Koalitionsverhandlungen, Abhöraffäre, Energiewende & Telekom

Unter Willys schützender Hand Die Union zu Gast im roten Lager: Die Kanzlerin lässt sich das Atrium des Willy-Brandt-Hauses zeigen, andere Unterhändler schießen Erinnerungsfotos. Bei der zweiten großen Koalitionsrunde stellen CDU, CSU und SPD Gemeinsamkeiten beim Thema Europa fest. Von Freundschaft spricht aber niemand. Süddeutsche Zeitung

Zwangsjacke Europa Sie müssen sich auf einen gemeinsamen Plan für Europa verständigen. Und sie müssen ein paar Monate später gegeneinander bei der Europa-Wahl antreten. Wie geht das? Gar nicht. stern

Die Unbelehrbaren Union und SPD wollen eine Finanztransaktionssteuer mit anderen Ländern in der EU einführen. Aber ein Blick über die Grenze zeigt: Diese Umsatzsteuer auf Finanzgeschäfte richtet mehr Schaden an, als sie Einnahmen generiert. FAZ

Kalter Kaffee Auf dem Weg zur großen Koalition können CDU, CSU und SPD eine erste Einigung vorweisen: Sie wollen die Einführung eine europäischen Finanztransaktionssteuer zügig umsetzen. Schon wieder beschließt ein schwarz-rotes Bündnis die Finanzmarktsteuer? Wie oft eigentlich noch? Börsen-Zeitung

Große Koalition ohne Hemmungen Union und SPD denken, sie vertreten das Allgemeinwohl – vielleicht aber stimmt eher das Gegenteil. Denn in den Koalitionsverhandlungen scheinen sich die Fachpolitiker beider Seiten einmal richtig austoben zu wollen. Das Beispiel Rente zeigt, wohin das führt. Tagesspiegel

Die Großkoalitionäre sind asozial CDU und SPD sind im Begriff, die Errungenschaften der Hartz-Reformen zu zerstören. Sie haben nur diejenigen im Blick, die Arbeit haben. Über kurz oder lang wird die Arbeitslosigkeit wieder steigen. Die Welt

Brüssel stützt Seehofers Maut-Pläne Die Pkw-Maut eine unzulässige Diskriminierung von Ausländern? Offenbar nicht. Unerwartet signalisiert die EU-Kommission Zustimmung zu Seehofers Vorschlägen. Eine gleichzeitige Entlastung der Bundesbürger bei der Kfz-Steuer sei durchaus möglich. Die Stellungnahme aus Brüssel dürfte die Koalitionsverhandlungen erheblich beeinflussen. Süddeutsche Zeitung

Abhöraffäre

So hat die NSA die Google- und Yahoo-Nutzer ausspioniert Geheimdienste haben die internen Leitungen von Google und Yahoo ausgespäht. Damit konnten sie amerikanische Gesetze umgehen und viele Daten sammeln. Sogar zu viele für ihren Geschmack. FAZ

Das Ende der Verlogenheit Die NSA-Affäre hat auch ihr Gutes: Die Nachrichtendienste geraten unter Druck. Endlich erfährt eine breite Öffentlichkeit ansatzweise, was sie so alles treiben. ZEIT

Europas Sputnik-Schock Der US-Abhörskandal sollten den Europäern eine Lehre sein. So wie der sowjetische Sputnik damals die Amerikaner dazu brachte, den ersten Menschen auf den Mond zu schießen, sollte Europa nun schleunigst mit der Aufholjagd im IT-Bereich beginnen. Cicero Berlin

Obama und Casablanca Wohl selten haben sich deutsche Regierungsvertreter in einer schlechteren Stimmung in Washington mit ihren Partnern aus der Obama-Regierung getroffen. Wohl sind die Handelnden in der internationalen Politik nicht zimperlich. Bonner General-Anzeiger

Das große Absaugen unter Freunden Was ist Wahrheit und wer lügt? Das ist in der Welt der Geheimdienste nicht immer leicht auseinanderzuhalten. Über die Machenschaften der NSA regen sich europäische Politiker gerne auf. Sie verschweigen aber, dass der BND oder der französische Dienst häufig eng mit den US-Kollegen kooperieren – und dabei gezielt Daten von ihren eigenen Bürgern anfordern. Süddeutsche Zeitung

Das „böse Reich“ der Wirtschaftsspionage Während Deutschland und die USA über die mutmaßliche Überwachung von Merkels Handy debattieren, redet Frankreichs Handelsministerin Bricq Klartext. Ihr Land müsse bei der Wirtschaftsspionage „besser werden als Deutsche, Briten und Amerikaner“. Tatsächlich gibt es Hinweise, dass die Franzosen schon jetzt den Vergleich mit China nicht scheuen müssen. Süddeutsche Zeitung

Pressefreiheit gefährdet Über die Grenzen staatlicher Schnüffelei spricht die britische Regierung ungern, der Presse aber will sie wegen des Abhörskandals bei „News of the World“ gehörig die Daumenschrauben anziehen. FAZ

Korrektur in Washington Vielleicht lernt auch die Weltmacht Amerika, dass das Vertrauen seiner Partner ein wichtiges Gut ist. Nicht zuletzt der eigenen Interessen wegen. FAZ

Lehren aus der Geheimdienstschule US-Geheimdienstchef James Clapper hat nun erklärt, was er bereits vor 50 Jahren in der Ausbildung gelernt hat. Wenn diese Regeln weiterhin gelten, können sich die USA auch ihr Außenministerium sparen. Berliner Zeitung

