Merkel, NSU, Armuts-Debatte, Managergehälter, Italien, US-Haushalt, Syrien & Sedisvakanz

Vertreterin des Anti-Chaos Merkel präsentiert sich als Klempnerin, die repariert, oder als Gärtnerin, die lichtet und auch pflegt. Mehr haben sich Konservative vom Politischen nie versprochen Frankfurter Rundschau

Die Last-Minute-Kanzlerin Sie neige zum „Nichthandeln, Noch-nicht-Handeln, Später-Handeln“, spottet Peer Steinbrück über Angela Merkels Politikstil. Der Münchhausen-Check. SPIEGEL

Die überflüssige Partei Es wird nicht besser. In Umfragen dümpelt Kanzlerkandidat Steinbrück weiterhin in tristen Gefilden bei 25 Prozent. Zunehmend verzweifeln die Genossen jedoch nicht nur an sich selbst, sondern auch an Kanzlerin Merkel. Mit einem sonderbaren Manöver hält sie die SPD im Keller. Der Partei rennt die Zeit davon. n-tv

NSU

Mehr als ein normaler Mordprozess Zwischenbilanz zur NSU-Aufklärung Eine Chance, das Vertrauen der Bürger zurückzugewinnen: Der NSU-Prozess wird einer der wichtigsten in der Geschichte Deutschlands. Es geht um den richtigen Ton, um Sensibilität für die Opfer, um Gespür für Atmosphäre. Damit dieser Prozess gelingt, braucht er allerdings größtmögliche Öffentlichkeit. Süddeutsche Zeitung

Die Unzufriedenheit ist unvermeidlich Das Interesse am Prozess gegen die mutmaßliche NSU-Terroristin Zschäpe ist groß. Doch der Platz im Münchener Gerichtssaal ist zu knapp bemessen. Die Justiz will „Schauprozesse“ vermeiden, doch es geht bei dem Verfahren auch um eine Aufarbeitung der Mordserie. So scheint die Unzufriedenheit programmiert. Tagesschau

Führungslose V-Mann-Führung Der NSU-Ausschuss vernimmt Verfassungsschützer, die sich regelmäßig vom Thüringer Nazi Tino Brandt informieren ließen. Sie bestätigen ein desolates Bild. ZEIT

Nährboden für Neonazis Vier Untersuchungsausschüsse versuchen, das Leben der NSU-Terrorzelle im Untergrund und ihre Entstehung aufzuklären. Die Thüringer schlossen nun einen ersten Zwischenbericht ihrer Arbeit ab. Er dokumentiert, wie leicht es die Behörden radikalen Neonazis in den Neunzigern machten. SPIEGEL

Alte Liste bringt BKA und Friedrich in Bedrängnis CSU-Vorstandssitzung „Super-Kommunikations-GAU“: Mit heftiger Kritik haben Politiker im NSU-Ausschuss auf die verspätete Weitergabe einer Adressenliste durch das Bundeskriminalamt reagiert. Sie war beim Neonazi Uwe Mundlos gefunden worden und von den Thüringer Behörden als bedeutungslos eingestuft worden. Aus dem Innenministerium heißt es, Hans-Peter Friedrich habe das BKA zum Bericht aufgefordert. Süddeutsche Zeitung

„Zu Hause fanden wir keinen Halt“ Sabine Rennefanz erlebte den Mauerfall als Jugendliche in der DDR, genau wie die NSU-Terroristen. Ein Gespräch über die stille Wut ihrer Generation. ZEIT

Armuts-Debatte

SPD fürchtet bayerische Banlieues Hohe Mietpreise, knapper Wohnraum, unverschämte Makler: Die Opposition hat die Lage auf dem Wohnungsmarkt zum Wahlkampfthema erkoren. Die SPD bringt einen Antrag in den Bundestag ein, der Preissteigerungen deckeln soll. Der zuständige Bundesminister gibt sich gelassen. Süddeutsche Zeitung

Das Glashaus: Mietdebatte im Bundestag Das haben die Parteistrategen nicht vorhergesehen: Dass das eigentlich dröge Thema Wohnungsbaupolitik zu einem Wahlkampfschlager werden wird. Die Einsicht beginnt sich durchzusetzen, dass das Wohnen zu günstigen Bedingungen eine Grundanforderung an den sozial denkenden Staat ist. Aber der Weg zum billigen Wohnen ist lang und beschwerlich. Bonner General-Anzeiger

Geteiltes Mieterland Da ist nix, da war nix, da kommt auch nix! Auf diese sarkastische Formel hat die Opposition gestern die Untätigkeit der Bundesregierung gegenüber der Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt gestern im Bundestag gebracht. Märkische Allgemeine

