Schweiz, Frankreich, Zentralrat der Juden, Republik Moldau, Papst, Klimaschutz & Eon

Kein Grund zu Euphorie Der nebelverhangene Abstimmungssonntag kann als rundum sonnig abgehakt werden. Gleichwohl wäre es verfehlt, von einer wolkenfreien politischen Agenda zu sprechen. NZZ

Vernünftige Schweizer Populismus verfängt in der Schweiz am Ende doch nicht, wie die drei nun abgeschmetterten Volksbegehren zeigen. Das liegt wesentlich daran, dass sich die in direkter Demokratie geübten Schweizer gut informieren. FAZ

Direkte Demokratie – überraschend vernünftig Ecopop und zwei andere populistischen Initiativen sind gescheitert. Damit ist die Vorstellung widerlegt, man könne in der Schweiz jedes Volksbegehren durchsetzen, das die Welt in Freund und Feind einteilt. Süddeutsche Zeitung

Schweiz vermeidet den Bruch mit der EU Die Schweizer haben entschieden. Sie wollen das Land offen halten und lehnen harte Zuwanderungsquoten ab. Auch die Goldkäufe der Notenbank wird es nicht geben. Alle Probleme mit der EU sind trotzdem nicht ausgeräumt. Handelsblatt

Gar nicht so doof, dieses Volk Die Schweizer wollen die Zuwanderung nicht radikal beschränken und lehnten eine entsprechende Initiative ab. Aber das Verhältnis des Landes zu Europa bleibt gestört. Zeit

Sieg des Pragmatismus Drei Viertel der Schweizerinnen und Schweizer haben die starre Zuwanderungsbegrenzung abgelehnt, die die Volksinitiative Ecopop verlangte. Es kam nicht zu dem befürchteten Totalschaden. Badsche Zeitung

Zuwanderungsfrage steht nicht über allem Wer die Schweiz der Zukunft nicht als Freihandel treibenden Trabanten Europas sieht, darf nach diesem Volksentscheid aufatmen. Die Debatte ist aber nicht zu Ende. NZZ

Gold und Silber fallen nach Schweizer Abstimmung Wall Street Journal

Die SVP zwischen den Stühlen Exponenten der SVP haben die Goldinitiative lanciert. Profitiert hat die Volkspartei davon nicht. Ihr Selbstbild als wirtschaftsfreundliche Partei hat weitere Kratzer erlitten. NZZ

Frankreich

Sarkozys zweite Chance Kurz vor seinem 60. Geburtstag hat Frankreichs früherer Präsident und neuer UMP-Vorsitzender, Nicolas Sarkozy, nichts von seiner phänomenalen Energie eingebüßt. Die Zeit der Alleinherrschaft Marine Le Pens mit ihrem Front National über die Opposition ist abgelaufen. FAZ

Sarkozys Rückkehr ist ein Armutszeugnis Nicolas Sarkozy will es noch einmal wissen. Er ist wieder Vorsitzender der UMP. Sein Comeback ist kein gutes Zeichen. Will seine Partei mit einem ideenlosen Frührentner tatsächlich die Wahl gewinnen? Die Welt

Comeback eines Spalters Seine politischen Gegner freuen sich über Nicolas Sarkozys Rückkehr. In seiner eigenen Partei hält sich die Freude in Grenzen. Tagesspiegel

Viele Vorbehalte Speedy Sarko drückt aufs Tempo. Mit aller Macht will der frühere Präsident zurück in den Élysée-Palast. Doch so einfach wird’s nicht werden – und gut für Frankreich wäre es auch nicht. Nordwest Zeitung

Zentralrat der Juden in Deutschland

Der neue Präsident ist ein Mann der Pflicht Josef Schuster wäre lieber im Hintergrund geblieben. Nun aber führt der Internist, dessen Familie seit 450 Jahren in Deutschland lebt, den Zentralrat der Juden. Frische und Fröhlichkeit will er verbreiten. Doch er rechnet auch mit Krisen. FAZ

Josef Schuster steht vor Mammutaufgaben Der neue Zentralratsvorsitzende der Juden hat drei große Herausforderungen zu meistern. Dafür darf er sich nicht nur an Ignaz Bubis orientieren, sondern sollte auch an den Feuerkopf Galinski denken. Die Welt

