Wahlkampf, Bayern, Europa, Gauck, Syrien, Banken & Organspenden

Was will die SPD? Die Kanzlerin soll sich dafür entschuldigen, dass sie die SPD in der Europapolitik „total unzuverlässig“ genannt hat. Ja, hätte sie die SPD denn „total zuverlässig“ nennen sollen? FAZ

Peer Steinbrück rennt ins Abseits Peer Steinbrücks Wahlkampfstrategie ist ein kleiner Erpressungsversuch: Wer ihn als machtvollen Politiker haben will, muss schon dafür sorgen, dass es für Rot-Grün reicht. Dabei überschätzt er seine Anziehungskraft. Wirtschaftswoche

Ministerium zweifelt an Etatziel der Regierung Das von FDP-Chef Philipp Rösler geführte Bundeswirtschaftsministerium äußert in einem internen Papier erhebliche Zweifel an den Haushaltszielen der Bundesregierung, sollten Union und FDP ihre Wahlversprechen nach einem möglichen Wahlsieg umsetzen. Rheinische Post

Kernanliegen des Staates Die Regierungsparteien in Berlin zeigen sich beeindruckt: Dass ausgerechnet das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung dem Koalitionskonzept zum Familiensplitting eine unsoziale Ausrichtung bescheinigt, heizt zunächst einmal die familienpolitische Debatte grundsätzlich an. Für die Wahlkampfauseinandersetzung öffnet das DIW-Gutachten eine breite Angriffsfläche für die Oppositionsparteien. Bonner General-Anzeiger

Ein Konzept für die Tonne Man kann der Regierung nicht vorwerfen, sich gesellschaftlichen Diskussionen komplett zu verweigern. Märkische Oderzeitung

Aiwangers harte Tatsachen Hubert Aiwanger, umtriebiger Chef der Freien Wähler, will seine Partei auch in den Bundestag bringen. Bei seinem Auftritt in Berlin sollen ihm dabei helfen: ein Hochzeitsmoderator und ein CSU-Kreisvorsitzender, der kürzlich Ärger mit Horst Seehofer hatte. Süddeutsche Zeitung

Geschwätz der Wahlverweigerer Öffentlich erklären Intellektuelle, warum Nicht-wählen okay ist. Dass ihre Argumente nur Luft sind, übersehen sie. Frankfurter Rundschau

„Zahlen sind manchmal Datennebel“ WDR-Chefredakteur Jörg Schönenborn hält die Sonntagsfrage kurz vor der Wahl für ungeeignet. Denn die Ergebnisse seien nicht aussagekräftig. taz

Bayern

Auf Augenhöhe Pkw-Maut, G8, Verwandtenaffäre: Im bayerischen TV-Duell liefern sich Ministerpräsident Seehofer und sein SPD-Konkurrent Ude ein scharfes Wortgefecht. Der Herausforderer ist gut – doch ob er mit seinem Auftritt ein Debakel für seine Partei abwenden kann? Süddeutsche Zeitung

Zahmer Schlagabtausch in Bayern „Nein, bei der Kanzlerin bedankte ich mich nicht“, sagt Christian Ude. „Aber bei Ihnen, Herr Seehhofer.“ Es geht mal wieder um die Maut als Wahlkampfthema. Handelsblatt

Das Prinzip Seehofer – Viel Feind, viel Ehr‘ Die CSU steht kurz vor der Rückeroberung der absoluten Mehrheit in Bayern. Dafür ist gerade Horst Seehofers Wendigkeit verantwortlich. Hinter der auch eine Scheu vor Konflikten mit den Wählern steckt. Die Welt

Seehofer behält einfach Recht Im TV-Duell zur bayerischen Landtagswahl will SPD-Kandidat Christian Ude mit freundlichen Attacken punkten. Der Ministerpräsident kann darüber nur lachen. ZEIT

Ude siegt sachlich, Seehofer emotional TV-Duell zwischen Horst Seehofer und Christian Ude: Beim einzigen direkten Schlagabtausch vor der bayerischen Landtagswahl schenken sich der Ministerpräsident und sein Herausforderer nichts. stern

Wo Seehofer und Ude nicht ganz richtig lagen Wahrheit oder Schönfärberei? SZ-Autoren prüfen zentrale Aussagen von Ministerpräsident Seehofer von der CSU und SPD-Herausforderer Ude beim TV-Duell zur Landtagswahl auf ihre Faktentreue. Stimmt alles so, wie es die beiden Politiker behaupten? Süddeutsche Zeitung

Europapolitik

Gabriel wirft Merkel Rechtsbruch vor Mit ihrem Handeln in Brüssel verstoße die Bundeskanzlerin „gegen „Recht und Gesetz“, sagt SPD-Chef Gabriel. Merkel lehnt es ab, sich für die Bemerkung zu entschuldigen, die SPD sei in der Euro-Frage „total unzuverlässig“ FAZ