Der Lohn der Arbeitsmarkt-Reform Deutschlands Arbeitsmarkt trotzt der Konjunkturflaute, Frankreich dagegen hat viele Arbeitslose: Am Arbeitsmarkt zeigt sich, wie gut die Wirtschaftspolitik eines Landes ist. FAZ

Angst und Arbeit Innenminister Friedrich warnt vor Armutsmigration aus Osteuropa, der Städtebund will mehr Geld, um sich um Rumänen und Bulgaren zu kümmern. Diese dürfen von 2014 ausnahmslos in Deutschland arbeiten. Experten halten die Sorgen für überzogen. Denn nicht alle Neuen bekommen automatisch Hartz IV. Süddeutsche Zeitung

Der Ammenstaat macht uns zu Sklaven der Fürsorge Politiker lieben Objekte der Fürsorge. An ihnen können sie ihre Unentbehrlichkeit beweisen. Doch ein Staat, der alle „an die Hand nimmt“, hat eine Schattenseite: Er nimmt unsere Freiheit. Die Welt

Behindertentransport klingt nach Viehtransport „Arbeitslose“ und „Alleinerziehende“: Die Nationale Armutskonferenz will 23 diskriminierende Begriffe entsorgen. Ihre „Liste der sozialen Unwörter“ ist jedoch nicht immer verständlich. stern

Managergehälter

Gegen die Zockerei der Banker Boni verführen zu Risikogeschäften, deren schnelle Gewinne später in große Verluste umschlagen – zu Lasten der Steuerzahler. Die Spekulanten zocken also mit der Garantie, dass die Allgemeinheit wie eine kostenlose Versicherung ist. Die Politiker müssen diesen Anreiz beseitigen. Die EU-Initiative zur Begrenzung der Boni ist ein guter, aber nur ein erster Schritt. Süddeutsche Zeitung

Banken laufen Sturm gegen neue Bonusregeln Europa hat auf die Finanzkrise reagiert und setzt enge Grenzen für die Boni der Banker. Die Bankmanager fürchten nun, dass ein Teil ihres Geschäfts nach New York oder Singapur abwandert. Die Welt

EU-Beschluss schockiert Londoner City Das Europaparlament hat sich durchgesetzt, Großbritannien ist der große Verlierer: Die nächtliche Einigung in Brüssel auf eine Begrenzung von Banker-Bonuszahlungen empört die Finanzbranche in der Londoner City. SPIEGEL

Deckel drauf Die EU macht den Deckel drauf. Bonuszahlungen für Spitzen-Banker, die teilweise astronomische Höhen erreicht hatten, wird es bald nicht mehr geben. Das bringt aber nur deshalb etwas, weil die EU-Partner ein eigentlich selbstverständliches Prinzip wieder in Erinnerung rufen: Erfolgshonorare sollten an Erfolg gekoppelt sein. Bonner General-Anzeiger

Begrenztes Risiko Banker-Boni sind keine leistungsgerechten Bezahlungen. Das sind oftmals Exzesse. Und ebenso exzessive Folgen hatten sie auch Märkische Oderzeitung

EU deckelt Banker-Boni – die Schweiz geht noch weiter Den Durchbruch gab es in der Nacht auf heute, Donnerstag: EU-Parlament und Rat haben sich nach zähen Verhandlungen auf eine Begrenzung der Banker-Boni geeinigt. Gleichzeitig bereitet sich die Schweiz auf ein heißes Abstimmungswochenende vor: Am Sonntag entscheidet das Stimmvolk über schärfere Regeln gegen die „Abzocker“. EurActiv

„Deshalb bin ich reicher als Sie“ Ein Wortgefecht auf dem Investorentag bei JP Morgan amüsiert die Wall Street: Als ein Analyst den Chef der größten US-Bank herausfordert, reagiert dieser ungehalten. Dabei ging es um ein ernstes Thema. Handelsblatt

Italien

Der Weise vom Hügel muss es richten Nach einer chaotischen Wahl setzen die Italiener ihre Hoffnungen auf einen Mann: den 87-jährigen Staaatspräsidenten Giorgio Napolitano. Ihm stehen kurz vor Ende seiner Amtszeit noch schwierige Wochen bevor. Er muss dafür sorgen, dass Italien eine funktionsfähige Regierung bekommt – einfach wird das nicht. Süddeutsche Zeitung

