Europawahl, Ukraine-Krise, Papst im Nahen Osten & Tempelhofer Feld

Das Establishment der EU hält sich die Ohren zu Jeder dritte Sitz im Parlament geht an EU-Kritiker. Doch die etablierten Parteien machen weiter, als wäre nichts passiert. Das ist falsch. Die EU muss dringend Kompetenzen an die Staaten zurückgeben. Die Welt

Wie etablierte Parteien die Radikalen füttern Bedrängt von EU-Gegnern wurden etliche Parteien nervös. Die CSU etwa oder Frankreichs Sozialisten. Die Folge: Der Grundkonsens bröckelt, Radikale wie Ukip-Chef Farage triumphieren. Wie man es besser macht, zeigt ein junger Regierungschef. Süddeutsche Zeitung

Der Premierminister will verstanden haben David Cameron kann dem dritten Platz seiner Partei auch eine süße Note abgewinnen. Für die Unterhauswahlen will er viele abtrünnige Wähler zurückholen – und sich dabei scharf von Ukip abgrenzen. FAZ

Affront National Nigel Farage, Parteichef der britischen Unabhängigkeitspartei, ist ein ziemlicher Dampfplauderer. Allerdings hat er nach Schließung der Wahllokale einen überzeugenden Punkt gemacht. Er erkenne nicht, dass sich im EU-Parlament kurzfristig vieles ändern werde – wohl aber in der Politik einiger nationaler Regierungen. Börsen-Zeitung

Große Koalition in Berlin, Größte Koalition in Brüssel Die Wähler in Europa haben die politische Denkfaulheit der etablierten Kräfte bestraft. Nun bekommt Europa aber nicht mehr Kontroverse – sondern mehr Konsens. Wirtschaftswoche

Nach der Wahl beginnt der eigentliche Machtkampf Wall Street Journal

Im Hinterzimmer Der Wähler hat gesprochen – aber was genau hat er gesagt? Auf europäischer Ebene ist er noch schwerer zu verstehen als auf nationaler. „Der Wähler“, das geheimnisvolle Gesamtwesen, ist in der EU eine Summe aus 28 Staaten, deren Bürger eine Fülle eigener Beweggründe in Kreuzchen umsetzen. Aus dem Mix-Resultat einheitliche Botschaften zu entziffern, erfordert Mut zur Phantasie. Bonner General-Anzeiger

Europa und „Brüssel“ Europa mögen die Menschen. Das oft gebrauchte Ersatzwort dafür steht dagegen für alles, was an Europa unsympathisch ist: „Brüssel“ mag niemand. Weshalb eigentlich konnten Europa und „Brüssel“ zum Gegensatzpaar werden? WAZ

Die Alleinunterhalter Kaum gewählt, plant Martin Sonneborn den Rückzug: Monatlich will „Die Partei“ ihr Mandat weiterreichen. Sechs weitere deutsche Parteien haben ebenfalls genau einen Sitz im EU-Parlament ergattert. Das sind unsere Exoten. Handelsblatt

Sieben Einzelkämpfer für Europa Tierschützer, Pirat, NPDler: Ohne die Drei-Prozent-Hürde haben es erstmals Vertreter kleiner deutscher Parteien nach Brüssel geschafft. Wer sind sie? Was wollen sie? Zeit

Europa-Befürworter gewinnen in Prag Tschechien, das jahrelang von einer europaskeptischen Regierung und einem europakritischen Präsidenten geführt wurde, stärkt diesmal den pro-europäischen Parteien den Rücken. Anlass zur Sorge gibt allerdings die extrem niedrige Wahlbeteiligung. Frankfurter Rundschau

Ohne Vision In Polen war die Wahlbeteiligung zur EU-Parlamentswahl erschreckend niedrig. Kein Wunder: Der Wahlkampf war ein Desaster. taz

Das Gift des Zweifels EU-Kommission, Ministerrat und Parlamentsmehrheit werden den Erfolg der Populisten bei der Europawahl zu ignorieren versuchen. Dies könnte ein Fehler sein. NZZ

