NSU, Flüchtlinge, Wahlkampf, Griechenland, Manning, Syrien, Ägypten & China

Unfähig im Sinne der Anklage An diesem Donnerstag legt der NSU-Untersuchungsausschuss seinen Abschlussbericht vor. Die Forderungen werden für die neue Bundesregierung eine große Rolle spielen. FAZ

„Schwere behördliche Versäumnisse“ Die Angehörigen der Opfer leiden auch unter den Irrtümern der Beamten. Im Abschlussbericht des NSU-Ausschusses werden Polizei und Innenminister für die Ermittlungen zur Mordserie der Rechtsextremisten scharf kritisiert: Auf mehr als 2000 Seiten wird ihr Versagen deutlich. Nur Beweise für eine Kooperation von Sicherheitsdiensten mit gewaltbereiten Rechten fand der Ausschuss nicht. Süddeutsche Zeitung

Rassismus der Apparate Wie verfassungstreu sind die Sicherheitsbehörden? Die Frage stellt sich nach dem NSU-Ausschuss dringlicher denn je. Frankfurter Rundschau

SPD prescht bei der Bewertung vor Der NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags schließt am Donnerstag nach knapp 19 Monaten seine Nachforschungen ab. Doch schon jetzt ist klar: das Versagen der Sicherheitsbehörden war beispiellos Stuttgarter Zeitung

Die Lehren aus dem NSU-Terror In alle Richtungen wurde ermittelt, am wenigsten: im rechten Milieu. Das war fatal. Die Aufklärung der Untaten der Neonazi-Zelle NSU ist eine Chronik des Versagens. WAZ

„Ein nicht vorstellbares Versagen“ Nie wieder. Ein Satz mit historischer Dimension. Nach 19 Monaten kommt der NSU-Ausschuss im Bundestag zu einem vernichtenden Urteil. taz

Flüchtlinge

Solingen und Hellersdorf Die Proteste um ein neues Flüchtlingsheim in Berlin-Hellersdorf sind erschreckend. Es ist genau zwanzig Jahre her, dass Solingen fünf Menschen türkischer Herkunft starben, weil Ausländerfeinde ihr Haus angezündet hatten. Die Politiker reagieren aber immer noch gleich. Frankfurter Rundschau

Vom Cottbusser Platz zum Kottbusser Tor Dem Klischee nach ist Berlin eine gespaltene Stadt. Während angeblich in Hellersdorf der Fremdenhass kursiert, herrscht in Kreuzberg Multikulti-Folklore. Doch die Realität ist komplizierter. FAZ

CDU – Unglaubwürdige Makler Die CDU will das Thema Asylpolitik in Hellersdorf und anderswo nicht den Rechtspopulisten überlassen. Jetzt fordert Innenpolitiker Wolfgang Bosbach einen Krisengipfel. Aber um was soll es dort eigentlich gehen? Berliner Zeitung

Die Wut der Hilflosen auf die noch Hilfloseren Die Parolen gegen das Heim in Berlin-Hellersdorf kommt nicht allein von rechts, sondern auch von den Bewohnern. Deren Abstiegsangst muss ihnen die Politik nehmen. ZEIT

Gegen das Verlierergefühl Es ist zu einfach, den Protest gegen das Flüchtlingsheim Hellersdorf auf rechte Aufwiegler zu reduzieren. Die Rechten mobilisieren, aber sie werden auch gehört. Von Menschen, die sich als Verlierer fühlen – und ihre Wut auf die richten, die noch hilfloser sind als sie selbst. Tagesspiegel

Nur ein kleines bisschen rechts Kein Tag ohne Demo: Die NPD macht mobil gegen das Flüchtlingsheim in Berlin-Hellersdorf, linke Initiativen halten dagegen. Und die Anwohner? Sind oft erschreckend rassistisch. stern

Empfang mit Hitlergruß Die Fenster sind geschlossen, niemand ist zu sehen. Die Bewohner eines Asylbewerberheims in Marzahn-Hellersdorf halten sich versteckt. Sie haben Angst vor Anwohnern und Rechtsextremen, die Stimmung gegen sie machen. Doch die Eskalation in Berlin hat dafür gesorgt, dass sich nun auch die Bundespolitik in das Thema Asyl einschaltet. Süddeutsche Zeitung

Erschreckende Szenen Die Unwissenheit macht vielen Hellersdorfern Angst. Die Ablehnungshaltung steigt. Auch den Flüchtlingen gegenüber ist dieses Versäumnis der Politik unverantwortlich. Andere Städte sollten aus dieser Entwicklung ihre Lehren ziehen. WAZ

