Shutdown, Regierungsbildung, 3. Oktober, Italien, Norwegen, Nahost & Welternährung

Amerika macht sich selbst zum „failed state“ Mit der Polarisierung im US-Kongress und der Unfähigkeit beider Lager, Kompromisse einzugehen, schaden sich die USA selbst – als hätte ihr Ansehen in der Welt nicht schon genug gelitten. Die Welt

Wahnsinn in Washington Geiselnahme als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln ist kein Alleinstellungsmerkmal von Bananen-Republiken. Wie Demokratie verhunzt wird, kann man seit gestern in Amerika beobachten. WAZ

Stunde der Ideologen Wähler, die ihr Parlament verachten. Politiker, die Zivilität als Schwäche sehen. Parteien, die extreme Positionen befeuern: Was man in den USA schon seit einigen Jahren und nun im Haushaltsstreit beobachten kann, ist die Selbstzerstörung einer der ältesten Demokratien der Welt. Süddeutsche Zeitung

In der Hand von Extremisten Die Verwaltung einer Supermacht steht still. Verantwortlich ist ein Häufchen Radikaler, das keinen Kompromiss will, sondern das Land für seine Ideologie zur Geisel macht. ZEIT

Republikaner machen den Wahnsinn zur Methode Alle paar Monate missbrauchen rechte Republikaner das Budgetrecht. In Deutschland fragen sich manche besorgt, ob Ähnliches mit der Schuldenbremse auch hierzulande möglich wäre. Vieles am „Government Shutdown“ ist jedoch speziell amerikanisch. Tagesspiegel

Notstand in Amerika Die Akteure im amerikanischen Haushaltsstreit sind voll auf Risiko gegangen. Sie geben ungerührt all jenen recht, die den Politikbetrieb in Washington für funktionsgestört halten. FAZ

Kamikaze-Politik Verweigerung ist eine Eigenschaft, mit der kein Staat zu machen ist. Wer entschlossen und beharrlich Nein sagt, auch wenn Fakten und demokratisch erzeugte Mehrheiten gegen ihn sprechen, wer Demagogie an die Stelle von Information setzt, der gehört nicht in die Parlamente, sondern in die außerparlamentarische Opposition. Bonner General-Anzeiger

Ein Geschenk für Obama Mit der mutwilligen Stilllegung von Teilen der Verwaltung haben sich Amerikas Republikaner politisch verrannt. Sie werden einen Preis dafür zahlen müssen. NZZ

Republikaner stehen als politische Verlierer fest Der Verlierer des Haushaltsstreits steht für die Amerikaner fest: die Republikaner. Die Finanzmärkte halten noch still. Wenn sich im Kongress auch keine Einigung findet, wird sich das ändern mit dramatischen Folgen. Wirtschaftswoche

Die Verwaltung steht still, das Netz läuft heiß Die Bundesverwaltung in den USA hat die Arbeit niedergelegt. Staatsangestellte werden in Zwangsurlaub geschickt, öffentliche Einrichtungen bleiben geschlossen. Die Auswirkungen zeigen sich auch im Netz, wo staatliche Seiten brachliegen. Trotz „Shutdown“ spielten sich aber bemerkenswerte Szenen beim World War II Memorial in Washington ab. Süddeutsche Zeitung

Stillstand in Washington Millionen Amerikaner stehen vor verschlossenen Museen und Nationalparks, weil sich der Kongress nicht auf einen Haushalt einigen kann. Es ist schwer zu sehen, was die Blockade der Republikaner außer Krawall eigentlich bringen soll. FAZ

Und, haben wir jetzt Anarchie? Die US-Regierung zum Stillstand zwingen – das ist doch Erpressung. Gemein und unverantwortlich. Aber der Shutdown ist trotzdem gut. ZEIT