Europa und seine „Populisten“ Erst durch das Auftreten der euroskeptischen Parteien ist die Europawahl zu einer echten Wahl geworden. Diese Gruppierungen allerdings als „populistisch“ zu verteufeln, passt nicht zur europäischen Idee. Wirtschaftswoche

Schulz hat nicht gerockt In der Sonntagsfrage kann die SPD nur ein mageres Prozentpünktchen zulegen. Warum? Weil Spitzenkandidat Schulz keine „Zugkraft“ habe Stern

Ist das schon der Durchbruch für die AfD? Nach der Europawahl lässt sich die Alternative für Deutschland nicht mehr so leicht in die rechte oder gar rechtsradikale Schmuddelecke stellen. Das macht es für die CDU nicht einfacher. FAZ

Von wegen einiges Europa Nationalisten haben bei der Europawahl kräftig zugelegt. Die derzeit größten Übernahmeschlachten zeigen: Protektionistische Wirtschaftspolitik ist längst en vogue. Das Wahlergebnis könnte die Entwicklung noch fördern. Handelsblatt

Die Uhren ticken überall anders Mit 28 Mitgliedern ist die EU noch ungleichzeitiger und diverser geworden: Im Osten sinkt zwar die Wahlbeteiligung, gleichzeitig steigt aber die Zufriedenheit. Tagesspiegel

Wo kaum einer zur Wahl ging Wo leben die wahlfaulsten Europäer? Wo hat die AfD in Deutschland ihre Hochburgen? Und weshalb hat die CSU bei der Europawahl so miserabel abgeschnitten? Wichtige Zahlen und Fakten zur Europawahl. Süddeutsche Zeitung

Wo die Rechten Stimmen holten In Ländern wie Frankreich und Großbritannien verzeichnen Rechtspopulisten erdrutschartige Siege. Trotzdem werden sie insgesamt nur 15 Prozent der EU-Mandate einnehmen. Ein Überblick. Stern

Giovanni di Lorenzos Zweistimmigkeiten Erst ging er ins italienische Konsulat, dann in eine Hamburger Grundschule: „Zeit“-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo hat bei der Europawahl zweimal abgestimmt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Welche Konsequenzen drohen ihm? Süddeutsche Zeitung

Wahlrecht in Europa transparenter machen Rein rechnerisch werden Doppelabstimmungen nicht den Ausgang der Europawahl entscheiden. WAZ

Wer wählt für die Dementen? Rund 700.000 Demenzkranke dürfen in Deutschland heute an der Europawahl teilnehmen, obwohl sie durch ihre Krankheit kaum mehr selbst entscheiden können. Eine Debatte darüber ist überfällig. Aber niemand will sie führen. FAZ

Front National

Wenn Frankreich seine Seele verkauft, verliert Europa Nach dem spektakulären Erfolg der Front National bei der Europawahl steht Paris unter Schock. Es war abzusehen, was da kommt. Es ist das politische Versagen von drei aufeinanderfolgenden Präsidenten. Die Welt

Quittung in Paris Nach dem Erfolg des Front National steht Frankreich unter Schock. Es ist die Quittung für das Versagen der etablierten Parteien. Präsident Hollande steht vor einem Scherbenhaufen. FAZ

Frust National Was hat Marine Le Pen, das den anderen Politikern in Frankreich fehlt – und was können sie ihr noch entgegensetzen? Obwohl der Triumph ihres ultrarechten Front National vorhersehbar war, herrschen Bestürzung und Ratlosigkeit. Bonner General-Anzeiger

Resignation statt Aufschrei Der große Erfolg des Front National bei den Europa-Wahlen kommt für das politische Establishment einem Erdbeben gleich. Aber der gesellschaftliche Ruck scheint auszubleiben. Berliner Zeitung

