SPD, Koalition, NSA-Skandal, Handelsüberschuss, Anti-Europa-Bündnis, Ukraine & Wulff

Die SPD setzt auf kalkulierten Theaterdonner Damit die Basis die große Koalition akzeptiert, müssen ihr die Sozialdemokraten entgegenkommen. Deshalb inszenieren sie Eklats und klopfen große Sprüche. Diese Rhethorik ist schlicht Volksverdummung. Die Welt

Gabriels neue SPD – links und frei Berlin. Die Partei wurde mit ihrem zweitschlechtesten Ergebnis in der Geschichte abgestraft. Seit 1998 hat die SPD knapp neun Millionen Wähler verloren. Die Deutungshoheit über die Mitte der Gesellschaft hat die SPD an Merkel abgegeben. Anlass genug für eine selbstkritische Wahlanalyse. Eigentlich. Rheinische Post

Die heikle Partie des Sigmar Gabriel Für die große Koalition werben und der Linkspartei die Hand reichen, das Wahldebakel erklären und gleichzeitig Mut machen: Der SPD-Parteichef steht vor großen Herausforderungen. Wirtschaftswoche

„Keine Ausschließeritis mehr“ Die SPD ist künftig bereit für eine Koalition mit der Linkspartei, kündigt Generalsekretärin Andrea Nahles an. Für ein solches Bündnis nennt sie aber drei Voraussetzungen. Frankfurter Rundschau

Jetzt regiert das Misstrauen Die SPD will auf ihrem Parteitag in Leipzig Koalitionen mit der Linkspartei nicht mehr ausschließen. Das sorgt beim kommenden Bündnispartner CDU/CSU für Ärger. Manche fragen sich schon jetzt, ob die künftige Koalition vier Jahre lang hält. SPIEGEL

SPD im Dilemma Was haben viele Sozialdemokraten in all den Jahren geschimpft, gewarnt und gedroht. Sie haben sich von den Linken distanziert. Sie haben die Linkspartei als Rückzugsort von Sektierern und politischen Blindgängern bezeichnet, denen man keine Verantwortung übergeben dürfe. Ein erheblicher Teil der Bevölkerung sieht das genauso. Bonner General-Anzeiger

Meister der Taktik Es mag ja stimmen, dass Wahlkampf bei den Sozialdemokraten nicht zur Königsdisziplin zählt. Seit der Kanzlerschaft von Angela Merkel erwiesen sich alle Anläufe zurück zur Macht als untaugliche Versuche mit ungeeigneten Kandidaten. Nordwest Zeitung

Koalitionsverhandlungen

Unverschämte Wirtschaftsweisen Was die sogenannten Wirtschaftsweisen mit ihrem Bericht soeben abgeliefert haben, ist anmaßend und geht weit über ihren Auftrag hinaus. Einen von Schwarz-Rot geplanten Mindestlohn hat der Sachverständigenrat nicht zu bewerten. Süddeutsche Zeitung

Nahles: Dass es mal rummst, finde ich nicht schlimm Die Generalsekretäre von Union und SPD betonen ihren Willen, eine Koalitionsvereinbarung abzuschließen. Vor allem in der Europapolitik „bewegt sich etwas aufeinander zu“, sagt Alexander Dobrindt. FAZ

Schwarz-rot-rot-grüner Murks Die nächste große Koalition wird ähnlich ideenlos werden wie viele der vergangenen Koalitionen: Etwas Neues und Mutiges will nach einer Wahl einfach nicht entstehen. Das sagt viel über unsere Parteien aus – und noch einiges mehr über die Kanzlerin. Tagessiegel

Streit und Kleinkram, sonst nichts Es ist zum Haare ausraufen: Union und SPD, gewählt, um das Land in großen Schritten voran zu bringen, führen Gespräche im kleinsten Karo. So wird das nichts. stern

