Hochwasser, SPD, NSU-Prozess, Drohnen, Türkei, Ägypten, Syrien & Karstadt

Gespannte Ruhe vor der Flut Die Pegel erreichen Höchstmarken, die Menschen sind unruhig. Im Osten rechnet man mit einem noch schlimmeren Hochwasser als bei der sogenannten Jahrhundertflut 2002. Wieder sind die Wassermengen gewaltig, aber vielerorts kommen die Gemeinden offenbar besser damit zurecht. Diesmal scheinen die Schutzvorkehrungen zu wirken – die meisten jedenfalls. Süddeutsche Zeitung

Gummistiefel-Gesellschaft Der Hochwasserschutz ist eine Erfolgsgeschichte, so bitter die gegenwärtige Katastrophe auch ist. Nötig sind dafür viele kleine Schritte. Der „Gummistiefel-Gesellschaft“ aber fehlt in der Flut die Geduld. Sie will die große Botschaft. FAZ

Leadership in Gummistiefeln Politik während des Hochwassers: Schon bald also wird Merkel wieder den Euro retten und Steinbrück sein Kompetenzteam loben. Wer Kanzler bleiben oder werden will, muss eben mehr sein als ein Krisenmanager. Tagesspiegel

Politik in Gummistiefeln Evakuierungen, überflutete Straßen und vollgelaufene Keller: In Bayern sind die Flusspegel dramatisch gestiegen – mit ihnen auch die Adrenalinspiegel im Körper bayerischer Politiker. Mit Blaulicht oder per Hubschrauber eilen sie an die Krisenorte. Nur einer lässt die Gummistiefel lieber stehen. Süddeutsche Zeitung

Lasst die Gummistiefel im Schrank! Das Hochwasser bringt Merkel und Steinbrück in Versuchung, die Katastrophe zu benutzen wie einst Gerhard Schröder. Das sollten sie lassen ZEIT

Besuch aus Berlin Die Kanzlerin brachte es in Passau auf den Punkt: Die unbürokratisch zu leistende 100-Millionen-Hilfe für die Flutopfer sei – „verglichen mit dem, was wir sonst ausgeben“ – in jedem Fall gut angelegtes Geld. Bonner General-Anzeiger

Alles im Fluss Das Wasser kommt von oben und fließt nach unten. Aber es hilft nicht einmal der Kanzlerin, dass sie energisch auf das Hochwasser einredet. Berliner Zeitung

Uns hilft keine Arche Die Politik denkt: Wenn die Deiche hoch genug sind, kann uns der Klimawandel nichts anhaben. Doch das ist falsch. Wir müssen dringend mehr gegen den Klimawandel tun. Tagesspiegel

Danke! Hartmut Augustin dankt besonders den vielen freiwilligen Helfern für ihr Engagement im Kampf gegen das Hochwasser. Mitteldeutsche Zeitung

Wahlkampf / SPD / Steinbrück

Von Arschkriecherei und dem Wandel durch Annäherung Merkel reist in die Flutgebiete und Peer Steinbrück hält seine außenpolitische Grundsatzrede als Kanzlerkandidat der SPD. Die Kanzlerin wird wohl mehr Beachtung finden. Dabei ist es Steinbrück endlich mal gelungen, sich in wichtigen Fragen deutlich von der Kanzlerin abzugrenzen. Süddeutsche Zeitung

Steinbrück: Moskau einbinden In einer außenpolitischen Grundsatzrede hat sich der SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück für engere deutsch-russische Beziehungen ausgesprochen. Deutsche Drohnen hält er für überflüssig. FAZ

Harmonie a la Steinbrück Der Kanzlerkandidat meidet den Konflikt mit der Regierung in der Außenpolitik. Bei seiner ersten Rede zum Thema bietet er nicht die nötige Abgrenzung zu Merkel und Westerwelle. Stattdessen gibt es Altbekanntes. Handelsblatt