Überdruss als Programm Beppe Grillo hat Italiens politische Landschaft umgewälzt. Die Anhänger seiner Bewegung haben eins gemeinsam: den völligen Überdruss an der Politik, wie sie sie bisher aus Rom kannten. Grillos Wahlerfolg könnte eine Reform des Parlamentarismus einleiten. Süddeutsche Zeitung

Vom Land, in dem die Zitronen blühen Die Wahl in Italien sorgt für allgemeines Kopfschütteln. Dabei bietet das vermeintliche Chaos einige Chancen. Was die Wahl Anlegern bringt. Und warum sie auf den Dichterfürst Goethe hören sollten. Handelsblatt

Sie empören sich Von Beppe Grillo bis zu Occupy Madrid: Die Protestbewegungen gegen das Spardiktat in den Ländern Südeuropas könnten kaum unterschiedlicher sein. Gemeinsam haben sie, dass sie alles ablehnen, was nach Partei aussieht. Eine Chance in der Politik haben sie trotzdem verdient. Süddeutsche Zeitung

CDU-Haushälter empfiehlt Italien Lira-Rückkehr Stellt Italien eine Gefahr für die Euro-Zone dar? Nach dem Wahlchaos könnte man das meinen. Der Präsident des Landes widerspricht, doch in Berlin kursieren auch andere Einschätzungen – und Empfehlungen für Rom. Handlesblatt

Unser Beppe Wird Peer Steinbrück unser Beppe Grillo? Das Rezept dafür hat der SPD-Mann jedenfalls schon: Klartext, aufs Diplomatische pfeifen und Populismus. taz

Das Gift des falschen Tons Er hat es wieder getan. Vor die Wahl gestellt, entweder einen knackigen Witz loszuwerden oder aber politische Umsicht walten zu lassen, hat sich Peer Steinbrück wieder einmal für den Witz entschieden. Als ob der SPD-Kanzlerkandidat nicht anders könnte. Badische Zeitung

Staaten, Märkte und Bürger auf Kollisionskurs Das ungewisse Ergebnis der italienischen Wahlen und der Erfolg von Beppe Grillo haben wieder einmal die Untertöne gezeigt, die Europas krisengebeutelte Länder erschüttern. Werden die EU und vor allem die Märkte nun eine Geste zeigen, um den Teufelskreis von Krise und Bürgertrotz zu durchbrechen? I Kathimerini Athen

Send in the clowns How Beppe Grillo and Silvio Berlusconi threaten the future of Italy and the euro Economist

Italian Ice Italy’s national elections have failed to produce a clear winner, roiling financial markets and delivering a strong rebuke to the country’s political elite and EU-imposed austerity measures. With populists gaining ground, and Silvio Berlusconi back from the political dead, is the eurozone becoming ungovernable? Project Syndicate

US-Haushalt

Unter dem Fallbeil Washingtons Haushaltspolitik ist zum Abbild brutaler ideologischer Grabens- und materieller Verteilungskämpfe geworden. Es wird höchste Zeit, das gigantische Staatsdefizit zurückführen. FAZ

Obama schürt die Angst vor dem Spar-Hammer Die Frist ist abgelaufen: In Amerika setzten in der Nacht zu Freitag drastische Sparmaßnahmen ein. Wieder hat die Politik es nicht geschafft, sich zu einigen. Obama warnt vor Chaos – doch wie schlimm wird es wirklich? Handelsblatt

Automatische Haushaltskürzungen in Amerika Von Freitag an muss Amerika sparen: Die Staatsausgaben werden automatisch gekürzt. Jetzt müssen die Mitarbeiter im Verteidigungsministerium weniger arbeiten, ein Flugzeugträger bleibt im Hafen. Das Wachstum könnte leiden. FAZ

Amerika muss jetzt das Sparen lernen In den USA wurden in den vergangenen Jahren gerne auf Pump gelebt. Der Streit im Kongress führt jetzt dazu, dass zwangsweise gespart wird. Das wird der politischen Kultur dort gut tun. Tagesspiegel

A failure of governance Lawmakers jump off the sequester cliff. Washington Post

Despite Sequester, Congress Adjourns Early With two fiscal proposals voted down Thursday and no other deal in the works, the House decided…
The Daily Beast

U.S. budget cuts more blip than bomb For all the rhetoric, the impending $100 bln of federal spending reductions, however imperfectly chosen, won’t do much real damage to the growing economy. Uncle Sam’s outlays will still rise this year, and any impact will be short-lived and easily absorbed by the private sector. Breakingviews

America’s Strategy Vacuum As the quintessential laissez-faire system, the US outsources strategy to the invisible hand of the market, with the government locked into a reactive approach to unexpected problems. Thus, both monetary and fiscal policy have been focused on cleaning up after a crisis rather than on how to avoid another one. Project Syndicate