Arbeitsmarkt und US-Geldpolitik werden den Shutdown verdrängen NZZ

Krankenversicherung mit Zuckerbrot und Peitsche Die Gesundheitsreform von Obama ist einer der wichtigsten Knackpunkte im derzeitigen Haushaltsstreit zwischen Demokraten und Republikanern. Wichtige Teile von „Obamacare“ treten jetzt trotz Finanzstillstand in Kraft. FAZ

Ökonom gibt Deutschen die Schuld an der US-Misere Ein deutscher Ökonom ruft die US-Parteien auf: Beendet euren Streit. Wir sind schuld an eurem Haushaltsdebakel. Ohne Deutschlands „Machenschaften“ wäre es nie so weit gekommen. Die Welt

New York’s Tourists Are Laughing at Us Visitors to New York were mostly amused to find out they couldn’t see the Statue of Liberty thanks to government incompetence. But the locals who sell them tickets and give them ferry rides are feeling the pain. The Daily Beast

How Washington Is Holding D.C. Hostage For the people who make the government run on a daily basis, whether paychecks arrive is not a public-policy question but a personal solvency one. The Atlantic

Collision course: CR and debt ceiling POLITICO

America’s Endless Budget Battle Perhaps investors are becoming inured to America’s annual debt-ceiling debacle, now playing out for the third year in a row. But, as the short-term antics become more routine, the risks of long-term dysfunction become more apparent. Project Syndicate

Koalitionsverhandlungen

Die meisten Steuerzahler müssen große Koalition nicht fürchten Kombiniert man die Steuerpläne von Union und SPD, würde das für die meisten Steuerzahler keine Mehrbelastung bedeuten. Nur Gutverdiener müssten mehr Steuern zahlen, wie der Steuerexperte Frank Hechtner ausgerechnet hat. FAZ

Das Steuer-Versprechen Es gibt keinen Grund für Steuererhöhungen. Bisher sah das auch die Union so. Im Wahlkampf war Frau Merkel eindeutig: Eine Mehrbelastung von Besserverdienenden gefährde die Schaffung von Arbeitsplätzen. Gilt das auch noch nach der Wahl? FAZ

Betreuung für Angela Merkel gesucht Vor allem die Kanzlerin war bisher keine Antreiberin, wenn es um die Familienpolitik ging. Deshalb sollte die SPD in einer großen Koalition das Familienressort beanspruchen. Angela Merkel braucht in dieser Hinsicht schließlich etwas Druck. Tagesspiegel

Viele neue Ministerien 60 Wissenschaftler verlangen nach einem neuen Ministerium für Integration. Dabei käme es vor allem auf eine offene Integrationspolitik jenseits von Verdacht und Unterstellung an. Berliner Zeitung

Spinnen in Berlin Wie es weiter geht in Berlin, ist noch völlig ungewiss. Es schlägt die Stunde der Spin-Doktoren, Büchsenspanner und Kulissenschieber. Auch die „ersten Sturmreihen“ der Parteien setzen sich dabei in Szene. Eine Sondierung. FAZ

Sie sind viele, sie sind marginal Piraten Nach dem Debakel kommt die Depression: Die Piratenpartei ist deutlich an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. In Zukunft dürfte es für sie schwer werden, als bundespolitische Kraft überhaupt in Erscheinung zu treten. Ihre Vertreter wirken ratlos. Süddeutsche Zeituhng

Tag der deutschen Einheit

Irgendwie doch zusammen angekommen Wie kein anderer Tag im Jahr bietet der Jahrestag der deutschen Einheit immer wieder Anlass, Ost und West aufzurechnen. Die Bilanz bleibt zwar durchwachsen. Aber wenn sich dieses vereinte Deutschland heute mühen muss, auch die westdeutschen Problemregionen nicht zu kurz kommen zu lassen, ist es doch irgendwie angekommen. Tagesspiegel

Die deutsche Lohn-Kluft 23 Jahre nach der Wiedervereinigung sind die Löhne in Ostdeutschland immer noch viel niedriger als im Westen. Aber warum ist das so? Berliner Zeitung

