Griechenland, Russland, Afghanistan, USA, Ahmed Mansur, Flüchtlinge, NSU-Prozess & Kirill Petrenko

Der Klügere gibt nicht nach Es ist ein ganz normaler Krisentag in Athen – Panik und Nervosität zeigen sich nicht. Nur Vermutungen und Gerüchte schwirren durch die Straßen. Der linke Syriza-Flügel warnt Alexis Tsipras vor Kompromissen und wirbt für die Drachme. FAZ

Der ungezähmte Widerspenstige Der griechische Premier Tsipras besteht darauf, die Krise auf höchster Ebene zu klären. Das widerspricht den Regeln der Gemeinschaft. Der Gipfel diente dazu, Tsipras das klarzumachen. Eine Chronologie der Ereignisse. Süddeutsche Zeitung

Rettung in letzter Minute Kurz vor Torschluss kommt die überraschende Wende: Griechenlands Premier Tsipras gab seine Blockadehaltung auf und ging auf seine internationalen Geldgeber zu. Ein schwieriger – aber machbarer – Endspurt steht an. Handelsblatt

Zarte Hoffnung für Griechenland Alexis Tsipras hat noch einmal 48 Stunden bekommen, um seine Reformvorschläge zu überarbeiten. Auf dem EU-Sondergipfel vermieden die Staatschefs die harte Konfrontation. Zeit

Viel Theater und ein gewisser Fortschritt Das Griechenland-Spitzentreffen ist vom „Entscheidungsgipfel“ zum „Beratungsgipfel“ geschrumpft. Kanzlerin Merkel spricht von einem „gewissen Fortschritt“. Ihr griechischer Amtskollege Tsipras sieht die europäischen Partner unter Zugzwang. Ihnen bleiben 48 Stunden. FAZ

Was machen die denn da? Während in Brüssel über die Bedingung der Rettung gefeilscht wird, proben die Griechen: Manche die Normalität, manche den Aufstand. Die Touristen schauen ihnen dabei irritiert zu. Erlebnisse einer Krisennacht in Athen. Handelsblatt

Die grossen Zweifel bleiben Im Ringen zwischen der Euro-Gruppe und Griechenland zeichnet sich wieder einmal ein Kompromiss ab. Zentrale Probleme bleiben damit aber ungelöst. NZZ

Mutlos Krise ist das Sprungbrett für den Sprung nach vorn. Das ist die alte Bauernregel des europäischen Fortschritts, auf die viele Freunde der Einigung, Finanzminister Wolfgang Schäuble vorweg, auch beim großen Finanz-Beben gebaut haben. Bonner General-Verdacht

Ist Griechenland noch zu retten? Ein Sondergipfel der Euro-Zone hat Bewegung in die Griechenland-Gespräche gebracht. Schon in den nächsten 48 Stunden scheint eine Einigung möglich. Doch eine Rettung macht nur unter bestimmten Umständen Sinn. Wirtschaftswoche

Habermas: Warum Merkels Griechenland-Politik ein Fehler ist Nicht Banken, sondern Bürger müssen über Europa entscheiden, das fordert der berühmte Philosoph Jürgen Habermas. Angela Merkel habe die Krise mitverursacht. Der Kanzlerin seien die Anlegerinteressen wichtiger als die Sanierung der griechischen Wirtschaft. Süddeutsche Zeitung

Aus Eigennutz Die Mehrheit der Franzosen ist gegen ein Ausscheiden Griechenlands aus der Währungsunion – nicht aus Barmherzigkeit für die Griechen, sondern aus Eigeninteresse. Dem Linksflügel der sozialistischen Regierungspartei gilt Tsipras als „besserer Hollande“. FAZ

Sie braucht ihn Angela Merkel weiß: Ohne die Unterstützung des französischen Präsidenten kann sie in der Griechenland-Krise nicht agieren. Doch jetzt zeigen sich erste Differenzen. Zeit

Brüsseler Papiere Während ganz Europa auf Griechenland schaut, legen EU-Spitzenrepräsentanten einen Plan zur Euro-Vertiefung vor. Die Zukunft des Euroraums wird nicht an diesen Papieren hängen. FAZ