Here’s Who Is Really to Blame for Sequestration Don’t look at Obama or Republicans in Congress. The failure of the bipartisan „supercommittee“ 15 months ago created the current mess. The Atlantic

Sequester’s slow ripple of pain POLITICO

Syrien

Den Staat Syrien wird es bald nicht mehr geben Der Krieg im Zentrum des arabischen Halbmonds wird in den Medien immer weniger beachtet. Dabei ist dort die Lage gerade jetzt besonders kritisch: Es droht ein bitteres Ende des syrischen Staates. Die Welt

Der syrische Albtraum Solange die USA und die Europäer weitgehend tatenlos zuschauen, wird Syrien immer tiefer im Chaos versinken. Radikal-religiöse Kräfte profitieren davon. NZZ

USA versprechen syrischer Opposition 60 Millionen Dollar Geld und Hilfsgüter, aber keine Waffen: Der neue amerikanische Außenminister John Kerry hat angekündigt, die syrischen Rebellen in größerem Maße unterstützen zu wollen als bisher. Auch Deutschland verstärkt sein Engagement. Süddeutsche Zeitung

Sedisvakanz

Der mutige Abschied eines radikalen Aufklärers Das Vermächtnis des scheidenden Papstes ist bereits nach acht Jahren enorm. Die entscheidende Leistung Benedikts XVI. ist die Aufklärung der katholischen Kirche über sich selbst. Die Welt

Der Papst wird verweltlicht Wenn der Katholizismus sich erneuern wollte, dann jetzt. Benedikt zwingt auf seine Weise dazu, die Zeichen der Zeit zu erkennen. Und die sind unübersehbar: So wie jetzt kann es nicht weitergehen. Tagesspiegel

Entweltlichung des Petrusdienstes Der Amtsverzicht Benedikts XVI. sollte nicht nur für ihn persönlich zur Entlastung werden, sondern auch ein Impuls sein, das Profil des Petrusamtes als ein geistliches Dienstamt weiter zu schärfen. NZZ

Sailing out of a stormy sea FOR those who know how to decode religious language, the parting words of Benedict XVI gave a hint of some of the disturbing times he must have lived through during an eight-year papacy which ended today. Economist

A mystic for pope The church should find its spiritual bearings. Washington Post

…one more thing!

Wettstreit der Wohltäter In Mauretanien konkurrieren viele islamistische Gruppen um die verarmte Bevölkerung. Präsident Aziz hält die Zügel noch fest in der Hand, aber in seinem Land gärt es. FAZ

Leitartikel

Für Boni, gegen Abzocke Millionengehälter für Manager stehen unter Beschuss. Die Schweizer wollen Abfindungen verbieten, die EU reguliert Bankerboni. Sinnvoller wäre es, die Diskussion über Vergütungen aus der Schmuddelecke herauszuholen Die Welt

Der Weg zu einem guten Mindestlohn Wenn der Mindestlohn auch in Deutschland ein Erfolg werden soll, muss die Politik behutsam vorgehen, um herausfinden zu lassen, welcher Satz noch beschäftigungsfreundlich ist. Frankfurter Rundschau

Im Zug der Zeit Homo-Ehe? Warum nicht! Die CDU fegt das nächste Thema vom roten Teppich der Kanzlerin. FAZ

Die Abrechnung mit den Sündern beginnt 15 Millionen Euro, einfach so verschwunden: Der ehemalige Bürgermeister Thessalonikis wurde wegen Veruntreuung zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Eine drakonische Strafe, die viele Griechen das Fürchten lehren könnte. Süddeutsche Zeitung

Clowns? Clowns! Den mit Abstand treffendsten Kommentar zur Clowns-Hysterie um Peer Steinbrück hat gestern der Grüne Volker Beck abgegeben: „Der Vergleich mit Berlusconi ist höchstens eine Beleidigung für jeden rechtschaffenen Clown.“ AZ München

Umweltzonen sind bürokratischer Irrsinn Der Befund der EU-Kommission ist eindeutig: In 33 deutschen Ballungsgebieten sind die Schadstoffwerte in der Luft immer noch zu hoch. Schuld ist der Straßenverkehr. Punkt! BILD

What’s Homeland Security? The trillion-dollar concept that no one can define. Mother Jones

A plea on guns Let’s listen to what a grieving father has to say. Washington Post

Austerity, Italian Style The country is trapped between comics and delusional Eurocrats. New York Times

Aspiring Africa Pride in Africa’s achievements should be coupled with the determination to make even faster progress Economist