Sondierung, Parteispenden, Türkei, Russland, US-Shutdown & Herbstgutachten

Brücken ins Nichts Die Union hätte auch gerne weiter mit den Grünen reden wollen. Sagt sie. An ihr soll es nicht gescheitert sein. Nun bleibt ihr trotzdem nur noch – und wie erwartet: die SPD. FAZ

Jetzt kommt die ganz große Sozialkoalition Der öffentliche Zank zwischen Union und SPD ist nur Theaterdonner. Tatsächlich sind sich beide Lager weitgehend einig: Die nächste Bundesregierung wird mehr Geld für soziale Wohltaten ausgeben Die Welt

Alles auf Schwarz-Rot Eine Bundesregierung aus CDU/CSU und Grünen wird es in Deutschland vorerst nicht geben. Zwar haben beide Seiten die Gesprächsatmosphäre und die inhaltliche Annäherung als positiv bezeichnet, unterm Strich bleibt jedoch die Absage. Dass Union und Grüne zwei Gesprächsrunden geführt haben und dabei vernünftig miteinander umgegangen sind, ist richtig und selbstverständlich. Bonner General-Anzeiger

Was Kraft macht Nach dem Nein der Grünen lastet der Beweisdruck nun auf den Sozialdemokraten: Lässt sich als Juniorpartner der Union die eigene Identität mit der Kompromissnotwendigkeit vereinbaren? Am Sonntag tagt der Konvent. Tagesspiegel

Seehofer akzeptiert 8,50 Euro Mindestlohn Eine stufenweise Anhebung: CSU-Chef Horst Seehofer ist als erster führender Unionspolitiker bereit, den Sozialdemokraten beim Thema Mindestlohn entgegen zu kommen. Allerdings fordert er Gegenleistungen. Süddeutsche Zeitung

„Es gibt Spuren von Realismus“ Der SPD-Finanzpolitiker Carsten Sieling sagt, dass die Union für eine schwarz-rote Koalition ihr Wahlversprechen brechen muss. Steuererhöhungen seien notwendig. taz

Der Spuk ist vorbei, Gott sei Dank! Inhaltlich liegen Union und Grüne kilometerweit auseinander, im Bundesrat hätten sie keine Stimme, personell hat die Ökopartei nichts zu bieten. Gut, dass der Spuk vorbei ist. stern

Grün regiert mit – auch ohne Koalition Die schwarz-grünen Sondierungsgespräche zeigen: Beide Seiten wollen sich für den einstigen Erzfeind öffnen. Das bisherige Parteiengefüge ist ins Rutschen geraten. Und faktisch werden die Grünen ohnehin auch bei einem Bündnis von Union und SPD mitregieren. Frankfurter Rundschau

Klare Fronten Nach der Absage der Grünen sind die Fronten erst einmal klar. Einer großen Koalition steht nicht mehr viel im Wege. Und die Chancen für Schwarz-Grün sind sogar größer geworden – in Hessen. FAZ

Wünsch Dir was Zumindest über Bande klappt das Zusammenspiel von Rot und Grün noch. Das von den Grünen verkündete vorläufige Ende der Sondierungsgespräche mit CDU und CSU reißt die Union abrupt aus ihrer komfortablen Verhandlungsposition Nordwest Zeitung

Parteispenden

Angela Merkel, unbestechliche Autokanzlerin Ließe sich Angela Merkel mit Geld zu einer Entscheidung bewegen – man müsste sie glatt dafür bezahlen. Aber die falsche Politik macht sie, wie ihr Vorgänger, leider aus freien Stücken. Frankfurter Rundschau

Am Abschlepphaken der Autoindustrie Von wegen Klima-Kanzlerin: Wie ihr Vorgänger Gerhard Schröder sucht auch Angela Merkel die Nähe zur Auto-Industrie. Nach den Parteispenden der BMW-Familie Quandt wird nun erstmals die persönliche Integrität der Kanzlerin angezweifelt. Süddeutsche Zeitung

Wer im Glashaus sitzt… Die Debatte über die Großspende der Familie Quandt an die CDU ist ärgerlich, denn sie führt am Thema vorbei. Dabei gäbe es einiges zu diskutieren. Tagesspiegel

Der Büttel von Daimler und BMW Zwei deutsche Autobauer schaffen es, die EU-Gesetzgebung über Abgasnormen zu stoppen. Die Autolobby ist längst zu mächtig – und der Regierung fehlt das nötige Rückgrat. ZEIT

Die Euro-Norm Die Spenden der BMW-Großaktionäre an die Union sind unanständig, aber nicht zu verhindern. Sie sind unanständig, weil sie ein konkretes Ziel verfolgen. Sie wollen die Bundesregierung in einem Sinne beeinflussen, die den Interessen des Unternehmens dient. Dies ist gesetzeswidrig, aber juristisch nicht nachzuweisen. Bonner General-Anzeiger

EU-Beitritt der Türkei

Die Türkei auf Partnersuche Die EU-Kommission drängt darauf, den Beitrittsprozess mit der Türkei voranzutreiben. So steht es im aktuellen Fortschrittsbericht. Mut machen die jüngsten Entwicklungen – denn Ankara vollzieht einen Politikwechsel. Handelsblatt