Die Unvollendete Es wirkt wie eine Groteske: Ausgerechnet in dem Moment, in dem halb Europa voll Unruhe und Nervosität die Krisensitzungen über Griechenlands Verbleib in der Eurozone beobachtet, legen die Präsidenten der EU-Institutionen einen Plan vor, welcher der Währungsunion eine goldene Zukunft verheißt. Es fällt schwer, über die Ironie des Schicksals nicht ins Schmunzeln zu geraten. Börsen-Zeitung

Europa erbärmlich Was sich rund um die Griechenland-Krise derzeit abspielt, ist kaum noch mit anzusehen. Ein Posse, die großen Schaden verursacht – in Griechenland und ganz Europa Zeit

Germany’s Power Problem From think tanks and NGOs to media and business lobbying, Germans have become the EU’s foremost movers and shakers, and occupy its political institutions’ top posts. But, though indisputably the strongest and most dependable of the EU’s 28 member countries, Germany lacks a vision of where the beleaguered bloc should be heading. Project Syndicate

Euro is poor yardstick for euro existential stress The Greek crisis is compromising FX traders’ reputation for being the first and fastest to react to big news. Currency market signals are currently so muddied that stocks and bonds are better barometers of investors’ views on how close Athens is to default or euro exit. Breakingviews

Russland

EU setzt weiter auf Sanktionen Die EU-Außenminister verlängern die Wirtschaftssanktionen gegen russische Politiker und Unternehmen bis Ende Januar 2016. Moskau reagiert prompt und verkündet, am Boykott gegen westliche Lebensmittel festzuhalten. Frankfurter Rundschau

Putins größte Strafe wäre eine wohlhabende Ukraine Sanktionen gegen Russland reichen nicht aus. Der Westen im Allgemeinen und die EU im Besonderen müssen Kiew notfalls unter großen Anstrengungen unter die Arme greifen. Nur so ist das Land zu halten. Die Welt

Ernsthafte Eskalation Der Kalte Krieg zwischen Russland und den USA geht in eine neue heiße Phase. Deutschland muss viel stärker vermitteln als bisher. taz

Putin’s Throwback State Undoing Moscow’s Shift West Foreign Affairs

The Goebbels of the Kremlin An ethos of perpetual vigilance is central to sustaining high popular-approval ratings for President Vladimir Putin. And no one is more responsible for the smooth operation of the political machinery than Vladislav Surkov. Project Syndicate

Afghanistan

Wo der Westen weicht, kehrt die Gewalt zurück In Europa und den USA dachten viele: Wenn wir uns aus dem Irak und Afghanistan zurückziehen, tragen wir zur Befriedung der dortigen Lage bei. Das war eine verhängnisvolle Fehleinschätzung. Die Welt

Tiefe Zwietracht Wenn bei politischen Konflikten die Frage von Verhandlungen im Raum steht, gibt es regelmäßig auch mehr Kämpfe. Denn jede Seite will dann ihre Verhandlungsposition stärken, und das ist auch in Afghanistan in diesen Tagen nicht anders. Bonner General-Anzeiger

Ein Anschlag auf die Demokratie Die Talibankämpfer schaffen es, in Afghanistan gleich an mehreren Fronten zu kämpfen: Im Nordosten des Landes erobern sie zwei Bezirke. In der Hauptstadt Kabul wagen sie einen Angriff auf den am besten bewachten Ort des Landes – das Parlamentsgebäude. Stuttgarter Zeitung

USA

Der lange Schatten der Flagge Barack Obama schimpft auf die Waffenlobby. Doch noch heftiger wird nach dem Massaker von Charleston über ein altes Symbol gestritten: die Konföderierten-Flagge. Vor allem Präsidentschaftskandidaten der Republikaner fällt es schwer, sich zu positionieren. FAZ

