimmung wird schlechter Die Verbraucher trauen dem Aufschwung nicht mehr. In den USA sind fast alle Möglichkeiten zur Konjunkturbelebung ausgereizt. In Europa hat jedoch die Europäische Zentralbank noch Handlungspotenzial. Handelsblatt

Defizitquote deutlich gesunken Kräftig steigende Steuereinnahmen haben das deutsche Staatsdefizit im ersten Halbjahr spürbar sinken lassen. Die Neuverschuldung entsprach nur noch 0,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes nach 3,1 Prozent im Vorjahreszeitraum. FAZ

Reichensteuer? Dieser Staat hat kein Mitleid verdient Der Staat muss endlich schlanker werden. Denn das Dauergebet von der wachsenden Schere zwischen Arm und Reich schürt nur Neid. Die Welt

Deutsche Millionäre werben für Steuererhöhung Reiche Deutsche, darunter Marius Müller-Westernhagen, wollen dem Staat beim Schuldenabbau helfen. Sie haben Vorschläge für eine Reichensteuer. Die Welt

Differenzierte Antworten Die Debatte über Altersarmut steht unter keinem guten Stern. Wer behauptet, dieses Problem gebe es nicht, sieht sich schnell der Lüge überführt, denn natürlich gibt es Rentner, die auf Essensspenden angewiesen sind oder in Müllcontainern nach Pfandflaschen suchen. Bonner General-Anzeiger

Libyen

Merkel will Libyern bei Demokratie-Aufbau helfen Die Deutschen sollen Libyen vor allem bei der Errichtung demokratischer Strukturen helfen. Denn an Geld mangele es dem Land nicht, sagt die Kanzlerin. Die Welt

Danke, nein Die Bundesregierung wird die Haltung des libyschen Übergangsrats, eine internationale Militärpräsenz abzulehnen, erleichtert zur Kenntnis nehmen. Doch Deutschlands militärisches Abseitsstehen könnte auch wirtschaftliche Folgen haben. FAZ

„Der Sieg ist nah“: Gaddafi-Sohn widerspricht Bruder Der eine Sohn will angeblich die Kapitulation aushandeln, der andere verspricht den baldigen Sieg. Al-Saadi und Saif al-Islam Gaddafi behaupten, im Namen ihres Vater zu sprechen – doch ihre Aussagen sind widersprüchlich. Süddeutsche Zeitung

Gaddafi-Söhne senden Signale Gaddafi sei wohlauf, „wir trinken Tee und Kaffee“: Das hat einer der Söhne Gaddafis am Mittwoch verbreitet. Die Botschafter der Nato-Staaten verständigten sich derweil darauf, die Operation in Libyen fortzuführen, bis sich die Lage beruhigt hat. FAZ

Prügel hinter Gittern Drohungen, Folter, Todesangst: In den Gefängniszellen der gestürzten libyschen Regierung erlebten Regime-Gegner Schreckliches. Menschenrechtsorganisationen und Vertreter der neuen Regierung befürchten nun, dass in Tripolis demnächst noch mehrere Massengräber mit Opfern von Massenhinrichtungen gefunden werden. FAZ

Deutschland sitzt in Frankreich nur am Katzentisch In Paris findet eine internationale Konferenz zur Zukunft Libyens statt. Angesichts der lange zögerlichen Haltung sitzt Kanzlerin Merkel wohl in der „zweiten Reihe“. Die Welt

Energiepolitik

Deutsche Energiepolitiker blenden Realität aus Wenn Frankreich seinen Atomstrom im Winter selber braucht und die Sonne über Solardächern schon nachmittags untergeht, wird es dunkel in Deutschland. Die Welt

Heißreserve für Mangelzeiten Na also: Es geht auch ohne AKW. Die Idee, einen Alt-Atommeiler im Standby-Betrieb zu halten, um einen Blackout in den nächsten beiden Wintern zu verhindern, war sowieso Unsinn. Berliner Zeitung

Zweiter Schritt vor dem ersten Im Rheinland gibt es ein geflügeltes Wort: Et hätt noch immer jot jejange. Das kann auch für das Stromnetz seine Gültigkeit haben. Der Westen

Atom-Pest und CO2-Cholera Einmal tief durchatmen. Selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel fand die Idee, eines der stillgelegten Alt-Atomkraftwerke als Winterreserve im Stand-by-Modus zu lassen, als grenzwertig – von den vielen Anti-AKW-Aktivisten ganz abgesehen. Der Kelch ist vorübergegangen. Börsen-Zeitung (Print)