Kampf der Lauschwilligen „Weiter so“ oder „Schluss damit“: Amerikas Senatoren und Abgeordnete streiten darüber, ob die NSA wie bisher spionieren darf. Zwischen Demokraten und Republikanern entstehen ungeahnte Allianzen. Dass das Handy der Kanzlerin abgehört wurde, spielt in der Debatte kaum eine Rolle. Süddeutsche Zeitung

Die Minister, ihre Mitarbeiter und das Handyverbot Private Mobiltelefone am Arbeitsplatz sind ein Sicherheitsrisiko. Deshalb gibt es für Ministerien und andere Bundesbehörden strikte Vorschriften – jedenfalls auf dem Papier. FAZ

Der Nette Google, Facebook, NSA – für die Sache des Datenschutzes sind es schwere Zeiten. Und für den Mann, der dem Thema in Deutschland seit nunmehr zehn Jahren ein Gesicht gibt? Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar steht am Ende seiner Amtszeit. Und er ist mitnichten frustriert. Eine Begegnung. Süddeutsche Zeitung

Papst Franziskus im Universum von Edward Snowden Wir brauchen keinen Gott, um uns zu sagen, wie wir uns verhalten sollen. Unser Gewissen reicht dafür aus. Snowden meint, dass er im Einklang mit seinem Gewissen gehandelt habe. Ist er damit moralisch? Die Welt

Energiewende

Pfusch am Strommarkt In seltener Eintracht will die Energiewirtschaft im Zuge der Versorgungssicherheit eine neue Förderung für Kraftwerke durchsetzen. Die Politik sollte aber kühlen Kopf bewahren. FAZ

Energiewende rückwärts Die Stromkonzerne wissen, dass ihr Überleben infrage steht. Deswegen machen sie so viel Druck auf die Koalitionsverhandlungen und warnen vor Strom-Blackouts. Der rasante Ausbau der erneuerbaren Energien bringt den Nebeneffekt, dass das Geschäftsmodell des alten Oligopols nicht mehr richtig Frankfurter Rundschau

Die Kohle-Tante In der Verhandlungsgruppe für die Energiewende sitzt ausgerechnet NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, die vor allem die Kohleverstromung im Pott im Auge hat. Bremst sie den Öko-Strom aus? stern

Telekom

Drosseln nur mit Ansage Die Telekom darf die Surfgeschwindigkeit bei Pauschaltarifen nicht einschränken: Wo Flatrate draufsteht, muss gefälligst auch Festpreis drin sein. FAZ

Warum die Drosselkom scheitern muss All you can eat nur für dünne Menschen? Das wollte die Telekom im Internet durchsetzen, um mehr Geld zu verdienen. Netter Versuch. Das Landgericht Köln stoppt nun die Drosselpläne des Konzerns – zum Vorteil für Verbraucher und Demokratie. Süddeutsche Zeitung

Differenzieren statt mogeln Die Deutsche Telekom darf ihren geplanten Drosseltarif nicht als Flatrate vermarkten. Ein echter Fortschritt für die Verbraucher. Das heißt aber nicht, dass der Vorstoß der Telekom gänzlich falsch war. Frankfurter Rundschau

Richter zwingen „Drosselkom“ zu mehr Ehrlichkeit Es ist eine Schlappe für die Deutsche Telekom: Das Unternehmen darf seine Internet-Flatrates nicht drosseln. Die Richter am Landgericht Köln beweisen ihr Gespür für die Lebenswirklichkeit der Nutzer – und das ist gut so. Handelsblatt

Abrechnung nach Nutzen Die Proteste gegen das als „Drosselkom“ verspottete Vorhaben der Telekom waren laut und Verbraucherschützer haben sich nun vor Gericht dagegen durchgesetzt. Doch eigentlich wäre diese Abrechnungsform nur fair und transparent. Tagesspiegel

…one more thing!

Amerika kritisiert deutsche Wirtschaftspolitik scharf In scharfen Worten werfen die Vereinigten Staaten Deutschland vor, mit einer „blutarmen Binnennachfrage“ und dem Exporterfolg deflationäre Verzerrungen im Euroraum und der Weltwirtschaft hervorzurufen. FAZ

Leitartikel

Der einzige Zeuge Die NSA-Abhöraffäre ist nicht nur unheimlich, weil sie zeigt, was sich ein Geheimdienst leisten kann. Sie ist es auch deshalb, weil die Informationen, die gestreut werden, auf einer einzigen Person beruhen. FAZ

Der gelähmte Präsident Anderthalb Jahre nach seinem Amtsantritt will François Hollande nichts mehr gelingen. Eine konzeptlose Wirtschaftspolitikund eine Lawine undurchdachter Maßnahmen bringt beinahe jeden gegen diese Regierung auf Die Welt

Ungerecht und unsolide – Wer zahlt die Mutterrente? Wer soll die höheren Mütterrenten bezahlen? Die Allgemeinheit (das will die SPD)? Oder nur Arbeitnehmer und Arbeitgeber (das will die Union)? AZ München

Job-Boom nicht kaputt machen! Deutschland, einig Job-Wunderland! Erstmals haben über 42 Millionen Bundesbürger einen Job. Doch Vorsicht ist geboten. Bild

Missglückte Friedensgeste Die Freilassung von 26 palästinensischen Häftlingen hätte zur bedeutenden Geste werde können. Doch Palästinenser-Präsident Abbas und die israelische Regierung haben das System der Ablenkungen und Blockaden perfektioniert – der Friedensprozess hat angesichts dessen keine Chance. Süddeutsche Zeitung

Der Fall Tebartz als Abrechnung mit Benedikt XVI. Kabale in Roms Kurie: Anhänger Ratzingers meinen, Tebartz-van Elst müsse nicht nur für seine eigenen Fehler büßen, sondern auch dafür, dass ihn Benedikt ernannte. ZEIT