Steinbrück beruft Bremer Professorin Karakasoglu ins Kompetenzteam Neues Gesicht für den Wahlkampf: Die Erziehungswissenschaftlerin und Turkologin Yasemin Karakasoglu wird laut SZ-Informationen den SPD-Kanzlerkandidat in der Bildungspolitik unterstützen. Zusätzlich will Steinbrück noch zwei weitere Mitglieder seines Kompetenzteams präsentieren. Süddeutsche Zeitung

NSU-Prozess

Von der Seele geredet Er soll der NSU-Terrorzelle die Tatwaffe geliefert haben: Als erster Angeklagter im NSU-Prozess bricht Carsten S. sein Schweigen. Er erzählt dem Gericht von seiner Jugend bei den Nazis, dem Coming-Out – und warum er dem Terror-Trio die Ceska-Pistole besorgte. Süddeutsche Zeitung

Der Mann, der die Waffe besorgt hat Im NSU-Prozess hat der erste Angeklagte ausgesagt: Carsten S. schilderte, wie er in die rechte Szene kam – und wie er die Mordwaffe anschaffte. ZEIT

Der Helfer Carsten S. sagt als erster Angeklagter im NSU-Prozess aus. Dabei geht es zunächst um Persönliches. Und darum, wie ein schwuler Junge in die Neonazi-Szene abgleitet. Beate Zschäpe belastet er nicht explizit. Berliner Zeitung

„Ich hatte ein positives Gefühl“ Im NSU-Prozess beginnt der erste Angeklagte mit seiner Aussage. Eindrücklich schildert Carsten S., wie er als homosexueller Junge in die Neonazi-Szene abgleitet. Am Ende besorgte er eine Waffe. stern

Die Freiheit des Rechtsanwalts Das Vorgehen der Anwälte der mutmaßlichen NSU-Terroristin Beate Zschäpe hat für Empörung bei Nebenklägern und einigen Politikern gesorgt. Aber wer Verteidigerrechte aushöhlt, sei es als Richter oder als Politiker, legt die Axt an den Rechtsstaat. FAZ

Drohnen

Fast wie im kalten Krieg Verteidigungsminister de Maizière muss den Abgeordneten heute das Euro-Hawk-Debakel erklären. Angeschlagen ist er auch aus eigenem Verschulden. Ob er zurücktreten muss, wie es die dankbare Opposition fordert, ist aber keineswegs schon ausgemacht. Klar ist hingegen: Das gescheiterte Drohnenprojekt offenbart grundlegende Probleme der Bundeswehr bei der Beschaffung von Waffen. Süddeutsche Zeitung

„Es wird eng für de Maizière“ Gut drei Wochen nach dem Stopp des Euro-Hawk-Projekts will Verteidigungsminister de Maizière heute erstmals Stellung beziehen. Mit Erklärungen alleine will sich die Opposition aber nicht zufrieden geben. Handelsblatt

De Maizières Kratzer Der Verteidigungsminister bekommt im Drohnenskandal wenig Unterstützung aus der CDU. Zurücktreten wird er dennoch nicht. Berliner Zeitung

Beschädigt Nach den klassischen Gesetzmäßigkeiten der Politik ist Verteidigungsminister Thomas de Maizière nicht mehr zu halten. Nordwest Zeitung

Alte Versäumnisse und Paradoxien Der Bundesrechnungshof stellt in seinem Bericht klar, dass die Fehler beim Euro Hawk schon weit vor der Zeit von Thomas de Maizière gemacht wurden. FAZ

Deutschland beteiligt sich weiter an Nato-Drohnenprojekt Verteidigungsminister de Maizière will am Drohnenprojekt Global Hawk im Rahmen der Nato festhalten. Man befinde sich in einem viel früheren Stadium als beim Euro Hawk, sagte de Maizière in Brüssel. FAZ

Lautstark protestieren, stillschweigend dulden Pakistan leidet wie kein anderes Land unter dem US-Drohnenkrieg. Doch auch Premier Sharif wird ihn wohl nicht beenden. Sein Land wird an der Tradition des rhetorischen Doppelspiels festhalten. Süddeutsche Zeitung