Der Schalter ist umgelegt Als „Kaltreserve“ ist ein Atomreaktor erstens ungeeignet und zweitens unnötig. Die Befürchtung mancher AtomkraftgegnerInnen, dass die Bundesregierung bei erster Gelegenheit wieder auf einen atomkraftfreundlicheren Kurs einschwenkt, hat sich zumindest bei dieser Entscheidung nicht bestätigt. taz

Noch ein liberaler Spät-Sieger Was dem Westerwelle sein Libyen, ist dem Rösler, Philipp, seine Kaltreserve. Am Mittwoch beschloss die Bundesnetzagentur, kein Atomkraftwerk für mögliche Stromengpässe in Reserve zu halten, weil das nicht notwendig sei. Lausitzer Rundschau

Ende der Atom-Pirouette Joachim Wille ist der Ansicht, dass die Debatte über Notstrom aus Kernkraft von vornherein überflüssig war. Mitteldeutsche Zeitung

Realsatire Dass Rösler nun die Absage an die von ihm selber geforderte atomare „Kaltreserve“ als „wichtiges Signal“ für die Planungssicherheit der Wirtschaft feiert, ist Realsatire. Augsburger Allgemeine

Telekom

So sorry, Herr Obermann Vorbei scheint es mit dem riesigen Befreiungsschlag für Telekom-Chef Obermann: Das US-Justizministerium will die geplante Übernahme der Telekom-Tochter T-Mobile USA durch den Konzern AT&T blockieren. Süddeutsche Zeitung

Aus der Traum Es hatte ganz danach ausgesehen, als würde die Deutsche Telekom ihr US-Mobilfunkgeschäft los, bevor sie Milliarden in den Netzausbau in den Vereinigten Staaten investieren muss. Börsen-Zeitung

Schwacher Trost Aus ihren Bilanzen hat die Telekom die erfolglose US-Mobilfunktochter bereits herausgerechnet – vielleicht voreilig. Der Deal, das Unternehmen an den amerikanischen Branchenriesen AT&T abzustoßen, ist durch den Einspruch der US-Regierung ins Wanken geraten. Bonner General-Anzeiger

…one more thing!

Drei überfällige Regeln für Lobbyisten Bundestag und Bundesregierung sollten nicht auf externe Berater verzichten. Die Tätigkeit der Interessenvertreter muss aber transparenter und strikter geregelt werden. Financial Times Deutschland

Leitartikel

Verweigert euch! Das Rettungsgerüst der Europäer steht auf wackligem Grund: Es hängt von der uneingeschränkten Kreditwürdigkeit Deutschlands und Frankreichs ab. Was, wenn uns die Puste ausgeht? Die Welt

Weiterwursteln wird den Euro nicht retten Ohne Lösung der Schuldenkrise gibt es keine Ruhe am Finanzmarkt. Europas Politik muss sich endlich für einen Weg entscheide ZEIT

Kleine Partei – großes Theater Meinung Man weiß nicht mehr, ob man über die FDP lachen oder weinen soll. Die Geschichte dieser großen kleinen Partei hat sich in eine Tragikomödie verwandelt, die aber keinen guten Ausgang und kein Ende mehr findet. Süddeutsche Zeitung

Was die CSU aufs Spiel setzt Um aus Bayern Europa mitzugestalten, braucht es bundespolitische Kraft. Die CSU von heute versteht die Zeichen der Zeit nicht mehr, zumindest nicht früher als die anderen. FAZ

Wechsel-Lüfterl In Bayern liegt ein politischer Machtwechsel in der Luft. Das hat die CSU sich selbst eingebrockt. AZ München

Keine Rente ohne Kinder Ursache der drohenden Altersarmut ist nicht das sinkende Rentenniveau, sondern der seit Jahren konstant anhaltende Bevölkerungsrückgang. Heute gibt die drohende Altersarmut die Kulisse ab, vor der sich jedes durchschnittliche Erwerbsleben abspielt. Frankfurter Rundschau

Spätzünder Siemens Das Elektroauto wird längst nicht mehr belächelt. Die Kooperation von Siemens und Volvo zeigt, dass sich hier Akteure in Stellung bringen, die wirklich glauben, dass damit künftig Geld verdient werden kann. Für die Münchner ist die Partnerschaft ein richtiger Schachzug. Financial Times Deutschland

So macht Umweltschutz keinen Spaß! Wenn billige Glühbirnen verboten werden, werden Sparlampen teurer. Weil das preiswertere Konkurrenzprodukt fehlt, machen Hersteller Kasse. BILD

Helping Libyans Win the Peace European countries have a strong interest in a successful democratic transition. Wall Street Journal