CSU

Vierzig Prozent ohne x Das war wohl nix: Zu durchsichtig war Seehofers Plan, Gauweiler als den Lucke der CSU nach vorne auf die Bühne zu schieben, während im Hintergrund die Europa-Hymne gesummt wurde. FAZ

Die CSU ist an ihrem eigenen Erfolg gescheitert Das Debakel bei der Europawahl hat seine Ursache in den letzten Siegen der CSU. Der Wähler des 21. Jahrhunderts misstraut absoluten Mehrheiten nicht nur – er fürchtet sie sogar. Die Welt

Seehofer gibt den Zerknirschten Nach dem miserablen Abschneiden der CSU übt sich der Parteichef in Selbstkritik. Das ist auch bitter nötig. Denn viele mosern nun über die verkorkste EU-Kampagne. Zeit

Ukraine-Krise

Dem Schreckgespenst die Luft abgelassen Seit langem behaupten die russische Führung und die prorussischen Kräfte in der Ostukraine, in Kiew hätten Faschisten die Macht übernommen. Die Wahlergebnisse zeigen, dass das nicht der Fall ist. FAZ

Schokokönig mit schwieriger Aufgabe Die Ukrainer sehnen sich nach Ruhe und Frieden, das drückt sich in der Wahl Poroschenkos aus. Doch sein Land hat enorme Probleme – und die Macht des neuen Präsidenten ist begrenzt. Süddeutsche Zeitung

Ein Lichtstreif am Horizont Der Sieger der ukrainischen Parlamentswahlen, Petro Poroschenko, ist ein Mann der alten Elite und gewiss kein Kämpfer gegen die Oligarchie. Und doch könnte er ein Mann des Ausgleichs sein Berliner Zeitung

Ukraine-Krise macht Diamantenhändler in Antwerpen nervös Wall Street Journal

Der Westen braucht einen neuen Holbrooke Die Diplomatie heute ist ein softes Gewerbe: Es wird viel gereist und palavert, aber an den Grenzen der Zivilisation versagt sie. Warum Putin und Lawrow unschlagbar sind – bis jetzt. Die Welt

A Vote For Normalcy Letter From Kiev Foreign Affairs

The Honeymoon’s Already Over Petro Poroshenko easily won Ukraine’s elections. But from air strikes in the east to empty government coffers in Kiev, the country’s new president will have no time to celebrate. Foreign Policy

Papst im Nahen Osten

Franziskus’ guter Wille Die Direktheit, mit der dieser unkonventionelle Papst – auch als Pilger im Heiligen Land – auf Menschen jeglichen Glaubens zugeht, kann nur eines sein: die Demonstration eines unbeirrbaren guten Willens. FAZ

In Israel gibt sich der Papst als kluger Diplomat Mit wenigen Worten und sparsamen Gesten zeigt Franziskus Israelis und Palästinensern, dass er sich nicht vereinnahmen lässt. Ob sein Friedensgebet Wirkung haben wird, darf man ernsthaft bezweifeln. Die Welt

Jede Geste zählt Papst Franziskus beweist auf seiner Reise nach Israel und in die Palästinensergebiete ein untrügliches Gespür für Symbolik. Auch seine Freundlichkeit vermag er gezielt einzusetzen. Süddeutsche Zeitung

Die Sprache der Zeichen Die Pilgerfahrt des Papstes im Nahen Osten könnte ein historisches Ereignis werden, weil sie offenkundig vom Willen zum Dialog geprägt ist. Die Lasten der Vergangenheit, die seinen deutschen Vorgänger Benedikt plagten, drücken Franziskus kaum. Tagesspiegel

Tempelhofer Feld

Für die Brache – gegen Wowereits Masterplan Einst Flughafen, jetzt freie Fläche. So soll es bleiben, sagen die Berliner zum Tempelhofer Feld. Ihr Volksentscheid ist auch ein Nein zu SPD-Bürgermeister Wowereit und seiner Politik des Masterplans. Sie genügt heutzutage nicht mehr. Süddeutsche Zeitung