Türkei

Aufstand gegen Erdogan Die Proteste sind der Dämpfer, den Ministerpräsident Erdogan seit langem brauchte. Er hatte sich zuletzt nur noch mit Jasagern umgeben und die Türkei in einer Ein-Mann-Show geführt. FAZ

Bewahrt das Erbe Atatürks und Erdogans Erdogan schaffte es, die Türkei unter dem gemäßigten Islam zu vereinen und generierte ein Wirtschaftswunder. Nun gefährdet die Auflösung der Nachbarn im Zuge religiös-ethnischer Bürgerkriege das Land. Die Welt

Diener seiner Macht Recep Tayyip Erdogan hat seit seinem Amtsantritt vor elf Jahren die Türkei in das 21. Jahrhundert katapultiert. Doch das Blatt wendet sich: Selbst seinen eigenen Leuten ist der Premier mittlerweile zu autoritär und beratungsresistent. Hinzu kommt, dass sich viele Türken sorgen, die Regierungspartei AKP wolle der gesamten Gesellschaft ihren konservativ-sunnitischen Stempel aufdrücken. Süddeutsche Zeitung

Der Sultan von Ankara Unbestreitbar hat der türkische Ministerpräsident Erdogan viele Meriten. Doch jetzt, nach zehn Jahren an der Macht, ist er dabei, sein politisches Kapital zu verspielen. Berliner Zeitung

Trittbrettfahrer des Unmuts Ausgerechnet Erdogans AKP könnte vom Protest in der Türkei profitieren. Noch ist die Machtbasis der Regierungspartei stabil. FAZ

„Schluss mit dieser Regierung!“ Die Proteste in Istanbul gegen Ministerpräsident Erdogan sind der verzweifelte Versuch, das immer stärkere Vordringen des türkischen Staates in das Privatleben der Bürger zu stoppen. Ihr Widerstand könnte ein Signal sein. FAZ

Sie sind das Volk Die Demonstrationen sind ein Reifezeugnis für die Türken selbst. Sie haben ihrer eigenen Regierung die Grenzen aufgezeigt. Das ist ein Riesenschritt für die türkische Bevölkerung. Tagesspiegel

Why Turkey is Rebelling Turkey’s economy has been booming for a decade, earning praise not only from financial markets, but also from development economists like Jeffrey Sachs. Why, then, have peaceful demonstrations turned into a nationwide protest movement, with hundreds of thousands of people taking to the streets? Project Syndicate

Ägypten

Höchststrafe in Kairo Mit seinem Urteil gegen 43 Mitarbeiter internationaler Organisationen verstößt das Gericht in Kairo gegen Völkerrecht. Die Richter schert das wenig; sie haben eine andere Agenda. FAZ

Urteil als Drohung Es ist ein hartes Urteil, das über die NGO-Angestellte in Ägypten ergeht – Ausländer hatten aber die Chance vorher auszureisen. Geht es nur um die Drohkulisse? taz

Entsetzen über Urteile gegen Stiftungsmitarbeiter Stiftungsmitarbeiter wurden in Ägypten zu hohen Haftstrafen verurteilt – darunter auch Angehörige der Konrad-Adenauer-Stiftung. Das Urteil belastet die deutsch-ägyptischen Beziehungen schwer. Die Welt

Ägyptisches Gericht verurteilt Konrad-Adenauer-Stiftung Ein ägyptischer Gerichtshof hat ein hartes Urteil gegen Nichtregierungsorganisationen verhängt. Betroffen ist auch die deutsche Konrad-Adenauer-Stiftung, der Ex-Büroleiter soll in Haft. Wer künftig Demokratie in Ägypten fördern will, hat es nun noch schwerer. SPIEGEL

Syrien

Die Zukunft stirbt mit der Vergangenheit Der Bürgerkrieg in Syrien fordert täglich Dutzende von Menschenleben. Er macht auch vor dem Kulturerbe des Landes und der Menschheit nicht Halt. Und was den Granaten entkommt, fällt Vandalismus zum Opfer. FAZ