Integrator oder Watschenmann? Josef Schuster wurde am Sonntag zum neuen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland gewählt. Er muss sich nicht stressen, der Gesellschaft dauernd die Leviten zu lesen. Gebraucht wird er dennoch. Tagesspiegel

Aufruf zur Einheit Josef Schuster, der neue Präsident des Zentralrates der Juden, tritt mit dem Versprechen an, die 108 jüdischen Gemeinden in Deutschland zu stärken. Der 60 Jahre alte Arzt und Internist gilt als extrem gut vernetzt. Frankfurter Rundschau

Republik Moldau

Knappe Mehrheit für die proeuropäische Koalition Nach Auszählung fast aller Stimmen liegt die proeuropäische Koalition in der Republik Moldau knapp vorne. Doch die Sozialisten, die sich an Putin und Russland orientieren, wurden überraschend stärkste Kraft. FAZ

Republik Moldau wählt pro-europäisch Bei den Parlamentswahlen in der Republik Moldau haben die pro-europäischen Parteien eine knappe Stimmenmehrheit bekommen. Jetzt muss die EU helfen, damit das Land nicht in eine Krise stürzt Deutsche Welle

Es kann ungemütlich werden Die Kreml-treuen Sozialisten haben in Moldau unerwartet gut abgeschnitten. Fragt sich, wie Moskau reagiert. taz

Moldauische Wähler in Russland behindert Hunderttausende Moldauer halten sich in Russland auf. Für sie standen am Sonntag gerade einmal fünf Wahllokale bereit. Vor ihnen warteten Tausende. Stundenlang. FAZ

„Alle schauen auf uns“ Moldau wählt ein neues Parlament. Der Staat ist zwischen Russland und der EU hin- und hergerissen. Bürger sagen, warum die Wahl nicht leicht ist. taz

Papst Franziskus

Ein bescheidener Papst fährt Renault Franziskus war bereits das vierte Oberhaupt der katholischen Kirche, das die Türkei besucht. Seine im Land nicht sonderlich beachtete Visite war fast schon Routine. FAZ

Ein zahmer Gast Der türkische Präsident Erdogan kann mit dem Papst-Besuch von Papst zufrieden sein. Franziskus zeigte sich in Ankara als höflicher Gast, der die Flüchtlingspolitik des Landes lobte – und Kritik nur dezent übte. In Istanbul trifft der Papst heute religiöse Führer. Tagesschau

Papst der leisen Töne Mal sind es die Frauen, mal ist es die Entdeckung Amerikas, kurz vor dem am Sonntag zu Ende gegangenen Papstbesuch waren es die Ausländer, die sich angeblich am Tod Muslimen erfreuen: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan macht mit merkwürdigen und anti-westlichen Ausfällen Schlagzeilen. Bonner General-Anzeiger

How Will the Pope Play in 2016? Francis’s softer brand of Catholicism kept his bishops out of the midterms—and they’re likely to tone down their message next time too. Politico

Klimaschutz

Besser als ihr Ruf Jedes Land blickt auf die eigenen Interessen. Aber sind Klimaverhandlungen deshalb überflüssig? Im Gegenteil: Sie sind erstaunlich effektiv. taz

Eine Chance für das Klima In Lima beginnt der 20. UN-Klimagipfel. Noch ist unklar, wie das Ziel erreicht werden soll, die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen. Aber die Chancen steigen. Zeit

Vergesst die fossilen Energien Wenn am Montag in Peru Minister zur UN-Klimakonferenz zusammentreffen, sprechen sie in Wahrheit über das Ende der Ölindustrie. Nichts anderes versteckt sich hinter der Vokabel Klimaschutz: Wer die Erderwärmung begrenzen will, muss auf Erdöl, Kohle und Gas verzichten. Nicht irgendwann, sondern binnen 50 Jahren. Süddeutsche Zeitung

Verdämmt noch mal! Sie bestehen aus Erdöl, ziehen Schimmel an und enden als Sondermüll: An vielen Hausfassaden klebt eine Dämmung aus Styroporplatten. Dabei gibt es längst ökologische Alternativen – die können sich auch finanziell auszahlen. Süddeutsche Zeitung

