G20, Syrien, Iran, Wahlkampf, Spähaffäre & Energiepolitik

Putin gibt den pflichtbewussten Gastgeber Auf der bunt ausgedruckten Tagesordnung des G-20-Gipfels in Sankt Petersburg kommt der Syrien-Konflikt gar nicht vor. Und doch ist er das alles bestimmende Thema – für Amerikaner, Chinesen und Europäer. Dass ausgerechnet Russlands Präsident Putin Gastgeber ist, könnte dabei noch von Vorteil sein. Süddeutsche Zeitung

Russlands altes neues Feindbild Am Rande des G-20-Gipfels in Sankt Petersburg will sich der amerikanische Präsident Barack Obama mit homosexuellen Aktivisten treffen. Sie sind in Russland Opfer einer Kampagne von Kirche und Regierung. FAZ

Warten auf Taten in St. Petersburg Syrien, Steueroasen, Finanzkrise: Die Staats- und Regierungschefs ringen in St. Petersburg bei wichtigen Fragen um eine gemeinsame Linie. Der G-20-Gipfel soll Ergebnisse liefern, sagt Angela Merkel. Schön wäre es – ist aber unwahrscheinlich. Tagesspiegel

G20 beschließen Aktionsplan gegen Steuertricks Steuerhinterziehern und den Steuertricks der Unternehmen soll es künftig an den Kragen gehen: Die Gruppe der G20 hat beschlossen, energischer gegen Steuervermeidung vorzugehen. Wirtschaftswoche

Die imperialen Zeiten sind vorbei Camerons Abstimmungsniederlage im Unterhaus hat die Spielregeln der britischen Sicherheitspolitik verändert. Mit dem „Nein“ zum Syrien-Einsatz wächst der Druck, Konflikte friedlich zu lösen. FAZ

St. Petersburger Blockade Die eigentlich wirtschaftspolitische Agenda der G-20 wird von der Syrien-Krise überschattet. Zu deren Lösung wird das Treffen in St. Petersburg aber nicht beitragen. NZZ

Diplomatentanz mit Kollisionspotenzial 20 Staaten, 90 Prozent der Weltwirtschaft und fast nur ein Thema: Beim G-20-Gipfel können Obama, Putin, Merkel und Co. der Syrienfrage nicht ausweichen. Die Lage ist angespannt – es kann bereits von großer Bedeutung sein, welche Politiker überhaupt miteinander sprechen. Ein Überblick über die wichtigsten Akteure und ihre Terminplanung. Süddeutsche Zeitung

Wie in alten Zeiten Obama und Putin verbindet so gut wie nichts; das politische Verhältnis ist im Frostzustand. Der Syrien-Konflikt und Obamas Absicht, auf den Giftgaseinsatz militärisch zu reagieren, haben die russisch-amerikanische Entfremdung beschleunigt. FAZ

Syrien

Nöte des Gewissens Der Einsatz von Giftgas in Syrien ist ein Verbrechen gegen die Menschheit. Was bedeutet das für die Deutschen? Sie haben aus der Vergangenheit die Lehre gezogen, dass Krieg keine Probleme löst. Eine Lehre aus dieser Vergangenheit müsste aber auch sein, dass Giftgasmorde geahndet werden. Tagesspiegel

Deutschlands klägliche Politik des Wegduckens Die SPD-Spitze kritisiert zu Recht die passive Haltung der Bundesregierung in der Syrien-Frage. Doch sie selbst hat nichts Besseres anzubieten als Anbiederung an Assads Schutzherren Wladimir Putin. Die Welt

Wir müssen mehr Flüchtlinge aufnehmen Jeden Tag flüchten 5.000 Menschen aus Syrien. Dies ist genau die Anzahl, die Deutschland bereit ist insgesamt aufzunehmen – viel zu wenig also. Ein Luftangriff gegen Assad hilft unterdessen nicht, den Krieg zu beenden. Kölner Stadt-Anzeiger

Geben wir Gott halt noch einmal eine Chance Papst Franziskus hat die Gläubigen gebeten, am Samstag einen Tag des Betens und Fastens für den Frieden in Syrien einzulegen. Ob das tatsächlich eine bessere Idee ist, als irdische Mächte zu bemühen? Die Welt

Pick Your Poison America Has Many Options in Syria, None are Good Foreign Affairs