Das schwarz-rote Mindestlohn-Abenteuer Die SPD will nur bei einem Politikwechsel mitregieren. Die Union, so scheint es, will ihr diesen Gefallen tun: der Mindestlohn wird wohl kommen, auch wenn namhafte Forschungsinstitute dagegen große Vorbehalte haben. Handelsblatt

„Ihre Überzeugungskraft ist noch nicht bei mir angekommen“ CDU-Chefin Merkel kanzelt in der großen Koalitionsrunde die Verfechter bundesweiter Volksentscheide in SPD und CSU ab. Die Christsozialen wollen „nicht zwei gegen einen spielen“ – damit wird es in Deutschland wohl keine Referenden geben. Süddeutsche Zeitung

Die schweigende Schulden-Generation Union und SPD wollen viel verteilen. Vor allem Junge schneiden dabei schlecht ab. Die wenigen Vertreter ihres Alters passen sich in den Verhandlungen aber eher an, als aufzumucken. Wirtschaftswoche

Folgen des NSA-Skandals

Verhinderte Ankläger Die Bundesanwälte fahren in der NSA-Affäre mit angezogener Handbremse. Sie können keine Büros durchsuchen, keine Akten beschlagnahmen – nicht einmal Zeugen vorladen. Zwar gäbe es einen Paragrafen, der auf das Überwachungsprogramm Prism passt. Doch nirgendwo ist der Unterschied zwischen Theorie und Praxis größer als beim Staatsschutz. Süddeutsche Zeitung

Abgehängte Europäer Deutschland und Frankreich verhalten sich in der NSA-Affäre wie Entwicklungsländer. Wenn die Europäer nicht bespitzelt werden wollen, dann müssen sie dafür die technischen Voraussetzungen schaffen. FAZ

Wir alle sind Beifahrer Was folgt aus der Spähaffäre? Bei der Herbsttagung des BKA in Wiesbaden verharrte eine Diskussionsrunde im Ungefähren – dafür bewahrten die Beteiligten den Humor. FAZ

Stoppt die Überwachungsspirale! Innenminister Friedrich will die Ausweitung der Überwachung durchsetzen. Das ist angesichts des NSA-Skandals nicht nur frech, sondern auch verfassungsrechtlich bedenklich, findet Grünenpolitiker Konstantin von Notz. Kölner Stadt-Anzeiger

Handelsüberschuss

Brüssel will Deutschland schwach sehen Voller Neid betrachten die europäischen Nachbarn Deutschlands Exportstärke. Offenbar hofft die EU-Kommission auf ein weniger erfolgreiches Land. Sollen wir wie die Franzosen und Italiener werden? Die Welt

Wer dem Markt vertraut Die EU-Kommission prüft, ob sie Deutschlands hohe Wettbewerbsfähigkeit bestrafen will. Das ist grotesk. Man hilft den Euro-Krisenländern nicht, wenn man den Norden schwächt. FAZ

Aus dem Gleichgewicht Das war gestern schon eine sonderbare Veranstaltung. Die EU-Kommission gibt den Startschuss für das Europäische Semester. Als erster Schritt wurden zum Auftakt des neuen Turnus jene Länder herausgepickt, deren ökonomische Entwicklung Risiken für die Nachbarn darstellen. Und was passiert? In der Pressekonferenz dreht sich merkwürdigerweise alles nur um ein Land: Deutschland. Börsen-Zeitung

Können Exporte schaden? Die EU-Kommission bemängelt, dass Deutschland zu viel exportiert. Dabei nützt die deutsche Stärke auch den EU-Partnern. Stuttgarter Zeitung

Zu großes Ungleichgewicht in der EU Seit Jahren exportiert Deutschland seine Nachbarn kaputt. Die EU-Kommission will sich das jetzt genauer anschauen, Sanktionen wird es aber wohl keine geben. taz

Nichts gegen “Made in Germany” Die EU-Kommission hat ein Verfahren für eine „erweiterte Untersuchung“ des deutschen Export-Überschusses eingeleitet, weil sich dadurch angeblich das wirtschaftliche Ungleichgewicht in Europa verschärft. Besser wäre es, an einer echten Wirtschaftsregierung und Bankenunion für Europa zu arbeiten. Diário económico Lissabon