„Das Gebot der Stunde ist: Flagge zeigen!“ Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) hält es für ein Gebot der Menschlichkeit, Flüchtlingen zu helfen. Bannmeilen um Heime, sagt er, seien keine Lösung. Berliner Zeitung

Polizei bremst Marsch der Flüchtlinge Mit Protestmärschen nach München kritisieren Flüchtlinge die Asylpolitik. Doch die Polizei kontrolliert sie scharf: Mehrere Teilnehmer werden in ihre Unterkunft zurückgebracht – wegen Missachtung der Residenzpflicht, so die Begründung. Das Verhalten der bayerischen Einsatzkräfte hat sich damit auffällig geändert – weil die Landtagswahl bevorsteht? Süddeutsche Zeitung

Asylbewerber droht mit Selbstverbrennung Die Lage in der Flüchtlingsunterkunft in Rees am Niederrhein eskaliert. Ein Libanese droht mit Selbstmord, sollten sich die Lebensumstände nicht ändern. „Das hier sind Umstände für Tiere, nicht für Menschen“, klagt eine junge Mutter. Ein Angestellter wurde bedroht. Rheinische Post

Der Mythos der Armutszuwanderung Immer mehr Menschen aus Bulgarien und Rumänien wandern in Deutschland ein. Für Deutschland ist das kein Nachteil. Im Gegenteil: Wir profitieren davon. ZEIT

Wahlkampf

Ein Lichtlein namens Schäuble Endlich, jubelt die SPD, endlich ein gutes Wahlkampfthema: das dritte Hilfspaket für Griechenland. Aus ihm könnte aber auch die dritte Gelegenheit für weitere Eigentore werden. FAZ

Erst die Emotionen, dann die Fakten Die CDU setzt im Wahlkampf auf Gefühle – das empfiehlt zumindest ein parteiinterner Ratgeber. Dieser „Leitfaden für gute Sprache im Wahlkampf“ rät allen Bundestagskandidaten, in Reden „starke Begriffe“ wie Heimat, Leistung und Ordnung zu verwenden – und Ausdrücke wie Herdprämie oder Mindestlohn zu vermeiden. Süddeutsche Zeitung

Die Grünen belasten ihre Wähler Die Grünen wollen die Steuern für Reiche erhöhen. Das trifft vor allem ihre eigene Klientel. Auch die SPD würde ihre Stammwähler Geld kosten. FAZ

„Merkel ist beim Euro gescheitert“ Peer Steinbrück, SPD-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl, spricht im Interview mit unserer Redaktion über den Euro-Kurs der Bundesregierung, Schwierigkeiten im Wahlkampf, den Platz von Gerhard Schröder, seine Chancen im TV-Duell und gibt eine Antwort auf die Frage, warum er oft einen eher grimmigen Eindruck macht. Rheinische Post

Wie das Internet politische Debatten verändert Der nächste Deutsche Bundestag wird jünger denn je. Damit wächst der Anteil der Parlamentarier, die das Internet zur politischen Kommunikation nutzen. Ein Gewinn für die Demokratie. Die Welt

So geht die Bundestagswahl aus Die CDU wird schwächer als vorausgesagt. Die SPD schneidet besser ab – durch einen Mitleids-Effekt. Die FDP kommt trotzig in den Bundestag. Und: Die Nörgler Zorn-Spießer werden die AfD in den Bundestag bringen. Frankfurter Rundschau

Ooops, she did it again Machen wir uns nichts vor: Die Wahl ist gelaufen. Weil wir nie eine Wahl hatten. Glückwunsch, Kanzlerin! Sie haben die Demokratie geschottert. stern

Griechenland

Gesucht – ein neues Wort für „Schuldenschnitt“ Kurz vor der Bundestagswahl gibt Finanzminister Wolfgang Schäuble zu, dass Griechenland weitere Hilfen braucht. Aber bei den Details bleiben die entscheidenden Fragen immer noch offen. Die Welt

Neue Griechenland-Hilfe wird wohl in Trippelschritten beschlossen Nachdem Wolfgang Schäuble ein drittes Hilfspaket für Griechenland angekündigt hat, wird nun diskutiert, wie die Hilfe wohl aussehen wird. Merkel sagt, niemand könne derzeit eine Summe nennen. FAZ

Tragödie in Griechenland Griechenland sei kein Fass ohne Boden, hat Wolfgang Schäuble immer versichert. Nun spricht er vom dritten Hilfspaket. Die Tragödie steuert auf ein unschönes Ende zu. FAZ