AIPAC to go all-out on Syria Officials say that some 250 Jewish leaders and activists will storm the halls on Capitol Hill. POLITICO

Why Human Rights Groups Disagree on What to Do About Syria There are two problems: slaughter, and the refugee crisis it has engendered. The Atlantic

Iran

Rohanis Grußwort an alle Juden weckt Hoffnung Ob der Präsident Reformen durchsetzen kann, bestimmt zwar immer noch Ayatollah Chamenei. Aber der neue Ton, den Rohani anschlägt, klingt zumindest wie der Versuch eines Politikwandels. Die Welt

Weichenstellungen im Iran Irans Präsident übersendet „allen Juden“ Grüße zum jüdischen Fest Rosch Haschana. Das ist mehr als eine freundliche Geste. Es verweist auf eine Neuausrichtung der iranischen Politik. Berliner Zeitung

Iran signalisiert Kurswechsel in der Atompolitik Im Iran zeichnet sich ein möglicher Kurswechsel in der Atompolitik ab. Am Donnerstag ernannte der iranische Präsident Hassan Rohani Außenminister Mohammad Javad Zarif zum obersten Verhandlungsführer für Atomgespräche mit dem Westen. Zarif ist im Westen als gemäßigter und pragmatischer Diplomat bekannt. Wall Street Journal

Wahlkampf

Mut zur Halbwahrheit Die etablierten Parteien zittern vor der AfD. In Umfragen kommt die „Mut zur Wahrheit“-Partei auf bis zu vier Prozent, auch wegen ihrer Wahlkampf-Aktionen. Die sind allerdings manchmal zu schön, um wahr zu sein: Eine „Lichtinstallation“ wirft Fragen auf und ein angebliches „Duell“ mit Angela Merkel erzürnt sogar die eigenen Anhänger. Süddeutsche Zeitung

Eurokritiker stehlen Merkel die Show Zu den wenigen Unbekannten der Bundestagswahl gehört das Ergebnis der Alternative für Deutschland. Die euroskeptische Partei richtet sich an die konservativsten und ältesten Wähler, also an die Stammwähler der aus dem Amt scheidenden Bundeskanzlerin. Les Echos Paris

„Die ganze Welt beneidet euch um Frau Merkel!“ Bei Maybrit Illner diskutierten EU-Kommissarin Viviane Reding, AfD-Chef Lucke und andere Gäste bemerkenswert fulminant über Griechenland und den Euro. Reding hatte zudem eine überraschende Sicht auf die Kanzlerin parat. Handelsblatt

Ansichtssache Die Zufriedenheit im Wahlkampflager von Angela Merkel dürfte groß sein. In einer Studie geben die Bürger an, dass sie heute weniger Angst vor Politikerversagen haben als noch in den Jahren zuvor und attestieren der Bundeskanzlerin somit 16 Tage vor der Bundestagwahl indirekt, einen guten Job erledigt zu haben. Die Wirtschaftslage sei gut, also sinke auch die Sorge vor einer Überforderung der Politiker, erklären Politikwissenschaftler das überraschende Ergebnis. Bonner General-Anzeiger

Tief gekränkt Die SPD empört sich lautstark über die Kritik der Kanzlerin an ihrer Europapolitik. Das klingt überdimensioniert. Doch Merkels Vorwurf ist doppelt perfide. taz

Mit Veggie-Jürgen in die CDU-Kantine SPD und Grüne haben allen Grund, sich gegenseitig Mut zu machen. Dafür haben sie sogar eigens eine Konferenz in Berlin einberufen. Spannender als die Ergebnisse sind allerdings Jürgen Trittins detaillierte Kenntnisse über die Speisepläne der CDU-Kantine. Süddeutsche Zeitung

Sein rot-grünes Wunder Beim Treffen der rot-grünen Prominenz aus den Ländern bemühen sich die Spitzenkandidaten Steinbrück, Katrin Göring-Eckardt und Trittin um eine Demonstration ihres Siegeswillens. Sie glauben weiter an eine Überraschung am Wahltag. FAZ

„Ich danke dir für die Kondome und die Festplatte“ „Die PARTEI“ von Ex-Titanic-Chefredakteur Martin Sonneborn sorgt mit ihren Aktionen regelmäßig für Schlagzeilen. Nun ist die Partei erstmals zur Bundestagswahl zugelassen – und erweist sich als Chance für die Demokratie. Handelsblatt