OECD fordert von Frankreich mehr Reformen Die Lohnstückkosten steigen weiter, die Sozialabgaben zählen zu den höchsten der Welt. Das Bildungssystem zementiert die sozialen Unterschiede. Jetzt mahnt die OECD die Regierung in Paris, endlich Strukturreformen einzuleiten. FAZ

Anti-Europa-Bündnis

Rechtes Bündnis gegen Brüssel Marine Le Pen und Geert Wilders schicken ihre rechtspopulistischen Parteien als Bündnis in die Europawahl. Wilders sagte, man schließe sich gegen das „Monster aus Brüssel“ zusammen. Die AfD schließt eine Zusammenarbeit derweil aus. FAZ

Ziemlich rechte Freunde Der holländische Islamgegner Geert Wilders und die französische Rechtsextreme Marine Le Pen stellen in Den Haag ihr Bündnis für die Europawahl vor. Ihr Ziel ist eine gemeinsame Fraktion. Frankfurter Rundschau

Zusammen für die Spaltung Europas Der Niederländer Geert Wilders und die Französin Marine Le Pen wollen die „europäische Elite“ befreien. Ihr Ziel ist eine eigene rechte Fraktion im EU-Parlament. taz

Ukraine

Ukraine schlägt EU die Tür zu Der ukrainische Präsident Janukowitsch verhindert nach Druck aus Moskau eine Ausreise von Julia Timoschenko. Frankfurter Rundschau

Postsowjetischer Oligarchenfürst Im Fall der inhaftierten Julija Timoschenko spielt der ukrainische Präsident Janukowitsch auf Zeit. Er versucht Russland und die EU gegeneinander auszuspielen. Bei diesem Poker könnte er sich verzocken. FAZ

Drama um Timoschenko Die Ukraine hat erneut keinen Hafturlaub für die Politikerin beschlossen. Damit ist das geplante Assoziierungsabkommen mit der EU in Frage gestellt. Brüssel fühlt sich brüskiert, will der Ukraine aber eine letzte Frist bis zum 19. November einräumen. Berliner Zeitung

Julia Timoschenko und die Zerrissenheit der Ukraine Langsam wird die Zeit knapp: Auf einem Gipfel, der in zwei Wochen in Litauens Hauptstadt Vilnius stattfindet, wollte die EU eigentlich ein Freihandelsabkommen mit der Ukraine abschließen, über das schon seit Jahren verhandelt wird. Märkische Oderzeitung

Christian Wulff

Christian Wulff versucht seine Ehre zu retten Es ist ein historischer Prozess, der heute Vormittag in Hannover gegen den früheren Bundespräsidenten Christian Wulff beginnt. Aus dem reichlich über ihn ausgeschütteten Skandalfüllhorn ist eine angebliche Vorteilsannahme von rund 700 Euro übrig geblieben. Wie das Verfahren auch ausgehen mag: Das, was Wulff eigentlich will, wird ihm das juristische Urteil nicht bringen. Tagesspiegel

Die Vertrauensfrage Gibt es einen Promi-Malus für Christian Wulff? Kann er ein normaler Angeklagter sein? Und fühlt er sich so? Die Unwägbarkeiten des ersten Prozesses gegen ein ehemaliges Staatsoberhaupt in der Geschichte der Bundesrepublik sind zahlreich. Nur eines dürfte klar sein: Wulff wird reden. Er will einen Freispruch. Süddeutsche Zeitung

Zwischen Kungelei und Käuflichkeit In Hannover beginnt an diesem Donnerstag der Prozess gegen Christian Wulff. Der frühere Bundespräsident ist wegen Vorteilsnahme angeklagt. Das Verfahren könnte das politische Klima im Land verändern. FAZ