Der Stoff, aus dem der Hass ist Die Konföderierten-Flagge gilt vielen als ein nostalgisches Symbol. Es ist ein vergiftetes. Vom Regierungssitz von South Carolina könnte sie bald verbannt werden. Doch unterschwellig wirkender Rassismus lässt sich nicht per Dekret abschaffen. Süddeutsche Zeitung

Obama’s glad he used the N-word And the public reaction to it shows that Americans still struggle to discuss racism. Politico

The Fight Against Confederate Symbols Spreads As South Carolina’s leaders call for the battle flag to come down, activists across the country are focusing on other legacies of the Confederacy. The Atlantic

Ahmed Mansur

Mansur überhaupt zu verhaften, war ein Fehler Wer hat da eigentlich wo geschlafen? Den ägyptischen Journalisten Ahmed Mansur in Berlin festzuhalten und sich damit vor den Karren der Ägypter spannen zu lassen, ist eine Peinlichkeit sondergleichen. Die Welt

Plötzlich auf der Fahndungsliste Der ägyptische Journalist Ahmed Mansur geriet in die Fänge der deutschen Polizei und Justiz. Dabei war klar, was hinter dem Fahndungsgesuch stand. Warum kam es trotzdem so weit? FAZ

Haft auf Befehl kann es nicht geben Der ägyptische Journalist Ahmed Mansur hätte nicht festgenommen werden dürfen. Der Fall zeigt, was passiert, wenn Strafverfolgung automatisiert wird. Tagesspiegel

Es ist ekelhaft Mit der Verhaftung von Ahmad Mansur macht sich die BRD als Rechtsstaat unglaubwürdig. Daran ändert auch seine Freilassung nichts mehr. taz

Flüchtlinge

Gegen Italien geht es nicht Im Tessin werden Rufe nach einer Grenzschliessung laut. Aber Sticheleien sind in der Flüchtlingskrise kontraproduktiv, vor allem im Fall des überforderten Italien. NZZ

Das große Schachern Die EU sollte mehr Flüchtlinge aufnehmen und sie gerecht verteilen, fordert der Deutschlandchef von Human Rights Watch. Auch solche, die vor wirtschaftlicher Not fliehen. Zeit

In der Asylfrage ist Nützlichkeit kein Argument Einwanderung nach Deutschland ist gut, weil es an Fachkräften fehlt. Das sagen Wirtschaft und Bundesregierung. Doch wie groß ist der Bedarf überhaupt? In der Asyldebatte wird der angebliche Fachkräftemangel instrumentalisiert. Tagesspiegel

NSU-Prozess

Eine Mohrrübe für das Gericht Beate Zschäpes Feldzug gegen ihre eigenen Anwälte ist pure Taktik. Sie gibt vor, reden zu wollen, wenn sie nur ihre Verteidiger loswerden würde. Auf diese Manipulation wird sich das Gericht aber nicht einlassen. Süddeutsche Zeitung

Zschäpe spielt auf Risiko Beate Zschäpe will aussagen. Sagt sie. Tatsächlich kämpft sie mit ihren Verteidigern um die Hoheit auf der Anklagebank – sie ist dabei, ihre Chancen auf ein mildes Urteil zu schmälern. Zeit

Gericht kann auf versuchte Zschäpe-Erpressung nicht eingehen Beate Zschäpe will im NSU-Prozess mit ihrer Strategie brechen und vielleicht „etwas“ aussagen. Hinter dem vermeintlichen Angebot steckt nichts anderes als eine versuchte Erpressung. Das Gericht ist aber auf eine Aussage gar nicht angewiesen. Berliner Zeitung

Das klingt nach Chaotisierung „Etwas“ möchte Beate Zschäpe aussagen. Vielleicht. Große Erkenntnisse brächte das sicher nicht. Das Gericht sollte besser auf Zeugen setzen. taz

Kirill Petrenko

Zittern um den Zauberer Kirill Petrenko soll bei den Berliner Philharmonikern Nachfolger von Sir Simon Rattle werden – nur wann genau er geht, ist wohl noch unklar. Die Münchner versuchen, den Abschied möglichst lange hinauszuschieben. Süddeutsche Zeitung