Nur noch kurz die Welt retten Krankheiten und Krisen können Gregor Gysi nicht stoppen. Er will mit seiner Linkspartei und den Sozialdemokraten an die Macht – eine historische Aufgabe. Stuttgarter Zeitung

Quasi-Kanzler aus Idar-Oberstein Ein Schüler aus Idar-Oberstein hat sich einen Wahlkampfhelfer von besonderem Format besorgt. Womöglich hat der jetzt sogar bessere Chancen, Schülersprecher zu werden, als der andere, die Kanzlerwahl zu gewinnen. Süddeutsche Zeitung

Die Stunde der Verschwörungstheoretiker „Scheitert der Euro, scheitert Europa“, lautet Merkels Spruch, wenn es um die Euro-Rettung geht. Thilo Sarrazin steht für drastischere Theorien. Dass er diese bei einem obskuren Kongress vertreten will, erzürnt die SPD. Handelsblatt

Die SPD sollte sich endlich von Thilo Sarrazin verabschieden Thilo Sarrazin sorgt wieder für Furore. Nach seinem umstrittenen Buch und der UN-Rüge wegen Rassismus, polemisiert er nun gegen die Homo-Ehe. Was treibt diesen Mann zu so einem Blödsinn, fragt man sich und möchte der SPD zum Abschied von einem alten Mitglied raten. Tagesspiegel

Descent into banality The candidates debate—and Germany’s election campaign plumbs new lows Economist

Spähaffäre

Empörung reicht nicht Peter Schaar, oberster Datenschützer der Republik, hat sich über die Aufklärung der NSA-Affäre beklagt. Und viele tolle Forderungen aufgestellt. Doch das reicht nicht. So gar nicht. stern

Journalisten sehen Pressefreiheit in Gefahr In einer Anhörung des EU-Parlaments beschreibt „Guardian“-Chefredakteur Alan Rusbridger den politischen Druck auf die freie Presse. Auch ein „Le-Monde“-Redakteur und der Aktivist Jacob Appelbaum berichten von den Problemen. FAZ

Fataler Verzicht auf Rüstungskontrolle Panzer können im Internet nicht patrouillieren, deswegen sind Trojaner für autoritäre Regime heutzutage so wichtig wie schweres Geschütz. Es ist sehr gefährlich, dass die Exporte der deutschen Überwachungsindustrie so lax kontrolliert werden. Süddeutsche Zeitung

Wikileaks stellt Abhörkatalog zusammen Die Spähaffäre wird zwar als politisches Problem diskutiert. Doch nicht nur die Technologie kommt häufig aus der Hand privater Unternehmen. Sie ließe sich auch ebenso gut dort einsetzen. FAZ

NSA knackt viele Internetverschlüsselungen Sie spähen aus und lassen Schwachpunkte einbauen. Laut Dokumenten des Ex-NSA Mitarbeiters Snowden hat der US-Geheimdienst die gängigsten Internetverschlüsselungen geknackt. Allerdings mit Hilfe einiger IT-Firmen. Handelsblatt

Ausgespäht Seit die Praktiken der Geheimdienste zum Thema geworden sind, üben sich auch die Europa-Abgeordneten in Sarkasmus. Dass laufende Gespräche kurz unterbrochen werden, um den „Jungs am Hörer“ einen Gruß zu schicken, gehört inzwischen dazu. Tatsächlich aber hat die Affäre die europäischen Institutionen tiefer getroffen, als sie zugeben. Nicht nur, weil auch EU-Filialen ausgespäht wurden, sondern weil jeder in Brüssel weiß: Nach diesen Vorkommnissen gehört der bisher ausgehandelte Text für eine neue Datenschutz-Verordnung auf den Müll. Bonner General-Anzeiger

Selbst SSL-Verschlüsselung ist nicht vor NSA-Spionage sicher Nach Informationen von Edward Snowden ist es Geheimdiensten gelungen, Verschlüsselungstechniken zu umgehen. Mit Milliarden wurden dazu auch Softwarefirmen bestochen. ZEIT