Eon

Energieriese Eon spaltet sich in zwei Teile auf Der größte deutsche Energiekonzern reagiert mit einem radikalen Umbau auf seine Probleme und spaltet sich in zwei Teile auf. Erneuerbare Energien werden zum neuen Kerngeschäft, während das Geschäft mit herkömmlicher Energie 2016 an die Börse gehen soll. Wall Street Journal

Eon zerschlägt sich selbst Eon trennt sich von Kohle, Gas und Atomstrom. Das Geschäft wird in eine Art „Bad Bank“ ausgelagert. Stattdessen will sich der Konzern auf andere Bereiche konzentrieren. An der Börse legt die Aktie deutlich zu. Handelsblatt

Gabriel sieht durch Eon-Entscheidung „neue Chancen“ Wirtschaftsminister Gabriel begrüßte die Pläne des Energieriesen Eon, sich von konventionellen Energien zu trennen und den Konzern aufzuspalten. „Mit seiner Entscheidung zieht Eon als erstes Unternehmen die Konsequenz aus einer völlig gewandelten Welt der Energieversorgung. Das schafft durchaus neue Chancen“, sagte Gabriel unserer Redaktion. Rheinische Post

…one more thing!

Hoher Preis für Ägyptens Stabilität Der straflose Ausgang des Mubarak-Prozesses ist ein schwerer Rückschlag für Ägypten. Polizei, Armee und die politische Führung müssen offensichtlich nicht fürchten, eines Tages für ihre Verbrechen zur Rechenschaft gezogen zu werden. Stabilität bringt das langfristig nicht, im Gegenteil. WAZ

Leitartikel

Der Papst verneigt sich in Richtung Mekka Franziskus gewinnt in der Türkei viele Sympathien – durch Bescheidenheit und Rücksicht auf Gastgeber. Das wichtigste Thema des Papstbesuchs ist die angestrebte Überwindung der seit 1054 anhaltenden Spaltung. Frankfurter Rundschau

Droht Cameron aus Verzweiflung? Premierminister Cameron will die Zahl der Gastarbeiter verringern und dafür die europäischen Verträge ändern. Das wird nicht leicht. Auch weil er dafür die Mitwirkung von Regierungen braucht, die darüber gar nicht amüsiert darüber sind. FAZ

Rolle rückwärts Die Rückkehr des ehemaligen französischen Präsidenten Sarkozy an die Spitze der rechtsbürgerlichen Partei ist nicht so triumphal wie von ihm selbst und seinen Anhängern erwartet. In dem 45-jährigen Nachwuchspolitiker Bruno Le Maire ist ihm ein ernstzunehmender Widersacher erwachsen. Berliner Zeitung

Ende der Dinos Adieu Atomenergie, tschüss Kohle und Gas: Eon verabschiedet sich aus der alten Energiewelt. Das ist richtig, weil die Zukunft der Versorgung anders aussieht. Aber ein Problem bleibt. Süddeutsche Zeitung

Missbrauchte Rente Die staatliche Alterssicherung feiert ihr 125-jähriges Bestehen. Doch die Vergangenheit der Rentenversicherung ist weniger rosig als behauptet und die Zukunft höchst unsicher. Denn die Jungen werden den Aufstand proben Die Welt

Lasst Helmut Schmidt in Ruhe! Stand Helmut Schmidt den Nazis näher, als er bisher zugab? Der Altkanzler, der bis heute von „Adolf Nazi“ spricht, um den Namen „Hitler“ nicht in den Mund zu nehmen? Bild

Hanfverband schaltet Kinospots zur Cannabislegalisierung Mit drei Kinospots möchte der deutsche Hanfverband (DHV) zum Nachdenken über das Verbot von Cannabis anregen. Unser Autor hat die Spots gesehen und ist durchaus überzeugt. Tagesspiegel

Vermessungswelt Das umfassende Datentracking führt zu angepasstem Verhalten und zum Ende des Solidaritätsprinzips: eine stille Enteignung. Wirtschaftswoche

Wer hilft endlich dem Westen? Die bittere Wahrheit über den neuen Soli Focus (Print)

Die Volksverdämmung Energiewende: Wie Mieter und Hausbesitzer um Milliarden betrogen werden Spiegel (Print)

Should digital monopolies be broken up? European moves against Google are about protecting companies, not consumers Economist

Darren Wilson: America’s ‘Model Policeman’? Many Americans continue to see blacks as criminals—and want our police to act accordingly. The Nation