Neue Tonlage gegenüber der Türkei Nach einer Denkpause empfiehlt die EU-Kommission, die Beitrittsgespräche mit der Türkei wiederzubeleben. Auch auf dem Balkan will Europa aktiv werden. Berliner Zeitung

Türkei erbost über den Zeitpunkt Der Zeitpunkt des Fortschrittsberichts verärgert Ankara – man werde sich erst nach dem islamischen Opferfest äußern. In Bosnien-Hercegovina herrscht Ratlosigkeit über den Fortgang der Annäherung an die EU. FAZ

Freiwillig blind Die EU-Kommission stellt einmal mehr Ideologie über Realpolitik. Brüssel will die Türkei auf Teufel komm raus in die Gemeinschaft aufnehmen – und ignoriert deswegen eklatante Mängel bei den Menschenrechten und fast schon totalitäre politische Entwicklungen. Nordwest Zeitung

Hat die Troika bald ausgedient? Die Differenzen zwischen EU-Kommission und IWF über die Beendigung der Schuldenkrise werden immer offensichtlicher. In Brüssel denkt man deshalb sogar darüber nach, die Troika langsam aber sicher aufzulösen. Mediapart Paris

Keine Angst vor Euroskeptikern Über Europas Zukunft nachzudenken ist eine gute Sache. Sich auf eine Debatte mit den europakritischen Stimmen einzulassen wäre noch besser. Politiker und Intellektuelle täten gut daran, der Diskussion mit den Euroskeptikern nicht aus dem Weg zu gehen. De Standaard Brüssel

Russland

Russlands Gerichte agieren unabhängig vom Gesetz Das Urteil gegen Alexej Nawalny ergibt juristisch keinen Sinn, politisch schon. Er bleibt auf diese Weise von den Wahlen zum Moskauer Stadtparlament 2014 ausgeschlossen. Berliner Zeitung

„Putin hat seine Meinung geändert“ Russische Richter haben die Haftstrafe für Alexej Nawalny zur Bewährung ausgesetzt. Im Kreml gab es offenbar Streit über das Schicksal des Putin-Gegners. Ob der Oppositionsstar seine politische Karriere fortsetzen kann, ist aber fraglich – ihm droht schon der nächste Prozess. SPIEGEL

Putins neue Milde gegen Nawalny ist reine Taktik Dass der bekannte Oppositionspolitiker „nur“ zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde, folgt einer kühlen Logik: Nawalny wird nicht zum Märtyrer und ist trotzdem politisch aus dem Verkehr gezogen. Die Welt

Ein Etappensieg für Nawalny Der Lagerhaft entkommen, aber nicht der politischen Brandmarkung. Alexej Nawalny, prominenter Kremlkritiker aus Russland, ist zwar nur zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden, sein Kampf ist aber noch lange nicht zu Ende. Tagesschau

USA

Amerikas Regierung arbeitet wieder Der mühsam ausgehandelte Finanzkompromiss des amerikanischen Kongresses ist in Kraft. Barack Obama hat das Gesetz in der Nacht unterzeichnet. Hunderttausende Angestellte der amerikanischen Bundesregierung müssen jetzt wieder arbeiten. FAZ

Politische Spielchen bei tickender Uhr Den USA droht die Zahlungsunfähigkeit, doch in Washington wird weiter taktiert: Den Politikern beider Parteien bleiben nur noch wenige Stunden, um einen Kompromiss im Haushalts- und Schuldenstreit auf die Beine zu stellen. Wie die Lage ist, was die Blockierer antreibt und wie eine Lösung aussehen könnte: Fragen und Antworten. Süddeutsche Zeitung

Horroreffekte wollten einfach nicht zünden Haushaltsbeschluss und Schuldengrenze fallen zusammen – welch Voraussetzung für ein großes Drama. Und doch gab es kaum Reaktionen des undankbaren Publikums. Im Gegenteil: Es war am Ende sogar genervt von der Aufführung. Handelsblatt

Weisser Rauch in Washington Das Schreckgespenst einer Zahlungsunfähigkeit der USA ist gebannt, die Teilschliessung der Verwaltung beendet. Aber der Konflikt zwischen den Parteien geht in Washington schon bald in die nächste Runde. NZZ

Die Halbstarken einigen sich Wer zuerst Schwäche zeigt, hat verloren: Präsident Obama hat sich im Dauerstreit um den US-Haushalt durchgesetzt. Verlierer der Konfrontation sind die Scharfmacher der Tea Party und Republikaner-Chef Boehner. Allerdings hat auch Obamas Image im In- und Ausland gelitten – und die wahren Probleme der USA bleiben ungelöst. Süddeutsche Zeitung

Debakel für die Republikaner Der Haushaltsstreit ist aufgeschoben, eine globale Wirtschafts- und Finanzkrise aber noch lange nicht verhindert. Der politische Wahnsinn geht weiter. ZEIT