Klaus Wowereit scheitert als Feld-Herr Das Nein zu den Bauplänen für das Tempelhofer Feld bedeutet auch ein Nein zum Regierenden Bürgermeister. Klaus Wowereit sagt: „Das war eine Sachentscheidung.“ Wir haben mit ihm über Respekt vor dem Willen der Bürger und die Halbherzigkeit der CDU gesprochen. Und über die Frage, wie lange er noch weitermachen will. Berliner Zeitung

Volksentscheid gegen Wowereit Eine Dreiviertelmillion Menschen stimmt für den Tempelhof-Entwurf einer Bürgerinitiative und schmettert damit die Baupläne des Senats ab. Märkische Oderzeitung

Zeit für neue Gedanken Die Initiative „100 Prozent Tempelhofer Feld“ hat satt gesiegt, der alte Masterplan für die Bebauung wandert in die Tonne, SPD und CDU schmollen. Und jetzt? Lasst uns die Stadt von Morgen erfinden. Stern

…one more thing!

Von der heilen Welt zum Heiligen Krieg Wem hilft Social Media, wem schadet es? Protestbewegungen nutzen Facebook, um Despoten zu stürzen. Aber auch die Feinde der Demokratie nutzen digitale Netze für ihre Propaganda – die Konfusion im Netz steigt. Handelsblatt

Leitartikel

Im europäischen Unwetter In Frankreich hat die Europawahl ein Erdbeben ausgelöst, in Britannien kommt sie einer historischen Revolution gleich. Deutschland wirkt da wie ein Stabilitätsanker. Im Europaparlament werden die Proeuropäer noch enger zusammenrücken. FAZ

Hier stehen wir In Frankreich und England begehren die Wähler auf. Kanzlerin Merkel und Vizekanzler Gabriel haben jetzt die Aufgabe, der schlingernden EU eine feste Achse und ein sicheres Steuerrad zu bieten Die Welt

Europa in der Zange Es ist wie in einem schlechten Traum: Europa hat gewählt – und die großen Gewinner sind die extremen Parteien! Bild

Die AfD hat zu danken Bernd Lucke beklagt sich über die „Altparteien“, die seine Alternative für Deutschland totgeschwiegen hätten. Dabei sollte er sich bedanken: Die politischen Gegner haben den Erfolg der AfD erst ermöglicht. Sie sollten es ihr nicht noch einmal so leicht machen. Süddeutsche Zeitung

Sigmar Gabriel kann sich über den Erfolg der AfD freuen Die AfD bereitet vor allem Angela Merkel Sorgen. Dagegen könnte SPD-Chef Sigmar Gabriel der Erfolg der Rechtspopulisten gelegen kommen: Denn die Union hat jetzt ein Problem. Tagesspiegel

Die Verwandlung Nach dem Flop lässt die CSU Horst Seehofer nichts mehr durchgehen: Über die Folgen der CSU-Niederlage bei der Europwahl. AZ München

Die Sehnsucht nach dem weiten Feld Eine Fläche wie das Tempelhofer Feld ist ein Jahrhundertgeschenk. Wir können es nur einmal verplanen. Die Politiker haben unterschätzt, was diese freie Fläche in den Köpfen und Herzen der Menschen bewirkt. Berliner Zeitung

EU cannot ignore the populist howl The argument that the protest vote is too weak and incoherent to merit a response is flawed Financial Times

Why Pope Francis’s Peace Plan Won’t Pay Off The invitation to Israeli and Palestinian leaders to prayers in the Vatican is riven with political dangers Newsweek

Pope: ‚Zero Tolerance‘ for Abuse Pope Francis announced on Monday that he would meet with a group of sex-abuse victims at the Vatican. He also revealed that three bishops are under investigation by the Vatican for abuse or covering up abuse Time

California needs a Gun Violence Restraining Order California legislators have spent much of the last two decades strengthening the state’s gun laws, but last weekend’s multiple killings in Isla Vista, Calif., by a young man previously identified by family to police as being a potential danger prove there is far more progress to be made. Los Angeles Times