Merkels Patzer – Luckes Triumph Die politische Spitze des Landes eiert bei der Euro-Politik herum. Das war auch im TV-Duell zu sehen. Profiteur ist AfD-Chef Lucke, ein ökonomischer Scharlatan. stern

Deutschland in Europa – übermächtig und isoliert Bundeskanzler Helmut Kohl führte den Euro ein, um die Europäisierung voranzutreiben. Das Gegenteil trat ein. Was wir nun erleben, ist die Isolierung Deutschlands und eine Gereiztheit gegen unser Land. Die Welt

Ein dritter Weg für Europa Der Staatenbund, wie er im Vertrag von Maastricht festgeschrieben wurde, kann die Unterschiede zwischen den Mitgliedsstaaten nicht überbrücken, aber der radikale föderale Ansatz, den manche bevorzugen, ist auch keine praktikable Lösung. Wir brauchen einen dritten Weg, der eine Balance zwischen den beiden herstellt. Il Sole-24 Ore Mailand

Agenda 1990–2010 Kein Widerspruch zwischen Austerität und Wachstum: Die Erfahrungen Osteuropas können in der Euro-Krise ein Vorbild für den Süden sein Tagesspiegel

Gauck in Oradour

Es gibt Plaetze wo kein Gras wachsen will Bundespräsident Gauck tritt an einem der sensibelsten Orte in der französischen Geschichte auf und findet die richtigen Worte. Sein Besuch wird sich einreihen in die Reihe symbolischer Auftritte. Die Welt

„Eine Geste der Versöhnung“ Sichtlich bewegt, gedenkt Bundespräsident Gauck bei einem gemeinsamen Besuch mit dem französischen Staatspräsidenten Hollande in Oradour-sur-Glane der Opfer des SS-Massakers von 1944. Das grausame Morden blieb bis heute ungesühnt. FAZ

„Deutschland will Europa nicht beherrschen“ Zwei Präsidenten gedenken Hand in Hand Hunderter Opfer, die unter deutschem Befehl getötet und verbrannt wurden. Beim historischen Besuch in Frankreich nennt Bundespräsident Gauck das SS-Massaker in Oradour ein „barbarisches Verbrechen“. Die Deutschen hätten aber aus der Geschichte gelernt. Süddeutsche Zeitung

Der etwas andere Präsident Joachim Gauck setzt ein Zeichen, indem er Orte deutscher Kriegsverbrechen besucht. So zeigt er seine Abscheu – gegen die Täter und auch den Umgang mit den Folgen. Süddeutsche Zeitung

Schlussstrich per Umarmung Joachim Gauck besucht mit François Hollande Oradour, wo 1944 SS-Männer über 600 Menschen ermordeten. Heute sei Deutschland „gut“, sagt er. taz

„Es berührt mich immer noch“ Robert Hébras überlebte im Juni 1944 das Massaker, das die SS in dem französischen Dorf Oradour-sur-Glane verübte. Nun führte er als Zeitzeuge Bundespräsident Gauck durch den Ort, den deutsche Soldaten auslöschten. FAZ

Syrien

Obama und Putin sollten unter vier Augen reden Kurz vor dem G20-Gipfel stellt Russlands Präsident eine Zustimmung zu einem Angriff auf Syrien in Aussicht. Revolutionäre Töne – und offenbar die Erkenntniss, dass die USA es ernst meinen. Die Welt

Putin: Russland wird „entschieden handeln“ Russlands Präsident Putin beharrt auf einer Entscheidung im UN-Sicherheitsrat über einen Militärschlag gegen Syrien. Eine Zustimmung Russland schließt er erstmals nicht mehr aus. Die Beweise werde man sich aber „sehr genau ansehen“. FAZ

Lauer Rückenwind Die US-Entscheidung über einen Eingriff im Syrien-Konflikt bleibt ungewiss. Zustimmende Äußerungen einzelner, einflussreicher Senatoren stellen nicht mehr als Etappenerfolge für die Regierung von Präsident Obama dar. Bonner General-Anzeiger

An vorderster Front Vietnam, Irak, Syrien: John Kerrys Leben ist geprägt vom Krieg. Seit Tagen wirbt der Außenminister aus Washington für eine US-Militäraktion gegen Syrien. Es geht ihm um die Korrektur alter Fehler. Süddeutsche Zeitung

Epic fall(s) The Congress fights will be bitter, ugly and unpredictable. POLITICO

Why Attack Syria? Well-designed humanitarian intervention, as well as legal accountability for war crimes and atrocities, can send a strong signal to thugs and tyrants that they must reckon with the values underpinning international law. But conflating these two purposes – to save lives and to mete out justice – could end up undermining both. Project Syndicate

Banken-Krise

Kaum zu fassen In Brüssel erzählen EU-Beamte, dass ziemlich genau fünf Jahre nach dem Lehman-Kollaps noch nicht alle Wertpapiere eindeutig zugeordnet werden könnten. Weiterverwendung, Weiterverpfändung – die Rede ist von „dynamischen Ketten von Sicherheiten, in denen dasselbe Wertpapier mehrmals weitergegeben wird, häufig unter Beteiligung von Akteuren aus dem Schattenbankensystem“. Börsen-Zeitung