Aufmüpfige Datenschützer Das Vertrauen ins Internet ist erschüttert. Viele User waren schon vorher verunsichert. Und wie zur Bestätigung kam die NSA-Affäre. Wären sie nicht so chaotisch, hätten die „Piraten“ mit vollen Segeln im Wahlkampf bestehen können. WAZ

Die Kriege der Zukunft werden auf Twitter geführt Debattieren, dementieren und informieren: Für Polens Außenminister Radoslaw Sikorski sind soziale Netzwerke die Zukunft der Diplomatie. Warschau setzt auf Botschaften mit 140 Zeichen. Die Welt

Energiepolitik

So geht eine kluge EEG-Reform Das Erneuerbare-Energien-Gesetz muss reformiert werden. Der Staat sollte künftig nicht mehr den Preis festlegen, sondern nur noch vorgeben, wie viel Ökostrom ins Netz soll. Den Rest macht dann der Markt. FAZ

So drücken sich Unternehmen vor der Ökostromumlage Mit eigenen Kraftwerken wollen viele Konzerne Netzentgelte und Steuern sparen. Doch damit vergrößern sie die Last des Atomausstiegs für Verbraucher und die übrige Wirtschaft. Wirtschaftswoche

Notbremse gegen Strompreise Strom muss bezahlbar bleiben. Was für ein schöner Satz. WAZ

Amerikaner beklagen deutsche Energiepreise In Deutschland engagierte amerikanische Unternehmen machen gute Geschäfte. Die Energiewende halten sie für reformbedürftig – und haben das Gefühl, dass sich Deutschland zu sehr zurücklehnt. FAZ

Grüner Boom auf blauem Planeten Energiewende Kaum bemerkt vom Ausland setzt der größte Stromverbraucher der Welt auf die Energiewende. China investiert Milliarden in Windparks und Solartechnik und steht damit für einen globalen Trend. Klimabewusstsein ist jedoch selten der Grund für das große Interesse an grünem Strom. Süddeutsche Zeitung

Zu stolz für den Gesichtsverlust Weder die Betreiberfirma Tepco noch die Regierung in Tokio – keiner will wirklich Verantwortung übernehmen für die Probleme am havarierten Kernkraftwerk Fukushima-1. Eine Haltung, die viel mit dem kopflosen Gehorsam zu tun hat, der in Japan schon Schulkindern eingetrichtert wird. Süddeutsche Zeitung

…one more thing!

Suhrkampf mit Korpsgeist Suhrkamps Autoren erhoffen sich viel von der Umwandlung des Verlags in eine Aktiengesellschaft. Der missliebige Gesellschafter Barlach soll dabei ausgebootet werden, und mit der Verlegerin Unseld-Berkéwicz soll alles so weitergehen wie gehabt. Skepsis ist angebracht. NZZ

Leitartikel

Rat der Ratlosen Zwei Millionen syrische Kinder, Frauen und Männer sind bereits aus ihrem Land geflohen. Die großen Gremien der Erde finden keine Antwort auf ihre Not. Nicht durch den Sicherheitsrat, nicht durch die G20, nicht durch das Völkerrecht. Das ist bitter, doch die Weltpolitik hat auch Fortschritte gemacht – es gibt Grund zur Hoffnung. Süddeutsche Zeitung

Ein Weckruf Die Karlsruher Entscheidung im Fall Mollath setzt Maßstäbe – dabei fordert sie nur Selbstverständliches: Es bedarf einer guten Begründung, um einen Menschen dauerhaft einzusperren. Ein Weckruf für die Justiz war dringend nötig. FAZ

Aus dem Lot geraten 37500 Euro Pension – pro Monat! Ist das angemessen? Oder ist da etwas aus dem Lot geraten? BILD

Künstlich teuer Von den Grünen hieß es mal, die Energiewende koste den einzelnen nicht mehr als eine Kugel Eis. Umweltminister Peter Altmaier sagt inzwischen, er könne für den Gegenwert „die ganze Eiskarte rauf- und runteressen“. AZ München

Fight this war, not the last one When Congress votes on Syria, it will be defining America’s place in the world Economist

Gosh, I Wonder What Suddenly Turned Republicans Into Such Peaceniks? Obama is for it, so they’re against it. Mother Jones

Without a plan, vote no Congress needs to see a serious strategy. Washington Post

Years of Tragic Waste It’s been five years since the fall of Lehman Brothers and the start of an immense failure of economic policy in the United States. New York Times