Kirill Petrenko wird die Berliner hart rannehmen Der scheue Kirill Petrenko wird der siebte Chefdirigent der Berliner Philharmoniker. Das ist gut so. Er ist eine der größten Begabungen überhaupt. Er wird das Image des Orchesters verändern. Die Welt

Reif für die Weltkarriere Die Berliner Philharmoniker haben sich entschieden: Sie wollen mit Kirill Petrenko in die Zukunft schreiten. Er wird ihr neuer Chefdirigent. Das verspricht viel. Tagesspiegel

Maestro ohne Mythos Simon Rattles Nachfolger ist eine Überraschung: Der stille, feinsinnige, hochromantische Kirill Petrenko steigt aus dem Operngraben ans Chefpult der Philharmoniker. Zeit

Der große Schweiger aus Omsk Kirill Petrenko wird ab 2018 Nachfolger von Simon Rattle. Der neue Dirigent ist sagenumwoben, vor allem wegen seiner Operinszenierungen. taz

Habemus Petrenko Die Berliner Philharmoniker haben gewählt: neuer Chefdirigent wird Kirill Petrenko. Doch der muss sich erst noch beweisen BZ

…one more thing!

Schattenmann mit Sonnenbrille Er war Chef der DDR-Spezialbehörde Koko, einem Mittelding zwischen Staatsfirma und Mafiaunternehmen. Er beschaffte Miliarden mit schmutzigen Geschäften. Zum Tod des früheren Devisenbeschaffers und Stasi-Oberst Alexander Schalck-Golodkowski. Süddeutsche Zeitung

Leitartikel

Jetzt muss Tsipras handeln Die Euro-Länder nehmen Athen ernst, das haben sie auf dem Sondergipfel gezeigt. Doch die griechische Regierung muss jetzt endlich Sparauflagen umsetzen. Nur so kann sie verhindern, was keiner will. Süddeutsche Zeitung

Nichts gelernt! Die Griechen sind bankrott. Nur die Euro-Pipeline, die Milliarden in die Kassenautomaten der Banken spült, hält das Land am Leben. Bild

Rückkehr des Nationalstaats Überall haben Parteien Zulauf, die weniger EU wollen. Ob man das nun „Rechtspopulismus“ nennt oder anders, ist egal: In Europa ist derzeit der Sonderweg die Straße in die Zukunft Die Welt

Mit Queen Elizabeth wird jede Brosche zur Botschaft Ein Staatsbesuch ist hohe Politik – die Diplomatie von Queen Elizabeth besteht seit jeher aus großem Geschick, kleinen Gesten und einer gewaltigen Garderobe. Jeder Staatsbesuch hat eine Agenda. Alles folgt einem Plan. So auch am Dienstag in Berlin. Berliner Zeitung

Den Bürger überzeugen Vernünftig eingesetzt kann die unmittelbare Bürgerbeteiligung die Politik beleben. Dafür muss man aber auch zu einer anderen Art der Auseinandersetzung bereit sein. FAZ

Armselige Nazis und zwei tote Tauben Ich gucke ab sofort auch Privatfernsehen. Dann verhageln mir ein paar braune Kackvögel nicht mehr den kompletten Tag, die ein paar Meter ums Karree in der Frankfurter Innenstadt stolperten. Frankfurter Rundschau

Allein gelassen Der Senat hat die Charité in den Streik steuern lassen. Dabei steht fest: Dieser Arbeitskampf wird nicht an der Klinik gelöst – sondern in der Politik. Tagesspiegel

The three perilous options facing Europe The truth is that whatever decisions are made, all choices could lead to chaos Financial Times

Women’s soccer doesn’t need Sepp Blatter Sepp Blatter has yet to appear for a single game of the women’s World Cup in Canada. No big deal — women’s soccer does fine without him. Los Angeles Times

Team Federer: How the tennis ace became the world’s pre-eminent athlete Roger Federer casts a long shadow as he prepares to try and take the Wimbledon title for a record eighth time Newsweek

What It’s Like to Grow Up Under Putin in Chechnya The Russian leader turned Chechen enemies into his closest allies. Here’s why it matters Time