Unvergessen Lange Zeit wurde über den Nationalfeiertag am 3. Oktober, dem Tag der Deutschen Einheit, kontrovers diskutiert. Viele Bürgerinnen und Bürger hätten den 9. November bevorzugt Nordwest Zeitung

Die Angst vor der errungenen Freiheit Das Schengener Abkommen war zu Zeiten des geteilten Europas beschlossen worden. Der Herbst 1989 aber verlieh dem «grenzenlosen Europa» eine völlig neue Bedeutung. NZZ

Italien

Rebellion gegen Silvio Berlusconi Kurz vor der Vertrauensfrage im Parlament ruft PDL-Chef Alfano seine Partei zum Votum für Premier Letta auf – und wendet sich damit gegen Berlusconi, den Gründer seiner Partei. Für Letta könnte die drohende Spaltung der PDL die Rettung bedeuten. Süddeutsche Zeitung

Aufstand gegen den „Cavaliere“ Italiens Premier Letta stellt heute die Vertrauensfrage – und könnte sie doch gewinnen. Denn wichtige Abgeordnete stellen sich gegen ihren Anführer Silvio Berlusconi und wollen für den Regierungschef stimmen. Es ist ein einmaliger Vorgang in der treu ergebenen Partei. SPIEGEL

Die Phantastischen Fünf Mit dem Aufbegehren seiner Minister scheint die Macht Berlusconis zu erodieren. Die „Forza Italia“ steht am Abgrund – genau wie ihr Gründer. Aber wer kann das schon genau sagen? FAZ

Berlusconi manövriert sich ins Abseits Wenn Italiens Ministerpräsident Letta die Vertrauensfrage stellt, geht es eigentlich um Ex-Regierungschef Berlusconi. Doch auch wenn ihm seine Mitstreiter viel zu verdanken haben, so wollen viele lieber die Regierung retten als sein politisches Überleben. Tagesschau

Norwegen

„Der Traum von einer Mehrheit ist ausgeträumt“ Nach dreiwöchigen Verhandlungen ist es der Siegerin der Parlamentswahlen vom 9. September Erna Solberg der konservativen Partei Høyre, nicht gelungen, eine Koalition mit allen bürgerlichen eine Koalition mit allen bürgerlichen Parteien zu bilden. Aftenposten Oslo

Mehrheitlich in der Minderheit In Norwegen wollen Konservative und Rechtspopulisten regieren – „mit Beitrittsoption“: Die künftige Ministerpräsidentin Solberg führt eine Minderheitsregierung und muss also immer wieder Mehrheiten suchen. FAZ

Skandinavien braucht keine Kanzlermehrheit In Norwegen, Schweden oder Dänemark sind Minderheitsregierungen an der Tagesordnung – und die Erfahrungen damit sind gut. Badische Zeitung

Und Breivik freut sich Menschen unterschiedlicher Herkunft können nicht zusammenleben. Dieses Weltbild ist mit der Rechtskoalition im Kabinett in Oslo angelangt. taz

Wechsel und ein wenig Wandel Norwegen hat vergleichsweise kleine Probleme. Das Land ist ohne Schaden durch die Finanzkrise gekommen, die Arbeitslosenquote ist tief, die Löhne sind hoch. Die Schweiz bezeichnet sich gerne als Insel der Glückseligen im krisengeschüttelten Europa, aber den Norwegern geht es noch besser. NZZ

Nahost

Netanjahus einsamer Kampf Der israelische Premier hat recht, wenn er von Iran im Atomstreit Taten statt Worte verlangt. Doch wie Netanjahu das fordert, wirkt selbst für Freunde verstörend. Er stellt sein Land ins Abseits. Süddeutsche Zeitung