Trippelschritte auf dem rechten Weg Die Bankenbranche braucht dringend Regeln. Doch Europas Macher verlässt beim Verfassen neuer Gesetze zu oft der Mut. Stuttgarter Zeitung

Topbanker träumen von neuer Größe Fünf Jahre nach der Lehman-Pleite wächst die Sehnsucht der Finanzindustrie, die Krise hinter sich zu lassen. In Frankfurt versammelte Bankenchefs schmieden Pläne, wieder das große Rad zu drehen – in aller Bescheidenheit natürlich. manager magazin

Viel Lärm um Schattenbanken Schattenbanken stellen «keine primäre Gefahrenquelle» für die Finanzstabilität dar, heisst es von offizieller Stelle. In der Tat gibt es im Schweizer Finanzsystem derzeit offensichtlichere Risiken. Nonchalance gegenüber Schattenbanken wäre aber fehl am Platz. NZZ

The Failure of Free-Market Finance Five years after the collapse of the US investment bank Lehman Brothers, the world has still not addressed the fundamental cause of the subsequent financial crisis – an excess of debt. If the debt problem continues to be ignored, the 2008 crisis will not be the last. Project Syndicate

Organspendeskandal

Die Ärzte müssen von ihrem hohen Ross herunter Bei den Skandalen in Transplantationszentren ging es meist nicht um Korruption. Das Problem bei Organspenden liegt in der ärztlichen Selbstverwaltung. Es braucht ein externes Kontrollsystem. Die Welt

Verzweiflung und Verstöße Die neuen Vorwürfe gegen die Uni-Klinik in Münster offenbaren einmal mehr ein Dilemma, in dem viele Ärzte stecken. Sie wollen das Beste für den Patienten und stoßen an Grenzen. So verzweifelt die Mediziner auch sein mögen, Manipulationen rechtfertigt dies nicht. Süddeutsche Zeitung

Schwere Verstöße in vier Transplantationszentren Eine weiteres Transplantationszentrum hat gegen die Richtlinien verstoßen: In Münster wurden „systematische Falschangaben“ gemacht. Doch Gesundheitsminister Daniel Bahr sieht keinen Organspendeskandal. FAZ

Organspende braucht Vertrauen Mit der Manipulation bei der Vergabe von Lebern haben wenige „Täter“ tausenden Schwerstkranken einen Bärendienst erwiesen. Denn seitdem ist die Organspendebereitschaft dramatisch gesunken. WAZ

…. one more thing!

Die Eroberung der Natur Durch den Thüringer Wald wird eine Stromtrasse gebaut. Sie soll Ökostrom aus dem Norden nach Bayern bringen. So wie hier kollidiert die Energiewende immer öfter mit einer Natur, die sie zu bewahren vorgibt. FAZ

Leitartikel

Der nächste Unfug Das Ehegattensplitting ist ungerecht und setzt falsche Anreize. Das „Familiensplitting“ soll künftig auch die Kinder in die Steuerberechnung einbeziehen – doch das würde die Ungerechtigkeit nur noch schlimmer machen. Süddeutsche Zeitung

Ude punktet, Seehofer genervt – wer ist der Sieger? Der SPD-Herausforderer zeigte sich angriffslustig – nach Zahlen der CSU hat aber der Amtsinhaber das TV-Duell für sich entschieden. AZ München

Versöhnliche Töne Gauck und Hollande haben eine der letzten Lücken in der Aufarbeitung der deutsch-französischen Geschichte geschlossen. Die versöhnlichen Gesten von Oradour können auch eine gewisse Gelassenheit in das deutsch-französische Verhältnis zurückbringen. FAZ

Die Botschaft von Oradour Deutsche Täter haben in ganz Europa Männer, Frauen, Kinder vergast, erschossen und verbrannt. Millionen Opfer – hilflos ohne Schuld! BILD

Warten auf Taten in St. Petersburg Syrien, Steueroasen, Finanzkrise: Die Staats- und Regierungschefs ringen in St. Petersburg bei wichtigen Fragen um eine gemeinsame Linie. Der G-20-Gipfel soll Ergebnisse liefern, sagt Angela Merkel. Schön wäre es – ist aber unwahrscheinlich. Tagesspiegel

Obama und die dummen Kriege Wäre Barack Obama nicht Präsident, würde der Politiker aus Chicago den Schlag gegen Syrien wohl ablehnen und ihn als „dumm“ bezeichnen. Was aber die Außenpolitik der USA insgesamt betrifft, bleibt er ein Erneuerer. Frankfurter Rundschau

Obama sucht nach Verbündeten Den G-20-Gipfel wird der US-Präsident nutzen, um für einen Angriff zu werben. Hat er genügend Führungskraft, sind die USA noch Ordnungsmacht? Zweifel sind erlaubt. ZEIT

It Was a Dark and Stormy Climate Study . . . Would that all forward-looking global-warming research got such a skeptical reception. Wall Street Journal