Wie die Griechen an neue Milliarden kommen Griechenland braucht mehr Geld, um über die Runden zu kommen. Ab 2014 tut sich in Athens Finanzplan eine neue Lücke auf. Um sie zu stopfen gibt es verschiedene Optionen. Überall gilt: Die Rechnung trägt der Steuerzahler. Handelsblatt

Späte Ehrlichkeit Es ist ein Stück Aufrichtigkeit, das niemandem weh tun muss: die Ankündigung Bundesfinanzminister Schäubles, Griechenland bedürfe eines weiteren Hilfspakets der Europäischen Union, um buchstäblich über den Winter zu kommen. Bonner General-Anzeiger

Zahlen, bitte Wolfgang Schäuble hat mit seinem Bekenntnis zu einem Hilfspaket einen Anfang gemacht. Nun sollten auch die anderen erklären, wie sie mit dem Krisenland Griechenland umgehen wollen. Tagesspiegel

Bradley Manning

Mannings Vermächtnis Der Whistleblower Bradley Manning muss für Jahre ins Gefängnis, doch sein Fall hinterlässt der westlichen Demokratie zwei Aufgaben: Sie muss sich der Diskussion um die Grenze zwischen Geheimnisschutz und öffentlichem Interesse stellen – und sie muss aufpassen, eine wichtige Koordinate im freiheitlichen System nicht zu verschieben. Süddeutsche Zeitung

Bradley Manning verurteilt Das Urteil gegen den Informanten Bradley Manning lautet auf 35 Jahre Haft. Damit wird der Whistleblower härter bestraft als ein Kriegsverbrecher. Was zählen Meinungs- und Pressefreiheit heute noch in der westlichen Gesellschaft? Frankfurter Rundschau

Erbarmungslos Das Urteil gegen Manning zeigt: Wer in Amerika die Öffentlichkeit über Vergehen des Staates aufklären möchte, wird behandelt wie ein Mörder. Damit hat die US-Regierung von Obama von der Militärjustiz das ebenso eindeutige wie harte Signal bekommen, das sie wollte. Süddeutsche Zeitung

Politischer Betrug Bei seinem Amtsantritt versprach Barack Obama Amerika und der Welt vor allem dies: Wahrhaftigkeit und Offenheit. Nach den Abgründen, an die Vorgänger Bush die Weltgemeinschaft geführt hatte, wurde die Ankündigung dankbar und erleichtert aufgenommen. Bonner General-Anzeiger

Bradley Manning plans to ask for White House pardon Politico

Syrien

Die UN müssen die Vorwürfe sofort untersuchen Grausige Fotos aus Syrien zeigen Berge von Leichen. Sind die Menschen Opfer eines Chemiewaffeneinsatzes geworden? Die Vertreter der Vereinten Nationen sollten sofort untersuchen, was geschehen ist. Die Welt

Besonnen trotz Schreckensmeldungen Die syrische Opposition beschuldigt das Assad-Regime, Hunderte Menschen mit Giftgas getötet zu haben. Der Schwede Åke Sellström leitet das UN-Expertenteam, das den angeblichen Einsatz von Chemiewaffen in Syrien untersuchen soll. Er weiß, dass er auf dieser Mission sehr vorsichtig sein muss. Süddeutsche Zeitung

Nachrichtenkrieg In einem Sprichwort heißt es: „Im Krieg stirbt die Wahrheit zuerst.“ Das gilt ganz besonders für einen grausamen Bürgerkrieg wie den syrischen. Nordwest-Zeitung

The Day After Assad Wins The Hard Truths About Post-War Syria Foreign Affairs

Ägypten

Der Putsch, ein Todesstoß für die Demokratie Viele Liberale setzen auf die Macht der Armee in Ägypten. Sie hoffen, die Generäle werden das Land am Nil demokratisieren. Das ist eine Illusion. Ein Putsch ist ein Putsch und wird es bleiben. Die Welt

Der Traum vom freien Ägypten war ein Traum Mursi ist in Haft, Mubarak soll freikommen. Die Entscheidung des Kairoer Gerichts ist der letzte Beweis für die Rückkehr Ägyptens zu alter Repression. ZEIT

Für jeden ein anderes Signal Die Entscheidung, Mubarak vorläufig freizulassen, bedeutet noch keinen Freispruch. Trotzdem stellt sich die Frage nach dem politischen Signal. Für die Muslimbrüder ist die Freilassung ein Beweis für die Rückkehr zu alten Zeiten. Entscheidend ist nun, ob die Jugendrevolutionäre die Freilassung des Mannes hinnehmen, den sie 2011 gestürzt haben. Süddeutsche Zeitung