Verwaltung der Misere Es gibt zwar gute Argumente gegen eine Besatzung des Westjordanlands durch Israel. Trotzdem kann es unter den gegenwärtigen Umständen keine wirkliche «Lösung des Nahostkonflikts» geben. Alles andere ist Augenwischerei. NZZ

Warum es richtig ist, dass Obama erneut nach Ostasien reist Der US-Präsident sieht im Fernen Osten die Zukunft Amerikas. Politisch und wirtschaftlich. Aber die Konflikte des Nahen Ostens wird er vorerst nicht los. ZEIT

Bibi the Bad Cop Israel does not trust Barack Obama to prevent Iran from acquiring a nuclear weapon. It will try to stymie any nuclear deal it sees as too lenient — but that won’t be easy. Foreign Affairs

Weltwirtschaftswachstum

Die Welt wird nicht immer ärmer, sondern reicher Seit Jahren nimmt die Zahl der Armen und der Hungernden ab. Kaum einer will zur Kenntnis nehmen, woran das liegt. Es sind die freie Marktwirtschaft und der Aufstieg der Volksrepublik China. Die Welt

Ernährt von Industriestaaten Der Anteil der Unterernährten hat deutlich abgenommen. Doch die Ernährung der ärmsten Länder hängt nicht nur an der eigenen wirtschaftlichen Entwicklung, sondern auch an der in den Industrieländern. FAZ

Kaum Fortschritte im Kampf gegen Hunger Der Welternährungsbericht liefert ernüchternde Zahlen. Beim weltweiten Kampf gegen den Hunger geht es nur wenig voran. Warum geht noch immer jeder achte Mensch auf der Welt hungrig ins Bett? Deutsche Welle

…one more thing!

Die mühsame Befreiung des Rebell postsovieticus Der Protest in Russland und der Ukraine wächst. Wer den Brief aus der Strafkolonie von Nadeschda Tolokonnikowa, der Pussy-Riot-Künstlerin, liest, der weiß: Widerstand ist möglich. Aber es braucht Mut. Die Welt

Leitartikel

Gefesselte Kanzlerin Durch Europa geht ein Seufzen – die anstehenden Koalitionsverhandlungen in Deutschland könnten sich hinziehen. In Brüssel stehen wichtige Entscheidungen an. Die SPD warnt die Kanzlerin bereits: „Frau Merkel ist nicht mehr legitimiert, in grundlegenden europapolitischen Fragen zu entscheiden.“ Süddeutsche Zeitung

Sie soll! Sie muss! Sie darf! Was die Bundeskanzlerin gegenwärtig nicht alles machen soll: In Deutschland scheint die Herrschaft des imperativen Mandats angebrochen zu sein. So aber funktioniert die repräsentative Demokratie nicht Die Welt

Trittins Aufgabe Nicht Winfried Kretschmann wird die Grünen von Schwarz-Grün überzeugen müssen. Das ist, ob mit oder ohne Amt, Jürgen Trittins Rolle. Nimmt er sie an? FAZ

Vorschneller Gauck! Eine Woche nach der Wahl setzen sich die Parteien zusammen. Bundespräsident Gauck hat sich aber bereits jetzt eingeschaltet. BILD

Die Zündler von Washington Durch schiere Obstruktion trieb die Tea-Party die US-Regierung in die Zahlungsunfähigkeit. Niemals zuvor in der Geschichte der USA ist das im Prinzip stabile System der Gewaltenteilung so bedroht gewesen wie heute. Berliner Zeitung

Die Kosten der Unfreiheit Die Selbstverantwortung von Wirtschaft und Gesellschaft weicht einer immer stärkeren staatlichen Regulierungen des öffentlichen und privaten Lebens. Aber: Immer mehr Wohlfahrtsstaat schafft immer weniger Wohlfahrt. Handelsblatt

Our Democracy Is at Stake The future of how we govern ourselves is on the line, and majority rule is still majority rule. New York Times

When shutdown ends is up to you Forget about quick. This is how the sad scenario will play out. USA Today