Tea Party verzweifelt an Obama – und dem eigenen Lager KommentarDurchbruch im US-Haushaltsstreit: Präsident Obama hat die Übergangsfinanzierung unterzeichnet. Die Pleite ist damit abgewandt. Die radikale Tea Party hat mit dem Feuer gespielt und sich die Finger verbrannt. Wirtschaftswoche

Klarer Sieg für Obama Kleinlaut gestehen führende Republikaner ihre Niederlage im Haushaltsstreit ein. Doch auf den US-Präsidenten warten weitere Probleme. taz

Nach der Krise ist vor der Krise Die Staatspleite der USA ist abgewendet. Aber Ideologen sind Überzeugungstäter, und so ist es nur eine Frage der Zeit, wann Tea Party den nächste Erpressungsversuch startet. Eine Zwei-Parteien-Demokratie ist anfällig. Kölner Stadt-Anzeiger

Don’t Call It a Shutdown: How the Crisis Could Still Come Back to Bite Democrats By saying the government is closed when most of it actually isn’t, good-government advocates risk undermining the public’s already meager faith in the state. The Atlantic

When will US stop acting like a fat spoiled brat? Congress ended its phony war on the debt ceiling by setting up an even bigger showdown four months from now. The tragedy is that America has the natural resources, human and financial capital and demographics to resolve its fiscal problems yet continues to behave petulantly. Breakingviews

Obama wins The president gets what he said he wanted. POLITICO

House GOP gets nothing The Senate-brokered deal marks a big loss POLITICO

Herbstgutachten

Deutsche Wirtschaft soll nur halb so stark wachsen Die deutsche Wirtschaft soll in diesem Jahr nur um 0,4 Prozent zulegen – damit halbierten die führenden Forschungsinstitute ihre Schätzung im Herbstgutachten. Für 2014 bleiben sie aber zuversichtlich. Die Welt

Schlechter als erhofft, besser als denkbar Konjunkturforscher korrigieren sich: Die deutsche Wirtschaft wächst schwächer als erwartet. Die Aussichten sind trotzdem nicht schlecht – sofern die Schuldenkrise in Europa nicht eskaliert. Süddeutsche Zeitung

Der Anfang eines Aufschwungs Die Wirtschaftsforschungsinstitute erwarten in ihrem Herbstgutachten einen wachsenden Staatsüberschuss. Die leicht positive Wirtschaftslage eröffnet Union und SPD neue finanzielle Spielräume für ihre Sondierungsgespräche. FAZ

Wirtschaftsforscher lehnen Mindestlohn ab In ihrem neuen Herbstgutachten geben die fünf führenden Wirtschaftsinstitute einer neuen Regierung klare Handlungsempfehlungen. Höhere Steuern und ein flächendeckender Mindestlohn seien Gift für die Konjunktur. Handelsblatt

one more thing!

Unterschätzte Gier nach Rohstoffen Warum Recycling unverzichtbar wird: Industrieländer wie Deutschland verbrauchen erheblich mehr Rohstoffe als bisher angenommen – bis 2050 könnte sich der weltweite Bedarf vervierfachen. Süddeutsche Zeitung

Leitartikel

Kopf oder Bauch Die Grünen nahmen sich selbst aus dem Koalitionsspiel. Jetzt ist es an der SPD zu entscheiden, was sie sein will. Diese Entscheidung kann ihr niemand abnehmen, schon gar nicht die Kanzlerin. FAZ

Die Wahrheit ist: Sie haben sich nicht getraut Hinter der Absage an die Union verbirgt sich eine ziemlich schlichte Wahrheit: Die Grünen haben sich nicht getraut. Sie begreifen auch nur ungern, was ihnen in der Wahl zugestoßen ist. Vor allem ignorieren sie eines: Ihren zeitweise Aufschwung verdankten sich Leihstimmen, zum beträchtlichen Teil aus dem bürgerlichen Lager. Tagesspiegel

Schwarz-grüne Mitte Die Sondierung zwischen Union und Ökopartei hat in Inhalt und Form den Eindruck verstärkt, dass sich beide Parteien generell eine Zusammenarbeit vorstellen können. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat damit zwei wichtige Ziele erreicht Die Welt

Liefern bitte! Nach der 159. Sitzung ist Schluss: Das zweite Kabinett von Kanzlerin Angela Merkel ist seit gestern Geschichte. Bild

Die Versuchung Atomkraft? Nato? Diese Konflikte sind schon längst ausgeräumt. Über die gescheiterte schwarz-grüne Sondierung. AZ München

Sponsored by Steuerzahler Seit mehr als 200 Jahren werden die Kirchen fürstlich für Enteignungen entschädigt. Auch für die Gehälter mancher Bischöfe kommen nicht nur Kirchenmitglieder, sondern alle Steuerzahler auf. Warum der Fall Tebartz-van Elst gerade jene angeht, die nicht katholisch sind. Süddeutsche Zeitung

Gestrandet in Erfurt Arbeitsvermittler haben 120 Spaniern eine Lehrstelle und festes Gehalt in Thüringen versprochen. Als die jungen Leute ankamen, wurde nichts davon wahr. ZEIT

Henninger: Obama Romneyizes the Republicans The president is doing the same thing to Ted Cruz and the tea party that he did to the 1%. Wall Street Journal