Zaudernde Zaungäste Der Westen hat lange auf Ägyptens Armee gesetzt. Seit der blutigen Niederschlagung der islamistischen Protestbewegung sucht er vergeblich nach Alternativen. NZZ

„Al thaura“ – wenn der Vulkan ausbricht Wir sagen „Revolution“, sie reden von Erregung, Aufruhr, Wut. Die Sprache der Arabellion lässt sich nur schwer mit Europas politischen Begriffen erfassen: Anmerkungen aus Anlass Ägyptens. FAZ

What Would Happen If We Did Cut Off Aid to Egypt? The U.S. gives the country’s generals $1.3 billion a year. But canceling that might not be as effective as we’d like. The Atlantic

China

Ein gut geplanter Prozess in der Provinz Der Politiker Bo Xilai, ein Idol vieler Alt- und Neu-Maoisten, muss sich wegen Korruption und Machtmissbrauchs vor Gericht verantworten. Interessant ist, was alles im Prozess nicht vorkommen soll. FAZ

Machterhalt mit dem Mao-Revival Bo Xilai war ein Pragmatiker, der westliche Investoren hofierte, ein Narziss, der einen eigenen Hofstaat unterhielt. Weil er bei Chinas Machtelite in Ungnade fiel, steht er jetzt vor Gericht. Dabei finden sich in den Ankündigungen der neuen Führung viele Themen, die Bo als Gouverneur in Chongqing vorexerzierte. Süddeutsche Zeitung

Bo Xilai trial says little about China rule of law For the ousted Communist hotshot, a guilty verdict is a foregone conclusion. Investors, however, care more about China’s handling of commercial cases than political show trials. While courts are far from efficient, there are signs a lacklustre system is becoming more predictable. Breakingviews

Bo Xilai Between the Dragon and His Wrath After a year of unexplained delay, the trial of former Chongqing Municipal Party Secretary Bo Xilai is finally scheduled to begin. For the Chinese Communist Party, however, Bo’s conviction will not mark the end of the scandal. Project Syndicate

…one more thing!

Tepco hat aus Fukushima nichts gelernt Auch zweieinhalb Jahre nach der Kernschmelze in Fukushima leckt täglich hoch radioaktiv belastetes Kühlwasser in den Pazifik. Der neue Chef Naoimi Hirose duckt sich weg. Ein Porträt. FAZ

Leitartikel

Ungeheuerliches Der Bericht, den der NSU-Ausschuss vorlegt, enthält Ungeheuerliches. Doch das ungeheuerliche Moralisieren hat ein Ende. Ein klares Bild wird erst das Verfahren vor dem Landgericht München liefern. FAZ

Eine Schande Situation am Flüchtlingsheim in Hellersdorf Der Brand des Asylbewerberheims in Lichtenhagen ist zum Symbol für den Aufstand gegen die pluralistische Gesellschaft geworden. 21 Jahre später sieht man neben dem Rassismus in Marzahn-Hellersdorf: Ein Großteil der Zivilgesellschaft hat zwar dazugelernt. Die Politik aber übt sich beim Thema Flüchtlinge weiterhin im Aussitzen, Weggucken und Sonntagsreden halten. Süddeutsche Zeitung

Ressentiments gegen Ausländer ziehen nicht mehr Bei der Integrationspolitik haben sich die großen Parteien bewegt: Statt einen Wahlkampf auf dem Rücken der Ausländer zu machen, plädiert sogar die Union für eine Willkommenskultur. Nur in Berlin-Hellersdorf stößt die Politik noch an ihre Grenzen. Tagesspiegel

Der Skandal liegt offen da – ein Ministerium fliegt auf Autopilot Vier Lehren lassen sich schon jetzt aus den Dokumenten des Euro-Hawk-Ausschusses ziehen, obwohl die Bewertung noch vorläufig ist. ZEIT

Bayern ist und bleibt Deutschlands Musterstaat Lange war der Süden das Armenhaus Deutschlands. Heute steht Bayern bei Wirtschaft, Finanzen und Bildung am besten da. Ein Grund ist die besondere bayerische Mischung aus Modernität und Konservatismus. Die Welt

Katze aus dem Sack Die Frage ist nicht: Kommen neue Finanzspritzen für Griechenland? Die Antwort darauf lautet ohnehin Ja. Sondern eher: Warum gibt es Finanzminister Schäuble jetzt zu? AZ München

Verbrechen im Schutz der UN Vor den Augen der Welt setzt Syriens Diktator Assad offenkundig Giftgas gegen sein Volk ein. Über 1000 Menschen sind tot. BILD

Germany’s Greek Illusions Athens will need another bailout. The hard part is getting paid back. Wall Street Journal