Neue Barbarei Schon das Genfer Protokoll von 1925 ächtet den Einsatz von Chemiewaffen: Denn Giftgase töten Menschen besonders grausam, oft fügen sie ihren Opfern höllische Schmerzen zu. Bonner General-Anzeiger

Chemiewaffen-Einsatz vermutet Ein Report der Vereinten Nationen hält den Gebrauch toxischer Kampfstoffe für wahrscheinlich. Sicher ist jedoch nur eines: Die Regierung verfügt über Chemiewaffen. taz

Bundespolizei fasst den „Scheich“ der Schleuser Der Iraker Ammer al-H. führt wohl die Schlepperbande, die bis zu 100 syrische Flüchtlinge nach Deutschland schleuste – für viel Geld und unter unmenschlichen Bedingungen. Nun wurde er festgenommen. Die Welt

Karstadt

Berggruen, bitte handeln Als der Milliardär Nicolas Berggruen vor drei Jahren Karstadt rettete, wurde er dafür viel gelobt. Nun räumt er ein, dass er damals die Probleme unterschätzt habe. Dabei hätte ihm klar sein müssen, dass er das Ruder nur mit erheblichen Investitionen würde herumreißen können. FAZ

Berggruens Entfremdung Die Politik, die Beschäftigten und Verdi feierten den smarten Milliardär Nicolas Berggruen als Retter von Karstadt und 25.000 Jobs. Doch dies war der Beginn eines größeren Missverständnisses. WAZ

Worte, nichts als Worte Berggruen muss, wenn er Karstadt eine Zukunft geben will, endlich beweisen, dass er mehr zu bieten hat als kluge Worte. Augsburger Allgemeine

…one more thing!

Die Feinde der Wahrheit Der Obergefreite Bradley Manning, der die Wikileaks-Affäre überhaupt erst möglich gemacht hat, steht wegen „Unterstützung des Feindes“ vor Gericht. Andere feiern ihn als Helden, der die Wahrheit über den Krieg verbreitet hat. Berliner Zeitung

Leitartikel

Die eigentlich wirklichen Fragen Über den Sinn von Auslandseinsätzen lässt sich streiten. Werden aber deutsche Soldaten in einen Krieg geschickt, müssen sie so gut wie möglich ausgerüstet sein. Dazu gehören auch bewaffnete Drohnen. FAZ

Dieser Schuss muss sitzen Verteidigungsminister Thomas de Maizière kämpft ums politische Überleben, und Souveränität sieht anders aus… BILD

Türkischer Frühling? Als sich im arabischen Frühling in vielen Ländern das unterdrückte Volk erhob, hatte es in der Nachbarschaft einen prominenten Fürsprecher: den türkischen Ministerpräsidenten Erdogan. AZ München

Muslimbrüder brüskieren den Westen Die Urteile gegen ausländische Mitarbeiter von Nichtregierungsorganisationen in Ägypten sind ein Signal: Die islamistischen Muslimbrüder sind an politischem Austausch ebenso wenig interessiert wie die alte Militärregierung. Die Botschaft für die Ägypter ist genauso klar. Wer sich für Demokratie einsetzt, lebt gefährlich. Süddeutsche Zeitung

Brille des Fortschritts Der Hype um Googles neue Datenbrille offenbart wieder einen naiven Wunderglauben, der nur enttäuscht werden kann. Dass durch die Digitalisierung alles transparenter und damit besser wird, ist nicht mehr als Fortschrittspropaganda Die Welt

Selbstanzeigen nicht willkommen Deutschlands Steuersünder sind in Bekennerlaune. Doch in NRW bleiben die Selbstanzeigen liegen. Denn Steuerbeamte, Staatsanwälte und Richter fühlen sich von der Landesregierung betrogen und machen Dienst nach Vorschrift. Handelsblatt

Israel Lives the Joseph Story What does it mean when even Turkey is in turmoil and Stephen Hawking is weighing in on the Israeli-Palestinian conflict? New York Times

Collecting DNA needs high standard Our view: Supreme Court ruling relies on flimsy logic. USA Today

DNA ruling the right call Opposing view: Collection upon arrest solves crimes, saves lives. USA Today