„Wulff kann nur verlieren“ Zum ersten Mal sitzt mit Christian Wulff ein deutsches Staatsoberhaupt auf der Anklagebank. Er kämpft um seinen Ruf, wird ihn aber nicht retten können. Denn anders als Bayern-Präsident Hoeneß bereute er nicht öffentlich. Handelsblatt

Wegen 753,90 Euro 22 Termine sind angesetzt, 46 Zeugen sollen vernommen werden, vom Hotelrezeptionisten bis zum Großverleger: Die Verhandlung gegen Ex-Bundespräsident Christian Wulff ist ein Prozess, wie es ihn noch nicht gegeben hat und hoffentlich nie wieder geben wird. Das ganze Verfahren ist absurd, peinlich und beschämend – für Wulff, vor allem aber für die Staatsanwaltschaft. Süddeutsche Zeitung

Staatanwälte sind Ankläger, keine Racheengel Mehr als anderthalb Jahre nach seinem Rücktritt steht Christian Wulff wegen Vorteilsnahme in Höhe von 753,90 Euro vor Gericht. Für seine Fehler hat der Ex-Bundespräsident einen hohen Preis gezahlt, er verlor Amt, Frau und Renommee Mitteldeutsche Zeitung

…one more thing!

Das Geschäft mit dem Pass Nicht nur Malta bietet seine Staatsbürgerschaft zum Verkauf an – für einige Länder ist das Tauschgeschäft „Pass gegen Investition“ ein wichtiger Wirtschaftszweig. Im Gegenzug verschaffen sie ihren Neubürgern niedrige Steuerraten, visafreien Zugang zu anderen Ländern oder einfach einen netten Strand. Die besten Ziele für Pass-Sammler im Überblick. Süddeutsche Zeitung

Leitartikel

Warum die Kritik an Deutschland berechtigt ist Das deutsche Wirtschaftsmodell steht am Pranger. Doch hierzulande verstehen viele die massive Kritik bewusst falsch. Exporte an sich sind kein Problem. Doch sie können zu einem werden, wenn die Kapitalströme lange einseitig bleiben. Welche Korrekturen nötig sind. Süddeutsche Zeitung

Überprüfung der Leistungsbilanz Das Prüfverfahren zu den deutschen Leistungsbilanzüberschüssen ist kein Willkürakt der EU-Kommission. In Deutschland wird zu wenig investiert. FAZ

Bestraft ist Wulff schon längst genug JA! Der Rücktritt von Christian Wulff als Bundespräsident war richtig. Wulff ist politisch an politisch zu bewertenden Affären gescheitert. Bild

Der ewige Schnorrer Im Ausland schaut man verwundert auf den Prozess, der heute beginnt: Wegen 719 Euro stellen die Deutschen ihren früheren Bundespräsidenten vor Gericht. Die Berlusconi-geplagten Italiener werden da wohl nur hysterisch auflachen. AZ München

Staus sind Quatsch Die aktuelle Mautdiskussion ist schlicht. Dabei müsste das Land genialer Autobauer innovative Verkehrslenkung mit mutiger Bepreisung von Straßen und Stoßzeiten verbinden. Ein solches Projekt hätte Modellcharakter für Land wie Politik Die Welt

Macht den BER-Chefs endlich Beine! Air Berlin schreibe seine roten Zahlen ganz von allein – und Tegel stemme den BER-Ausfall bisher prima. Was sich die Anwälte der Flughafengesellschaft zusammenreimen, spottet jeder Realität. Immerhin: Sie besorgen das Geschäft der Flughafengegner. Tagesspiegel

Die selbstverordnete Impotenz in der Schulpolitik CDU und CSU möchten dem Bund auch weiterhin verbieten, die Schulen zu unterstützen. Dabei erklären alle Politiker doch die Bildung gerade zur nationalen Zukunftsaufgabe. ZEIT

The New Face of European Anti-Semitism The ‚Elders of Zion‘ are out, but demonizing Israel is mainstream. Wall Street Journal